Thomas Wilcox: Honigtropfen

 

Thomas Wilcocks

 

köstlicher Honigtropfen

aus dem Felsen Christus.

 

Oder:

Ein kurzes Wort der Ermahnung an alle Heilige und Sünder.

 

Aus dem Englischen.

 

Herausgegeben von der

Amerikanischen Tractat-Gesellschaft.

 

Neu-York, 150 Nassau-Straße.

[ ohne Jahr ]

 

Vorrede des Verfassers:

 

Christlicher Leser!

Ich werde zu dieser letzten Zeit gewahr, dass die Liebe des Herrn mit ihren anmutigen Strahlen einigermaßen in mein Herz scheint, meine Triebe brünstig macht, und meine Seele entzündet: nicht nur einem so großen Liebhaber, wie mein Heiland ist, dessen Liebe alle Erkenntnis übersteigt (Eph. 3,19), in Herzensandacht ein geistliches Echo zu geben; sondern auch alle von oben geborenen Kinder Zions mit Liebe zu umfassen, und ihnen Gutes zu wünschen; um so viel mehr, da ich in dieser letzten Zeit viele arme, herumgetriebene Seelen antreffe, die sich leicht hinreißen lassen von allerlei Wind der Lehre, durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, damit sie dieselben erschleichen zu verführen (Eph. 4,14).

Es wird auch viel falscher Grund gelegt, worauf man mit vieler vergeblichen Arbeit zu bauen sucht. Weil die Menschen nicht rechtschaffen sind in der Liebe, noch wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus (Eph. 4,15), so hat gar kein Wachstum in Christo statt. Außer der Vereinigung mit ihm, ist alles, was wir tun, verflucht.

Lieber Leser! Du wirst also in diesem Büchlein, wenn es dem Herrn gefällt, das Lesen desselben an dir zu segnen, gleichsam eine sanfte Stimme dir nachrufen und sagen hören: „Das ist der Weg, den sollst du gehen, und sonst weder zur Rechten noch zur Linken!“ Denn der Weg, der zu dem anmutigen Pfade der Rechtfertigung der Seelen vor Gott führt, besteht in und durch die Gerechtigkeit Jesu Christi. Denn alle unsere eigene Gerechtigkeit ist wie ein unflätiges Kleid; jeder soll darauf schwören, dass im Herrn gerecht werde aller Same Israel und sich sein rühme (Jes. 45,24.25). Nichts als das Sterben des einigen Gerechten für uns Ungerechte kann uns zu Gott bringen. „Er, der von keiner Sünde wusste, ward für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir (die wir nichts als Sünder sind) in ihm würden die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“ (2. Kor. 5,21).

Christlicher Leser! Wirf alles, was noch in dir dem alten Menschen angehört, zu Christi Füßen. Er allein muss den Vorzug vor allen haben. Alle Gefäße des geistlichen Tempels im neuen Bunde, vom kleinsten bis zum größten, müssen insgesamt an Christo aufgehängt werden. Er muss auch allein den Ruhm davon haben; denn er allein ist es wert: weil er es ist, der den Tempel des Herrn bauen und die Ehre davon haben muss. Er ist auch nach seines Vaters Rat der Grundstein, Eckstein und die Krone desselben. Er ist die Fülle der Gnade und der Herrlichkeit des Vaters. Komm nur zu ihm, es mag dir fehlen was da will, bei ihm ist Balsam genug, der deinen Schaden heilen kann.

Lieber Leser! Der Herr helfe dir, dass du Erfahrung von dem bekommen mögest, was in dem folgenden Worte der Ermahnung enthalten ist. Gott selbst mache es dir zu lauter Honig, der deiner Seele süße sei und deine Gebeine heile; so wird sich meine Seele mit dir freuen. Ich bin dein Bruder im Glauben und in der Gemeinschaft des Evangeliums. 

                                                                         Thomas Wilcocks.

 

 

Ich habe ein Wort der Ermahnung an mein und dein Herz.

 

1. Du heißt ein Christ und hältst dich zur Kirche und den Gnadenmitteln. Du tust wohl daran; es sind herrliche Vorrechte. Allein, wo dein Christentum nicht in dem Blute Christi gewurzelt ist, so wird‘s verwelken, und wird nichts andres herauskommen als ein falsches Gepränge, womit du zur Hölle fährst.

 

2. Bleibst du, ungeachtet deines Bekenntnisses zu Christus, in deiner Sündenschuld und eigenen Gerechtigkeit: so wird diese Schlangenbrut deinem Christentum endlich allen Saft und Kraft wegfressen. Prüfe und untersuche täglich mit dem größten Fleiß, worauf sich die Hoffnung und der Ruhm deines Christentums gründe: ob Christi Hand selbst den Grund dazu gelegt habe? Ist das nicht, so wird es den Sturm nimmermehr aushalten können, der gewiss darauf zustoßen wird. Der Satan wird alles übern Haufen werfen, und es wird einen großen Fall tun (Matth. 7,27).

 

3. Eingebildete Seele! Dir steht eine Sichtung bevor. Das Innerste deines Christentums wird nachdrücklich untersucht werden. Schrecklich ist‘s, wenn einem alles überm Kopfe zusammenfällt, und man nichts mehr findet, worauf man fußen könnte.

 

4. Hochfliegender Geist! Siehe beizeiten nach deinen wächsernen Flügeln; sie werden in der Hitze der Anfechtung gewiss zerschmelzen. Was ist das für ein Jammer, lange einen großen Handel treiben und endlich bankrott machen, ohne in seiner Seele Grund und Vorrat auf die Ewigkeit zu haben!

 

5. Begabter Christ! Siehe dich wohl vor, dass kein Wurm an der Wurzel sei, welcher deine schönen Früchte noch vor der Reife verderben und machen wird, dass alles um dich her verwelkt zur Zeit der Prüfung. Durchsuche deine Seele täglich und frage dich selbst: „Ist auch das Blut Christi an meiner Seele zu sehen? Was ist es für eine Gerechtigkeit, worauf ich meine Seligkeit gründe? Bin ich aller meiner eigenen Gerechtigkeit losgeworden?“ O! Wie viele angesehene Christen haben endlich schreien müssen, wenn sie den Umsturz aller ihrer guten Werke mit Augen gesehen: „Verloren, verloren in alle Ewigkeit!“

 

6. Erwäge, dass die größten Sünden unter den besten Werken sowohl als unter der größten Gewissensangst versteckt sein können. Siehe wohl zu, dass deine von der Sünde verwundete Seele durch Christi Blut gründlich möge ausgeheilt werden, und sich nicht bloß eine Haut von Pflichtleistungen, Demütigungen, Erleichterungen usw. darüber hinziehe. Du magst außer Christi Blut darauf legen, was du willst, so wirst du das Geschwür nur noch mehr vergiften. Du wirst bald sehen, dass die Sünde nimmer recht getötet worden ist; dass du Christus, wie er sich für dich am Kreuze zu Tode geblutet hat, nicht gesehen hast. Nichts kann die Sünde töten, als das Anschauen der Gerechtigkeit Christi.

