DAS VIERZIGSTE KAPITEL. (4.B./2.T./40.K.)

 

VON EIGENER EHRE,

WELCHE DER EHRE GOTTES ZUWIDER,

UND IHR ABGESAGTER FEIND IST.

 

Inhalt.

1) Durch eigene Ehre raubet der Mensch Gott das Seine, und setzet sich auf Gottes Stuhl. 2) Ja, er vertreibet Gott auch aus anderer Menschen Herzen, und will allein von ihnen geehret sein. 3) Darum vertreibe durch Buße und Glauben die eigene Ehre, damit die Liebe Christi ewig in dir wohnen möge.

 

Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre. Ps. 115,1.

 

Wenn ein Mensch nicht in allen Dingen Gottes Ehre sucht, dieselbe hilft ausbrei-ten und vermehren, so handelt er nicht als ein Geschöpf und Kreatur Gottes, noch als ein Werk seiner Hände, sondern er handelt wider Gott, wider die ganze Ordnung der Kreaturen, die Gott zu seinen Ehren erschaffen. Viel ärger aber handelt ein Mensch, wenn er alles tut zu seinen eigenen Ehren, zu seinem eige-nen Lob, ihm einen großen Namen zu machen, und denselben auszubreiten. Denn dadurch raubt der Mensch Gott seine Ehre, die ihm allein gebühret, und setzt sich auf den Stuhl Gottes, als Luzifer, und da muß er herunter gestürzt werden, dadurch wird er ein heftiger Feind Gottes. Ein solcher Mensch erfüllet sein Herz mit eigener Ehre und Ruhm, darnach er Tag und Nacht trachtet, und vertreibt also Gottes Ehre aus seinem Herzen. Denn sein Herz soll der Ehre Gottes voll sein, so ist es voll seiner eigenen Ehre, und findet demnach Gottes Ehre keine Statt und Raum in desselben Menschen Herzen.

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2. Nicht allein aber hat er sein eigenes Herz also vergiftet, sondern er will auch anderer Leute Herzen (welche sein sollen ein Sitz und Haus, der Ehre Gottes) mit seiner eigenen Ehre erfüllen, dass er von ihnen hoch gehalten werde. Und also vertreibt er Gott von seinem Stuhl, aus der Menschen Herzen, und setzt sich selbst mit seiner Ehre hinein. Wie könnte nun ein größerer Feind Gottes sein? Darum willst du kein Feind Gottes sein, so siehe zu, dass du bald aus deinem Herzen vertilgest und tötest die eigene Liebe und eigene Ehre. Darum mußt du dich selber hassen und verleugnen, willst du Gottes Freund sein. Denn durch eigene Liebe und Ehre wirst du Gottes Feind. Dadurch wird ein solcher Mensch aus dem Himmel verstoßen, das ist, von Gott, von seinem Angesicht ins ewige Verderben, in die ewige Schmach und Schande. Das ist die Frucht, so aus der eigenen Ehre wächset.

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3. Darum gehe wieder zurück, tue Buße, glaube an Christum, und lebe in ihm als eine neue Kreatur, so wird er dich für den Seinen erkennen. Zu den andern, die nicht Buße getan, sondern nach dem Fleisch gelebt haben in Adam, ja im Teufel, zu denen wird er sagen: Ich habe euch noch nie erkannt, weichet alle von mir, ihr Übeltäter! Matth. 7,23. So ist auch die eigene Ehre der Liebe Christi gar zuwider, und vertilget sie aus deinem Herzen; darum, weil unser höchstes Gut ist, unsere höchste Weisheit und Kunst, die Liebe Christi; so laß die eigene Ehre und Welt-liebe von deinem Herzen ausgehen, auf dass die Liebe Christi eingehe, denn sie können nicht bei einander stehen. Und in der Liebe Christi wird unser eigenes Christentum vollendet, mit welcher Gott unsere Seele ewiglich wolle erfreuen, sättigen und erfüllen, Amen.

