VERANTWORTUNG

DES ZWEITEN BUCHS VOM WAHREN CHRISTENTUM.

 

(6.B./1.T./VERANTW.D.2.B.)

 

Das erste Kapitel.

Von Christo.

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Gleichwie das erste Buch den Ursprung und Brunnen des menschlichen Elends zeiget, und wie tief die verderbte menschliche Natur müsse wiederum gereiniget, erneuert, geheiliget und das sündliche Fleisch gedämpft werden, durch wahre herzgründliche Buße, und Wiederaufrichtung des Bildes Gottes durch den Glau-ben und die Liebe, also zeiget das zweite Buch 1) den Medicum und die Medizin, die uns von solchem Elend und Unreinigkeit reiniget.

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2. 2) Wer nun will kuriert werden, muß sich mit einschließen in die Kur, und Christum ganz anziehen, ja durch den Glauben an sich ziehen, ihn zu eigen machen. 3) Allein in Christo Jesu seine Gerechtigkeit suchen durch den Glauben, welcher uns Christum ganz gibt, mit seinem Verdienst, Gehorsam, Versöhnung und allen Wohltaten. 4) Aus welchem lebendigen Grunde wahrhaftige Früchte der Gerechtigkeit wachsen, nicht zum Schein aus Heuchelei, sondern wie die Erlösung durchs Blut Christi wahrhaftig, gewiß, kräftig ist; also müssen auch die Früchte der Gerechtigkeit und Dankbarkeit wahrhaftig, gewiß und lebendig sein in der Tat und Wahrheit. 5) Darum ist es nicht genug, dass man Gottes Wort weiß, sondern also muß mans wissen, dass es in uns lebet, und gleichsam unser Leben wird, wie im 119. Ps. mit so vielem Seufzen dasselbe beschrieben und gebeten wird.

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3. 6) Dieweil aber unsere verderbte Natur dazu viel zu schwach ist, so hat uns unser Erlöser und Heiligmacher seine und seines heiligen Geistes gnädige Bei-wohnung verheißen; ja er hat uns zugesagt seine tröstliche, liebliche, freundliche, holdselige Vereinigung mit uns, und hat für uns kräftiglich gebeten, Joh. 17,11. Dass sie eins sind, gleichwie wir eins sein, dass wir mit ihm mögen vereiniget sein und bleiben, wie er spricht: Ich in ihnen, und du in mir, auf dass die Liebe, damit du mich liebest, sei in ihnen, und ich in ihnen, v. 23.26.

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Das zweite Kapitel.

Die Vereinigung mit Christo ist die höchste Würdigkeit der Christen.

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Die Vereinigung ist die große Würdigkeit der Gläubigen, die Verbesserung (oder wie man es nennen mag) der menschlichen Natur, Hilfe und Stärkung im neuen geistlichen Leben, welches Christus in uns wirket. Dieweil er uns durch sein Blut hat gerecht gemacht, geheiliget und gereiniget, so hat er uns auch mit dieser geistlichen Herrlichkeit und Seligkeit begnadigen und begaben wollen, dass er sich, als unser Haupt, mit seinen Gliedern vereinigen wollen, welches ist eine hohe Frucht der Gerechtigkeit des Glaubens, dadurch Christus selbst in uns wohnet. Und das nennet der Herr selbst unsere Vollkommenheit, verstehe, da uns nichts mangelt an Gaben, an Trost, an himmlischen Gütern. Denn so lauten des Herrn Worte: Joh. 17,22.23. Ich habe ihnen gegeben etc. Ich bin in ihnen, und du in mir, auf dass sie vollkommen sein in eins. Als wollte er sagen, wenn zwischen mir und ihnen nicht eine Vereinigung wäre, wie zwischen mir und dir, so wären sie vollkommen in eines; denn in der Vereinigung ist die Vollkommen-heit. Darum sollen fromme Christen diese ihre hohe Würdigkeit wohl erkennen lernen, und sich also in ihrem Leben, Andacht und Gebet verhalten, dass sie die Vereinigung nicht trennen; denn der liebe Herr verheißt uns, er wolle mit seinem Vater und heiligen Geist Wohnung bei uns machen, Joh. 14,23. Ein frommes Herz bedenke dies Wort, was es heiße, und eigentlich sei: Wohnung bei uns machen. Ist das nicht eine große Seligkeit und Gnade, ein Haus und Wohnung der heiligen Dreieinigkeit sein?