 

7. Die Natur kann keine Salbe bereiten, die zur Seelenkur dienen könnte. Alle Kur durch Pflichterfüllung und nicht durch Christus ist die verzweifeltste Krankheit. Die bettelarme verdorbene Natur mit allen ihren aufs höchste ausgebesserten Kräften, kann nimmermehr ein Gewand weben, das fein genug und ohne Flecken wäre, der Seelen Blöße damit zu bedecken. Nichts kann der Seele hier dienen, als Christi vollgültige Gerechtigkeit.

 

8. Alles, was die Natur zusammengesponnen hat, muss erst wieder ganz aufgetrennt werden, ehe die Gerechtigkeit Christi angezogen werden kann. Was man von Naturgewebe an sich gehängt hat, darüber wird der Satan kommen, jeden Fetzen herunterreißen, und die Seele dem Zorne Gottes nackt und bloß überlassen. Die Natur kann mit allen ihren Kräften nicht so viel als ein Tröpflein Gnade zuwege bringen, womit sie die Sünde töten, oder Christus dereinst unter die Augen treten könnte.

 

9. Du sagst: ich bin ein Christ; du gehst zur Kirche, in die Betstunden und zum Abendmahl. Bei dem allen kannst du ein elender Mensch sein. Besinne dich doch, ob dir Christus jemals bis auf diesen Tag so vor die Augen gekommen ist, dass er dir weit über alle Vollkommenheit und Gerechtigkeit in der Welt ging, und dass dieses alles vor der Majestät seiner Liebe und Gnade zu Boden fiel (Jes. 2,17.19.).

 

10. Wenn du Christus wahrhaftig gesehen hast, so hast du nichts als lauter Gnade, lauter Gerechtigkeit in ihm erblickt, die auf alle Weise unendlich ist und überschwänglich weit über alle Sünde und Elend geht. Wenn du Christus gesehen hast, so kannst du aller Menschen und Engel Gerechtigkeit mit Füßen treten, insofern dieselbe dir eine gute Aufnahme bei Gott verschaffen soll. Wenn du Christus gesehen hast, so wirst du ohne ihn, um der ganzen Welt willen, kein gutes Werk tun wollen (2. Kor. 3,5). Wenn du je Christus gesehen hast, so hast du ihn als den Felsen gesehen, der höher ist als die eigene Gerechtigkeit, Satan und Sünde (Ps. 61,3), und dieser Felsen folgt dir (1. Kor. 10,4), aus welchem unaufhörlich Honig der Gnade fließt, dich zu sättigen. Untersuche dich, ob du jemals Christus in die Augen gefasst hast, als den eingebornen Sohn des Vaters voller Gnade und Wahrheit (Joh. 1,14.16). Ruhe nicht, bis du gewiss bist, dass du zu Christus gekommen bist, auf dem ewigen Felsen stehst, seinem an deine Seele ergangenen Ruf gefolgt und mit ihm über deine Rechtfertigung eins geworden bist.

 

11. Die Leute können vortrefflich vom Glauben reden, solange sie frisch und gesund sind; aber wenige sind damit recht bekannt. Christus ist das Geheimnis der heiligen Schrift; die Gnade ist das Geheimnis Christi. Glauben ist das wundervollste Ding in der Welt. Tue das Geringste von deinem Eigenen hinzu, so hast du es verdorben; Christus wird nicht den geringsten Blick darauf werfen, als ob es Glauben wäre. Wenn du glaubst und zu Christus kommst, so musst du alle deine eigene Gerechtigkeit zurücklassen und nichts mitbringen als deine Sünde. Das ist hart! Du musst fahren lassen alle deine Frömmigkeit, Heiligung, gute Werke, Demütigungen, und musst nichts mitbringen, als deine Mängel und Elend, sonst schickt sich Christus nicht zu dir, und du dich nicht zu Christus. Christus will ein mit nichts vermengter Erlöser und Mittler sein, und du musst nichts als ein verlorener Sünder sein, oder Christus und du werden nimmer übereinkommen. Nichts in der Welt ist schwerer, als Christus allein für seine Gerechtigkeit annehmen; das heißt: ihn als Christus erkennen. Setze ihm das Geringste von deinem Eigenen an die Seite, so wird er dir nicht mehr Christus sein.

 

12. Fällt dir etwas andres ein, wenn du zu Gott gehst, um angenommen zu werden, als Christus, das nenne den Widerchrist. Gebiete ihm, dass es weiche. Lass Christi Gerechtigkeit allein den Sieg behalten. Außer dieser ist alles Babel. Das muss fallen, wenn Christus stehen soll. Du aber wirst dich freuen, wenn der Tag seines Falles kommt (Jes. 1,10-12). Christus hat die Kelter allein getreten, und niemand war mit ihm (Jes. 63,3). Was du ihm an die Seite setzen wirst, das wird er mit Grimm und Zorn zertreten, dass dessen Vermögen auf seine Kleider spritzen wird.

 

13. Du hältst das Glauben für eine so leichte Sache. Ist aber wohl jemals dein Glaube in einer Versuchungsstunde, in welcher dir alle deine Sünden vor Augen gestanden, geprüft worden? Ist dem Satan jemals erlaubt worden, denselben anzutasten? Und hat Gottes Zorn schwer auf deinem Gewissen gelegen? Wenn du im Rachen der Hölle und in der Grube warst, hat dann dir Gott Christum als dein Lösegeld, deine Gerechtigkeit usw. gezeigt? Hast du dann sagen können: ich sehe Gnade genug in Christus! Wenn es so hergegangen ist, so kannst du das größte Wort in der Welt nachsprechen und sagen: ich glaube. Der ungeprüfte Glaube ist ein ungewisser Glaube.

 

14. Zum Glauben gehört eine deutliche Überzeugung von der Sünde, von der Kraft des Blutes Christi, und von Christi Willigkeit, dich schlechterdings aus keiner andern Ursache selig zu machen, als weil du ein Sünder bist. Das sind Dinge, die schwerer sind, als eine Welt erschaffen. Alle Naturkräfte können es nicht so hoch treiben, wenn Sünde und Schuld daherstürmen, wahrhaftig zu glauben, dass noch einige Gnade, noch einige Willigkeit in Christus, dich zu erretten, vorhanden sei. Wenn der Satan die Sünde dem Gewissen vorwirft, und die Seele alsdann sie auf Christum wirft, das ist evangelisch. Das heißt, ihn zum Christ machen; dazu ist er da. Christi Gerechtigkeit allein annehmen, nicht selig sein wollen, als in seinem Blut allein: das ist die Summa des Evangeliums. Wenn die Seele bei allen ihren besten Werken sowohl als in den äußersten Verlegenheiten sagen kann: „nichts als Christus, Christus einzig und allein, ist mir zur Gerechtigkeit (Rechtfertigung), Heiligung und Erlösung gemacht, nicht meine Demütigungen, nicht meine Werke, nicht meine Gnadenerfahrungen;“ dann ist die Seele allen Stürmen unerreichbar.

 

15. Der Grund aller Versuchungen, aller Vorteile Satans über uns, und unserer Klagen darüber, liegt in der eigenen Gerechtigkeit und Selbstgefälligkeit. Diese verfolgt Gott dadurch, dass er dir den Satan über den Hals schickt, wie Laban den Jakob wegen der Götzenbilder verfolgte; diese müssen dir entrissen werden, du magst wollen oder nicht; sonst hindern sie Christum bei dir einzukehren. Ehe aber Christus eingeht, weicht die Verdammung nicht. Wo aber Verdammung ist, da ist auch noch Herzenshärtigkeit. Und also beweist das viele Verdammen des Herzens, dass wenig oder gar nichts von Christus in demselben sei.

