DAS VIERUNDFÜNFZIGSTE KAPITEL. (2.B./54.K.)

 

TROST WIDER DIE INNERLICHE, HEIMLICHE,

VERBORGENE ANFECHTUNG DES LEIDIGEN SATANS

DURCH BÖSE, LÄSTERLICHE, HERZPLAGENDE,

UNRUHIGE, ÄNGSTLICHE GEDANKEN.

 

Inhalt.

1) Satan, der Menschenfeind läßt keinen unversucht. 2) Unter andern plaget er den Menschen mit bösen lästerlichen Gedanken, dawider tröstet uns 1. Christi Mitleiden. 3) 2. Das dem Teufel gesetzte Ziel. 4) 3. Christi Fürbitte für die Ange-fochtenen. 5) 4. Christi gnädige Gegenwart und Einwohnung. 6) 5. Die Ver-sicherung, dass unser Glaube nicht soll aufhören. 7) 6. Christi Sieg über den Teufel, welches unser Sieg ist. 8) 7. Die Exempel der angefochtenen Heiligen. 9) 8. Das Exempel Christi selbst.

 

Siehe, der Satan hat euer begehret, dass er euch möchte sichten, wie den Weizen; ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre, und wenn du dermaleinst bekehret wirst, so stärke deine Brüder.

Luk. 22,31.32.

 

Was der Satan für ein grimmiger abgesagter Menschenfeind sei, bezeuget nicht allein Gottes Wort an vielen Orten, als 1 Petr. 5,8. Seid nüchtern und wachet, denn euer Widersacher, der Teufel, gehet umher, wie ein brüllender Löwe, und suchet, welchen er verschlinge, Eph. 6,12. und Offenb. 12,12. Wehe euch, die ihr auf Erden wohnet, und auf dem Meer, denn der Teufel kommt zu euch hinab, und hat einen großen Zorn, und weiß, dass er wenig Zeit hat; und die Historie des heiligen Hiobs; sondern die tägliche Erfahrung stellt es einem jeden vor Augen in so vielen schrecklichen und erbärmlichen Exempeln und Fällen, ja in so man-cherlei hohen und gefährlichen Anfechtungen, mit welchen manches fromme Herz geängstet und gequälet wird, auf so wunderbare, mancherlei unerhörte Weise, dass sich niemand davor hüten kann. Bald versucht er unsern Glauben, bald unsern Beruf, bald ficht er unser Gebet an; welches uns alles vorgebildet wird in der Versuchung Christi, Matth. 4,3. seq. Daraus wir abnehmen können, dass es der Satan nicht läßt, er versucht alle Menschen, keinen ausgenommen. Denn so er unser Haupt, den Herrn Christum, nicht unversucht gelassen, wie sollte er doch einen einigen Menschen unversucht lassen? Davor uns der Herr warnet: Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallet, Matth. 26,41.

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2. Unter andern Anfechtungen aber hat der Satan auch diese, dass er den Menschen mit bösen, lästerlichen, schändlichen, unruhigen Gedanken plaget, dadurch er das Herz ängstet, martert und quälet, dass es nimmer froh kann werden. Und solche böse Gedanken sind so geschwinde, so heftig und giftig, dass man nicht einen Augenblick davor Friede hat. Darum sie St. Paulus nennet feurige Pfeile des Bösewichts, Eph. 6,16. d. i. gleichwie ein öffentlicher Feind eine Stadt mit Feuer ängstet, also ängstet der Satan das Herz mit solchen höllischen Gedanken. Und gleichwie ein vergifteter Pfeil einem schmerzliche Wunden macht und unleidliche Wehetage, also machen die feurigen Pfeile des Teufels solche Angst und heimlich Schmerzen der Seele, die kein Mensch aussprechen kann, dagegen alle Leibesschmerzen, ja alles Unglück nichts zu rechnen ist. Wider solche heimliche innerliche Anfechtung, daraus große Seelen-angst entstehet, wollen wir nun etliche Trostgründe aus Gottes Wort anhören. Erstlich, so redet der Herr diese Worte: Siehe, der Satan hat euer begehret, gar pathetisch aus, d. i. durch ein herzliches Mitleiden, und beklaget dadurch unser Elend mitleidentlich; darum ist das gewiß, dass solche Anfechtungen keine Zeichen sind des Zorns Gottes und Ungnade über den Menschen, dass uns Gott dadurch wolle verderben lassen, und dem Satan übergeben; sondern es ist eine scharfe Zuchtrute, dadurch Gott der Herr den Menschen demütiget, wie das Exempel St. Petri bezeuget, dass seine Vermessenheit zu seiner schweren Ver-suchung und Fall Ursache gegeben. Und St. Paulus spricht: 2 Kor. 12,7. seq. Damit ich mich nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlägt, dafür ich dreimal den Herrn geflehet, dass er von mir wiche; aber er hat zu mir gesagt: Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Dieser Spruch St. Pauli lehret uns dreierlei: 1) dass St. Paulus, und alle die, so angefochten wer-den, durch solche Schläge des Satans gedemütiget werden; 2) dass es durch Gottes Rat geschehe; 3) dass gleichwohl ein solcher angefochtener Mensch bei Gott in Gnaden sei, ob ihn gleich der Teufel noch so sehr anficht, wie der Herr hie spricht: Laß dir an meiner Gnade genügen.

