DAS ZWEIUNDVIERZIGSTE KAPITEL. (2.B./42.K.)

 

WAS DEN MENSCHEN ZUM TÄGLICHEN LOBE GOTTES

ERMAHNEN UND TREIBEN SOLL.

 

Inhalt.

1) Ein Christ kann Gott allezeit loben, in der Stille des Herzens, im Geist. 2) Dazu sollen uns folgende Gründe erwecken: 3) 1. Gottes ernster Befehl. 4) 2. Unser selbst eigenes Bestes. 5) 3. Gottes Freundlichkeit, Liebe und Güte, so ewig währet: diese erkennet der Mensch a. an ihm selber, 6) wie Gott, Vater und Muttertreue 7) an seinem Leibe und Seele erzeiget. 8) b. Aus dem Werk der Schöpfung, c. Erlösung, Heiligung und d. Vorsehung. 9) e. Sonderlich aber im Kreuz, da uns Gott seine Güte entzieht, uns unsers Undanks zu erinnern. 10) f. Auch gegen die Gottlosen ist Gott gütig und freundlich, 11) g. und überwindet mit Güte unsere Bosheit, straft nicht gern und läßt sich leicht versöhnen. 12) Der Geschmack göttlicher Güte ist ein Vorgeschmack des ewigen Lebens. 13) 4. Die Exempel aller Heiligen im alten und neuen Testament, 14) 5. ja alle Kreaturen mahnen uns an zum Lobe Gottes. 15) 6. Unser und aller Kreaturen Lob ist viel zu gering, Gott ist noch größer: 16) Groß in seinem Wesen, Eigenschaften und Wer-ken. 17) Willst du nicht umsonst geschaffen, willst du ein Christ und Himmels-bürger sein, so lobe deinen Gott.

 

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. Psalm 106,107.118.

 

Es spricht der heilige David Ps. 119,164. Ich lobe dich des Tages siebenmal, um der Rechte willen deiner Gerechtigkeit. Das ist: Ich singe des Tages oft zu Ehren deinen Namen. Er lehret uns damit, dass kein Mensch sein Leben besser anle-gen könne, als wenn er des Tages etwa einmal sich in sein Kämmerlein ver-schließt, und daselbst Gott in der Stille lobet, wie David spricht Ps. 65,2. Gott man lobet dich in der Stille zu Zion; oder wenn der Mensch in seiner Armut ist, oder in der Stilligkeit seines Herzens, er sei an welchem Ort er wolle, Gott lobet. Denn ein wahrer Christ ist mit seinem Gebet sonst an keine Zeit und Ort ge-bunden, sondern er stehet im Geist und in der Wahrheit, Joh. 4,23. Der Geist aber ist an keine Zeit und Ort gebunden. Darum St. Paulus Kol. 3,16. spricht: Singet und spielet dem Herrn in eurem Herzen. Das ist der rechte Ort des Lobes Gottes.

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2. Weil wir aber von Natur träg und faul sind zu Gottes Lobe, wie wir solches alles an uns befinden, so hat uns der liebe Gott in seinem Wort viele Mittel ge-zeiget, dadurch wir zu Gottes Lobe angemahnet werden.

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3. 1) So ists Gottes ernster Befehl. Er will es von uns, als seiner Kreatur und Knechten haben, die er dazu erschaffen hat, dass sie ihn sollen loben, wie einer einen Knecht und Diener zum gewissen Dienst annimmt. Wer nun Gott nicht täglich lobet, den hat Gott vergeblich geschaffen, der ist auch Gottes Knecht und Diener nicht. Darum wird dieser Befehl so oft wiederholet in Gottes Wort: Lobet den Herrn, lobet ihr Knechte des Herrn, Ps. 113,1. Danket dem Herrn, Ps. 118,1. Du sollst mich preisen etc. Ps. 50,15. anzuzeigen, das sei der fürnehmste Gottesdienst, dass man Gott täglich lobet; darin sind die andern Gottesdienste alle begriffen; ja das wird unser höchster Gottesdienst sein in jenem Leben. Darum soll das unsere höchste Ehre, Lust und Freude sein, Gott täglich loben, wie David spricht Ps. 63,6. Das soll meines Herzens Lust und Freude sein, wenn ich dich mit fröhlichem Mund loben sollte. Und Ps. 37,4. Habe deine Lust an dem Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünschet. Selig ist, der in seinem Gottesdienste so hoch gekommen ist, dass er seine Lust am Herrn hat, und ihn täglich lobet, der hat reichen Trost von seinem heiligen Exempel. Ps. 65,5. Was kann für eine größere Ehre eines Menschen sein, als dass er als ein nichtiger Staub und Sünder so einem mächtigen, ja dem allermächtigsten und höchsten Herrn dienen soll? Wie freuet sich ein Mensch, wenn er einen großen Herrn in dieser Welt dienen mag? Vielmehr hie. Dies sollte einem Christen tägliche Auf-munterung genug sein.

