DAS DREIUNDVIERZIGSTE KAPITEL. (2.B./43.K.)

 

GOTT LOBEN IST DES MENSCHEN HÖCHSTE

UND ENGLISCHE HERRLICHKEIT.

 

Inhalt.

1) Gott loben ist des Menschen Herrlichkeit: 1. Weil er freudig vor Gott treten darf. 2) 2. Weil man dadurch den Engeln gleich wird. 3) 3. Weil man dadurch Gottes Werkzeug, Saitenspiel und Harfe wird. 4) 4. Weil darinnen die höchste Freude ist. 5) 5. Weil dadurch die Erkenntnis Gottes wächset. 6) 6. Weil darinnen der Sieg ist über alle unsere Feinde.

 

Auf den zehen Saiten und Psalter, mit Spielen auf der Harfe. Denn, Herr! du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Ge-schäfte deiner Hände; Herr! wie sind deine Werke so groß? Deine Gedan-ken sind sehr tief. Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr achtet sol-ches nicht. Ps. 92,4. seq.

 

Es haben sechs Psalmen den Titel: gülden Kleinod, als der 16. und vom 56. bis auf den 60. anzudeuten, dass Gottes Lob und Gebet des gläubigen Herzens geistliches, himmlisches Kleinod ist. Dass aber des Menschen Herrlichkeit ist, Gott loben, ist daraus abzunehmen, 1) dass man mit aller Freudigkeit darf vor Gott treten, und ihn loben. Ps. 96,6. Es stehet herrlich und prächtig vor ihm, und geht gewaltig und löblich zu in seinem Heiligtum. Darum ist nun das eine große Herrlichkeit eines Gott lobenden Menschen, dass er täglich vor Gott treten kann, und Gott loben. Denn auch die heiligen Engel dies für eine große Herrlichkeit achten. Luk. 1,19. Ich bin Gabriel, der vor Gott stehet.

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2. 2) Ist darum Gottes Lob des Menschen größte Herrlichkeit und Kleinod, weil wir dadurch den Engeln Gottes gleich werden. Als der Herr Christus des Men-schen künftige Herrlichkeit beschreiben will, Matth. 22,39. Luk. 20,36. spricht er: Sie werden den Engeln Gottes gleich sein. Nun ist zwar solches zu verstehen von der Herrlichkeit unserer verklärten Leiber in jener Welt, und herrlichen engli-schen Gaben, womit Gott die Auserwählten zieren und schmücken wird, da sie nicht allein den Engeln, sondern dem verklärten Leibe Christi werden ähnlich werden, Phil. 3,21. Und 1 Joh. 3,2. Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir werden Gott gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Doch gleichwohl, wie niemand Christo wird ähnlich werden, er werde ihm denn gleich in diesem Leben, d. i. er glaube an ihn, er lebe in Christo, er folge seiner Demut und Sanftmut, er werde hie dem Ebenbilde des sanftmütigen, demütigen, niedrigen, gekreuzigten Christi ähnlich, auf dass er auch dem Ebenbilde des herrlichen, erhöheten, verklärten Christi gleich werde: also wird auch niemand den Engeln gleich werden an jenem Tage, er werde denn auch in dieser Welt den Engeln gleich. Das kann nun nicht besser geschehen, als durch tägliches andächtiges Lob Gottes. Denn das ist der Engel Amt, wie es Jes. 6,3. Ps. 103,20. beschrieben ist, dass sie ohne Unterlaß Gott loben. Wer nun dasselbe tut, der vollbringt das Amt eines Engels, und wird in die Zahl der Engel gerechnet. Daraus folget, dass Gott loben des Menschen größte Herrlichkeit und Kleinod sei, und das kann inwendig im Herzen mit an-dächtigen, heiligen Gedanken ohne Unterlaß geschehen. Denn das rechte Lob Gottes gehet vornehmlich aus dem Herzen. Kol. 3,16. Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen.

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3. 3) Ist darum Gottes Lob des Menschen größte Herrlichkeit und Kleinod, dass der Mensch dadurch Gottes Werkzeug, Gottes Saitenspiel und Harfe wird, welche den allerliebsten Laut und Ton von sich gibt, durch welche der heilige Geist Gottes Lob ausbreitet. Welches fein abgebildet ist, Offenb. Joh. 14,2. da der Evangelist gesehen hat eine Schar, die dem Lamm Gottes nachfolgeten in weißen Kleidern, und ihr Getön war als ein Getön vieler tausend Harfenschläger. Und das haben vor Zeiten im alten Testament die mancherlei wunderbaren, lieblichen musikalischen Instrumente bedeutet, deren David im 150. Psalm ge-denket, welche nichts anders bedeuten, als die mancherlei Gaben des heiligen Geistes, wodurch Gottes Name, Lob, Erkenntnis, Werke, Wohltaten und Wunder ausgebreitet werden. Darum sie auch vergangen sein, auf dass die geistlichen Harfen und Psalter des Lobes Gottes sollen an jener Statt kommen. Und gleich-wie ein musikalisches Instrument des Menschen Werkzeug ist, darauf zu spielen, also ist des Menschen Seele des heiligen Geistes Werkzeug, durch welches, und in welchem er Gottes Lob wirket. Ps. 8,2. Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du dir ein Lob zugerichtet. Wie kann nun des Menschen Herz, Mund und Seele eine größere Herrlichkeit haben, als wenn sie des heiligen Geistes Werkzeug ist? David sagt in seinen letzten Worten: Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und seine Rede ist durch meinen Mund geschehen. 2 Sam. 23,2. Eph. 5,18.19. Werdet voll Geistes, singet und spielet dem Herrn in euren Herzen.