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2. Von dieser unserer großen Herrlichkeit stehet ein schöner Ort in der Kirchen-postill Lutheri, am Pfingsttage, welchen man, als eine edle Blume, in den Lust-garten seines Herzens pflanzen soll, da er also spricht: „Das muß eine große Herrlichkeit und Gnade sein der Menschen, so da wert geachtet werden, zu sein eine solche herrliche Wohnung, Schloß und Saal, ja Paradies und Himmelreich, da Gott auf Erden wohnet, welche doch sind solche arme, betrübte, schüchterne Herzen und Gewissen, die nichts an ihnen denn Sünde und Tod fühlen, und vor Gottes Zorn beben und zittern, meinen, Gott sei von ihnen am weitesten, und der Teufel am nähesten. Aber die sinds, denen solches verheißen ist, und fröhlich sich des trösten mögen, dass sie sind das rechte Gotteshaus und Kirche, da Gott Lust hat zu ruhen und zu bleiben, wie der Prophet Jes. 66,1. seq. spricht von solchen wider die stolzen aufgeblasenen Heiligen: Was wollt ihr mir für ein Haus bauen, und welches soll die Stätte sein, da ich ruhen soll? Hat nicht meine Hand alles gemacht, was da ist? Ich sehe aber an, den Elenden und der zerbrochenen Geistes ist, und der sich fürchtet vor meinem Wort. Wo sollte auch Gott wohnen? Er findet sonst keine Herberge auf Erden. Die andern trefflichen, hohen, großen, selbstgewachsenen Heiligen sind ihm viel zu stolz, viel zu hochmütig, weise, klug und heilig, dazu weit, durch und oben über dem Himmel hinausgefahren, dass sie sollten seine Wohnung auf Erden sein. So ist er auch wiederum zu edel und ekel, dass er nicht will noch kann bei solchen hoffärtigen, ruhmrätigen Heiligen sein und wohnen, welche ihrem Abgott, dem Teufel nach, wollen Gott gleich sitzen, und mit ihm von ihrer Heiligkeit pochen, und achtet sie der Ehre nicht wert, dass er sie mit all ihrer Pracht, Ruhm und Schmuck ihrer schönen selbst gemachten Herrlichkeit ansehe, findet sich dieweil in die armen geringen Hütten der Armen, Verachteten, so Christi Wort hören und glauben, und gerne Christen wollen sein, halten sich aber selbst für gar unheilige unwürdige Sünder; das ist ja eine tröstliche, schöne, und wie St. Petrus sagt, der teuren und allergrößten Ver-heißungen eine, uns armen elenden Sündern geschenkt, dass wir auch göttlicher Natur teilhaftig werden sollen, und so hoch geadelt, dass wir nicht allein durch Christum sollen von Gott geliebt werden, seine Gunst und Gnade als das höchste teuerste Heiligtum halten, sondern ihn den Herrn selbst ganz in uns wohnend haben.”

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Item: „Siehe nun, welch ein großes Ding sei der Mensch, der da ein Christ ist. Ein rechter Wundermensch auf Erden, der vor Gott mehr gilt denn Himmel und Er-den, ja ein Licht und Heiland der ganzen Welt, in dem Gott alles vermag und tut, aber vor der Welt gar hoch und tief verborgen und unbekannt, welche auch nicht wert ist, solche Leute zu erkennen, sondern muß sie halten für ihre Fußtücher.“

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Item: pag. 118. „Das ist die überschwengliche Herrlichkeit der Christen, dass sich Gott ihnen so tief herunter gibt, und so nahe zu ihnen tut, dass er nirgend anders, denn in ihnen und durch ihr Wort und Werke, Hand und Mund sich erzeigen, sehen und hören lassen will, und damit einen großen Unterschied macht zwi-schen ihnen und allen andern Menschen, dass auch ein einzelner Christ, wie ge-ring er ist, viel ein anderer Mann, und vor Gott höher geehret ist, denn alle Köni-ge, Kaiser, Fürsten und alle Welt auf einem Haufen, welche von diesem Ruhm und Ehre nichts haben noch wissen.“