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4. 2) So gereichet solches Lob Gottes nur uns zum Besten. Gott hat unsers Lobes nicht vonnöten, er wird dadurch nicht geringer noch größer, dazu ist unser Lob unrein, wir sind von unreinen Lippen, Jes. 6,5. sondern uns gereichts zum Besten, dass wir dadurch viel Guts und Segen Gottes zu uns ziehen. Ein dank-bares Herz ist ein Gefäß, das Gott mit vielen Gnaden und mancherlei Segen füllet. Ja dadurch ziehen wir Gott zu uns, werden sein Tempel und Heiligtum, darin er wohnet. Wo nun Gott ist und wohnet, da muß auch aller Segen und alles Gute sein. Ja wir treten durch tägliches Lob Gottes in die Gesellschaft der himmlischen und triumphierenden Kirche. Denn was tun die Engel Gottes und Auserwählten anders im Himmel, als dass sie Gott mit unaufhörlicher Stimme loben und preisen? Wir erhalten dadurch in diesem Leben einen Sieg über den andern, Ps. 84,8. und 18,30. Und endlich werden wir durch tägliches Lob Gottes in unsern Herzen versichert, dass wir bei Gott endlich ewig sein und bleiben werden. Denn er hat zugesagt: Wo ich bin, da soll mein Diener auch sein, Joh. 12,36. Wollte Gott, wir arme Menschen bedächten solches, und könntens zu Werk richten, und ohne Unterlaß in unsern Herzen, Sinnen und Gedanken Gott loben, so würde unser Herz ein rechtes Bethaus sein.

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4. 3) Soll uns zum täglichen Lob Gottes anreizen Gottes Freundlichkeit, Liebe und Güte, so ewig währet. Denn solche Ursach des Lobes Gottes wird zum öftern in den Psalmen wiederholet; anzuzeigen, dass dies das rechte Fundament und Ursache sei des wahren Lobes Gottes und herzlicher Danksagung, nämlich Gottes Freundlichkeit, Güte und Barmherzigkeit, so ewig währet. Und solches kann keines Menschen Zunge aussprechen, ja kein Herz fassen, was das sei, dass Gott, der so ein mächtiger großer Herr ist, sich gegen die Menschen, so Erde und Staub, ja große Sünder und Gottes Feinde sind, sich so freundlich und gütig erzeiget, und nicht müde noch verdrossen wird, uns unwürdigen und un-dankbaren Sündern Gutes zu tun, sondern ewiglich ein freundliches und gütiges Herz gegen die Menschen behält, gegen die, so jetzt leben, und künftig leben werden in alle Ewigkeit. Es empfinden aber alle Menschen Gottes Freundlichkeit und Güte, sonderlich a) an ihnen selbst. Siehe dich an, wer bist du? Ein großer Sünder; Gott der Herr aber ist so langmütigen und geduldigen Herzens, dass er nicht so bald, so schnell, und so eilend die Sünde strafet, und die Missetat heimsuchet, auch nicht so schrecklich und hart uns arme Menschen strafet, wie wir es wohl verdienen; und in demselbigen übertrifft er alle Menschen. Denn kein Mensch hat solche innerliche, gründliche, wesentliche Langmut, Güte und Freundlichkeit, wie Gott. Darum würde kein Mensch mit der Strafe so lange harren, er würde auch tausendmal härter strafen, als Gott. Denn wir müssen alle bekennen und sagen, wenn Gott strafet, so ist noch allewege Gnade und Freundlichkeit dabei, und Gottes Strafen sind noch allewege geringer, als unsere Sünden. Darum muß Gott innerlich, gründlich, wesentlich die höchste Güte, Treue und Freundlichkeit sein. Das erfährt ein jeglicher täglich an sich selbst.

