DAS SECHZEHNTE KAPITEL. (3.B./16.K.)

 

WIE DER HEILIGE GEIST EMPFANGEN WERDE,

UND WIE ER UNGEHINDERT IN UNSERER SEELE WIRKET.

 

Inhalt.

1) Unselig sind die Seelen, aus eigener Schuld, die den heiligen Geist nicht ha-ben. 2) Doch gibt ihn Gott allen, die ihr Herz von den Kreaturen ausleeren. 3) Soll Gottes Geist in dir wirken, so nimm zwei Regeln in Acht: Meide, leide.

 

Ich will Wasser gießen auf die Durstigen, und Ströme auf die Dürren.

Jes. 44,3.

 

Wenn es ginge wie zu Elia Zeiten, 1 Kön. 17,1. Kap. 18,45. dass es drei Jahre und sechs Monden nicht regnete, und man weder pflügen noch säen könnte, und es käme dann ein sanfter, süßer und fruchtbarer Regen, davon alles Erdreich erquicket würde; und aber eines Menschen Acker würde nicht befeuchtet, son-dern bliebe allein trocken und dürre, der möchte wohl von Unglück sagen, ja von Gottes Ungnade, und blutige Tränen weinen. Tausendmal mehr aber mögen diejenige heiße und blutige Tränen weinen, welche den heiligen Geist in dem Grunde ihres Herzens nicht empfinden, sondern glaublos und lieblos bleiben, als ein dürrer steinigter Acker, der auch des überschwenglichen Trostes des heiligen Geistes nicht teilhaftig worden.

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2. Die Schuld aber ist nicht Gottes, der sich erbeut, seinen heiligen Geist über alles Fleisch auszugießen, Joel 2,28. sondern des Menschen, der den Grund seines Herzens nicht bereitet. Die größte Bereitung aber, den heiligen Geist zu empfahen, ist, wenn das Herz durch den Glauben und Gebet zu Gott gewendet wird, wie der Apostel Herz am Pfingsttage, Ap. Gesch. 2,4. wenn es ausgeleeret wird von den Kreaturen. Ach fände Gott ein solches leeres Herz, er göße den heiligen Geist mit allen seinen Gaben hinein; ist aber das Herz der Welt voll, so kann es nicht voll Gottes und voll Geistes werden. Soll Gott ein, so muß die Kreatur heraus. Gleicher Weise wie es in der Natur ist, die Natur leidet keine leere noch ledige Statt, sie erfüllet es, oder die Natur muß brechen und zerfallen, und wäre etwas leer oder ledig auf Erden, der Himmel zöge es entweder zu sich, oder neigte sich kräftiglich herunter, und erfüllete es mit ihm selber. Darum laß dein Herz ja nicht an den Kreaturen hangen, weder auswendig, noch inwendig, weder an deiner eigenen Liebe noch an deinem eigenen Willen, sondern lauter an Gott, so hast du das allergrößte und nützlichste Werk vollbracht, und laß dich ja deine eigene Liebe und Lust nicht hindern, denn solches ist gleich, als wenn ein großer Meister ein großes Werk anfinge, und es käme ein Kind und verder-bete es ihm alles. So ist der Mensch, wenn er sich zueignet, was Gottes ist und seine Lust und Freude darin suchet. Denn so verderbet er dem heiligen Geist sein Werk, und treibet sein eigen Werk, und meinet dann, es sei alles Gottes in ihm, und ist doch sein eigen Werk und Gutdünken. Wir wissen aber, dass wir in allen unserm Tun unnütze Knechte sein, Luk. 17,10. und ein unnützer Knecht tut unnütze Werke. So viel nun, als Gott besser ist, denn alle Kreaturen, so viel ist auch sein Werk besser, denn aller Menschen Werk und Menschensatzung. Da-rum, soll Gott eigentlich und adelich in dir wirken, so ist vonnöten, dass du ihm Statt und Raum gebest, und dass deine Affekten ruhen, und du Gott leidest. Soll Gott in dir reden, so müssen alle Dinge in dir schweigen. Darum, lieber Mensch, es ist nicht alles Gottes Werk, was in dir wirket, sondern es ist deines Fleisches und Blutes Werk. Siehe zu, dass du dieses wohl unterscheiden lernest, und nicht des Teufels Werk Gott zuschreibest.

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3. Willst du aber, dass der heilige Geist in dir wirken soll, so mußt du diese zwei Regeln in acht nehmen: 1) Mußt du dein Herz von der Welt und den Kreaturen und von dir selbst, und von allem deinem Willen und Affekten abwenden und abziehen, so bleibet des heiligen Geistes Werk ungehindert in dir. 2) Dass du alle Zufälle des Kreuzes und Trübsals, wo sie auch herkommen, und was es sei, in-wendig oder auswendig, als von Gott dir zugeschicket, ohne alle Mittel an-nehmest, und nicht anders annehmest, als dass dich Gott dadurch bereiten will, zu ihm selber und zu seinen großen Gaben. Wenn du nun in einem göttlichen Werk bist, und es käme dir dein liebster Freund, und betrübte dich mit harten Scheltworten, und du nähmest das alles mit Geduld an, im Schweigen und Lei-den, so wisse, dass es des heiligen Geistes Werk ist in dir, dadurch er dich zu seinen Gaben wohl bereiten will. So aber der böse Geist dir böse Gedanken eingibt, so wisse, dass sie dir nicht mögen schaden, denn sie geschehen wider deinen Willen. So du auch mit deinen äußerlichen Amtswerken mußt umgehen, so sollst du alles in der Liebe tun, zu Gottes Lob und Ehre und des Nächsten Nutz, so tust du es in Gott und in dem heiligen Geist.

 

Gebet um des heiligen Geistes Wirkung in uns.

 

Wie groß ist deine Gnade, o Gott! dass ich dein Tempel sein und dein Geist

in mir wohnen solle. Bereite mich selbst durch deine Kraft zu einer göttlichen Wohnung, und reinige mich von alle dem, das dir in mein Herz einzukehren hinderlich sein mag und erfülle mich, wenn ich vom Irdischen ausgeleert bin,

mit deiner Gottesfülle, Amen.

 

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