 

16. Wenn deine Sündenschuld im Gewissen rege wird, so hüte dich, dass du es auf keine andere Weise zu stillen suchst als durchs Blut Christi: sonst wirst du dadurch nur noch verhärteter werden. Nimm Christus zu deinem Frieden an (Eph. 2,14), nicht dein Gutestun, nicht deine Tränen usw. Deine Gerechtigkeit sei Christus, nicht deine Gnadengaben. Du kannst Christus ebenso leicht durch Gutestun als durch Sündigen zunichtemachen (1. Kor. 1,17; Dan. 9,26). Siehe auf Christus und tue dann, was du willst. Fuße mit deinem ganzen Gewicht auf Christi Gerechtigkeit, und hüte dich, dass du nicht den einen Fuß auf deiner eigenen, und den andern auf Christi Gerechtigkeit habest. Ehe und bevor Christus kommt, und in dir seinen Gnadenthron aufgerichtet hat, ist in deinem Gewissen nichts als Verdammung, Schrecken, heimliches Misstrauen, und die Seele schwebt zwischen Furcht und Hoffnung, welches ein unevangelischer Zustand ist.

 

17. Wer sich scheut, die Sünde in ihrer äußersten Scheußlichkeit recht zu erkennen, und den höllischen Abgrund seines eigenen Herzens recht zu Gesichte zu bekommen, der trauet dem Verdienste Christi nicht. Du magst ein noch so großer Sünder sein: probiere es mit Christus, ihn zu deinem Fürsprecher anzunehmen; so wirst du finden, dass er sei Jesus Christus, der Gerechte. Unter allen Zweifeln, Beklemmungen und Stürmen des Gewissens siehe unverwandt auf Christus. Lass dich dem Satan gegenüber nicht aufs Rechten und Verteidigen ein; das wäre ihm was Gefundenes; sondern verweise ihn an Christus, der wird ihm die Antwort darauf geben. Dessen Amt ist es, unser Fürsprecher zu sein beim Vater (1. Joh. 2,1). Es ist sein Amt, dem Gesetz zu antworten, als unser Bürge (Hebr. 7,22). So ist es auch sein Amt, der Gerechtigkeit zu antworten, als unser Mittler (Gal. 3,20; 1. Tim. 2,5). Zu diesem Amte hat er geschworen (Hebr. 7,20.21). Übertrage dies daher Christo. Wenn du selbst irgendetwas zur Büßung deiner Sünden beitragen willst, so entsagst du Christo dem Gerechten, der für dich zur Sünde gemacht worden ist (2. Kor. 5,21).

 

18. Der Satan kann zwar die heilige Schrift anführen und sie verdrehen; allein er kann nichts auf dieselbe antworten. Sie ist Christi Wort, und von gewaltigem Gewicht; er selbst hat dem Satan damit das Maul gestopft (Matth. 4,10). In der ganzen Bibel ist kein einziges hartes Wort wider einen armen, von der eigenen Gerechtigkeit entblößten Sünder zu finden, vielmehr zeichnet sie denselben so aus, dass er und niemand anders das Ziel der Gnade des Evangeliums sei. Traue nur auf Christi Willigkeit, so wirst du auch willig werden. Wirst du inne, dass du nicht glauben kannst, so besinne dich, dass es Christi Werk ist, den Glauben in dir zu wirken. Setz‘ ihn denn an dies Werk! Er ist‘s, der da wirkt beides, das Wollen und Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen (Phil. 2,14). Bejammere deinen Unglauben, welcher die Schuld in deinem Gewissen mächtiger macht als Christus, indem er das Verdienst Christi heruntersetzt und das Blut Christi für ein unheiliges, gewöhnliches und unwirksames Ding achtet.

 

19. Du klagst sehr über dich selbst. Treibt dich dein Sündenelend, mehr auf Christus und weniger auf dich selbst zu sehen, dann ist‘s ganz recht; sonst aber sind deine Klagen eine bloße Heuchelei. Es ist was Jämmerliches, auf gute Werke, Begnadigungen und Herzenserleichterungen zu gaffen, da du Christus anschauen solltest. Das Gaffen auf jene wird dich nur stolz, das Aufsehen aber auf Christi Gnade wird dich demütig machen. Aus Gnaden seid ihr selig geworden, heißt es Eph. 2,5.

 

20. Werde unter allen deinen Anfechtungen nicht mutlos (Jak. 1,2). Diese Züchtigungen sind nicht, dich zu zertrümmern, sondern dazu gemeint, dich von dir selbst herunter und auf Christus den Felsen hinzusetzen. Du kannst tief hinabgebracht werden, sogar bis an den Rand der Hölle, und auf dem Punkte stehen, gar hinein zu stürzen. Tiefer kannst du doch nicht gebracht werden als in den Bauch der Hölle; und o wie viele Heilige sind da gewesen, die in Angst der Hölle versanken! (Ps. 88,7; 116,3). Allein auch da magst du noch schreien und aufblicken zu dem heiligen Tempel (Jon. 2,3-5). In diesen Tempel durfte niemand hineingehen, der nicht gereinigt war, und noch dazu ein Opfer mitbrachte (Apg. 21,26). Nun ist aber Christus unser Tempel, unser Opfer, Altar und Hohepriester, zu dem keiner von uns nahen darf, außer als Sünder, und ohne alle Opfergabe, außer sein eigenes einmal vergossenes Opferblut (Hebr. 7,27).

 

21. Stelle dir alle Denkmale der göttlichen Gnade vor, die jetzt im Himmel sind. Du denkst: „O was für ein großes Denkmal der Gnade würde ich sein!“ Aber dort sind gewiss viele tausend ebenso herrliche Denkmale, als du eines werden kannst. Der größte Sünder war nie zu groß für Christi Gnade. Verzage ja nicht, und halte an mit Hoffen. Wenn die Wolken am dunkelsten sind, grade dann siehe auf Christus, die aufgerichtete Säule der Liebe und Gnade des Vaters, welche im Himmel erhöht ist, dass alle arme Sünder beständig darauf hinsehen sollen. Der Satan oder dein Gewissen mag dir vorrücken, was sie wollen. Fälle du daraus kein Urteil gegen dich selbst. Christus muss das letzte Wort behalten. Er ist Richter über Lebendige und Tote. Er muss das Endurteil fällen. Sein Blut redet Versöhnung, Kol. 1,20; Reinigung, 1. Joh. 1,7; Loskaufung, Apg. 20,28; Erlösung, 1. Petr. 1,18.19; Abwaschung, Hebr. 9,13.14; Vergebung, Hebr. 9,22; Freudigkeit, Hebr. 10,19; Rechtfertigung, Röm. 5,19 und Zunahung zu Gott, Eph. 2,13. Nicht ein Tropfen dieses Blutes soll verloren gehen. Stehe und horche, was Gott der Herr reden wird; wie er wird Frieden zusagen seinem Volke, dass sie nicht wieder auf Torheit geraten (Ps. 85,9). Ja, er sagt Gnade, Barmherzigkeit und Frieden zu (2. Tim. 1,2). Das ist des Vaters Sprache und die des Herrn Jesu Christi.