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6. Gott redet in seinem Wort so freundlich mit uns, und hat sich so holdselig ab-gebildet, dass kein Vater und Mutter ihre weinenden Kinder freundlicher und liebkosender anreden können: Bist du nicht mein liebes Kind und mein trauter Sohn? Darum bricht mir mein Herz, ich muß mich dein erbarmen, spricht unser Gott Jer. 31,20.

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7. Was hat er uns für große Liebeswerke und Freundlichkeit erzeiget an Leib und Seele? Es soll mir eine Lust sein, dass ich ihnen Gutes tue, spricht Gott, Jer. 32,41. So gütig und so liebreich ist Gott, dass er sich freuet, dass er einen findet, der seiner Gütigkeit genieße. Das ist der Liebe Art. Ja, wenn er nicht so gütig wäre, wer könnte denn leben? Denn aus seiner Güte kommt das Leben, ja, seine Güte ist besser, denn Leben, Ps. 63,4. Die den Herrn fürchten, die wird die Güte umfahen, Ps. 32,10. Gleichwie eine Mutter ihr Kind herzet, so herzet uns Gottes Güte, denn sie umfähet uns.

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8. Wir sehen auch die Freundlichkeit und Güte Gottes b) in allen Kreaturen, als welche sind Fußstapfen und Spiegel der göttlichen Gütigkeit: Ist doch die Erde voll seiner Güte, Ps. 104,24. Bedenke es ein jeder, für wen hat Gott geschaffen alles das Gute, das der Himmel und die Erde in sich begreift? Um seinetwillen hat er es nicht erschaffen, denn er bedarfs nicht, er bedarf keiner erschaffenen Kreatur, er ist, der an sich selbst schon genug hat. Die Sonne, Mond und Sterne leuchten ihm nicht, sondern uns; Feuer, Luft, Wasser, Erde nützen ihm nicht, sondern uns. Wenn er unser Herz mit Speise und Trank erfüllet, Ap. Gesch. 14,17. so sehen und schmecken wir Gottes Freundlichkeit und Gütigkeit. Hat nicht ein jeder Mensch an seinem Leibe mehr Güter und Gaben Gottes, als er zählen kann? Er gibt gesunden Leib und Glieder; wer wollte solches um ein Kaisertum geben? Mit welchem Gute könnte man das einige Element, das Wasser bezahlen, wenn es uns Gott nähme, und in Blut verwandelte, wie in Ägypten? 2 Mos. 7,20. Oder welcher Fürst könnte mit allem seinem Reichtum des Tages Licht bezahlen, wenn Gott Finsternis kommen ließe, wie in Ägypten? 2 Mos. 10,22. Wenn wir einen Augenblick sollten der Luft entbehren, was hälfen alle Schätze der Welt? Siehe, das sind die größten Güter, und die verachtetsten, dafür Gott niemand danket. Wenn wir die Freundlichkeit und Güte Gottes be-denken, so er uns c) im Werke der Erlösung und Heiligung bezeuget, da werden wir unser Leben lang, ja in Ewigkeit, genug anzupreisen und zu loben haben. Denn es ist ein viel größeres Werk, die Welt erlösen, als die Welt erschaffen; den Menschen neu lassen geboren werden geistlich, als leiblich lassen geboren wer-den. Und in Summa, wenn wir d) Gottes wunderbare Providenz und Vorsehung bedenken, so sehen wir allenthalben Gottes Güte.

