DAS DRITTE KAPITEL. (5.B./3.T./3.K.)

 

VON DEM HEILIGEN GEIST, DEM WAHREN GOTT, 

VON SEINEN GABEN UND WOHLTATEN.

 

Inhalt.

1) Gott der heilige Geist, 2) dessen Amt ist, das erworbene Heil uns zuzueignen. 3) Wird in unsere Herzen ausgegossen, als der Geist Christi, des Vaters, der Kindschaft. 4) Dessen Gaben und Wohltaten sind 1. gemeine Gaben, 5) welche hier erzählt werden; 6) 2. sonderbare und außerordentliche Gaben. 7) Wird ge-zeigt, welches die besten Gaben des heiligen Geistes sind. 8) Der heilige Geist, unser innerlicher Lehrer, gibt uns göttliche Dinge zu betrachten. 9) Wirket auch selbst alle christliche Tugenden in uns. 10) Aus dessen Schule kommen rechte Gottesgelehrte, reine Lehre und heiliges Leben.

 

Der heilige Geist ist wahrer Gott, die dritte Person in der heiligen Dreieinigkeit, welcher vom Vater und Sohn ausgeht und gesandt wird, der da gibt Zeugnis von dem Herrn Christo, dem Sohn Gottes, dem wahren Messia, und rühmet ihn herr-lich, und erhebt und preist seine Person und Wohltaten.

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2. Der heilige Geist sammelt eine Gemeine unter dem einigen Haupt Christo, erneuert sie mit seinen Gaben, teilet ihnen Trost mit aus dem Verdienst des Herrn Christi, macht die Glieder des Herrn Christi lebendig, stärkt sie mit seiner Kraft, wiedergebieret sie, und bestätiget das geistliche Reich des Herrn Christi, in den Herzen der Gläubigen, er erleuchtet das Gemüt, reiniget die Herzen, und alles, was der Herr Christus im Fleisch unserthalben verrichtet hat, das schreibt er in unsere Herzen, damit es nicht außer uns bleibe, was inwendig im Herzen erfreuen und erquicken soll.

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3. Darum wird der heilige Geist in unsere Herzen ausgegossen, dass er in die-selbigen gießen möge des Herrn Christi Liebe, Verdienst, Wohltaten und Leben. Darum ist er Christi Geist, auf dass er alles, was Christi ist, uns zu eigen mache. Darum ist er des Vaters Geist, dass er Zeugnis gebe unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sein, wegen des eingebornen Sohns Gottes. Darum ist er ein Geist der Kindschaft, ein Pfand und Mahlschatz der Kinder Gottes und seiner Erben, und die Salbung, so von oben herab aus dem Himmel von Christo unserm Haupt gesandt ist, welcher alle Fülle des Geistes, nach dem Fleisch, von dem Vater empfangen hat, auf dass aus seiner Fülle die Glieder Christi teilhaftig würden, nach eines jeden Maß, wie es der heilige Geist, des Herrn Christi Haushalter, dispensieret und austeilet.

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4. Diese Salbung ist der Christen gewisses Merkzeichen; denn wer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein. Es sind aber die Gaben und Wohltaten des heiligen Geistes mancherlei: erstlich allgemeine Gaben, denn er ist ein Geist des Glaubens, der Weisheit, des Verstandes, des Rats, der Erkenntnis, der Stärke, der Kraft, der Furcht Gottes, der Liebe, der Hoffnung, der Gottesfurcht, der Sanftmut, der Demut, der Keuschheit, der Geduld, der Heiligung, der Gnaden und des Gebets, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Welcher aufhilft unserer Schwachheit, und uns mit unaufhörlichem Seufzen vertritt. Er ist ein Geist der Wahrheit, der Beständigkeit, des Trostes, er ist ein lebendiger und getreuer Zeuge Christi, ein Schatzmeister der Reichtümer Christi, ein Erneurer des Ebenbilds Gottes; als durch den Finger Gottes; er ist auch der Schlüssel und Ausleger der heiligen Schrift und der göttlichen Geheimnisse, er vergewissert uns, dass Gott wohne und bleibe in unsern Herzen.