 

22. Warte auf Christi Erscheinung, als auf den Morgenstern. Er wird gewiss hervorbrechen, wie die schöne Morgenröte, und wie ein Regen, der das Land feuchtet (Hos. 6,3). So wenig die Sonne an ihrem Aufgehen gehindert werden kann; ebenso wenig auch Christus, die Sonne der Gerechtigkeit (Mal. 4,2). Siehe keinen Augenblick von Christus weg. Siehe nicht zuerst auf die Sünde, sondern zuerst auf Christus. Wenn du über die Sünde betrübt bist, und du siehst alsdann Christus nicht (Sach. 12,10), weg damit! In allen deinen Werken siehe auf Christus; vor der Tat um Vergebung, während der Tat um Beistand; und nach der Tat, dass er sich‘s wolle gefallen lassen. Wenn du es nicht so machst, so handelst du fleischlich und leichtsinnig. Mache aus dem Evangelium kein Gesetz, als wenn für dich noch ein Teil zu tun oder zu leiden übrig, und Christus nur ein halber Mittler wäre, und als wenn du noch einen Teil deiner Sünden tragen und dafür büßen müsstest. Lass die Sünde dein Herz zerbrechen, aber nicht deine Hoffnung auf das Evangeliums niederschlagen.

 

23. Siehe mehr auf die Rechtfertigung als auf die Heiligung. In den wichtigsten Geboten (der Gottes- und Nächstenliebe) betrachte Christus nicht als einen, der nur fordert, als einen harten Gläubiger, sondern siehe ihn an als einen Schuldner und als den, der das Werk auszuführen übernommen hat. Hast du mehr auf Werke, Pflichten, Tugenden und dergleichen, als auf Christi Verdienst gesehen, so wird es dir teuer zu stehen kommen. Kein Wunder, dass du immer klagst. Gnadenerfahrungen mögen deine Hoffnung stärken; das Verdienst Christi allein aber, ohne Zutun von jenen, muss der Grund deiner Hoffnung sein, worauf du fußt. Christus allein kann die Hoffnung der Herrlichkeit sein (Kol. 1,27).

 

24. Wenn wir vor Gott treten, dürfen wir nichts als Christus mit uns bringen. Irgendeine Zutat von unserm Eigenen, irgendeine vorgängige Zubereitung, als von uns selbst, ist ein Gift, und verdirbt den Glauben. Wer auf gute Werke, Erleichterungen und dergleichen baut, der kennt das Verdienst Christi nicht. Dies ist‘s, was das Glauben so schwer und zu einer ganz übernatürlichen Sache macht. Wenn du glaubst, so musst du Tag für Tag deine Vorzüge, deinen Gehorsam, deine Religionsübungen, deine Heiligung, deine Pflichterfüllung, deine Gaben, deine Tränen, deine Zerstreuungen, deine Beugungen etc. für Schaden, ja für Dreck und Kehricht achten (Phil. 3,7.8), und über nichts, als über Christus, steif und fest halten. Täglich muss dein Eigenwirken und dein Eigendünkel zunichtewerden. Du musst alles aus der Hand Gottes nehmen. Christus ist Gottes Gabe (Joh. 4,10). Der Glaube ist Gottes Gabe (Eph. 2,8). Die Vergebung der Sünden ist eine freie Gabe (Röm. 5,16). Ach! Wie tobt, wütet und rast die Natur hierüber, dass alles Geschenk und Gnade ist, und dass sie nichts erwerben kann durch ihr Tun, ihre Tränen und ihre Ausübung der Pflichten, dass alles Wirken ausgeschlossen ist und gar nichts gilt im Himmel.

 

25. Wenn die Natur eine Heilsordnung hätte machen sollen, so würde sie lieber die Seligkeit in die Hände der Engel und Heiligen gestellt haben, sie zu verkaufen; als sie in Christi Händen sehen, der sie umsonst gibt, und dem sie eben deswegen nicht traut. Sie würde es in die Wege gerichtet haben, dass man sie durch Werke hätte erkaufen sollen; darum verabscheut sie das Verdienst Christi, weil es ihren ganzen Kram vernichtet. Die Natur würde lieber alles in der Welt tun, um selig zu werden, als zu Christus gehen, sich mit ihm vereinigen und dann ihm alles verdanken. Christus will gar nichts haben; die Seele aber will ihm von ihrem Eigenen durchaus was aufdringen. Das ist eben der große Streit.

 

26. Hierbei bedenke denn, ob dir jemals das Verdienst Christi und seine unendliche Genugtuung, die durch seinen Tod geschehen ist, klar geworden sei? Ist dies deiner Seele zu der Zeit, als die Bürde der Sünde und des Zornes Gottes schwer auf deinem Gewissen lag, offenbar geworden? Das ist Gnade. Niemand, als eine arme Seele in ihrer größten Verlegenheit kennt die Größe des Verdienstes Christi. Wer von seinem Verderben nur eine schwache Überzeugung hat, der wird Christi Blut und Verdienst auch nur wenig zu schätzen wissen.

 

27. Verzagender Sünder! Du siehst dich zur Rechten und Linken um und sprichst: »Wer wird uns zeigen, was gut ist?« Du kehrst den ganzen Vorrat deiner guten Werke und Religionsübungen um und um, eine Gerechtigkeit zusammenzustoppeln, die dich retten soll. Blicke nur jetzt, in dieser Stunde, auf Christus! »Wendet euch zu ihm, so werdet ihr selig, aller Welt Ende!« (Jes. 45,22). Es ist sonst keiner ohne ihn, er ist Heiland, und keiner mehr. Blicke sonst hin, wohin du immer willst, und du bist verloren. Gott selbst will auf nichts, als auf Christus sehen; und du musst auch auf sonst nichts sehen. Christus ist erhöht worden, wie die eherne Schlange in der Wüste, dass die Sünder von aller Welt Ende her, auch die allerentferntesten, ihn sehen können, und ihr Angesicht zu ihm richten sollen. Der matteste Blick auf ihn ist seligmachend; das schwächste Anrühren wird dich heilen. Gott will, dass du auf ihn blicken sollst: darum hat er ihn auf einen hohen Thron der Herrlichkeit gesetzt, öffentlich vor den Augen aller armen Sünder. Du hast unzählige Ursachen, auf ihn hinzublicken, und gar keine einzige, von ihm wegzublicken. Denn er ist sanftmütig und von Herzen demütig (Matth. 11,29). Er will alles das selbst tun, was er von seinen Kreaturen fordert; z.B. die Schwachen tragen, und keinen Gefallen an sich selbst haben (Röm. 15,1). Er will mit sanftmütigem Geist dir wieder zurecht helfen und deine Lasten tragen (Gal. 6,1.2). Er will vergeben, nicht nur siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal (Matth. 18,21.22). Dies war dem Apostel selbst schwer zu glauben. Denn weil uns das Vergeben so schwer ankommt, so denken wir, Christus sei auch so hart, als wir sind.

