DAS ACHTE KAPITEL. (5.B./1.T./8.K.)

 

VON DER GERECHTIGKEIT DES GLAUBENS.

 

Inhalt.

1) Dass wir allein durch den Glauben an Christum gerecht werden, wird mit 12 Gründen bewiesen. 2) Das Verdienst Christi weiter zu bedenken, so hat Christus 1. der strengen Gerechtigkeit Gottes für uns genug getan, durch Tun und Leiden. 3) 2. Uns mit Gott versöhnet. 4) 3. Vergebung der Sünden erworben. 5) 4. Die Strafe aufgehoben. 6) 5. Eine ewige Erlösung erfunden. 7) 6. Darum heißt er Jesus. 8) 7. Diese seine Gerechtigkeit muß durch den Glauben unser eigen wer-den; 9) 8. denn es ist eine Gnadengerechtigkeit.

 

Daß der Mensch aus Gnaden allein durch den Glauben an Christum Jesum vor Gott gerecht und selig werde, bezeuget erstlich die grundlose, unerforschliche tiefe Verderbung menschlicher Natur, welcher keine Kreatur im Himmel und auf Erden helfen kann, ohne Gottes Erbarmung, Jes. 1,5. Ezech. 16,1. seq. Von welchem abscheulichen Aussatz die verderbte Natur nichts reinigen kann, ohne das Blut Christi. 2) Derohalben klagt das heilige Gesetz Gottes den Menschen an, erfordert vollkommenen Gehorsam, oder verflucht ihn, 5 Mos. 27,26. Gal. 3,10. 3) Wenn nun alle menschlichen Kräfte solches nicht vermögen, (denn der Mensch ist tot in Sünden, Eph. 2,1. und kann ihm selber nicht helfen, Jer. 17,14.) 4) So hat Gott die Verheißung der Gnaden geoffenbaret, und dieselbe dem Glauben vorgestellet und den Gnadenbund gestiftet und aufgerichtet mit den Vätern, dass in dem Samen Abrahä alle Völker sollen gesegnet werden, 1 Mos. 22,18. Derohalben kommt der Segen aus Gnaden. 5) Diesen Bund hat Gott erfüllet in seinem Sohn Christo Jesu, und denselben zu einem Mittler, Heiland, Seligmacher und Erlöser des menschlichen Geschlechts verordnet, welcher dies hohe Amt williglich und vollkommen verrichtet, dadurch, dass er dem Gesetze für uns genug getan, den Fluch auf sich genommen, uns mit Gott versöhnet, Verge-bung der Sünden erworben, und uns erlöset von Sünden, Tod, Teufel und Hölle, und dadurch die ewige Gerechtigkeit wiedergebracht, Röm. 5,10. Kol. 1,20. 6) Deß haben sich alle Heiligen vom Anfang her getröstet, wie das Exempel Mosis, 2 Mos. 34,6. und Hiskia bezeuget, Jes. 38,17. Röm. 8,4.5. 7) Darum auch die ganze heilige Schrift diese Lehre von der Gerechtigkeit des Glaubens, und von gnädiger Vergebung der Sünden mächtig bekräftiget, 1 Mos. 15,6. Kap. 22,18. Ps. 32,1. und in andern Bußpsalmen, Jes. 53,12. Kap. 45,14. Kap. 55,7. Kap. 64,6. Jer. 3,12. Kap. 31,34. Kap. 33,16. Ezech. 18,21. Dan. 9,24. Hos. 2,19. Joel 2,13. Mich. 7,18. Ap. Gesch. 10,43. Kap. 15,11. Luk. 1,31. seq. Kap. 2,11. Joh. 3,16. Kap. 20,31. Röm. 3,24.25.28. Gal. 2,10. seq. Eph. 2,8. Phil. 3,8.9. 1 Joh. 2,1.2. 8) Solches bezeugen auch die Exempel der Gläubigen vom Anfang, die im Glauben gestorben, zum Hebr. 11,4. seq. 9) Es bezeugens uns auch die Exem-pel der bekehrten Sünder, Manasse, Davids, Petri, Pauli, Maria Magdalenä, die Zöllner und Sünder, Luk. 7,38. Kap. 15,1. und Kap. 19,10. auch der Schächer am Kreuz, Luk. 23,42. 10) So nun die Gerechtigkeit aus den Werken kommt, so wird die Gnade aufgehoben, die Verheißung ist vergeblich, Gehorsam und Verdienst Christi nichtig, wie Gal. 5,4. stehet: Ihr seid aus der Gnade gefallen, die ihr durchs Gesetz wollet gerecht werden, und habt Christum verloren, ja ihr seid noch unter dem Fluch, Gal. 3,10. 11) So würde auch Gott dem Allmächtigen seine Ehre genommen, und den Menschen gegeben, welchen Ruhm aber der Prophet Jeremias Kap. 9,24. und der Apostel Paulus Eph. 2,9. allen Menschen benimmt und abschneidet. 12) Und endlich bedürften wir keiner Gnade, keines Mittlers, keiner Vergebung der Sünden, keines Glaubens, auch keines Gebets, und wäre auf einmal das ganze Evangelium aufgehoben, und zunichte gemacht.