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5. Es ist aber auch nötig und nützlich, dass wir diese Wirkungen und Bewegun-gen des heiligen Geistes mit innerlichen Gedanken des Herzens wohl erwägen. Denn er widersteht den fleischlichen Begierden, so bald er sich in uns reget. Er straft alles, was weltlich und fleischlich ist, und erwecket einen Ekel und Grauen vor derselben Eitelkeit. Er wirkt auch eine heimliche, jedoch selige Traurigkeit, wegen der begangenen Sünden. Er benimmt insonderheit alles Vertrauen und Ruhm der eigenen Werke, und legets alles auf unsern einigen Heiland und Seligmacher. Er löschet aus die unordentliche Liebe, da man die Welt und sich selbst liebt. Er drückt zu Boden die Hoffart, und macht uns eingedenk unser eigenen Schwachheit, und gibt nicht leicht zu, dass wir die Schwachheit unsers Nächsten fälschlich richten und übel auslegen. Er seufzet unaufhörlich in uns, und sehnet sich nach dem Himmlischen und Göttlichen und erneuert uns immer-dar zur Gleichförmigkeit des Ebenbildes unsers Herrn Jesu Christi. Denn zu gleicher Maßen, wie die Seele ist das Leben des Leibes, also ist der heilige Geist das Leben unserer Seele. Dies sind gemeine Gaben und Werke des heiligen Geistes in den Herzen der Gläubigen, welche er ohne Ansehen der Person mit-teilet den Gläubigen nach seinem Gefallen.

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6. 2) Die besondern Gaben aber beschreibet der Apostel Paulus, 1 Kor. 12,8. seq. Welche er nennet die Austeilung der Gnadengaben und Wirkungen, des-gleichen die Offenbarung des Geistes, welche geschiehet durch sonderbare Kraft des Geistes; als da sind die prophetischen Gaben, die verborgene Weisheit, die lebendige Wohlredenheit, die Gaben der mancherlei Sprachen, die Prüfung der Geister, die Wirkung der sonderbaren Heldentugenden, des Wunderglaubens, die Gabe der Gesundmachung. Und diesen Unterschied hat der Apostel ge-macht, da er spricht: 1 Kor. 12,28. seq. Eph. 4,11. Er hat in der Gemeine etliche erstlich zu Aposteln gesetzt, zum andern, etliche zu Propheten, zum dritten, etliche zu Evangelisten, zu Hirten und Lehrern. Darnach gedenket er, wie der heilige Geist gebe und austeile Kraft der Gesundmachung, Hilfe, mancherlei Sprachen, Auslegung der Sprachen. Sind sie alle Propheten? Sind sie alle Doktors? Sind es eitel Kräften? Haben sie alle die Gnade, Kranke zu heilen? Reden sie alle mit Zungen? Legen sie alle die Schrift aus? Und ein jeder trachte nach den besten Gaben.

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7. Das sind aber die besten Gaben, wenn der heilige Geist die süße Liebe Christi, und die geistliche Freude in den Herzen der Gläubigen ausgießt, leben-digen und kräftigen Trost darein senket, einen Geschmack der göttlichen Süßig-keit gibt, macht, dass wir das Wort, welches Gott zu unserm Herzen redet, innerlich fassen und begreifen können; davon der Prophet Jesaja 55,2. sagt: Höret mir doch zu, und esset das Gute, so wird eure Seele in Wollust fett werden, das ist im Überfluß des Trostes. Das ist die Lebendigmachung der zerknirschten und demütigen Herzen, welche geschieht durch den Geist, der da ausgehet von Gottes Angesicht, und Odem macht. Ich mache einen solchen Bund mit ihnen, spricht der Herr: mein Geist, der bei dir ist, und meine Worte, die ich in deinen Mund gelegt habe, sollen von deinem Munde nicht weichen, noch von dem Mun-de deines Samens und Kindeskind, Jes. 59,21.

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8. Nun ist noch übrig und hinterstellig, dass wir den Lehrer der Wahrheit, den heiligen Geist recht erkennen, und seine innerliche Lehre vernehmen, deren Fundament und Grund ist die Salbung, die uns alles lehret, 1 Joh. 2,20. Diese begreift die innerliche Erleuchtung des Zeugnisses, welches der heilige Geist unserm Geist gibt, dass wir Gottes Kinder sein. Insonderheit aber gibt er uns für zu betrachten die große Liebe des Herrn Christi, und die Größe seines Ver-dienstes. Er bestätiget auch den wunderbaren und beständigen Ratschluß unserer Wahl, welche in Christo geschehen ist, desgleichen die Versiegelung der Wahl, welche in Christo geschehen durch das Pfand und Mahlschatz des Geistes Gottes und Christi. Er führet uns auch aus, dass wir beschauen sollen die er-schaffenen Kreaturen, dass wir ansehen sollen die dienstbare Bestellung der heiligen Engel und himmlischen Wächter, dass wir betrachten sollen die wunder-bare Weisheit seiner Vorsehung, dass wir erwägen sollen die Schönheit des göttlichen Ebenbildes, dass wir die Häßlichkeit der Sünden beweinen, die Schwachheit unserer menschlichen Kräften erkennen, die scharfe Anklage des Gesetzes uns zu Gemüt führen, die evangelischen Gnadenverheissungen festig-lich glauben, die vollkommene Genugtuung für unsere Sünden wohl beherzigen sollen.