 

28. Wir sehen die Sünde übergroß an und denken, Christus mache es auch so, und messen also unendliche Liebe nach unserm Maßstab, unendliche Verdienste nach unsern Sünden ab, welches der größte Hochmut, ja Gotteslästerung ist (Ps. 103,11.12; Jes. 40,15). Höre, was Gott sagt: »Ich habe eine Erlösung gefunden« (Hiob 33,24), »an ihm habe ich Wohlgefallen« (Matth. 3,17). Gott will sonst nichts haben, nichts andres wird dir vor ihm zu Statten kommen, oder dein Gewissen befriedigen, als Christus, der den Vater befriedigt hat. Gott tut alles um Christi willen. Dein verdienter Lohn ist Hölle, Zorn und Verwerfung. Christi Verdienst ist Leben, Vergebung und Annehmung. Er will dir nicht nur das eine zeigen, sondern auch das andre schenken. Vergeben ist Christi eigene Ehre und Seligkeit. Erwäge doch, dass, solange Christus auf Erden wandelte, er mehr mit Zöllnern und Sündern, als mit Schriftgelehrten und Pharisäern, die seine abgesagten Feinde waren, umgegangen ist. Denn diese waren gerechte Leute (nach ihrer Meinung). Es ist nicht so, wie du dir einbildest, dass sein Stand der Herrlichkeit ihn gegen arme Sünder gleichgültig, oder diese ihm verächtlich mache; o nein! Er hat heute noch eben dasselbe Herz im Himmel. Er ist Gott und ändert sich nicht. Er ist das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt (Joh. 1,29). Er ist durch all‘ deine Versuchungen, Verlegenheiten, Bekümmernisse, Verlassungen und Verstoßungen selbst hindurchgegangen (Matth. 4,3-12; Mark. 15,34; Luk. 22,44; Matth. 26,38). Er hat das Bitterste des Kelchs ausgetrunken, und dir das Süße gelassen. Die Verdammnis ist aus. Christus hat allen Zorn Gottes auf einmal ausgetrunken und für dich nichts als den Kelch des Heils übrig gelassen.

 

29. Du sprichst: „Ich kann nicht glauben; ich habe auch keine rechte Reue und Leid über meine Sünde.“ Desto besser schickst du dich für Christus, wenn du nichts als Sünde und Elend an dir hast. Gehe zu Christus mit aller deiner Unbußfertigkeit und Unglauben, zu empfangen von ihm Buße und Glauben; das gereicht ihm zur Ehre; sprich zu Christus: »Herr! Ich bringe weder Gerechtigkeit noch Gabe, um darin angenommen und gerechtfertigt zu werden; ich komme, um deine zu haben, und muss sie haben«. Wir wollen gar zu gern Christo was mitbringen, und das muss doch schlechterdings nicht sein. Die ausgeschliffensten Naturgaben gelten nicht einen roten Heller im Himmel. Gnade und Verdienst der Werke können nicht beisammen stehen (Tit. 3,5; Röm. 11,6). Das ist ein entsetzlich harter Knoten für die Natur, der es gar nicht in den Kopf will, von allem ganz entblößt zu werden, und kein bisschen eignes Gutes oder Gerechtigkeit übrig zu behalten, sich darin zu spiegeln. Eigengerechtigkeit und Selbsthilfe sind die Schoßkinder der Natur, über welche sie, wie über ihrem Leben hält. Diese verunstalten Christus in den Augen der Natur dermaßen, dass sie kein Verlangen nach ihm haben kann. Er ist allen, auf Verherrlichung der Natur gerichteten, Wünschen schnurstracks zuwider. Lass nur die Natur ein Evangelium machen! Das würde das gerade Gegenteil von dem sein, was Christus gemacht hat; es würde nur für Gerechte, Unsträfliche und Heilige eingerichtet sein. Christus aber hat sein Evangelium für dich, das ist, für dürftige Sünder, Gottlose, Ungerechte und Verfluchte gemacht. Die Natur kann den bloßen Gedanken nicht vertragen, dass das Evangelium nur allein für Sünder gehöre; sie wird sich lieber entschließen zu verzweifeln, als auf solche, ihr so schreckliche Bedingungen hin zu Christus zu gehen. Wenn die Natur durch Sündenschuld und Strafe in die Enge getrieben wird, so wird sie ihre alten Schlupfwinkel der eigenen Gerechtigkeit, eigenen Frömmigkeit etc. gewiss wieder suchen. Die Allmacht nur kann diese Bollwerke zerstören. Das Evangelium lässt niemand ausgeschlossen, als die, die sich selbst rechtfertigen. Christus wird den abscheulichsten Sünder viel eher ansehen als so einen; denn einem solchen kann er nicht zur Rechtfertigung gemacht werden, weil er kein Sünder ist.

 

30. Komplimentsweise lässt sich‘s leicht sagen: »Ich bin ein Sünder!« Aber in der Wahrheit mit dem Zöllner zu beten: Gott sei mir Sünder gnädig! ist das schwerste Gebet von der Welt. Es ist leicht gesagt: »Ich glaube an Christus!« Aber Christus erblicken voller Gnade und Wahrheit, aus dessen Fülle du nehmen mögest Gnade um Gnade, darauf kommt‘s an. Christus mit dem Munde bekennen ist eine leichte Sache; aber ihn mit dem Herzen bekennen, wie Petrus, dass er sei Christus, des lebendigen Gottes Sohn, der einige Mittler, das geht über Fleisch und Blut. Es gibt Leute genug, die Christum Heiland nennen; wenige aber kennen ihn so.

 

31. Nichts Wichtigeres in der Welt kann uns vors Gesicht kommen, als die Gnade und das Heil in Christus. Niemand kann einen Blick darauf werfen, ohne zugleich inne zu werden, dass diese Herrlichkeit und Seligkeit sein eigen sei. Aus dem Sehen wird ein Ergreifen.

 

32. Ich schäme mich noch, wenn ich daran denke, dass ich mitten in meinen Religionsübungen so wenig vom Blute Christi gewusst habe, welches doch die Hauptsache des Evangeliums ist. Es kann keinen schwärzeren Anblick geben nächst dem der Hölle, als der Anblick eines bloßen Form- und Maul-Christentums, eines Christentums ohne Christus. Du kannst viel Gutes an dir haben, und gleichwohl kann dir noch eins fehlen, welches verursacht, dass du traurig von Christus weggehst. Du hast noch nicht alles verkauft, was du hast, alle deine Gerechtigkeit hast du noch nicht aufgegeben etc. Du kannst es in der Erfüllung mancher Pflichten weit gebracht haben und doch dabei ein abgesagter Feind und Widersacher Christi sein, selbst in jedem deiner Gebete und deiner Gottesdienste.

 

33. Strebe nach der Heiligung aus allen Kräften, mache aber keinen Christus daraus, um dadurch selig zu werden. Wo du das tust, so muss es auf die eine oder andere Art wieder vernichtet werden. Christi unendliche Genugtuung, nicht deine Heiligung, muss deine Rechtfertigung vor Gott sein. Feuer wird dieselbe wie Heu und Stoppeln verzehren, wenn der Herr von seinem heiligen Thron schrecklich erscheinen wird. Alsdann wird nur das als Religion erfunden werden:

 

1) Alles allein auf den ewigen Felsen der Liebe und Gnade Gottes in Christus zu bauen.

