DAS DRITTE KAPITEL. (5.B./2.T./3.K.)

 

DURCHS WORT GOTTES WIRD EINE VEREINIGUNG

GOTTES UND DER MENSCHEN GESTIFTET.

 

Inhalt.

1) Durch Übertretung des göttlichen Worts ward der Mensch von Gott schändlich losgerissen. 2) Durch Gottes Wort und Sakramenten aber wird er wieder mit Gott verbunden, 3) denn Gott ist in seinem Wort gegenwärtig. 4) Sonderlich sind die Verheißungen und der Eid Gottes ein Band der Vereinigung mit Gott, 5) welche auch bestätiget wird durch die Gabe der Prophezeihung, und durch die ver-heißene Gegenwart Gottes bei den Betrübten. Daß das göttliche geoffenbarte Wort ein Band der Vereinigung sei Gottes und des Menschen bezeuget das allererste Gebot, dem Menschen im Paradies gegeben, damit Gott der Herr ihm selbst den Menschen auf das festeste verbunden. Denn wie dasselbe durch den Ungehorsam übertreten, ist alsbald die Auflösung und Trennung der aller-seligsten Vereinigung darauf erfolget, und das Bild Gottes verloren worden. Über welcher denn nichts Betrübters, nichts Schrecklichers oder Greulichers sein oder genennet werden mag. Denn wie der Mensch das Bild Gottes verloren, hat er sich selbst verloren, und ist gefallen vom Licht in die Finsternis, von der Wahrheit in die Lügen, von der Gerechtigkeit in die Ungerechtigkeit, von der Heiligkeit in allerhand Schande und Laster, aus dem herrlichen und schönen Schmuck in eine abscheuliche, häßliche Blöße, aus der Freiheit in die schwereste Dienstbarkeit und Gewalt des Teufels, aus dem Leben in den Tod, aus dem Himmel in die Hölle, aus dem Paradies in das äußerste Elend, aus der Gesundheit in so viel-fältige und mancherlei Krankheiten, aus dem größesten Reichtum in die äußerste Armut, aus der seligen Ruhe in die härteste und schwereste Arbeit, aus der süßesten Wollust und Freude, in allerlei Trübsal, Angst und Schmerzen; und welches das Allerkläglichste ist, in dem Fall selbst hat sich angefangen die aller-betrübteste Abscheidung von Gott, Flucht vor dem Angesicht Gottes, eine knechtische Furcht und Scham, eine dicke Finsternis in des Menschen Vernunft und Verstande, eine Abkehrung des Willens von Gott, eine Halsstarrigkeit und Härtigkeit des Herzens, und Feindschaft wider Gott, dass nicht unbillig der Pro-phet darüber klaget und rufet: Eure Sünden scheiden euch und Gott von einan-der, Jes. 59,2.

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2. Daher wäre auch in alle Ewigkeit diese allerkläglichste Abscheidung und Ab-sonderung von Gott geblieben, wo nicht das Wort dazwischen kommen, und die Vereinigung wieder aufgerichtet und gemacht hätte. Derohalben rufet Gott den Menschen durch das Wort von der Flucht wiederum zu sich, von der Finsternis zum Licht, von den Lügen zur Wahrheit, vom Tode zum Leben, von der Verzweif-lung zur Gnade. Der Mensch scheuet sich, und bekennet seine häßliche Blöße; die Ursache zeiget Gott an, darum, dass er seine Gebote übertreten, fordert die Schlange vor sich, und verfluchet dieselbige, nimmt den Menschen wiederum zu Gnaden an, und verheißet den Mittler, der solches rächen soll, welchen er des Weibes Samen zur Schmach der Schlangen nennet, 1 Mos. 3,15. Auf diese Weise hat Gott unser allergnädigster Vater durch das Wort den Menschen, so das Wort übertreten, wiederum angenommen und mit sich vereiniget. Derohalben ist die Fortpflanzung des seligmachenden Worts von Anfang nichts anders, als eine Verbindung und Vereinigung der Menschen mit Gott. Also werden denn der Menschen Seelen und Gemüter, welche durch die Sünde von Gott geschieden waren, mit ihm vereiniget, dass der Allerhöchste wiederum seinen Sitz und Wohnung darin erbauet und aufrichtet. Das Wort Gottes ist der Wagen, darauf Gott fähret, wie Ezech. 1,15. zu sehen, und Sach. 6,1. Aus dem Munde Gottes gehet dasselbige Wort mit dem H. Geist vereiniget, Jes. 59,21. welches, so es verachtet und weggestoßen wird, gehet Gott selbst vor dem Menschen vorbei, und verlässet ihn, 1 Sam. 15,23. Weil du mein Wort verworfen, habe ich dich auch verworfen, saget der, so das Wort gegeben hat. An das Wort verbindet sich Gott der Herr selbst, da er sagt: Ich bin mit euch. Nach dem Wort, da ich mit euch einen Bund gemacht, soll mein Geist unter euch bleiben, Hag. 2,5.6. Wie könnte die Vereinigung mit Gott durch das Wort klarer angedeutet werden? Ja das Gedächtnis Gottes, Ehre und Dienst, so ihm geleistet wird, verbindet Gott mit uns, wie 2 Mos. 20,24. geschrieben stehet: An allem Ort, da ich meines Namens Gedächtnis stiften werde, da will ich zu dir kommen, und dich segnen. Im Wort aber und heiligen Sakramenten ist das rechte Gedächtnis des Namens Gottes gestiftet; darum wird er auch durch das Wort und Sakrament mit uns vereiniget. Welches unser Heiland mit dem schönen und lieblichen Spruch bekräftiget: Wer mich liebet, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen, und Wohnung bei ihm machen, Joh. 14,23.