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9. Und weil wir ja so grob sein, dass wir dasselbe nicht wollen merken, und so vergeßlichen undankbaren Herzens sein, so muß uns Gott der Herr bisweilen e) durchs Kreuz und Entziehung seiner Güte erinnern, und zu erkennen geben, von wem wir alles haben, auf dass wir ihm danken, und den Ursprung alles Guten erkennen lernen, wie Gott klagt im Propheten: Mutwillig wollen sie nicht wissen, dass ich der Herr bin, der ihnen gebe Korn, Öl, Wolle, Gold, Silber; darum will ichs ihnen entwenden, Hos. 2,8. Darum ist das heilige Kreuz gleich als ein Licht, dabei wir Gottes Wohltaten sehen, greifen und erkennen lernen. Denn die Un-dankbarkeit ist eine große Blindheit des Herzens. Sie ist die größte Unehre Gottes; da doch der Ehre Gottes alle Welt voll ist, vielmehr soll derselben des Menschen Herz voll sein.

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10. Ja es ist hoch zu verwundern, und Gottes Freundlichkeit und Güte daraus zu erkennen, dass er dieselbe f) auch seinen Feinden und den Bösen mitteilet. Denn er läßt seine Sonne aufgehen und scheinen über Gute und Böse, Matth, 5,45.

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11. Endlich ist seine Freundlichkeit und Güte auch g) daraus zu spüren, dass, ob wir wohl so undankbar und so sehr böse sein, dass unser Herz täglich die Bos-heit quillet, wie ein Brunn, Jer. 6,7. dennoch ist Gott so gütig und so fromm und freundlich, dass er mit Güte unsere Bosheit überwindet, und nicht aufhöret, gütig zu sein. Darum der 136. Ps. spricht: Seine Güte währet ewiglich. Des Menschen Herz ist ein Abgrund alles Bösen, Jer. 17,9. Dagegen Gott der Herr ist ein Ab-grund aller Güte, und läßt sich unsere Undankbarkeit nicht abwenden von seiner Gütigkeit. Das ist eine sehr große gründliche Gütigkeit, ein Mensch ist solcher Güte nicht fähig. Es ist menschlicher Natur zu schwer, Gutes zu tun, und eitel Böses dafür zu empfangen. So gehet es aber bei Gott. Darum muß seine Gütig-keit gründlich und sehr groß sein. Und ob wir ihn durch unsere Bosheit gleich oft zum Zorne bewegen, dass es sich ansehen läßt, als habe er vergessen, gnädig zu sein, und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen, Ps. 77,10. so ist es doch ein Vaterzorn, in welchem kein Verderben ist, es ist doch allezeit Gnade dabei; ja seine Güte ist doch allezeit größer, als sein Zorn, Ps. 39,31.33.34. Wenn meine Kinder mein Gesetz verlassen, so will ich sie mit der Rute heim-suchen, aber meine Gnade will ich nicht von ihnen nehmen, Hab. 4,2. Wenn Trübsal da ist, so gedenket er der Barmherzigkeit, Klagl. 3,33. Er plaget die Leute nicht von Herzen, es ist gleichsam wider seine Natur und wesentliche Gütigkeit. Denn obwohl die Schrift sagt, dass Gott zürne, so redet sie doch erstlich von Gott nach menschlicher Weise, um unsers wenigen Verstandes willen. Fürs andere, so zürnet Gott nicht mit den Gläubigen, ob er sie wohl züchtiget, sondern er strafet sie aus Liebe. Mit den Unbußfertigen aber zürnet er, und strafet sie im Zorn, der Zorn Gottes bleibet über ihnen, Joh. 3,36. Darum bittet David: Herr! strafe mich nicht in deinem Zorn, Ps. 6,1. Als wollte er sagen: sondern aus Liebe, wie ein Vater. Darum so wenig als eine trübe Wolke die Sonne kann unter-drücken und gar auslöschen, sie bricht doch endlich durch; so wenig kann auch die Wolke der Trübsal Gottes Güte und Gnade tilgen und dämpfen. Und so wenig als das Meer kann ausgeschöpft werden, so wenig kann auch Gottes Gnaden-meer ausgeschöpft werden: Denn seine Güte währet ewiglich. Ps. 136,1. Und dies ist auch die Ursache, warum er sich so leicht versöhnen und zur Vergebung bewegen läßt, und dasselbe nicht einmal, nicht ein oder zwei Tage, sondern er hat eine immerwährende Gütigkeit, ja eine solche Natur und Wesen, die nichts als lauter Gütigkeit ist. Darum kann ein Mensch nicht so oft, nicht so brünstig seufzen, Gott vergibt viel öfter, viel brünstiger die Sünde; ja er ist viel geneigter zu vergeben, als wir sein, ihn um Vergebung zu bitten.