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3. Ach Herr! was ist der Mensch, dass du sein gedenkest, und des Menschen Kind, daß du dich sein annimmst? Ps. 8,5. Sehet, wie hat Gott die Menschen so lieb? 5 Mos. 33,3. Wo ist ein Volk, zu welchem sich Gott so nahe tut, als der Herr unser Gott, so oft wir ihn anrufen? Kap. 4,7. Lasse sich demnach kein frommer Christ dieser seiner Herrlichkeit durch verlogene Mäuler berauben. Ist Schande und zu beklagen, dass der Mensch, ich geschweige ein Christ, solche tröstliche Lehre anfeinden, lästern und verketzern soll, da es doch die Heiden besser verstanden und gesagt: Gott ist in uns, durch ihn werden wir entzündet; ist es bei dir noch im Zweifel, dass Gott in unsern Herzen wohnet? Ja der heilige Apostel Petrus sagt wohl mehr, nämlich, dass wir der göttlichen Natur teilhaftig werden, 2 Petr. 1,4. Und der Apostel Paulus ziehet den heidnischen Poeten Aratum an, da er spricht: Wir sind Gottes Geschlecht. Ap. Gesch. 17,28. ja freilich, aus Gott geboren durchs Wort und die heiligen Sakramente. Summa, wer das verleugnet und verketzert, der verkehret die ganze heilige Schrift. Denn Gottes Wort und der heilige Geist wirket nicht außer uns, sondern in uns, da lehret er, da tröstet er, da erleuchtet er, das sind die rechten Gottesgelehrten, davon die Weissagung Jesajä lautet: Kap. 54,13. Deine Kinder sollen alle von Gott gelehret werden, nicht enthusiastischer Weise, wie die klugen Phantasten meinen, sondern durch göttliche Mittel. Denn wo der himmlische Doktor inwendig nicht lehret, da hilft kein auswendig lehren, es ist weder der da pflanzet oder begeußt etwas, sondern der das Gedeihen dazu gibt; 1 Kor. 3,7. Was ist es für ein hohes Geheimnis, dass St. Paulus spricht, 1 Kor. 2,10.11. Gleichwie niemand weiß, was im Men-schen ist, ohne der Geist des Menschen; also weiß niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes: denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefe der Gottheit.

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4. Von diesem Geheimnis sollen die Unverständigen, welche die klaren Zeug-nisse von der Vereinigung Gottes mit dem Menschen leugnen, sehr viel ver-stehen, werden demnach nimmermehr schmecken den Strom des lebendigen Wassers, so von des Gläubigen Leibe fließet, Joh. 7,38. St. Paulus schreibt: 2 Tim. 1,6. Er solle das verborgene Fünklein, so er empfangen hat, durch Auflegen seiner Hände, in ihm aufblasen und erwecken, dass er leuchte und brenne; wird vielleicht nach der Verständigen Meinung den Enthusiasmum gelehret haben. Was ist denn, was die Epistel Hebr. 6,5.6. sagt: dass etliche geschmecket haben die himmlischen Gaben, das gütige Wort, und die Kräfte der zukünftigen Welt; ist dies auch ein Enthusiasmus? Was sagt hievon Ps. 34,9. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Was ist das Abendmahl und das verborgene Manna in der Offenb. Joh. 2,17. Kap. 3,20. Hast du auch der heiligen Jungfrau Maria Freude empfunden, welche sie hatte in Gott ihrem Heilande? Was ist der Heil-brunn Jesaiä, daraus man mit Freuden Wasser schöpft? Kap. 12,3. dazu auch der Herr Christus rufet: Joh. 7,37. Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Wo ist der Geist der Weisheit, des Verstandes, des Erkenntnisses, der Stärke, des Rats, der Kraft und Furcht Gottes, wo hat er seine Werkstatt? Wahrlich bei den Lästerern und Verleumdern nicht; denn da ist weder Weisheit noch Verstand.

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Das dritte Kapitel.