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3. Daher wird es ein Wort genannt, welchen unsere Augen erleuchtet, Ps. 19,9. Gott aber ist es, der uns erleuchtet, wie David singet, Ps. 118,27. Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet. Daher wird es genannt ein Wort des Heils, Ap. Gesch. 13,26. Gott aber ist unser Heil, Ps. 27,1. Daher heißt es ein lebendigmachendes Wort, Joh. 9,63. Gott aber ist unser Leben. Daher unser Seligmacher sagt: Die Worte, so ich zu euch rede, sind Leben und Geist. Daher heißt es auch ein Wort der Wahrheit, weil Christus ist die Wahrheit und das Leben, Joh. 14,6. Daher wird es genennet ein unvergänglicher Same Gottes, dadurch wir wiedergeboren wer-den, 1 Petr. 1,23. Daher heißt auch das Evangelium eine Kraft Gottes, Röm. 1,16. Gott aber ist es, der in uns die Kraft wirket. Wahrlich Gottes Gegenwart selbst, seine Wirkung und Vereinigung gehöret dazu, dass wir erleuchtet, leben-dig und wiedergeboren werden. So nun solches durch das Wort geschieht, muß Gott selber notwendig in und mit dem Wort gegenwärtig sein.

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4. Dazu denn auch kommen die gnädigen Verheißungen Gottes, welche Gott und Menschen mit einander vereinigen und verbinden. Fürchte dich nicht, spricht der Herr, Jes. 41,10. denn ich bin mit dir, weiche nicht und erschrecke nicht, denn ich bin dein Gott, ich stärke dich, und helfe dir, ich erhalte dich auch. Und abermal Kap. 43,2. Wenn du durch das Feuer und Wasser gehen wirst, will ich bei dir sein. Mit welchen lieblichen tröstlichen Verheißungen Gott selbst sich in unsere Herzen hinein senket. Über das ist auch der Eid, welchen er uns Menschen geschworen hat, ein festes Band der Vereinigung Gottes mit dem Menschen. Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr, Jes. 45,23.24.25. und ein Wort der Gerechtigkeit ist aus meinem Munde gegangen, dabei soll es bleiben; mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören, und sagen: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke. Und solche werden auch zu ihm kommen. Denn im Herrn werden gerecht aller Same Israel und die sich sein rühmen. Und abermal: Jes. 54,9.17. Also habe ich geschworen, dass ich nicht über dich zürnen, noch dich schelten will. Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund des Frie-dens soll nicht hinfallen, spricht der Herr dein Erbarmer.

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5. Hieher gehöret auch die Gabe der Prophezeiung und die Offenbarung des Worts durch die Propheten und Apostel geschehen. 1 Petr. 1,10.11. Ap. Gesch. 2,4. Kap. 9,17. Daher es heißet Gottes Wort, und eine Rede von Gott selbst eingegeben, weil es der Geist Gottes durch den Mund der Propheten geredet hat; und die heiligen Menschen Gottes haben geredet, getrieben von dem hei-ligen Geist, 1 Petr. 1,22. Welches denn ohne sonderliche Vereinigung Gottes und der Menschen nicht hat geschehen können; wie denn auch dasselbige kräftiglich dartut und beweiset, wie geschrieben stehet, dass die heiligen Propheten und Apostel mit dem heiligen Geist sein erfüllet worden, das Wort Gottes zu ver-kündigen, Luk. 1,70. Über das gehört auch zum wahren Trost, dadurch betrübte und zerschlagene Herzen aufgerichtet und lebendig gemacht werden, Gottes Hilfe und Gegenwart selber, welches der Prophet bezeuget, sagend, Jes. 57,15. Ich der Herr, der ich wohne bei denen, die zerschlagenes und demütiges Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten, und das Herz der Zer-schlagenen; ich will nicht immerdar hadern und nicht ewiglich zürnen, sondern es soll von meinem Angesicht ein Geist wehen, und ich will Odem machen. Daher kann der königliche Prophet David mit keinem Trost zufrieden sein, so er Gott selbst nicht hat und besitzet: Was soll mir, sagte er, der Himmel ohne dich, Ps. 73,25. Die Seelen der Gottesfürchtigen werden mit keinem Gut, als mit Gott selbst, gesättiget. Daher er Ps. 34,6. sagt: Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.

 

Gebet um die Liebe des göttlichen Worts. (Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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