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12. Lässet nun Gott seine Güte jetzt so reichlich über uns walten, dass wir sie sehen und anrufen; was wird denn dort geschehen im ewigen Leben, wo wir er-fahren werden, dass seine Güte ewig ist? Erzeiget er uns so viel Gutes in dieser Welt, dass wir in seiner Güte leben, weben und sein, Ap. Gesch. 17,28. da wir noch diesen sündlichen Leib tragen; was wird dort geschehen, wenn wir nun der Sünden gänzlich los, und ganz ohne Sünden sein werden?

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13. 4) So ist dies aller Heiligen vornehmstes Tun und Werk gewesen, dass sie Gott gelobet. Es ist fast kein Prophet des alten Testaments, er hat seinen eigenen Lobgesang; Moses, 2 Mos. 15. 5 Mos. 32. Hanna, 1 Sam. 2, Josaphat, 2 Chron. 20. Jes. 12. Hiskia, Jes. 38. Jeremias, Klagl. 3. etc. Sonderlich kann David in vielen Psalmen Gottes Lob nicht genugsam rühmen, und bittet, dass er nimmer möge aus seinem Munde kommen, Ps. 34,1. Die drei Männer im Feuer-ofen. Also auch im neuen Testament, Luk. 1,47.68. Und St. Paulus und Petrus in allen ihren Episteln. Damit sie genugsam zu verstehen geben, dass sie Gottes Lob für das herrlichste Werk geachtet haben, so ein Mensch in diesem Jammer-tal tun kann. Wollen wir nun von der Gemeinschaft der Heiligen nicht ausge-schlossen sein, so müssen wir uns stets des Lobes Gottes befleißigen.

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14. 5) So mahnen uns alle Kreaturen an zu Gottes Lob. Denn so redet David alle Kreaturen an, Ps. 103,22. Lobet den Herrn alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft. Alle Werke Gottes loben ihren Meister auf ihre Weise. Gott hat sein Lob in alle Kreaturen mit seinem Finger geschrieben, und kann auch keine Kreatur Gottes Lob verschweigen, Ps. 19,1. Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigen seiner Hände Werke, Hiob 38,7. Wo warest du, da mich die Morgensterne lobeten? Sonne, Mond und Sterne loben Gott mit ihrem Licht. Es muß ein großer Herr sein, der sie gemacht hat, Sir. 43,2. seq. Die Erde lobet Gott, wenn sie grünet und blühet. Die Kräuter und Blumen loben ihren Schöpfer, und verkündigen seine Allmacht und Weisheit mit ihrem Geruch, Schönheit und Farben; die Vögel unter dem Himmel mit ihrem Gesange; die Bäume loben Gott durch ihre Früchte; das Meer durch so viele Fische und Meer-wunder, Ps. 104,25. Und in Summa, alle Kreaturen loben Gott, indem sie seinen Befehl ausrichten, Ps. 148,1. seq. Alle Kreaturen reden mit uns durch ihre von Gott eingepflanzte Kraft, und offenbaren uns den Schöpfer, und mahnen uns an, denselben zu loben. Alles, was man ansiehet, das zeuget von Gottes Lob. Gott hat das große Buch der Schöpfung voll geschrieben seines Lobs. Weil aber Gott keiner Kreatur so große Barmherzigkeit erzeiget, als dem Menschen, so ist er auch schuldig, Gott öfter und mehr zu loben, als alle Kreaturen.