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2. Wir wollen aber jetzt das Amt Christi und sein hochheiliges Verdienst etwas weiter bedenken, und erstlich die Genugtuung der hohen strengen Gerechtigkeit Gottes, im Gesetz erfordert, betrachten. Dieselbe hohe Gerechtigkeit hat der Herr Christus erfüllet auf zweierlei Weise, wirklicher und leidender Weise. Deren keine konnte ein Mensch büssen, darum trat Christus an unsere Statt, und erfüllte Gottes Gerechtigkeit, im Gesetz erfordert, mit seiner Unschuld und Heiligkeit, als der Allerheiligste, Dan. 9,24. und Jes. 53,9. Welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden. Darum Gott der Herr spricht: Dies ist mein Knecht, der Gerechte, mein Auserwählter, an welchem meine Seele Gefallen hat, Jes. 42,1. Mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, Matth. 3,17. Darnach hat der Herr Christus der Gerechtigkeit Gottes im Gesetz genug getan, durch sein Leiden und unschuldigen Tod, und ist an unsere Statt getreten, und hat die Strafe der Sünden und den Fluch von uns auf sich ge-nommen. Und weil nun beides uns zu gut geschehen, dass der Herr Christus durch seine wirkliche Genugtuung, nämlich durch seine Heiligkeit und Unschuld, das Gesetz erfüllet, und darnach durch seinen heiligen Gehorsam, Leiden und Tod, auch dem Gesetze und der Gerechtigkeit Gottes genug getan für uns, so schenkt er uns beides, und macht es unser eigen durch den Glauben, davon der heilige Prophet Jeremias 23,6. geweissaget hat: Man wird ihn nennen, Herr, unsere Gerechtigkeit. Und St. Paulus: 1 Kor. 1,30. Christus ist uns von Gott ge-macht zur Gerechtigkeit. Daher er sich auch tröstet der Gerechtigkeit Christi, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird, Phil. 3,9. und Röm. 5,19. spricht er: Wie durch eines Menschen Ungehorsam viele Sünder worden, also sind durch eines Menschen Gehorsam viele gerecht worden. Und Kap. 8,32. Gott hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern für uns alle dahin gegeben. Das Wörtlein uns macht uns das ganze Verdienst Christi zu eigen, darum ist sein Gehorsam unsere Gerechtigkeit.

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3. 2) Daraus folget nun die Versöhnung mit Gott, welches durch die Versöhnopfer des alten Testaments tröstlich bezeuget wird. Weil aber dieselben Gott nicht versöhnen konnten, so hat sich der Herr Christus, das unbefleckte Lamm Gottes, opfern lassen für uns, Gott zu einem süßen Geruch, Eph. 5,2. das ist, zur Ver-söhnung, wie Hebr. 10,9.10.14. geschrieben ist, da der wahre, ewige, rechte Hohepriester kam, sprach er: Opfer und Brandopfer gefallen dir nicht; siehe, ich komme. Da hebt er die alten Opfer auf, und setzet ein neues ein. In welchem Willen wir sind geheilet, einmal geschehen, durch das Opfer des Leibes und Blutes Jesu Christi; denn mit einem Opfer hat er vollendet in Ewigkeit, die geheili-get werden.

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4. 3) Aus der Versöhnung folgt Vergebung der Sünden. Vergebung aber ist, dass uns Gott unsere Sünden nicht zurechnet. Ps. 32,2. Selig sind die, welchen der Herr ihre Missetat nicht zurechnet, 2 Kor. 5,19. Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber, und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu, und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. Dagegen aber rechnet uns Gott zu die Gerechtigkeit Jesu Christi; denn um seines heil. vollkommenen Gehor-sams willen, sind wir vor Gott gerecht, Röm. 5,18. Phil. 3,9. 1 Mos. 15,6. So nun die Sünde um Christi willen vergeben ist, und nicht soll zugerechnet werden, so muß sie auch getilget und vergessen sein, auch nicht mehr gedacht werden ewiglich. Denn so mächtig und kräftig ist das Blut Christi vor Gott. Darum spricht der Prophet Jes. 43,25. Ich tilge deine Sünden, und gedenke derselben nimmer-mehr. Item Ezech. 18,22. und Jerem. 31,34.