2) Unverrückt im Aufsehen auf Christi unendliche Gerechtigkeit und Verdienste zu leben, (denn diese sind‘s, die das Herz heiligen, und ohne dieselben bleibt‘s fleischlich).

3) In diesem Aufsehen auf Christus die Sünde in ihrer ganzen Abscheulichkeit und Größe zu erkennen und dennoch zu wissen, dass alles das vergeben und dadurch zunichte geworden ist.

4) In diesem Aufsehen zu beten, Gottes Wort zu hören, usw. mit dem Gefühle, dass dein beflecktes Wesen und alle deine unvollkommenen Werke gleichwohl in Christus angenehm sind.

5) In diesen Blick allen deinen eigenen Ruhm, Gerechtigkeit, Vorzüge, als abscheuliche Dinge mit Füßen zu treten.

6) Ohne Unterlass in der Gerechtigkeit Christi allein erfunden zu werden.

7) Dich über den Umsturz deiner eigenen Gerechtigkeit und über die Zernichtung aller deiner eigenen Vorzüge herzlich zu freuen, damit nur Christus allein als Mittler auf seinem Throne erhöht werde; und

8) über alle deine guten Werke, so rühmlich sie auch immer sein mögen, die du nicht getan hast im Aufsehen auf Christus und im Gefühle seiner Liebe, Leid zu tragen. Denn aller Gottesdienst, ohne ein mit Christi Blut besprengtes Gewissen, ist ein totes Werk (Hebr. 9,14).

 

34. Die so laut verkündigte Lehre von der Freiheit des Willens, ist leicht widerlegt (wie sie es schon durch die heilige Schrift ist), also auch in einem Herzen, das irgendeine geistliche Gemeinschaft mit Jesus Christus gehabt hat, unter Zueignung seines Verdienstes und Unterwerfung unter seine Gerechtigkeit. Christus ist in jedem Betracht eine viel zu herrliche Person, als dass sich die arme Natur mit ihm sollte verbünden, oder ihn begreifen können. Christus ist so unendlich heilig, dass sich die Natur (als Natur) nie unterstehen dürfte, ihn anzusehen. Er ist so unbeschreiblich gut, dass es ihm die Natur nimmermehr glauben kann, dass er so sei, wenn ihr ihre ganze sündige Gestalt recht vors Gesicht tritt. Christus ist der Natur viel zu hoch und zu herrlich, als dass sie ihn auch nur einmal sollte anrühren dürfen. Es müssen göttliche Kräfte in die Seele hineingepflanzt werden, ehe sie ihn ergreifen kann. So gar unmöglich ist es der bloßen Natur, ihn zu erblicken, oder zu erreichen.

 

35. Der Christus, den der freie Wille der Natur fassen kann, ist nur (so zu reden) ein Naturchristus, den sich ein Mensch selber macht, nicht des Vaters Christus, nicht Jesus, der Sohn des lebendigen Gottes, zu dem niemand kommen kann, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater (Joh. 6,44.45).

 

36. Endlich forsche täglich in der Schrift, wie in einer Goldgrube, darinnen Christi Herz liegt. Wache gegen die Sünden deines Temperaments; siehe sie in ihrer Hässlichkeit an; so wird‘s nimmer zur Tat kommen. Lass dich immer in einer armen, gebeugten und zerbrochenen Herzensgestalt finden, betrübt über jeden inneren Fehltritt, aufmerksam auf alle inneren Bewegungen, und fertig, die größten Mitteilungen des Herrn zu empfangen. Behalte keine Schuld auf deinem Gewissen, brauche unverzüglich das Blut Christi dagegen. Gott lässt dir nur darum Sünde und Schuld im Gewissen schwer auffallen, damit du auf Christus, als die eherne Schlange, sehen sollst. 

 

37. Schätze die Liebe Christi nicht nach dem, wie es dir ergeht, sondern nach den Verheißungen. Danke du Gott dafür, dass er dir alle falschen Stützen wegreißt, und für ein jedes Mittel, wodurch er deine Seele immer aufgeweckt und im Aufsehen auf Christus erhält. Krankheit und Anfechtung ist besser als Sicherheit und Leichtsinn.

 

38. Aus einem leichtsinnigen Gemüt wird endlich ein frecher Geist, der zugleich sündigt und betet. Leichtsinn ist ein rechtes Gift und eine Pestilenz des Christentums. Wenn diese giftige Wurzel nicht durch einen ununterbrochenen Umgang mit Christus, und durchs Aufsehen auf ihn unter allen Verrichtungen, aus dem Herzen ausgerottet wird: so wird sie dadurch, dass du dich zur Kirche und den Gnadenmitteln hältst, nur noch immer stärker und tödlicher werden.

 

39. Miss deine Gnadengaben nicht nach anderer Leute ihren ab, sondern siehe zu, ob sie in der Schrift Probe halten. Tue, was du tun sollst, mit Ernst und Treue, und lass dir die Wichtigkeit desselben am Herzen liegen. Aber fürchte dich ebenso sehr vor allem Trost aus deinen guten Werken, als vor dem Trost aus den Sünden. Aller Trost, der nicht von Christus kommt, er komme sonst, woher er wolle, ist tödlich. Bete viel, oder du wirst nie viel Gemeinschaft mit Gott unterhalten. Nur wenn dein Gebet in deinem Kämmerlein mit Lust und Inbrunst geschieht, nur dann kann auch dein übriger Gottesdienst Gott wohlgefallen.

 

40. Schätze deine guten Werke nicht, je nachdem viel Aufhebens davon gemacht wird, sondern nach der demütigen Herzensstellung und dem damit verbundenen Aufsehen auf Christus. Erzittere vor großen Gaben und Taten. Jener große Heilige pflegte zu sagen: er fürchte sich mehr vor seinen guten Werken als vor seinen Sünden; jene verleiteten ihn oft zum Stolz, diese aber erhielten ihn allezeit in der Demut.

 

41. Sammle dir einen Schatz von Erweisungen der Liebe Christi; sie machen das Herz klein vor ihm, und zu groß für die Sünde. Verachte nicht die geringsten und kleinsten Kennzeichen der Gnade. Gott kann dich in Umstände kommen lassen, in welchen dir die, welche du für die geringsten hältst, sehr zu statten kommen, und wo du selbst das für aller Welt Herrlichkeit nicht vertauschen würdest, dass du die Brüder lieben kannst (1. Joh. 3,14).

 

42. Halte fest über der Wahrheit, aber nicht mit Heftigkeit und Schmähsucht. Richte die Gefallenen wieder auf, und hilf ihnen wieder zurecht mit der herzlichen Erbarmung Christi. Richte die zerbrochenen, ausgerenkten Glieder mit der Gnade des Evangeliums wieder ein. Hochfahrender Christ! Verachte die schwachen Heiligen nicht. Es kann dir widerfahren, dass du dir wünschen möchtest, der geringste unter ihnen zu sein. Nimm dich fremder Schwachheiten liebreich an; mit deinen eigenen nimm es desto genauer. Besuche fleißig kranke und verlassene Seelen; denn die Erfahrung hat sie viel gelehrt.