Die Lehre von Christo ist eine tätige, kräftige Lehre.

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Wenn nun der Geist Gottes wirket die Liebe, die Geduld, Gebet und Trost; was sind es für Wirkungen, sind es bloße Worte ohne Kraft? Ist es nicht eine wirk-liche, tätliche, kräftige Bewegung, ist es nicht eine lebendige Lehre? Wo hat die betrübte Seele ihre Ruhe, muß sie nicht in Gott einkehren und ruhen? Summa, die heilige Schrift und Gott in derselben, will mit Geist, mit Glauben, mit Herzens-andacht und himmlischem Gemüt ergriffen sein, also dass derselben Licht, Kraft, Leben, Trost, Stärke, Weisheit, Sieg, und alle Gottesfülle, wie St. Paulus, Eph. 3,19. redet, im Herzen, Geist, Glauben, Sinn und Gemüt empfunden werden, und Gott Vater, Sohn und heiliger Geist, im Wort erkannt, geschmecket, geliebt und gelobt werden, und durchs Wort im Glauben, im Herzen wohnen, und das ganze Reich Gottes im Menschen aufrichten. Hie helfen keines Menschen Künste, sondern durch den Glauben und heiligen Geist erleuchtet, werden von oben herab geboren, die den Schlüssel zu dem Schatzkasten Gottes, den heiligen Geist erbitten. Denn wo nicht unsere Sinne mit dem Strahl göttlichen Lichts erleuchtet und gereiniget werden, so können wir den eigentlichen Sinn und die Süßigkeit Gottes, der in der Schrift redet, nicht fassen, noch begreifen. Die gött-liche Erleuchtung, Weisheit, Friede, Liebe, das Reich Gottes, läßt sich nicht als eine Wort- und Weltkunst lernen, durch die kluge Vernunft; du mußt in die rechte Pfingstschule gehen, oder du bleibst ungeschickt zum Reich Gottes.

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2. 7) Dazu ist nun höchstnötig, dass ein gottesfürchtiger Mensch sich selbst lerne recht erkennen und prüfen, wer in ihm das Regiment und die Herrschaft habe. Gewißlich hat St. Paulus solches empfunden in seinen Gliedern, wie er darüber klagt, Röm. 7,24. befiehlt auch, dass wir die Sünde in unserm sterblichen Leibe nicht sollen herrschen lassen, zu tun, was wir wollen, Röm. 6,12. sondern wir sollen prüfen, ob Christus in uns sei, daran wir merken können, dass wir nicht verworfen, oder untüchtige Glieder Christi sein, 2 Kor. 13,5. Darum sollen wir den alten Menschen ablegen, und den neuen Menschen anziehen; den äußerlichen Menschen lassen durchs Kreuz und wahre Buße verwesen, auf dass der inner-liche erneuert werde. Wir sollen unterscheiden lernen die Früchte des Geistes und Fleisches. Denn was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist, Joh. 3,6. Denn die Natur die Kinder des Zorns gebieret, der Geist aber die Kinder der Gnaden; die Vernunft muß gefan-gen genommen werden; der Glaube aber die Welt überwinden; die Werke der Finsternis müssen abgelegt, die Waffen aber des Lichts angetan werden, Röm. 13,12. der faule Baum muß abgehauen werden mit seinen argen Früchten; der gute Baum muß eingepflanzt werden, der gute Früchte bringet. Der Sünde muß abgestorben, und der Gerechtigkeit gelebt werden, 1 Petr. 2,24. unsere Ge-wissen müssen gereiniget werden von den toten Werken, Hebr. 6,14. und dagegen die lebendige Tugend eingepflanzt werden. Das Sterben Christi müssen wir an unserm Leibe tragen, auf dass auch das Leben Christi in uns offenbar werde, 2 Kor. 4,10. das alte Jerusalem muß zerstöret werden, und muß auf uns geschrieben werden der Name des neuen Jerusalems. Off. Joh. 3,12. das Reich des Satans muß untergehen, auf dass das Reich Gottes in uns erbauet werde; das Ottergezücht und der Schlangensame muß vertilget werden, Gottes Same aber muß in uns wachsen; der natürliche Mensch, der nichts vernimmt vom Geist Gottes, muß gedämpfet werden, aber der geistliche Mensch muß leben, und alles geistlich ausrichten, 1 Kor. 2,14. Das Bild des Satans muß ausgetrieben, Gottes Bild aber in uns verkläret werden. Wer dieses nicht verstehet, wird nimmermehr die Buße recht verstehen, auch die Gnade Gottes nicht, auch die menschliche Schwachheit nicht, auch Gottes Erbarmung nicht, auch das neue geistliche Leben nicht, und ist noch sehr weit vom wahren Christentum, er lasse sich denn in seinem Hochmut so viel denken, als er wolle.

