DAS FÜNFUNDVIERZIGSTE KAPITEL. (2.B./45.K.)

 

GOTTES TROST IN TRÜBSAL WIRKET IN UNSERN HERZEN GEDULD.

 

Inhalt.

1) Zur Linderung unsers Kreuzes dienen folgende Trostgründe: 2) 1. Alle Trübsal kommt von Gott. 3) 2. Nicht als ein Zorn-, sondern Liebeszeichen. 4) 3. Kreuz ist eine kleine zeitliche Rute, da wir doch ewige Strafe verdienet. 5) 4. Siehe Christi schweres Leiden an, seine große Liebe und Geduld, und Gottes Vaterherz. 6) 5. Bedenke die tröstliche Verheißung Christi, Joh. 16,20. 7) 6. Die Exempel der Hei-ligen. 8) 7. Gottes Gegenwart im Kreuz, daher der Märtyrer Freudigkeit rührete.

 

Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. Jak. 1,12.

 

Gleichwie uns Gott des Leibes Arznei geschaffen in der Natur, also der Seelen Arznei im Wort. Weil kein Mensch in diesem Jammer- und Tränental ohne Kreuz, Trübsal und Widerwärtigkeit sein kann, so tun wir weislich daran, dass wir etliche Punkte wahren beständigen Trostes uns bekannt machen, und zu Herzen nehmen, die wir unsern Anfechtungen entgegen halten, und unsere Trübsal damit lindern können.

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2. 1) Der erste Trost ist, dass alle Trübsal von Gott herkomme. 1 Sam. 2,6. Der Herr tötet und macht lebendig, Sir. 11,14. Es kommt alles von Gott, Glück und Unglück, Hiob 1,21. Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen etc. Matth. 10,29. Es fällt kein Sperling auf die Erde, ohne euern Vater, Jes. 45,7. Der ich das Licht mache, und schaffe die Finsternis; der ich Frieden gebe, und schaffe das Übel, Hiob 5,17.18. Selig ist der Mensch, den Gott strafet. Darum weigere dich des Allmächtigen Züchtigung nicht. Denn er verletzt und verbindet, er zer-schmeißet und seine Hand heilet. Darum ists närrisch, wider diesen oder jenen zu murren. Wie murren die Leute im Leben also? Ein jeder murre wider seine Sünde, Klagl. 3,39. Buße will Gott haben, und nicht Murren.

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3. 2) Der andere Trost ist, dass Gott der Herr nicht aus Zorn oder Ungnade uns das liebe Kreuz zuschicke, sondern aus väterlicher Liebe, auf dass er uns selig mache. Denn dass wir in großem Glück und allerlei guten Tagen und Wollust die Seligkeit leicht verlieren können, das bezeuget nicht allein der reiche Mann, Luk. 16,25. mit seinem schrecklichen Exempel, sondern es bezeugens auch unsere ersten Eltern im Paradies, dass sie solche Herrlichkeit und Wollust nicht haben ertragen können, sondern den leidigen Satan sich von ihrem Schöpfer abwendig machen lassen, 1 Mos. 3. wie noch heut zu Tage groß Glück und gute Tage das menschliche Herz von Gott abwenden. Und ob nun wohl Gott der Herr nach seiner strengen Gerechtigkeit den Menschen hätte können zur ewigen Ver-dammnis verurteilen und verstoßen, dennoch hat er sich seiner erbarmet, Mittel und Wege erfunden, den Menschen zur Seligkeit zu befördern; unter denen ist auch das heilige Kreuz. Darum trieb Gott der Herr den Menschen aus dem Paradies, aus dem Garten der Freude und Wollust ins Elend, dass er im Schweiß seines Angesichts sein Brot esse, 1 Mos. 3,19.24. und durch das Kreuz und Trübsal zur Buße bewogen werde. Also handelt er auch mit einem jeden unter uns. Ob wir wohl auf tausenderlei Weise ihn beleidigen, so ist er doch so gnädig, und versucht alle Mittel an uns, dass er uns bekehren möge. Darum hat er nach seinem allein weisen Rat einem jeden Menschen sein Kreuz versehen und verordnet, damit er ihn in wahrer Buße und in seiner göttlichen Furcht erhalte. Aus diesem Grunde spricht nun Sir. 30,1. Salomon, Sprüchw. 3,11.12. Kap. 13,24. und Hebr. 12,6. und Paulus 1 Kor. 11,32. Welchen der Herr lieb hat, den züchtiget er, auf dass wir nicht mit der gottlosen Welt verdammt werden.