 

43. Bleibe in deinem Beruf. Handle gegen alle deine Angehörige mit solcher Treue, als wie gegen den Herrn selbst. Sei mit wenig Zeitlichem vergnügt; denn du kannst mit Wenigem auch auskommen. Ja, lass dir das Wenige, was du an irdischen Gütern besitzt, als viel erscheinen, weil du auch des allergeringsten unwürdig bist. Lass dir aber die himmlischen Güter als groß erscheinen, weil Christus so reich und freigiebig ist. Halte einen jeden für besser als dich selber. Trage beständig einen Ekel an dir selbst mit dir herum, als einer, der wert wäre, von allen Heiligen mit Füßen getreten zu werden. Stelle dir der Welt Eitelkeit und die Vergänglichkeit alles Irdischen vor Augen und umfasse nichts, als Christus, mit deiner Liebe. Trage Leid darüber, dass du sehen musst, dass Christus der Welt ein so unbekannter Mann ist, und dass so wenige nach ihm fragen. Eine jede Tändelei gefällt ihnen besser als er. Einem sicheren Herzen ist Christus eine Fabel, die Bibel ein Mährlein. Lass dir‘s nahe gehen, wenn du bedenkst, wie viele zwar der Taufe und der kirchlichen Gemeinschaft teilhaftig sind, und doch aber der Gnade nicht teilhaftig sind; wie viele sich zwar viel um Pflichten und Gehorsam, aber wenig um Christus bekümmern, und von Gnade wenig wissen. Schicke dich zum Kreuz, heiße es willkommen, trage es als Christi Kreuz triumphierend, es sei nun Hohn, Spott, Beschimpfung, Verachtung, Gefängnis usw. Nur siehe wohl zu, dass es Christi Kreuz, und nicht etwa dein eigenes sei.

 

44. Das Rühmen von Christi Kreuz wird durchs Sündetun verhindert. Das Beiseitesetzen der kleinsten Wahrheit (Matth. 5,19) gegen besseres Wissen, kann die Hölle im Gewissen ebensowohl anzünden, als es die wirkliche Ausübung der größten Sünden gegen besseres Wissen zu tun vermag. Bist du aus der Hölle Rachen herausgerissen, in Christi Schoß hineinversetzt, und hast unter den Fürsten des Hauses Gottes einen Platz bekommen: o wie musst du dich in deinem ganzen Leben als ein Denkmal der Barmherzigkeit betragen, du erlöste, erneuerte Seele! Welche unendliche Dankschuld gegen Christus haftet auf dir! Mit welcher Vorsicht und Reinheit musst du wandeln und alle deine Pflichten erfüllen! Wie muss jeder Sonntag dir ein Danktag sein, dein Halleluja anzustimmen! Was für ein Himmel auf Erden, ein Glied der Kirche zu sein, und mit Christus, den Engeln und den Heiligen in Gemeinschaft zu stehen. Wenn du zum Mahl des Herrn nahst, wie muss nicht da deine Seele in die ewige Liebe versinken, als wenn du mit Christus begraben wärst, abgestorben allen andern Dingen außer ihm. So oft du nur an ihn denkst, so erstaune und verwundere dich. Zeigt sich dein Sündenelend wieder, so sieh gleich auf Christus, der dir alles vergeben hat; und wenn du dich hochmütig fühlst, so sieh auf Christi Gnade, die wird dich beugen und wieder in den Staub werfen.

 

45. Lass dir nie aus dem Sinne kommen die Werbezeit, da du nackend und bloß warst, und er in dieser deiner Sündenblöße dich erwählte (Ezech. 16,8.9). Ist es möglich, dass du noch je einen stolzen Gedanken haben kannst? Gedenke an den, dessen Arme dich gehalten haben, dass du nicht hingesunken bist, und dich errettet haben aus der tiefsten Hölle (Ps. 86,13). Lobe ihn, dass es erschalle in den Ohren der Engel und Menschen (Ps. 148), und singe in Ewigkeit Lob und Preis der Gnade. Gehe in täglicher Beugung und Gebet einher, und wandele im Angesichte der Gnade, als einer, auf den das Salböl derselben ausgegossen ist. Vergiss nie deiner Sünden und Christi Vergebung; deiner Verschuldungen und Christi Verdienstes; deiner Schwäche und Christi Kraft; deines Stolzes und Christi Demut; deiner vielen Gebrechen und Christi Aufhilfe; deiner Schuld und Christi immer neuer Besprengung seines Blutes; deines Strauchelns und Christi Aufrichtung; deines Mangels und Christi Fülle; deiner Versuchungen und Christi zärtlichen Mitleidens; deiner Schnödigkeit und Christi Gerechtigkeit. 

 

46. Selige Seele! – welche Christus so finden wird, dass sie nicht hat ihre eigene Gerechtigkeit (Phil. 3,9), sondern hat ihre Kleider gewaschen und hell gemacht im Blute des Lammes (Offb. 3,9). Bejammernswürdiger elender Namenchrist! – der du das Evangelium nicht inwendig in dir hast! Beruhige dich nicht damit, dass dich die Kirche gelten lässt; da kannst du durchgekommen sein und doch verworfen werden am Tage des Gerichts Christi; du kannst getauft sein und doch nicht zu Jesu und dem Blute der Besprengung gekommen sein (Hebr. 12,24). Alles eigene Gemache und Bestreben ohne das Blut, Verdienst und die Gerechtigkeit Christi (die doch die Hauptsache des Evangeliums sind), verkürzt dir das Evangelium und lässt deine Seele in ihrem, mit Zweifel und Ungewissheiten geplagten, Zustande. Die Zweifel, wenn ihnen nicht beizeiten abgeholfen wird, verwandeln sich in anhaltenden Leichtsinn, welches ein höchst gefährlicher Zustand ist. Siehe die Gnadenmittel nicht als geringfügige Dinge an. Gib dich oft der Betrachtung und dem Gebet hin. Besuche fleißig alle Gelegenheiten, wo du etwas Gutes hören kannst. Lehre, Bestrafung, Ermahnung und Trost sind uns so nötig, als der Regen, der Tau, der sanfte und der Platzregen dem Kraute und Grase sind (5. Mos. 32,2). Tue alle deine Geschäfte von Herzen, als dientest du Christo, so, als ob du unmittelbar mit Christus Jesus zu tun hättest, und du ihn, und er dich ansähe, und hole dir alle deine Kraft bei ihm.

 

47. Sei aufmerksam auf alle heiligen Triebe zu guten Werken, die sich in deiner Seele regen. Halte den geringsten guten Gedanken wert, den du von Christus hast, und das geringste gute Wort, das du aufrichtig aus dem Herzen von ihm redest. O der großen Barmherzigkeit! Danke Gott dafür! Siehe zu, ob an jedem Tage der Aufgang aus der Höhe (Luk. 1,78) dich mit seinem Morgentau der Beweinung deiner Sünden ununterbrochen besucht? Ob der helle Morgenstern mit immer neuen Einflüssen der Gnade und des Friedens dir beständig aufgeht, und Christus deine Seele bei allen ihren Verrichtungen freundlich begrüßt? Ein jedes Werk, das nicht immer geistlicher macht, das führt mehr ins Fleisch; und was nicht lebendig und weich macht, das tötet und macht unempfindlich.

