DER ANDERE TEIL DES VIERTEN BUCHS.

 

VON DEM MENSCHEN INSONDERHEIT.

 

DAS ERSTE KAPITEL. (4.B./2.T./1.K.)

 

AUS DER SCHÖPFUNG ALLER DINGE WIRD GESCHLOSSEN,

DASS GOTT EIN EWIGES WESEN SEI, OHNE ANFANG UND ENDE,

DASS ER UNENDLICH SEI, DASS ER ALLMÄCHTIG SEI,

DASS ER EINES UNENDLICHEN VERSTANDES UND WEISHEIT SEI.

 

Inhalt.

1) Gott ist ein Ursprung alles Wesens und Lebens der Kreaturen; und daher ein unendliches Wesen und Leben. 2) Von unermeßlicher ewiger Weisheit und Ver-stand, 3) nach welcher er von Ewigkeit her alles zugleich weiß. Von dessen un-endlicher Macht und Gewalt.

 

Siehe, du hast Himmel und Erde gemacht durch deine große Kraft und durch deinen ausgestreckten Arm, und ist vor dir kein Ding unmöglich. Herr Zebaoth ist dein Name, groß von Rat und mächtig von Tat, Jer. 32,17.19. Gott hat alles Wesen geschaffen, dass es im Wesen sein sollte,

B. Weish. 1,14.

 

Gott ist ein Ursprung des Wesens und Lebens aller Kreaturen, und hat denselben allen ihr Wesen gegeben und erschaffen. Derohalben so ist er vor dem Anfang aller Kreaturen gewesen ein ewiges Wesen und Leben. Denn sonst hätte er nicht das Wesen und Leben allen Kreaturen geben können. Daraus folgt nun, dass Gott das ewige Leben selbst ist. Insonderheit aber wird aus des Menschen Ge-müt und Gedanken geschlossen, dass Gott unendlich ist. Denn es begreift des Menschen Gemüt im Augenblick Himmel und Erde. Die Sonne hat zwar so einen geschwinden Lauf, dass sie den großen Himmel in 24 Stunden umläuft; des Menschen Gemüt aber tut es im Augenblick, und begreift alle Kreaturen in sich. Daraus folgt nun, dass Gott vielmehr alle Dinge begreift und beschließt, und demnach unendlich ist.

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2. Was nun Gott ist, dass ist er wesentlich. Er ist unendlich, darum ist er ein un-endliches Wesen, und ist auch ein unendliches Leben. Denn sein Wesen und Leben sind nicht geschieden. Weil aber Gott auch des Menschen Seele mit Ver-stand und Weisheit geschmückt hat; so muß er vielmehr von einer unermeß-lichen Weisheit und Verstand sein, und nachdem alles in Gott wesentlich und ewig ist, so muß auch sein Verstand und Weisheit ewig und unendlich sein. Denn seine Weisheit ist nicht geschieden von seinem unendlichen Wesen; sintemal alles in Gott die höchste unzertrennliche Ewigkeit ist. Derohalben so muß seine Weisheit ja sowohl unendlich und ewig sein, als sein Wesen und Leben.

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3. Weil nun seine Weisheit ewig und unendlich ist, so hat er auch alles von Ewig-keit her gewußt. Und gleichwie sein Wesen unwandelbar und unbeweglich ist, und nicht von einem Ort zum andern bewegt werden darf, also ist auch sein Ver-stand; derselbe darf nicht von einer Kreatur zur andern laufen, und einen Diskurs halten, wie wir Menschen in unserm Verstande. Darum versteht und weiß Gott alle Dinge auf einmal zugleich, und ist in seinem Verstande weder Vergangenes noch Zukünftiges, sondern alles ein Gegenwärtiges. Denn wie Gott nichts bedarf zu seinem Wesen, also bedarf er auch keiner Kreatur zu seinem Verstande. Denn wie er von ihm selbst ist, also versteht er auch von ihm selbst. Und wie er alles in seinem unendlichen Wesen beschließt, also begreift er alles mit seinem unendlichen Verstande zugleich auf einmal. Darum ist ihm unverborgen, wie viel Sand am Meer, wie viel Tropfen im Regen, Sir. 1,2. Darum kann kein Vogel auf die Erde, kein Haar von unserm Haupte fallen ohne ihn, Matth. 10,29.30. Er weiß die Tage der Welt, alle Stunden und Augenblicke der Zeit, und ihre Änderung, und ist ihm nichts verborgen, was in der Zeit unter dem Himmel befindlich ist. Denn was durch seine Allmacht erschaffen ist, das ist in seinem unendlichen Verstande begriffen, auch alle Worte und Gedanken der Menschen, und alle ihre Werke, Ps. 139,2. seq.

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4. Also ist es auch mit seiner Macht und Gewalt. Wie sein Wesen, sein Leben, seine Weisheit unendlich und ewig ist; also auch seine Macht und Gewalt. Und gleichwie man nichts zu seinem Wesen tun kann, also auch nichts zu seiner All-macht. Und gleichwie man sein unendliches Wesen nicht kann teilen, also kann man auch nichts von seiner Allmacht hinweg nehmen. Und weil auch seine Ge-walt keine Kreatur hindern kann, darum ist er allmächtig. Und das alles darum, weil sein Wesen, Leben, Weisheit, Gewalt nicht können geschieden werden.

 

Gebet um rechte Erkenntnis Gottes.

 

O du wesentlicher Gott! der du allen Dingen ihr Wesen und Leben gegeben hast, dass sie in dir leben, weben und sind. Ach laß auch mich in dir, als dem rechten Wesen, allezeit sein und bleiben, durch Christum Jesum, in welchem ein recht-schaffenes Wesen ist, Amen.

 

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