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4. 3) So bedenke in deinem Kreuz deine Sünde, ob du es nicht sehr wohl ver-dienet hast? Das mußt du ja selbst bekennen. Darum erfordert ja Gottes Ge-rechtigkeit, dass die Sünde gestraft werde, soll anders Gott ein gerechter Gott sein. Soll und muß nun die Sünde gestraft werden, so ist es ja viel besser, sie werde hie gestrafet, als dort. Denn diese Strafe ist zeitlich, jene ist ewig. Hie tröstet Gott im Kreuz, dort ist in Ewigkeit kein Trost. Hie erbarmet sich Gott, dort ist in Ewigkeit keine Erbarmung. Gedenke an den reichen Mann, wie er rief: Erbarme dich mein! Luk. 16,24. Darum ist auch das ein Trost mitten im Kreuz, dass Gott die ewige Strafe von dir genommen, und in eine kleine zeitliche Rute verwandelt hat.

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5. 4) So bedenke in deinem Kreuz, was Christus dein Herr und Seligmacher für dich gelitten, ob er nicht die größte Armut deinethalb gelitten, dass er nicht so viel gehabt, da er sein Haupt hat hinlegen können? Matth. 8,20. Hat auch die höchste Schmach und Verachtung deinethalben gelitten, dass er auch der Allerun-werteste und Verachtetste unter allen Menschen worden, Jes. 53,3.4. Ein Spott der Leute und Verachtung des Volks, ein Wurm, Ps. 22,7. dergleichen kein Mensch je gelitten, noch leiden wird. Hat auch die größesten Schmerzen, Angst und Traurigkeit gelitten, die nicht auszudenken sind. Er ist voll Schmerzen und Krankheit gewesen, weil er aller Menschen Jammer, Krankheit und Schmerzen hat tragen müssen, dass auch Sonne und Mond schwarz davor worden, die Erde gezittert, und die Felsen zerrissen sein; doch hat er alles mit so hoher Geduld, tiefer Demut, heiliger Sanftmut gelitten, dass er seinen Mund nicht aufgetan, wie ein Lamm, und hat alles unschuldig gelitten, ja seiner ärgsten Feinde halben, aus lauter unergründlicher Liebe und Treue. Ob wir ihn wohl täglich mit unzähligen Sünden beleidigen, so bleibet er doch getreu, und ist bereit, so oft wir Buße tun, uns wieder zu Gnaden anzunehmen, Jer. 3,12. Ja wenns vonnöten, und seine einmal geschehene Erlösung nicht eine ewige Erlösung wäre, so ist seine Liebe so groß, dass er noch einmal für uns sterben würde. Darum hat er Geduld mit uns, und wartet Tag und Nacht auf uns, bis wir wiederkehren. Denn seine Liebe ist so brünstig, so feurig, dass sie durch keine Sünde und Undankbarkeit kann ausgelöscht werden, wenn wir nur Buße tun. Seine Liebe ist höher denn der Himmel, tiefer denn das Meer, und ist nicht zu ergründen; allein Buße tun, das will er haben. Darum hat er allen gerufen, Matth. 11,28. Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken, Kap. 23,37. O Jeru-salem, Jerusalem! wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel? Joh. 7,37. Wen da dürstet, der komme zu mir, und trinke. So rufet er täglich in seinem Wort. Siehe, wie sollte dich nun Gott in deiner Trübsal verlassen, der doch so viel um deinetwillen getan hat? Darum hat er sich auch deinen Vater genennet, Eph. 3,15. Matth. 6,9. Ein Vater höret viel lieber, und erbarmet sich auch eher, als ein Herr; und will haben, dass du ihn liebest, nicht fürchtest, als deinen Feind, darum nennet er sich dei-nen Vater. Was dir nun dein lieber Vater zuschickt, das leide mit Geduld, und gedenke, es kommt von lieber Hand; achte Gottes Barmherzigkeit für deine Seligkeit, und dass dir dein Vater nichts werde zuschicken, das nicht zu deinem Besten und zu deiner Seligkeit gedeihen möge.