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5. 4) So nun die Sünde also vergeben, dass sie ewiglich soll vergessen sein, so muß auch die Strafe der Sünden aufhören; nämlich Fluch, Tod, Teufel und Hölle. Denn die Strafe liegt auf ihm, spricht Jes. 53,5. dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet. Daher kommt die Freiheit unsers Ge-wissens, dass wir los sein von aller Furcht, Angst, Schrecken, Anklage des Teufels und des bösen Gewissens, und das ist der Frieden des Herzens. So wir durch den Glauben sind gerecht worden, so haben wir Frieden mit Gott, Röm. 5,1.

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6. 5) Daraus fließt die ewige Erlösung. Denn wer eines andern Schuld und Strafe auf sich nimmt, der erlöset ihn davon. Wir können uns aber selbst nicht erlösen, darum können wir uns auch selbst nicht gerecht und selig machen; Christus ist uns von Gott gemacht zur Erlösung, Hos. 13,14. Ich will sie vom Tode erretten, und aus der Hölle erlösen, Röm. 3,24. Durch die Erlösung, so durch Jesum Christum geschehen ist. Das ist auch des heiligen Hiobs Glaube gewesen: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, Kap. 19,25. Jes. 49,24. Kann man auch dem Rie-sen den Raub nehmen, und einem Starken seine Gefangene los machen? Nun sollen aber dem Starken seine Gefangene genommen werden, und der Raub des Riesen soll los werden, spricht der Herr.

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7. 6) Solches vortreffliche Amt des Messiä ist zusammen gefaßt in dem hoch-heiligen Namen Jesu, denn warum heißt er Jesus, da er sein Volk selig mache von ihren Sünden, Matth. 1,21. welches St. Paulus nennet ein teures, wertes Wort, dass Jesus Christus kommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen, 1 Tim. 1,15. Weil wir nun einen solchen Seligmacher haben, so müssen wir auch in ihm allein, und bei keinem andern, unsere Gerechtigkeit und Seligkeit suchen.

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8. 7) Solches geschieht aber allein durch den Glauben, welcher uns Christum zu eigen macht, wie St. Paulus sagt: Röm. 3,25. Gott hat uns Christum zu einem Gnadenstuhl vorgestellet, durch den Glauben in seinem Blute. Darum wird dem Glauben allein die Gerechtigkeit Christi zugerechnet, wie St. Paulus sagt: Röm. 3,22. Ich sage aber von solcher Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben. Gal. 2,16. Wir glauben an Christum Jesum, auf dass wir gerecht wer-den durch den Glauben an Christum, und nicht durch des Gesetzes Werk. Hos. 2,19. Ich will mich mit dir verloben in Gerechtigkeit, ja im Glauben will ich mich mit dir vertrauen. Jes. 26,2. Tut die Tore weit auf, und hinein gehe das gerechte Volk, das den Glauben bewahret. Die Epistel Hebr. 11. beschreibt ein langes Register der heiligen Väter, so durch den Glauben Gott gefallen und gerecht worden, welche alle im Glauben selig gestorben.

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9. 8) Darum aber schreibt Gottes Wort die Gerechtigkeit dem Glauben zu, weil sie ist eine Gnadengerechtigkeit, die mit dem Glauben muß ergriffen werden, und Gottes Gnadenverheißung gewiß und feste bleiben, wie St. Paulus Röm. 4,16. spricht: Darum muß die Gerechtigkeit durch den Glauben kommen, auf dass sie sei aus Gnaden, und die Verheißung fest bleibe. Denn ohne Gottes Gnade und Verheißung können wir keinen gewissen und beständigen Trost haben in unserm Gewissen wider unsere Sünden. Denn wenn unser Gewissen aufwacht und uns anklagt, oder in unserm letzten Ende also anspricht: Siehe, nun mußt du davon, wie hast du dein Leben zugebracht? So kann unser Glaube antworten: Meine Gerechtigkeit und Seligkeit ist nicht gegründet auf meine Werke, sondern auf die Gnade in Jesu Christo unserm Herrn, Eph. 2,8. Jes. 55,7. Bei unserm Gott ist viel Erbarmung, nämlich bei dem Vater unsers Herrn Jesu Christi. Ps. 130,7. Bei dem Herrn ist die Gnade und viel Erbarmung bei ihm.

