DAS ACHTE KAPITEL. (1.B./8.K.)

 

DASS OHNE DIE WAHRE BUSSE SICH NIEMAND CHRISTI

UND SEINES VERDIENSTES ZU TRÖSTEN HABE.

 

Inhalt.

1) Ohne Buße kann niemand zu Christo kommen. 2) Was wahre Buße sei? 3) 4) Ohne dieselbe hilft die köstliche Arznei des Blutes Christi nichts. 5) Denn die Starken bedürfen des Arztes nicht. 6) Die geistlich Kranken allein sind des Ver-dienstes Christi fähig. 7) Die göttlich Traurigkeit wirket der heilige Geist durch Gesetz und Betrachtung des Leidens Christi. 8) Christi Leiden soll in der Buße wirken. 9) 10) Unbußfertige kreuzigen Christum aufs Neue, zu ihrem schweren Gericht. 11) Darum ward gleich nach Christi Tode überall Buße gepredigt. 12) Denn ohne Buße wird die Sünde nicht vergeben. 13) Die sind betrogen, die sich ohne Buße Christi getrösten. 14) Man muß der Sünde und Welt absterben, sonst ist man keine neue Kreatur. 15) Ohne diese ist aller äußerliche Gottesdienst vergeblich, und Christus nichts nütze. 16) Allein die Bußfertigen und Gläubigen haben Vergebung der Sünden, 17) um des vollgültigen Verdienstes Christi willen.

 

Kein Unreiner durfte das Passah essen. 2 Buch Mose 12,48.

 

Der Herr Jesus spricht: Matth. 9,12.13. Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken; ich bin kommen, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten. Hiemit lehrt uns der Herr, dass er zwar die Sünder rufet, aber zur Buße. Und daraus erfolget, dass niemand zum Herrn kommen kann ohne wahre Buße und Bekehrung von Sünden, und ohne wahren Glauben.

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2. Nun ist die Buße nichts anders, als durch wahre Reue und Leid der Sünde absterben, und durch den Glauben Vergebung der Sünden erlangen, und der Gerechtigkeit leben in Christo. Und muß in der Buße vorhergehen die wahre göttliche Reue, wodurch das Herz zerbrochen, und das Fleisch gekreuziget wird. Und darum nennet es die Epistel an die Hebr. 6,1. die Buße der toten Werke, das ist Unterlassung der Werke, die den Tod wirken.

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3. Wenn nun dieselbigen nicht unterlassen werden, so ist Christus mit allem seinem Verdienst dem Menschen nichts nütze; denn Christus unser Herr stellet sich uns selber vor als ein Arzt, und sein heiliges Blut als die köstlichste, heil-samste Sündenarznei.

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4. Nun kann auch die allerköstlichste Arznei nicht helfen und nicht wirken, wenn der Patient das nicht will lassen, was ihm schädlich ist. Derohalben so hilft kei-nem Christi Blut und Tod, der nicht will von Sünden ablassen; daher spricht St. Paulus Gal. 5,21.: Die solches tun, (verstehe die Werke des Fleisches) die werden das Reich Gottes nicht ererben, das ist, sie haben keinen Teil an Christo.

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5. Ferner, soll Christus und sein heiliges Blut unsere Arznei sein, so müssen wir zuvor krank sein. Denn die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken, Matth. 9,12. Nun sind aber alle, die nicht geistlich krank, die ohne wahre Buße sein, die ohne herzliche Reue über ihre Sünden sein, die kein zer-brochen, zerschlagen Herz haben und vor Gottes Zorn nicht erschrecken, die nicht fliehen wollen die weltlichen Lüste, die da trachten nach eitler Ehre, Reich-tum und Wollust, sorgen nicht für ihre Sünden; diese, sage ich, sind nicht krank, darum bedürfen sie auch des Arztes nicht, das ist, Christus ist ihnen nichts nütze.

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6. Darum merket dies wohl: Christus ist kommen, die Sünder zu rufen; aber zur Buße; warum? Denn allein ein bußfertiges, zerbrochenes, zerschlagenes, gläu-biges Herz ist fähig des teuren Verdienstes, Blutes und Todes Jesu Christi.

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7. Selig ist der Mensch, der diesen heiligen Beruf in seinem Herzen empfindet, das ist, die göttliche Traurigkeit über die Sünde, die da wirket eine Reue der Seligkeit, die niemand gereuet, 2 Kor. 7,10. Die göttliche Traurigkeit wirket der heilige Geist durchs Gesetz und durch ernstliche Betrachtung des heiligen Lei-dens Christi. Denn das Leiden Christi ist zugleich eine Bußpredigt, und der aller-schrecklichste Spiegel des Zorns Gottes, und eine Gnadenpredigt. Denn be-denket die Ursache, warum unser lieber Herr den bittern Tod gelitten, nämlich um unserer Sünden willen. Bedenket auch die Liebe Gottes, dass er uns seinen Sohn geschenket, Röm. 5,8. Da sehen wir Gottes Gerechtigkeit und Barmherzig-keit.