 

Gebet um Vermeidung eigener Ehre.

 

Weil, o Gott und Herr! Himmel und Erde, und was darinnen ist, deine Ehre ver-kündigen; so laß mich doch nicht geringer sein, als die unvernünftigen Kreaturen, sondern vor allem andern in allen Dingen deine Ehre suchen, in meinem ganzen Tun und Leben; denn dir allein, und nicht uns, gebühret Lob, Preis und Ehre, von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

 

BESCHLUSS.

 

Inhalt.

1) Was Arndt vom wahren Christentum geschrieben, dazu soll der Glaube an Christum das Fundament sein. 2) Und der zweite Teil des vierten Buchs soll uns nebst der Schrift auch aus der Natur überzeugen, was wir Gott schuldig sind.

 

Diese vier Bücher haben darum den Titel vom wahren Christentum, dieweil der wahre Glaube an unsern Herrn Jesum Christum, und die Gerechtigkeit des Glaubens, das Fundament sind, daraus das ganze christliche Leben herfließen soll. Demnach habe ich nicht den Heiden geschrieben, sondern den Christen, die zwar den christlichen Glauben angenommen, aber ganz unchristlich leben, und die Kraft des Glaubens verleugnen oder nicht verstehen wollen, 2 Tim. 3,5. Ich habe nicht geschrieben den Ungläubigen, sondern den Gläubigen, nicht denen, die noch erst sollen gerechtfertiget werden, sondern denen, die da schon ge-rechtfertiget sind. Darum das ganze Werk von täglicher Buße und christlicher Liebe nicht anders verstanden werden soll, denn solchergestalt, dass der Glaube vorleuchte, und das Fundament sei, damit niemand gedenke, dass allhier unserm fleischlichen freien Willen oder guten Werken etwas zugeschrieben werde, mit nichten, sondern, weil du ein Christ bist, und mit dem Geist Gottes gesalbt, so sollst du Christum lassen in dir leben, in dir herrschen, und den heiligen Geist dich regieren, damit dein Christentum nicht Heuchelei sei.

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2. So soll auch der andere Teil dieses Buchs nicht also verstanden werden, dass wir aus fleischlichem Willen könnten Gott lieben, denn die Liebe ist eine Frucht des heiligen Geistes, sondern dahin gehet derselbe Teil, dass wir, neben dem Wort Gottes, und neben dem Buch der heiligen Schrift, auch können überzeugt werden in unserm Herzen und Gewissen aus dem Buch der Natur, und aus dem Licht der Natur, dass wir Gott zu lieben schuldig sein, wegen seiner großen Lie-be, die er uns durch alle Kreaturen erzeigt und beweist; und solches Argument aus der Natur überzeuget alle Menschen, er sei ein Heide oder Christ, gläubig oder ungläubig, und kann es auch kein Mensch widerlegen. Gott erzeigt und beweist uns durch alle seine Kreaturen Liebe, und wir nehmen seine Wohltaten an, darum machen wir uns verpflichtet, unsern Liebhaber wieder zu lieben; ja darum rufet und reizet uns Gott durch alle Kreaturen zu seiner Liebe, welche alle Menschen im gemeinen Leben genießen, Böse und Gute. Darum freilich auch Gottes Liebe aus dem Buch der Natur zu erkennen, und können damit auch die Heiden überzeugt werden. Groß sind die Werke des Herrn, sagt der 111. Ps. v. 2. wer ihr achtet, der hat eitel Lust daran. Und der 92. Ps. v. 5. Du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte deiner Hände. Wie können sie aber besser gerühmt werden, denn auf solche Weise? Gott gebe uns Verstand und Weisheit, dass wir es erkennen, und Gott in allen seinen Wer-ken preisen hier zeitlich und dort ewig, Amen.

 

Ende des vierten Buchs vom wahren Christentum.

 

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