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10. 9) Daher ist auch unsere Gerechtigkeit gewiß und ungezweifelt; denn Gottes Gnade in Christo verheißen, währet von Ewigkeit zu Ewigkeit bei denen, die ihn fürchten, Ps. 103,17. Wie auch der teure Eid Gottes bezeuget, Ezech. 18,23. Jes. 54,8.10. Kap. 55,3. Der ist getreu, der es verheißen hat, Röm. 8,33.35. Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der gerecht macht. Wer will verdammen? Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?

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11. 10) Damit aber unsere Gerechtigkeit gewiß und ungezweifelt sei, so bezeuget die Schrift, dass sie ewig sei, Dan. 9,24. Es soll eine ewige Gerechtigkeit wieder-gebracht werden. Und das ist ein großer Trost, wenn wir etwa straucheln oder sündigen, dass wir nicht gedenken, es sei mit uns gar aus und verloren, unsere Gerechtigkeit sei nun dahin, sei umgestoßen, und höre auf. Nein, mit nichten, denn der Prophet Jes. sagt, Kap. 54,10. Meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund des Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer, Ps. 111,5. Er gedenkt ewiglich an seinen Bund. Und abermal spricht er: Jes. 54,8. Mit ewiger Gnade will ich mich über dich erbarmen. Denn obwohl Ezech. 33,12. gedräuet wird: Wenn der Gerechte Böses tut, soll es es ihm nicht helfen, dass er fromm gewesen ist, und aller seiner Gerechtigkeit soll nicht mehr gedacht werden; so ist doch dieser Spruch zu verstehen von der Unbußfertigkeit, wenn man in Sünden verharret. Denn also erkläret sich der Mann Gottes Moses: 5 Mos. 4,25.29.31. Wenn ihr den Herrn erzürnen werdet, so werdet ihr umkommen. Wenn du aber den Herrn deinen Gott suchen wirst, so wirst du ihn finden, wo du ihn wirst von ganzem Herzen und von ganzer Seele suchen. Denn der Herr, dein Gott ist ein barmherziger Gott, er wird dich nicht lassen verderben, wird auch nicht vergessen des Bundes, so er deinen Vätern geschworen hat. Es bezeuget auch der König David, 2 Sam. 7,16. dass Gott einen ewigen Bund in Christo mit uns gemacht habe. Und der Prophet Hos. 2,19. sagt: Ich will mich mit dir verlo-ben in Ewigkeit, in Gnade und Barmherzigkeit. Welche ewige Gnade Gottes uns wieder aufrichtet, wenn wir fallen. Ps. 146,8. Der Herr hält, die da fallen, und richtet auf, die da niedergeschlagen sein.

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12. 11) Diese Gerechtigkeit, die wir in Christo haben ist vollkommen, und mangelt nichts daran. Wie geschrieben ist: Eph. 5,26.27. Christus hat seine Gemeine ge-liebt, und sie gereinigt durchs Wasserbad im Wort, auf dass er ihm selber dar-stellete eine Gemeine, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel, sondern dass sie heilig sei und unsträflich. Daher St. Paulus sagt, 2 Kor. 5,21. dass wir in Christo nicht allein gerecht, sondern die Gerechtigkeit selbst sein, das ist, vollkommen gerecht, weil uns die vollkommene Gerechtigkeit Christi zuge-rechnet wird. Das sind die Kleider des Heils, und der Rock der Gerechtigkeit, Jes. 61,10. Und das heißt Christum anziehen, Gal. 3,27: Das heißt: Du bist ganz schön, Hohel. 1,15. Das ist der vollkommene, geistliche, inwendige Schmuck, mit köstlichem Golde, wie er Ezech. 16,10. beschrieben ist.

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13. 12) Diese unsere Gerechtigkeit ist nun versiegelt mit dem heiligen Geist, Eph. 1,13. 2 Kor. 1,22. und mit den beiden hochwürdigen Sakramenten, als Siegeln Gottes, dadurch wir der Vergebung unserer Sünden, und der Gerechtigkeit vor Gott versichert werden.

 

Gebet, siehe im zweiten Buch zu Ende des 3. Kapitels.

 

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