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6. 5) Bedenke auch die tröstliche Verheißung deines Erlösers, Joh. 16,20. Wahr-lich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird sich freuen, ihr aber werdet traurig sein. Aber eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden. Gleichwie aus einem kleinen Sämlein viel Körner wachsen, also aus einer Trübsal wird viel Freude werden, Ps. 126,5.6. Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen, und tragen edlen Samen, und kommen mit Freuden, und bringen ihre Garben. Bedenke dieses, wenn unser lieber Gott zu dir käme, und verhieße dir, er wolle alle deine Steine in deinem Hofe zu lauter Gold und Perlen machen; wie rein würdest du die Steinlein zusammenlesen, und würdest sie lieb haben; also sollst du auch dein Kreuz, Trübsal und Elend lieb haben. Denn Gott will lauter Freude und Herrlichkeit daraus machen, Weish. 5,17. Eine herrliche schöne Krone etc. Item: Dieser Zeit Leiden ist nicht wert der Herrlichkeit, die an uns soll offenbaret werden, Röm. 8,18.

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7. 6) Bedenke auch die Exempel der Heiligen: Wo ist doch wohl ein Heiliger, ja allerliebstes Kind Gottes gewesen, das ohne Kreuz gewesen? Frage sie alle, die je gelebt haben, sie werden dir antworten: Wir sind durch viel Trübsal in das Himmelreich eingegangen, Ap. Gesch. 14,22. Frage die heiligen Engel: Wer sind diese? so werden sie antworten: Diese sinds, die da kommen sind aus großer Trübsal, Off. Joh. 7,14. Frage Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, Mosen, Aaron, David, Daniel, Eliam den heiligen Hiob, alle Propheten und Apostel, sie haben alle aus dem Kreuzbecher und Kelche des Herrn getrunken, Ps. 116,13. Wenn man allein betrachtet den Jammer und Elend der heiligen Märtyrer, so muß man davor erschrecken; doch hat man sie mit keiner Marter und Pein von Christo abwenden können. Was ist dagegen unser Kreuz? Es erreicht nicht den zehen-ten Teil der Trübsal der heiligen Märtyrer; wir haben noch nicht bis aufs Blut widerstanden, Hebr. 12,4. Können wir doch um Christi willen nicht ein böses Wort oder eine einige Schmach leiden; da im Gegenteil die heiligen Märtyrer so schmählichen Todes haben sterben müssen. Einer ist geköpfet, der andere gebraten, der dritte gekreuziget, der vierte ertränket, der fünfte enthauptet, der sechste gesteiniget, der siebente erhänget, der achte mit Pfeilen durchschossen worden, etliche haben müssen mit bloßen Füßen auf glühenden Kohlen gehen, als die um Christi willen die glühenden Kohlen lieber gehabt, und gesagt: Sie gehen auf Rosen.

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8. 7) So soll uns trösten Gottes Gegenwart in unserm Kreuz. Wir finden nicht, dass Gott gesagt habe, er wohne in den Fröhlichen, sondern in den Betrübten und Traurigen, Jes. 57,15. Ich wohne im Himmel, und bei denen, so zerschla-genen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gede-mütigten, und das Herz der Zerschlagenen, Jes. 41,10. Kap. 43,2. Fürchte dich nicht, ich bin mit dir, wenn du durchs Feuer und Wasser gehest etc. Ps. 91,14.15. Er begehret mein, so will ich ihm aushelfen, ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen, und zu Ehren machen, Ps. 34,19. Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagen Gemüt haben. Daher sind die heiligen Märtyrer so mutig und freudig worden, als sie Gottes Gegenwart und süßen Trost empfunden, dass sie der Tyrannen in ihrer größten Marter gespottet, wie St. Laurentius, St. Vencentius, da er mit bloßen Füßen auf glühenden Kohlen gehen müssen, hat er gesagt: Er ginge auf wohlriechenden Rosen. Babylas hat gebeten, ihn mit seiner Kette zu begraben, womit er ge-bunden war, auf dass er seines Schmucks nicht beraubt würde. St. Ignatius wünschte ein rein Weizenkörnlein zu sein, und durch die wilden Tiere gemahlen zu werden, damit er ein reines Brot dem Heiland werde. Dies ist nicht Menschen, sondern Gottes Kraft und Freudigkeit, wie von St. Stephano geschrieben ist, dass er eines Engels Gestalt gehabt in seiner Verklagung, Ap. Gesch. 6,15. Da heißt es denn: Ich hatte viel Bekümmernis und Traurigkeit in meinem Herzen, aber deine Tröstungen erquickten meine Seele, Ps. 94,19.

 

Gebet in allerlei Trübsal und Anfechtung. (Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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