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9. Er treibt uns an zur Übung der Buße, zur Betrachtung der vollkommenen Rechtfertigung in Christo. Er beweget uns zur Freigebigkeit der guten Werke, zur Betrachtung des Gnadenbundes, welcher mit uns in der Taufe ist aufgerichtet. Er nötigt und beruft uns zu der allersüßesten und lebendigmachenden Speise des Abendmahls des Herrn, zur lieblichen Gemeinschaft der Kirche, zum süßen Gespräch des Gebets und der Danksagung, zur Erkenntnis der unermeßlichen Gnaden Gottes, zur Erkenntnis und Verleugnung unserer selbst. Er erwecket den Kampf zwischen dem Fleisch und Geist; er macht, dass wir beweinen unsere Schwachheit und das Elend des menschlichen Lebens. Er erwecket die Demut und Armut des Geistes, er erhält die Liebe, er vermehrt den Glauben, er stärkt die Hoffnung, er gibt Kraft der Geduld, er unterstützet die Stärke, zu tragen die Last des Kreuzes, er stößt die Anfechtung um, er reinigt die Herzen, er vereinigt mit Christo, er erneuert das Ebenbild Gottes, er wiedergebieret unser Herz und Sinne, er erwecket neue Bewegungen, er gießt in das Herz ein sehnliches Verlangen und Friede nach dem ewigen Leben, er verhütet den Betrug und die List des Teufels, er zwingt das Fleisch, er tröstet die Betrübten, er mäßiget die Traurigkeit, er lindert das Kreuz, er heilet die Schmerzen, er erweicht das harte Herz, er lehret die Eitelkeit der Welt verachten, er eignet uns zu die Gnade Gottes, er gibt einen Geschmack des ewigen Lebens, er ist ein gewisser und ungeschiedener Geleitsmann in das himmlische Vaterland.

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10. Damit wir nun diese Lehre mit der Tat und im Werke befinden mögen, so schaffet der heilige Geist eine gütige Einwilligung und Beipflichtung des Willens, ein andächtiges Herz, welches sich Gott ergibt, und allein in Gott und in dem Herrn Christo beruhet. Das aber sind rechte Gottesgelehrte, welche empfangen haben die Salbung, welche alles lehret. Darum bedürfen sie keines Disputierens, denn sie besitzen das Wesen der Wahrheit, und verstehen, was der Seligmacher spricht: Matth. 23,8. Einer ist euer Meister. Denn sie schöpfen von dem Herrn Christo allein, als aus dem Brunnen und Haupt aller göttlichen Fülle, Gaben, Kräfte, lebendige Lehre wahre Erleuchtung, Trost, Beständigkeit, Freude, und alle geistlichen Reichtümer. Diese Schule des heiligen Geistes hecket keine falsche Lehre aus, sondern gebiert einen geistlichen Leib, (dessen Haupt der Herr Christus allein ist) eine einige Braut und lieben Buhlen, welcher aus Christo und seinem Geist wiedergeboren ist, mit der Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi geziert, mit lebendiger Lehre und heilsamer Weisheit, durch den Geist Christi unterrichtet, einen unbezweifelten Erben des ewigen Lebens. Aus dieser Schule kommt Heiligkeit des Lebens, Werke, die da Gott lieb und dem Nächsten heilsam sind, welche vergeblich von den Menschen, die da mit dieser lebendigmachen-den Erkenntnis nicht begabt sind, erzwungen werden. Nämlich gute, süße Früch-te von den Waldbäumen, die noch neu gepfropfet und zahm geworden sind. Gott dem heiligen Geist, welcher ist unser bester Tröster, der lieblichste Lebendig-macher, der weiseste Regierer unsers Lebens, der treue Erleuchter, der künst-liche Baumeister des göttlichen Ebenbildes, unser gewisser Mahlschatz und Pfand, unser freundlicher Wiedergebärer, unser treuer Lehrer der Wahrheit, unser allerheiligster Vorbitter, unser süßester Tröster, unser freigebiger Geber der himmlischen Gaben, unser allersüßester Seelengast, dem sei Preis Lob und Ehre in alle Ewigkeit, Amen.

 

Ende des fünften Buchs.

 

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