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Das vierte Kapitel.

Das Gebet ist höchst nötig.

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Hieraus siehest du nun, wie höchst nötig ein ernstes, andächtiges, unaufhör-liches Gebet sei, wie dadurch der inwendige Mensch gestärket, geheiliget, gereiniget, getröstet, erleuchtet, ganz in Gott gezogen, und Gott dem Herrn ganz familiar und geheim werde, wie ein heiliger Engel, welcher allezeit Gottes Angesicht siehet im Himmel. Summa, es sind im Gebet mehr Geheimnisse, als auch der allerklügeste Mensch begreifen oder verstehen kann, wie im 20. Kap. dieses zweiten Buchs aus dem alten geistreichen Lehrer Taulero angezogen; und ist ganz kindisch und lächerlich, dass die Unerfahrnen solche himmlische Sachen verwerfen, die sie doch mit ihrem groben Unverstande den tausendsten Teil nicht erreichen können; ja sie wissen nicht, was recht beten ist, vielweniger wissen sie, was suchen ist, am allerwenigsten wissen sie, was anklopfen ist. Ach! wie sanft ruhet die gläubige Seele in der Liebe Gottes, wenn ihr Gott, auf ihr Anklopfen, die Schätze Jesu Christi aufgetan hat, davon ein kleines Wörtlein in den Kapiteln von der liebhabenden Seele in diesem Buch zu finden ist.

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Das fünfte Kapitel.

Von der Gelegenheit, wodurch die Lehre vom Gebet in dies zweite Buch gesetzet worden.

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Diesem Schatz habe ich nachgeforschet, ob ich etwas davon finden möchte; diese edle Perle habe ich gesucht in manchem Acker. Und daher ist es kommen, als mir ungefähr vor 15 Jahren, da noch des Weigels Schriften das Licht nicht gesehen hatten, dieses Tractätlein in 12 Kapiteln vom Gebet, von einem guten Freund verehret ward, und ich dasselbe andächtig, schriftmäßig und lehrhaftig befand, dass ich mirs belieben lassen, mit in mein anders Buch zu setzen, die Circumstantien des Gebets damit zu erklären, wie nämlich durchs Gebet alles, was an geistlichen Gaben vonnöten ist, muß wieder vom Vater des Lichts erbeten werden; was für großer Schade entstehe, wenn man nicht fleißig bete, dass nämlich ein nicht betender Mensch sein Allerbestes versäume in diesem kurzen Leben; wie das Gebet der rechte Weg sei zu allem Guten, darauf ein Mensch stets wandeln und sich üben solle. Dass das Gebet weder an Zeit noch Ort, weder an Würdigkeit noch Unwürdigkeit der Personen gebunden sei etc. Bitte aber die großen Heiligen, sie wollen mir die Sünden verzeihen, dass ich mich der apostolischen Regel gebraucht habe, prüfet alles, das Gute behaltet, 1 Thess. 5,32. Sie wollen aber nach ihrer hohen Kunst nicht so närrisch argumen-tieren und schließen, dieser hat (und zwar unwissend) aus dem Weigel etwas angezogen, darum billiget er des Weigels Irrtum; sind das nicht scharfsinnige Köpfe! Item, das verstehe ich nicht, also so ist es nicht recht. St. Paulus hat aus den Heiden was angezogen, also ist er mit heidnischen Irrtümern behaftet. Aber genug hievon. Wir müssen den herrlichen Taulerum im dritten Buch auch von den Calumnianten retten.

 

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