 

48. Ein Judas mag wohl in die Schüssel tauchen und die äußerlichen Vorrechte der Taufe, des Abendmahls, der Kirchenmitgliedschaft etc. haben; aber ein Johannes liegt an Jesu Brust (Joh. 13,23). Das ist die dem Evangelium gemäße Stellung, in welcher wir beten, Gottes Wort hören und alle unsere Werke tun müssen. Nichts als das Liegen an Jesu Brust kann des Herzens Härtigkeit zerschmelzen, milde Reuetränen über die Sünde zuwege bringen, dazu den Leichtsinn und Weltsinn heilen, welche ein rechtes Gift des Christentums sind. Das kann gründlich demütigen, die Seele mit Christus herzvertraulich, die Sünde aber ihr zum Abscheu machen; ja sie kann den abscheulichsten Höllenbrand in Christi herrliches Bild gestalten. Denke ja niemals, dass es mit dir so stehe, wie es stehen sollte, oder dass du ein Christ seist, der zu irgendetwas gekommen sei, bis du dahin gelangst, dass du dich selbst immer siehst und fühlst in dem Schoße Christi liegen, welcher in seines Vaters Schoß ist (Joh. 1,18). Komm nur und bitte den Vater, dass er dir Christum verkläre: so kannst du versichert sein, dass es mit dir vorwärts gehen wird; du kannst mit keiner ihm angenehmeren Bitte zu ihm kommen. Er gab ihn eben zu dem Ende her aus seinem eigenen Schoß, um vor den Augen aller Sünder aufgerichtet zu werden, als das ewige Denkmal seiner väterlichen Liebe.

 

49. In die natürliche Sonne sehen, schwächt das Auge. Je unverwandter du aber Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, anschaust, desto gestärkter und heller wird dein Glaubensauge werden. Siehe nur auf Christus, so wirst du ihn lieben und dich an ihm nähren. Halte ihn stets im Gedächtnis; hefte dein Auge beständig auf Christi Blut; sonst wird dich ein jeder Wind der Versuchung umhertreiben. Willst du sehen, wie sündig die Sünde sei; um sie zu verabscheuen und zu beweinen: so stehe nicht und siehe auf die Sünde, sondern siehe zuerst auf Christus in seiner Leidens- und Versöhnungsgestalt. Begehrst du eine Einsicht in deine Gnadengaben und deine Heiligung, so stehe nicht und gaffe sie an, sondern siehe zuallererst auf Christi Gerechtigkeit (siehe den Sohn, so siehst du alles), dann magst du zuletzt auch auf die dir zu Teil gewordenen Gnadengaben sehen.

 

50. Bei der Glaubensübung sieht man leicht aufs Erste, Beste, und denkt, das soll einem helfen, und macht es zum Grunde seiner Hoffnung. Gehe zu Christus mit Augen, die auf deine Sünde und Elend, und nicht auf deine Gnade und Heiligkeit gerichtet sind. Habe nichts zu schaffen mit deinen Gnadengaben und deiner Heiligung (dies wird dir Christum nur verdecken), bis du zuerst Christus erblickt hast. Wer durch seine Gnadenerfahrungen hin auf Christus sieht, der ist gleich einem Menschen, der die Sonne im Wasser sieht, welche schwankt und sich hin und her bewegt, sowie sich das Wasser bewegt. Siehe du nur auf Christus, wie er am Firmament der Liebe und Gnade des Vaters leuchtet: so wirst du ihn in keiner andern als seiner eigenen Herrlichkeit sehen, die unaussprechlich ist. Stolz und Unglauben werden dich verleiten, dass du zuerst auf irgendetwas sehen sollst, das in dir selbst ist. Aber der Glaube will mit niemand zu tun haben, als mit Christus, welcher unaussprechlich herrlich ist, und deine Heiligung so gut als deine Sünden verschlingen muss. Denn Gott hat ihn zu beidem für uns gemacht; wir müssen ihn daher auch zu beidem machen (1. Kor. 1,30; 2. Kor. 5,21). Wer seine eigene Heiligkeit aufrichtet, sie anzuschauen und sich damit zu trösten, der richtet den größten Götzen auf, der seine Zweifel und Schrecken vermehren wird. Siehe von Christus weg, so sinkst du den Augenblick in die Zweifel (wie Petrus Matth. 14,31).

 

51. Einem wahren Christen fehlt es nie an Trost, außer wenn er aus der Ordnung und dem Wege des Evangeliums schreitet, durch Bespiegelung in seiner eigenen, und Wegsehen von Christi vollgültiger Gerechtigkeit; welches ebenso viel ist, als wenn man lieber bei einem Nachtlicht, als bei der lichten Sonne sehen will. Der Honig, den du aus deiner eigenen Gerechtigkeit saugst, wird deiner Seele zur bittersten Galle werden; und das Licht, welches du daher nimmst, um darinnen zu wandeln, wird sich in schwarze Finsternis verkehren. Satan reizt dich, dass du auf deine Gnadenerfahrungen versessen sein sollst, um daraus Trost zu holen. Der Vater im Himmel dagegen kommt und weist dich auf Christi Gnade, die so reich, so herrlich und ihm so unendlich wohlgefällig ist, und gebietet dir, Christi Gerechtigkeit zu studieren (und was er gebietet, das gibt er auch); das ist dann eine selige Regung, ein sanftes Wispern, das deinen Unglauben bestraft. Folge du dem kleinsten Winke, hänge dich daran mit anhaltendem Flehen und achte ihn für ein unschätzbares Kleinod. Es ist ein Unterpfand, dass dir noch mehreres zugedacht ist.

 

52. Wenn du gerne beten willst und doch nicht kannst, und darüber niedergeschlagen bist; so siehe auf den für dich betenden Heiland, der dich beständig beim Vater vertritt (Joh. 14,16; Kap. 17). Was kann dir da fehlen? Wirst du beunruhigt, so siehe Christum an, der dein Friede ist (Eph. 2,14), der dir seinen Frieden gelassen, als er gen Himmel fuhr, und dich einmal aufs andere hat wissen lassen, du sollest dich nur ja nicht beunruhigen (nämlich auf eine sündliche Art), damit dein Trost und dein Glaube nicht Not leide (Joh. 14,1.27). Nun sitzt er da auf seinem Throne, nachdem er an seinem Kreuz, das ist im Stande seiner tiefsten Erniedrigung, alles zu Grunde gerichtet hat, was dich verletzen oder kränken kann. Alle deine Sünde, Not, Unruhe und Anfechtung etc. hat er getragen, und ist hingegangen, dir die Stätte zu bereiten dort oben.

 

53. Du, der du Christum für Ein und Alles, und dich schlechterdings für gar nichts ansiehst, der du aus Christus dein einziges Leben machst, und aller andern Gerechtigkeit abgestorben bist: du bist ein Christ! – einer der Hochgeliebten, der Gnade bei Gott gefunden hat, ein Liebling des Himmels. Erweise Christus diese einzige Gefälligkeit für alle seine Liebe zu dir: liebe alle seine armen Heiligen und Gemeinden, die geringsten, die schwächsten (auch die in ihrer Erkenntnis noch mangelhaften), sie sind ihm in sein Herz gegraben, wie die Namen der Kinder Israel in Aarons Brustschildlein (2. Mos. 28,21). So lass sie denn auch in dein Herz geschrieben sein. Wünscht Jerusalem Glück. Es müsse wohl gehen denen, die dich lieben (Ps. 122,6).