DAS ACHTZEHNTE KAPITEL. (1.B./18.K.)

 

WIE HOCH GOTT ERZÜRNT WERDE, WENN MAN DAS ZEITLICHE DEM EWIGEN VORZIEHET, UND WIE UND WARUM WIR MIT UNSERN HERZEN NICHT AN DEN KREATUREN HANGEN SOLLEN.

 

Inhalt.

1) Ein falscher Christ sorgt für das Fleisch, ein wahrer Christ für seine Seele. 2) Christus ist die Richtschnur seines ganzen Lebens. 3) Er tut alles im Glauben, 4) und in einer heiligen Begierde nach dem Ewigen; 5) indem er alles zur Ehre Gottes tut. 6) Wir müssen Gott und das ewige Leben in allen Dingen suchen. 7) Wo nicht, so strafet Gott mit ewigem Feuer, 8) auch mit zeitlichen Plagen solche schnöde Undankbarkeit. 9) Die Kreaturen sollen als Gottes Fußstapfen uns zu Gott führen. 10) Aus der Weltliebe aber wird höllisches Feuer. 11) Weltliebe macht die Kreaturen zu Gräuel und Fluch. 12) Summa, ein Christ muß sein Herz und Liebe im Ewigen haben, und nicht die Kreaturen lieben, um acht Ursachen willen.

 

Der Herr zündete ein Feuer unter ihnen an, das verzehrete die äußersten Läger. 4 Mos. 11,1.

 

Die Kinder Israel murreten wider Mosen, und sprachen: Wer will uns Fleisch zu essen geben? Wir gedenken an die Fische und Kürbis in Ägypten. Dadurch werden uns vorgebildet die Leute, so bei dem Evangelium nur weltliche und fleischliche Dinge suchen, Reichtum, Ehre und Wollust, und mehr Fleiß anwen-den, wie sie reich werden, denn wie sie selig werden mögen; haben lieber die Ehre bei den Menschen, denn die Ehre bei Gott. Joh. 12,43. suchen mehr des Fleisches Lust als des Geistes Armseligkeit und Zerschlagenheit. Dagegen ist die Probe eines wahren Christen, dass er mehr sorget für seine Seele, als für seinen Leib, siehet auf die künftige Ehre und Herrlichkeit mehr, als auf die zeitliche Ehre; er siehet mehr auf das Unsichtbare, das ewig ist, als auf das Sichtbare, so ver-gänglich ist; er kreuziget und tötet sein Fleisch, auf dass der Geist lebe.

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2. Und in Summa, das ist das ganze Christentum, Christo unserm Herrn nach-folgen. Die Religion bestehet vornehmlich darinnen, dass du demjenigen nach-folgest, welchen du ehrest, und dem du dienest, sagt Augustinus. Und Plato hat aus dem Licht der Natur verstanden, und gesagt: Die Vollkommenheit des Men-schen besteht in der Nachfolge Gottes. So soll nun Christus unser Herr, unser Spiegel sein, und die Richtschnur unsers ganzen Lebens, dahin unser Herz, Sinn und Gedanken sollen gewendet sein, wie wir zu ihm kommen, durch ihn selig werden, und ewig mit ihm leben mögen, dass wir unser Ende mit Freuden erwar-ten.

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3. Das muß nun also geschehen, dass alle unsere Arbeit, Handel, Wandel und Beruf im Glauben geschehe, in der Liebe und Hoffnung des ewigen Lebens; oder noch deutlicher, dass in allen Dingen, was man tut, des ewigen Lebens und der ewigen Seligkeit nicht vergessen werde.

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4. Durch die Gottesfurcht wächset in einem Menschen eine heilige Begierde des Ewigen, und wird die große unersättliche Begierde des Zeitlichen gedämpfet. Das lehret St. Paulus fein in dem artigen Spruch: Kol. 3,17. Alles, was ihr tut mit Worten und Werken, das tut im Namen des Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn.

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5. Nun heißt Gottes Name, Gottes Ehre, Ruhm, Lob und Preis, Ps. 48,11. Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm, bis an der Welt Ende. Wenn wir dahin all unser Thun und Leben richten, so ist es ins Ewige gerichtet, und sind die Werke, die in Gott getan sein, Joh. 3,21. und die uns nachfolgen nach unserm Tode, Offenb. Joh. 14,13.