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15. 6) So ist unser und aller Kreaturen Lob viel zu gering, Gott ist größer, als aller Kreaturen Lob, er ist herrlicher, als aller Kreaturen Ehre, die sie ihm geben, er ist löblicher, als aller Kreaturen Ruhm und Preis. Niemand wird sein Lob erreichen können, Sir. 43,32.34. Wenn wir ihn ohne Unterlaß loben, so ist er doch noch zu gering, er ist noch größer. Denn wer kann die großen Taten des Herrn aus-sprechen, und alle seine löblichen Werke preisen? Darum wenn die Heiligen Gottes Gott loben wollen, verwundern sie sich mehr, als dass sie Gottes Lob erreichen sollen. Sie haben wohl den Willen und Vorsatz, aber sie können es nicht erreichen. Wie gewaltig redet der heilige David davon in vielen Psalmen, und redet sich selbst und seine Seele an, Gott zu loben; Moses, 2 Mos. 15,2. Der Herr ist meine Stärke und mein Heil, das ist mein Gott, ich will ihn preisen, er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben. Er spricht: Gott sei seine Stärke. Wenn Gottes Stärke und Kraft nicht bei uns wäre, in uns, über uns, und wir in Gottes Kraft nicht eingeschlossen wären, so zerfielen wir, wie ein Staub, und verschwän-den wie ein Schatten. Darum sagt Ps. 39,6. Wie gar nichts sind doch alle Men-schen, die doch so sicher leben. Der Herr ist mein Heil, er ist meine Gerechtigkeit wider die Sünden, meine Stärke in Schwachheit, meine Zuflucht in Verfolgung, meine Freude in der Traurigkeit, mein Leben im Tode.

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16. Wo will man nun einen solchen Gott finden, bei welchem solch großes Heil ist, der so mächtig ist, dass er Himmel und Erden hält und trägt, Jes. 40,12. der so heilig ist, dass ihn alle Engel anbeten, Jes. 6,3. der so schrecklich ist, dass Himmel, Erde und die Hölle vor ihm zittern, 2 Mos. 15,11. der so löblich ist, dass alles, was er erschaffen hat, lobenswert ist, deß Ehre voll ist Himmel und Erde, und alles, was lebet, lobet seinen Schöpfer, der so wundertätig ist, dass er aus Nichts Etwas, aus Finsternis Licht, aus der Sünde Gerechtigkeit, und aus dem Tode das Leben machen kann? Wer kann das große Werk der Erlösung aus-sprechen? Er läßt seinen lieben Sohn ein Menschenkind werden, auf dass wir Gottes Kinder würden; er läßt ihn die größten Schmerzen leiden, auf dass wir die ewige Freude ererben; er läßt ihn den Verachteten werden unter allen Men-schenkindern, auf dass wir möchten zu Ehren kommen; er läßt ihn für uns sterben, auf dass wir leben sollen. Sind das nicht große Werke, wer kann die genugsam preisen? Ist das nicht ein großes Werk, dass Gott in uns wohnet, den sonst aller Himmel Himmel nicht begreifen können. 1 Kön. 8,27. dass er unsere Seelen unsterblich gemacht hat, und nach dem Tode zu sich nimmt, dass er unsern Leib aus dem Staube der Erde wird auferwecken zum ewigen Leben? Freilich ist es ein großes Werk, dass das Sterbliche anziehen soll die Unsterb-lichkeit, 1 Kor. 15,54. Darum lobe nun meine Seele den Herrn!

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17. Wer nicht will umsonst erschaffen sein, und als ein undankbares Geschöpf Gottes unter allen Kreaturen gefunden werden, der da will ein Christ sein, und gedenket nach diesem Leben in den Himmel zu kommen, unter die Gesellschaft der heiligen Engel und Auserwählten, und endlich bei Gott in ewiger Freude zu leben; deß Seele lobe den Herrn, und bitte Gott, dass er sein Lob in unsern Herzen ja nimmermehr erlöschen lasse. Was wir aber in dieser Welt nicht genug-sam können aussprechen und preisen, das wird dort geschehen, da wir werden vollkommen sein, und das Stückwerk wird aufhören. Denn wir sehen hie Gott in einem dunkeln Spiegel, dort aber von Angesicht zu Angesicht, 1 Kor. 13,12. Das helfe uns Gott!

 

Gebet: Ein Lob der Herrlichkeit, Majestät und Freundlichkeit Gottes.

(Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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