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8. Wie sollte nun einer, der an Christum glaubet, zu denselbigen Sünden Lust haben, oder von denselbigen nicht wollen abstehen, welche Christus mit seinem Blut und Tod, mit seinem Leben hat bezahlen müssen? Sehet, wie hat er unsere Hoffart und Ehrgeiz mit so vieler Demut und Verachtung büßen müssen, und du hast noch Lust zur Hoffart, und kannst der Ehre dieser Welt nicht satt werden? Wie hat Christus deinen Geiz mit so großer Armut müssen büßen, und du hast nimmer genug und kannst des Reichtums nimmer satt werden? Wie hat Christus mit so großer Angst und Todesschmerzen deines Fleisches Lust büßen müssen, Matth. 26,38. und du hast alle deine Freude an des sterblichen Fleisches Lust? Wie kann doch das deine Lust sein, was deinem Herrn Christo die höchste Pein gewesen ist? Wie kann doch das deine Freude sein, was deinem Herrn Christo die höchste Traurigkeit gewesen ist bis in den Tod? Siehe, mit was tiefer Sanft-mut und hoher Geduld dein Herr gebüßet hat deinen Zorn, Haß, Feindschaft, Bitterkeit, Rachgier, Unversöhnlichkeit; und du zürnest so leicht, und ist dir die Rachgier so süße, süßer als dein Leben? Ist dir das so süße, um deßwillen der Herr einen so bittern Todeskelch hat trinken müssen?

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9. Darum alle die, so sich Christen nennen, und von Sünden nicht ablassen, die kreuzigen Christum aufs Neue und halten ihn für einen Spott, wie geschrieben ist, Hebr. 6,6. Sie können auch des Leidens Christi nicht teilhaftig werden, denn sie treten das Blut Christi mit Füßen, wie abermal Hebr. 10,29. geschrieben ist: achten das Blut des Testaments unrein, das ist, sie haltens für keine Reinigung der Sünden, achten gar nicht darauf, dass es zur Bezahlung ihrer Sünden vergossen ist, und schmähen den Geist der Gnaden, das ist, verstoßen, ver-werfen, spotten und lästern die hohe, teure, angebotene Gnade mit ihrem gottlosen Leben, also, dass das Blut Christi, das auch für sie vergossen ist, Rache muß über sie schreien, und sie dem gerechten Gericht Gottes übergeben, davor wir billig erschrecken sollen. Denn es ist zumal schrecklich, in die Hand und Rache des lebendigen Gottes fallen, Hebr. 10,31. Denn unser Gott ist nicht ein ohnmächtiger, toter Götze, der sich wird immer spotten, und seine Gnade schmähen lassen, sondern ein lebendiger Gott.

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10. Und zwar unser eigenes Herz überzeuget uns, dass eine große Rache und Zorn Gottes darauf erfolgen werde, wenn einer nicht von Sünden abläßt, und höret doch, wie der ewige Sohn Gottes so einen schrecklichen Tod um der Sünde willen hat leiden müssen.

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11. Das ist nun die Ursache, warum in der ganzen Welt die Buße geprediget worden, sobald der heilige Tod Christi geschehen war; nämlich: Zum 1) dieweil derselbe für der ganzen Welt Sünden geschehen, 1 Joh. 2,2. Zum 2) dass alle Menschen an allen Enden Buße täten, wie Apost. Gesch. 17,30. geschrieben stehet, und diese Arznei mit gläubigen, reuenden, bußfertigen Herzen an-nehmen, auf dass dies teure Gnadengeschenk Gottes am Menschen nicht verloren werde.

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12. Und auf solche herzliche Buße sollte Vergebung der Sünden folgen. Denn wie kann doch die Sünde vergeben werden, die einem nie leid gewesen, und da man noch immer Lust dazu hat, davon man nicht will ablassen? Ists nicht ein närrischer, verkehrter Handel, wollen Vergebung der Sünden haben, und doch von Sünden nicht wollen ablassen? Sich des Leidens Christi trösten, und doch die Sünde nicht lassen, um welcher willen Christus hat sterben müssen.

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13. Viele Leute sind, welche die Zeit ihres Lebens nicht wahre Buße getan, und wollen doch Vergebung der Sünden haben, die da nie haben abgelassen von ihrem Geiz, Hoffart, Zorn, Haß, Neid, Falschheit, Ungerechtigkeit, ja haben noch wohl darinnen zugenommen, und wollen sich Christi Verdienst zurechnen. Haben sich selbst überredet, sie seien gute Christen, weil sie wissen und glauben, Christus sei für ihre Sünden gestorben, und gedenken also selig zu werden. Ach du betrogener, falscher Christ! das hat dich nie Gottes Wort gelehret, dass du also sollst selig werden. Wenn du willst Vergebung der Sünden haben, so mußt du Buße tun, und von Sünden ablassen, dir deine Sünden lassen leid sein, und an Christum glauben.