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6. Summa, wir müssen Gott in allen Dingen suchen, das höchste Gut und das ewige Leben, wollen wir Gott und das ewige Leben nicht verlieren. Das lehret uns auch St. Paulus fein, 1 Tim. 6,11. da er uns vor dem Geiz warnet, und spricht: Du Gottesmensch, fleuch dasselbige. Nennet den Christen einen Gottesmenschen, darum, dass er aus Gott geboren, in Gott und nach Gott lebet, Gottes Kind und Erbe ist: wie ein Weltmensch ist, der nach der Welt lebet, und seinen Teil in der Welt hat; denen Gott den Bauch füllet mit seinen Gütern, Ps. 17,14. Das soll ein Christenmensch fliehen, und nachjagen dem Glauben, der Liebe, und ergreifen das ewige Leben, dazu er berufen ist.

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7. Wo nun dieses nicht geschieht, da wird eine große Sünde begangen, die Gott mit dem ewigen höllischen Feuer strafen wird, welches uns die Geschichte vor-bildet: Da die Kinder Israel die Bauchfülle suchten, zündete Gott ein Feuer unter ihnen an, welches ihre Läger verzehrete, 4 Mos. 11,1. seq. Ist ein wunderbares Feuer gewesen, ein Rachefeuer, und ist der Zorn Gottes und sein Eifer gewesen.

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8. Wenn wir nun solche Strafen sehen, es sei Feuer, Wasser, Krieg, Hunger, Pestilenz, so sollen wir nun nicht anders gedenken, als dass es Gottes Zorn sei, allein dadurch verursachet, dass man nur das Zeitliche suchet, und das Ewige vergißt, das Zeitliche dem Ewigen vorzieht, mehr für den Leib, als für die Seele sorget, welches die höchste Undankbarkeit und Verachtung Gottes ist, so er zeitlich und ewig strafen wird. Denn ein jeder bedenke es selbst, ob das nicht die höchste Undankbarkeit sei, den ewigen, allmächtigen Gott, von dem wir Leib und Seele haben, hintansetzen, und die ohnmächtigen Kreaturen sich zum Abgott machen? Ist es nicht die höchste Verachtung Gottes, die Kreaturen mehr lieben, als den Schöpfer, dem Vergänglichen mehr anhangen, als dem Unvergängli-chen?

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9. Es hat wohl Gott der Herr die Kreaturen und alles Zeitliche geschaffen zu unserer Notdurft, aber nicht zu dem Ende, dass wir daran hangen sollen mit unserer Liebe, sondern dass wir Gott in den zeitlichen Kreaturen suchen und erkennen sollen, und dem Schöpfer mit unserer Liebe und Herzen anhangen, das ist, die Kreaturen sind allein Gottes Fußtapfen, Gottes Zeugen, die uns zu Gott führen sollen, so bleiben wir nicht an denselbigen hangen.

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10. Was wird aber endlich aus solcher Weltliebe, darinnen Gott nicht ist? Nichts anders, denn Feuer und Hölle, wie das Exempel Sodoma und Gomorra bezeu-get, 1 B. Mos. 19,24. und dies Vorbild, dass der Herr ein Feuer unter ihnen an-zündete, welches ein Spiegel ist des ewigen Feuers und Verdammnis.

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11. Es sind die Kreaturen Gottes alle gut, wie sie Gott geschaffen, aber wenn des Menschen Herz daran hängt, und dieselbige gleichsam zum Abgott macht, so sind sie dem Fluch unterworfen, und ein Gräuel vor Gott, wie die güldene und silberne Götzen, daran das Silber und Gold gut ist, aber der Gräuel, der daran hängt, macht es zum Fluch, und daraus wird das ewige Feuer und die ewige Pein.