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4. 4) So ist Gottes Lob darum des Menschen größte Herrlichkeit und Kleinod, dieweil in Gottes Lob die höchste geistliche Freude ist, davon der 92. Ps. v. 5. spricht: Du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte deiner Hände. Nun ist aber Gottes Freude ein herrliches Stück des ewigen Lebens, und des Reichs Gottes in uns, welches ist Friede und Freude im heiligen Geist, Röm. 14,17. Wer nun täglich die himmlische Freude des ewigen Lebens und des Paradieses schmecken will, der kann es täglich tun durch Gottes Lob. Wenn es herzlich ist, so erfreuet es Leib und Seele, wie solches der 63. und 84. Ps. augenscheinlich bezeugen. Was ist das Paradies anders, als lauter Freu-de und Wonne? da man schmecken und sehen kann, wie freundlich der Herr sei, Ps. 34,9. und was das ewige Leben sei, nämlich Freude die Fülle und lieblich Wesen zu seiner Rechten ewiglich, Ps. 16,11.

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5. 5) So ist darum Gottes Lob des Menschen größte Herrlichkeit und köstliches Kleinod, weil man in demselben die größten Werke Gottes betrachtet, und die höchste Weisheit Gottes, und dadurch von der menschlichen Torheit und Blind-heit erlöset wird, wie der 92. Ps. v. 6.7. spricht: Wie sind deine Werke so groß und deine Gedanken so sehr tief? Ein Törichter glaubet das nicht, und ein Narr achtet solches nicht. St. Paulus spricht: Der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefe der Gottheit, 1 Kor. 2,10. Je mehr nun ein Mensch Gottes Erkenntnis hat, je mehr er ihn lobet, und je mehr er Gott lobet, je mehr er wächset in Gottes Er-kenntnis, dass man gleich gar in eine Tiefe der Weisheit Gottes gerät, und keinen Grund finden kann, und Gott über alle Dinge lobet und fürchtet. Denn je höher einer im Lobe Gottes ist, desto tiefer er in Gedanken kommt, so in Gott versenkt werden; nicht dass einer aus Vorwitz unerforschliche Dinge, die ihm zu schwer sind, ergründen soll, sondern, dass oft Gott den Reichtum seiner Weisheit einen Gott lobenden und Gott liebenden Menschen sehen läßt, darüber er verstummet, und kann es nicht aussprechen. Denn hat können der König Salomon der Köni-gin aus dem Reiche Arabia in seiner Schatzkammer, und in Eröffnung seiner Weisheit solchen Glanz zeigen seines Reichtums und Schatzes, darüber sie erstaunet, und lobete ihn, und sprach: Deine Weisheit ist größer denn deine Gerüchte; selig sind deine Knechte, die täglich vor deinem Tische stehen, und deine Weisheit hören, 1 Kön. 10,7.8. so tut es Gott vielmehr, der seinen Lieb-habern und Lobern oft im Augenblick einen solchen Schatz seiner Weisheit zeiget, dass ein Mensch erstaunet, und mit David ausrufen muß: Herr, wie sind deine Werke so groß, und deine Gedanken so sehr tief! Ps. 92,6. Das Geheimnis des Herrn ist bei denen, so ihn fürchten, Ps. 25,14. Und Ps. 51,8. Du lässest mich wissen die heimliche Weisheit. Denn gleichwie die Königin aus Arabia spricht: Selig sind die Knechte, die vor deinem Tische stehen, und täglich deine Weisheit hören; also sind die, so Gott loben, die Knechte Gottes, die vor seinem Tische stehen, und Gottes Weisheit im Geist glauben, und Gottes Wort hören. Aus diesem Brunnen fließt dann die rechte Weisheit, wie ein Altvater geschrieben hat, vom tiefen Meer der Weisheit Gottes. Aber, sagt der Psalm, ein Törichter glaubet das nicht, und ein Narr achtet solches nicht. Summa, je mehr man sich mit Gottes Lob zu Gott nahet, und mit Gottes Lob umgehet, desto mehr Gott den Schatz und Reichtum seiner Weisheit und Gedanken eröffnet, die vor den Narren und Toren wohl ewig versiegelt bleiben.

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6. 6) So ist Gottes Lob darum des Menschen höchstes Kleinod, weil in Gottes Lob der wahre Sieg ist über unsere Feinde, über Teufel und Menschen. Ps. 8,3. Ps. 118,15. Ps. 18,4. Ein herrliches Exempel haben wir am König Josaphat, der mit einem Lobgesang eine große Schlacht geliefert hat ohne allen Schwert-schlag, 2 Chron. 20,21.22. Solcher Siegpsalmen sind viele, als der 18. 46. 47. etc.

 

Gebet: Ein Lob Gottes, wegen seiner Allmacht und Barmherzigkeit.

(Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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