DAS SIEBZEHNTE KAPITEL. (3.B./17.K.)

 

WOBEI MAN MERKEN KANN,

DASS DER HEILIGE GEIST IN UNSERER SEELE SEI.

 

Inhalt.

Die Kennzeichen der Einwohnung des heiligen Geistes sind: 1) Inwendiges Be-strafen der Sünde, daher entstehet Ekel an der Sünde. 2) Inwendige Seelenangst und göttliche Traurigkeit. 3) Vernichtung unsers eigenen Verdienstes und Ge-rechtigkeit vor Gott. 4) Erbarmende Liebe gegen den Nächsten.

 

Der heilige Geist wird die Welt strafen. Joh. 16,8

 

Wenn der heilige Geist in unsere Seele kommt, das ist, seine Gegenwart durch seine Werke erzeiget, so strafet er 1) alles in uns, was nicht göttlich ist, und was die Welt ist, als Augenlust, Fleischeslust und hoffärtiges Leben, und erwecket dawider einen Verdruß in uns. Und wer dasselbe Weltleben in ihm hat, ohne inwendige Strafe des heiligen Geistes, der soll wissen, dass der heilige Geist nicht in den Grund seiner Seele kommen ist, denn es ist des heiligen Geistes Art, dass er den Menschen zu allen Zeiten ermahnet, treibet, locket und ziehet in ein geordnet Leben, das tut er allen denen, die sein warten und ihm Statt geben; so strafet der heil. Geist die Sünde im Menschen. Die Sünde aber ist alles, was wider Gottes Willen geschieht, nämlich der Ungehorsam wider Gott. Diese heim-liche, verborgene Sünde offenbaret und strafet der heil. Geist, wenn er zu dem Menschen kommt.

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2. Daraus entstehet 2) ein inwendiges Herzeleid, Traurigkeit, Angst und Pein der Seele, ja oft eine höllische Pein, davon die Mitmenschen, so nach der Natur le-ben, wenig wissen; das ist der bewährtesten Zeichen eines der Gegenwart des heiligen Geistes. Die aber außer solcher göttlichen Traurigkeit sein, und haben an allem ihrem Tun und Lassen keine Traurigkeit, sondern eine Lust und Wohl-gefallen, die sind in einem gefährlichen Stande, ohne Geist Gottes. Hiebei merke nun das andere Zeichen des gegenwärtigen heiligen Geistes.

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3. Das dritte Zeichen ist, wenn er uns allen Ruhm unsers eigenen Verdienstes und Gerechtigkeit benimmt, und vor Gottes Gericht verwelket macht, wie eine Blume, welche abfällt, und wie Heu, so verdorret, wenn der Geist des Herrn drein bläset, Jes. 40,6.7. Denn der Geist Christi zeiget uns allein den festen, unbe-fleckten und unbeweglichen Grund der Gerechtigkeit und Verdiensts Jesu Christi, und der Barmherzigkeit Gottes, Jes. 44,24. Denn wehe aller unserer Gerechtig-keit, sagt Augustinus, so ohne Barmherzigkeit von Gott soll geurteilt werden. Denn alle unsere Gerechtigkeit ist wie Unflat vor Gottes Augen, Jes. 64,6.

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4. Das vierte Zeichen der Gegenwart des heiligen Geistes ist, wenn ein Mensch seinen Nächsten mit erbarmender Liebe mit allen seinen Gebrechen erträgt, und nicht leicht urteilet oder richtet. Denn solch hochmütig Richten ist ein Same und Wurzel des Teufels, das ist, Hoffart und Verschmähung des Nächsten, und ein Wohlgefallen an sich selbst; welches alles eine Anzeige ist, dass der heilige Geist nicht da ist; wo aber derselbe ist, beweiset er unter anderm sich also: 1) Er strafet, wenn es die höchste Not ist. 2) Er wartet der Stunde und des Orts, da es sich wohl füget zu strafen, wie man an Christo siehet. 3) Er strafet nicht mit allzu-harten Worten, sondern mit Erbarmung. 4) Verachtet er den Nächsten nicht, noch verkleinert ihn in eines andern Herzen, sondern er tut alles in lauter Liebe und Sanftmut. Siehe, das merke, so bleibest du in wahrer Demut und in der Gnade des heiligen Geistes, und derselbe in dir.

 

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