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12. Summa, ein Christ muß sein Herz, Liebe, Lust, Reichtum und Ehre im Ewi-gen haben, darauf folget das ewige Leben; denn wo dein Schatz ist, da ist dein Herz, Luk. 12,34. Matth. 6,21. Aus der Liebe und Lust dieser Welt kann nichts anders kommen, als ewige Verdammnis. Denn die Welt vergehet mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit, 1 Joh. 2,17. Darum sagt Johannes: 1 Joh. 2,17. Lieben Kindlein, habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Er lehret uns damit, dass Gott nicht haben will, dass wir einige Kreaturen lieben sollen; Ursache:

1) Denn die Liebe ist das ganze Herz des Menschen, und der edelste Trieb, da-rum gebühret dieselbige Gott allein, als dem edelsten und höchsten Gut.

 2) So ist es auch eine große Torheit, dasjenige lieben, so uns nicht kann wieder lieben. Das zeitliche, ohnmächtige, tote Ding hat keine Liebe zu uns, darum ist es vergeblich, dass wirs lieben. Vielmehr sollen wir Gott von Herzen über alle Krea-turen lieben; denn er liebet uns also, dass er uns zum ewigen Leben geschaffen, erlöset und geheiliget hat.

 3) Es ist natürlich, dass ein jeglicher seines Gleichen liebet. Gott hat dich darum zu seinem Gleichnis und Bilde geschaffen, dass du ihn und deinen Nächsten lie-ben solltest.

 4) Unsere Seele ist wie ein Wachs; was man hineindrückt, dessen Bild behält es. Also soll man Gottes Bild in deiner Seele sehen, wie in einem Spiegel, wo man ihn hinwendet, da siehet man etwas darinnen. Wendest du einen Spiegel um ge-gen den Himmel, so siehest du den Himmel darinnen, wendest du ihn gegen die Erde, so siehest du die Erde darinnen. Also deine Seele, wohin du dieselbige wenden wirst, dessen Bild wird man darinnen sehen.

 5) Da der Erzvater Jakob in fremden Landen war, in Mesopotamia, und dienete vierzehn Jahre um seine Weiber, und sechs Jahre um seinen Lohn, sind zwanzig Jahre; war doch immer sein Herz gesinnet, wiederum heimzuziehen in sein Vaterland, wie er auch endlich tat. Also, ob wir wohl in dieser Welt sein und leben müssen in unserm Amt und Beruf, soll doch unser Herz immer gerichtet sein ins himmlische ewige Vaterland.

 6) Alles, was ein Mensch hat, es sei Böses oder Gutes, das hat er von dem, was er liebt. Liebt er Gott, so hat er alle Tugenden und alles Gute von Gott; liebt er aber die Welt, so hat er alle Laster und alles Böse von der Welt.

7) Da der König Nebukadnezar die Welt allzusehr liebete, verlor er das Bild des Menschen, und ward in eine Bestie verwandelt, denn der Text sagt ausdrücklich: Er sei wieder zu seiner vorigen Gestalt kommen, Dan. 4,33. Derohalben, so muß er sie verloren haben, oder eine unmenschliche Gestalt an sich gehabt haben, Also verlieren alle diejenigen das Bild Gottes aus ihrem Herzen, welche die Welt allzusehr lieben, und werden inwendig Hunde, Löwen und Bären, werden wie das Vieh.

 8) Summa, was ein Mensch in seinem Herzen hat, das wird dort offenbar wer-den, und das wird er auch behalten, entweder Gott oder die Welt; behält er die Welt, so wird daraus eitel Feuer werden, wie dies Fürbild vorbildet.

 

Gebet um Befreiung von der Weltliebe.

 

Du hast, o Jesus! da du mich heißen trachten am ersten nach deinem Reich, und nach deiner Gerechtigkeit, mir die Seelsorge recht anempfohlen, die bekümmern-de Nahrungssorge und Mammonsdienste aber gänzlich verboten, mit ange-hängter gewissen Verheißung, dass, wo ich werde dir gehorchen, wie ich ja schuldig bin, mir das Übrige alles zufallen werde. Ach! laß mir doch dir glauben, nicht nach heidnischer Art um das Zeitliche bekümmern, noch dasselbige dem Ewigen vorziehen, und also den Bauch zum Gott machen. Richte dein Reich, welches Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geist ist, in mir auf, und gib, dass ich dir darinnen recht diene, alle meine Sorgen und Anliegen auf dich werfe, im gläubigen Vertrauen und gewisser Hoffnung, du werdest alles wohl machen, Amen.

 

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