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14. Wie sollte einem aber die Sünde leid sein, die er nicht zu lassen gedenket? Und wie sollte einer die Sünde lassen, die ihm nie leid gewesen? Darum lehret dich Christus, seine Propheten und Apostel: Du sollst der Sünde und Welt ab-sterben, das ist, deiner eigenen Hoffart, Geiz, Wollust, Zorn, Feindschaft, und dich zum Herrn bekehren, und um Gnade bitten. Jetzt hast du Vergebung der Sünden, jetzt kommt der Arzt, der die zerbrochenen Herzen verbindet, und heilet ihre Schmerzen, Ps. 147,3. Sonst ist dir Christus nichts nütze, und hilft dir nichts, dass du viel vom Glauben sagest. Denn der rechte Glaube erneuert den Men-schen, und tötet die Sünde im Menschen, macht den Menschen in Christo lebendig, das ist, dass er in Christo lebet, im Glauben, in seiner Liebe, Demut, Sanftmut, Geduld. Siehe, also ist dir Christus der Weg zum Leben, also bist du in ihm eine neue Kreatur. Wenn du aber in deinen Sünden beharrest, willst den-selben nicht absterben, sondern lässest dir alles gefallen, was dein alter Adam tut, wie kannst du eine neue Kreatur sein? Wie kannst du Christo angehören, weil du dein Fleisch nicht willst kreuzigen samt den Lüsten und Begierden, Gal. 5,24.

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15. Wenn du nun gleich also zehn Predigten des Tages hörtest, beichtest alle Monate, gingest zum Tisch des Herrn, so hülfe es dir doch nicht, hättest doch nicht Vergebung der Sünden; Ursache, es ist kein bußfertiges, zerbrochenes, gläubiges Herz da, welches da fähig ist der heilsamen Arznei. Gottes Wort und Sakrament sind wohl heilsame Arzneien, sie helfen aber keinem Unbußfertigen, der kein stetig reuendes gläubiges Herz hat. Gieß den köstlichen Balsam auf einen Stein, was wird ihm das helfen? Es dienet für ihn nichts. Säe den besten Weizen unter einen Haufen Dornen, er wird nicht Frucht bringen, du reutest denn zuvor die Dornen aus, Luk. 8,7. Schließlich: wer in seinen Sünden verharren will, dem ist Christus nichts nütze; wer mit Christo nicht will neu geboren werden, dem ist seine Geburt nichts nütze; wer mit Christo nicht will der Sünde absterben, dem ist sein Tod nichts nütze, Röm. 6,11. Wer nicht will in Christo von Sünden auf-stehen, dem ist seine Auferstehung nichts nütze; wer nicht im himmlischen We-sen und Leben will handeln, dem ist Christi Himmelfahrt nichts nütze.

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16. Wenn aber ein Mensch mit dem verlornen Sohne umkehret, Luk. 15,18. seine Sünden bereuet und beweinet, dieselbige meidet und hasset, Gott um Gnade bittet, und, stehet im Glauben an den gekreuzigten Jesum und seine blutige Wunden, (wie die Israeliten die rote kupferne Schlange, 4 B. Mos. 21,8.) und spricht: Gott sei mir armen Sünder gnädig! Luk. 18,13. so ist alles vergeben und vergessen; und wenn gleich ein Mensch der ganzen Welt Sünde allein getan hätte.

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17. So viel gilt das heilige Blut Christi, und sein heiliger Tod. Solche Vollkommen-heit ist in der Erlösung, so durchs Blut Christi geschehen ist, und wird einem bußfertigen Herzen das ganze Verdienst Christi vollkommen zugerechnet durch den Glauben. Denn Gott will Buße annehmen für die Sünde, Weish. 12,19. Das ist, Gott vergibt den Bußfertigen vollkommen aus lauter Gnade um Christi willen. Ja es ist Gottes Lust und Freude, barmherzig sein, und die Sünde aus Gnaden vergeben: Es bricht mir mein Herz, ich muß mich dein erbarmen, spricht er, Jer. 31,20. Hos. 11,8. Ursache, es gehet alsdann der Tod Christi in seine Frucht und Kraft, und dann ist Freude im Himmel vor den Engeln Gottes, dass an den armen Sündern das teure Blut Christi nicht verloren, um welcher willen es vergossen ist. Luk. 15,7.

 

Gebet um wahre Buße. (Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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