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3. Den andern Trost gibt uns der Herr mit diesen Worten: Der Satan hat euer begehret. Da hören wir, dass der böse Feind wohl begehret seine feurigen Pfeile mit Haufen wider uns auszuschießen; aber er darf nicht, es wird ihm nicht allezeit zugelassen, er muß erst Gott darum fragen. Und wenn es ihm Gott gleich erlaubt, so setzt er ihm doch ein Ziel, und hält ihn wie einen Kettenhund. Darum St. Paulus sagt, 1 Kor. 10,13. Gott ist getreu, der euch nicht lässet versuchen über euer Vermögen. Da spricht St. Paulus: Gott läßt es dem Satan nicht zu, er ist getreu. Solches bezeuget das Exempel Hiobs, da der Satan sprach: Erlaube mir. Gott setzte ihm aber ein gewisses Ziel, Hiob 1,12.

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4. Den dritten Trost gibt uns der Herr, da er spricht: Ich aber habe für dich gebe-ten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Wie der Herr für uns gebeten habe, be-zeuget das 17. Kapitel Johannis, da er seine Gläubigen hoch und teuer seinem himmlischen Vater befiehlt, dass er sie bewahre vor dem Argen, und dass der Vater in ihnen und sie in ihm bleiben mögen, dass er ja keinen möge verlieren von denen, so ihm Gott gegeben hat. Dies Gebet wird alle angefochtenen, be-trübten Herzen erhalten, dass sie durch den Glauben in Christo bleiben, und Christus in ihnen, auch durch den Glauben den Sieg behalten und überwinden.

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5. Den vierten Trost gibt uns der schöne Spruch, Joh. 17,21. wie der Herr für uns gebeten, und was er von Gott erbeten, nämlich, dass wir in Christo, und Christus in uns bleiben möge. Nun spricht St. Johannes 1 Epist. 4,4. Der in euch ist, ist größer, denn der in der Welt ist. In einem jeden Christen wohnet Christus durch den Glauben. Dieser herrliche Gast ist gleichwohl bei dir, und wohnet in deiner Seele, wenn dich gleich der Satan noch so heftig anficht. Mußte doch der Herr Christus selbst leiden, dass er vom Teufel versucht wurde, und war doch Gott in ihm, d. i. die ganze Fülle der Gottheit wohnete in ihm leibhaftig und persönlich, Kol. 2,9. Derohalben darfst du nicht gedenken, dass darum der Herr Christus nicht in dir sei, ob du gleich versucht wirst. Hast du nun den Herrn Christum bei dir, so laß den Satan immerhin stürmen, Christus wird sein Haus und Wohnung wohl erhalten. So ist auch der heilige Geist bei dir, welcher deiner Schwachheit hilft, und vertritt dich bei Gott mit unaussprechlichem Seufzen, Röm. 8,26. wel-ches Seufzen du ja in deinem Herzen empfindest, und damit überzeugt wirst, dass der heilige Geist in dir ist, der auch nicht von dir weichen wird, wie der Herr spricht, Joh. 14,16. Ich will euch einen andern Tröster geben, der bei euch blei-ben soll ewiglich. So hat auch Gott gesagt, dass er in den betrübten Herzen wohne. Kein betrübteres Herz kann auf Erden sein, als ein solches Herz, so vom Teufel angefochten wird. Ich sehe an den Elenden, spricht Gott der Herr, Jes. 57,15. Kap. 66,2. Dies ist aber ein rechter Elender.

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6. Den fünften Trost gibt uns das Wort: Dass dein Glaube nicht aufhöre. Ach! wie ist uns dies ein großer Trost, dass uns der Herr hie vertröstet, unser Glaube solle nicht aufhören, es solle allezeit noch ein Fünklein des Glaubens bleiben, das glimmende Döchtlein soll nicht gar verlöschen, Jes. 42,3. ob es gleich noch in so großer Schwachheit zugehet, dass wir oft denken, der Glaube sei gar erloschen, weil wir keinen Trost empfinden können; dennoch soll der Glaube nicht aufhören, spricht der Herr. Ja, sprichst du, woran soll ich das merken? 1) An deinem Ver-langen nach dem Glauben; denn gerne wollen glauben, und ein Verlangen haben nach dem Glauben, das ist das wahrhaftige lebendige Fünklein des Glaubens. 2) Merkest du, dass du in deinen hohen Anfechtungen den Glauben noch hast, an deinem Kampf und Streit mit den Anfechtungen, wenn du mit ihnen kämpfest, denn wo der Kampf und Streit ist, da ist auch der Glaube; den Kampf aber und Streit merkest du daran, dass dir solche Anfechtung und böse lästerliche Ge-danken wider deinen Willen widerfahren, und tut dir so wehe, als wenn man dich mit Fäusten schlüge. Was nun wider des Menschen Willen geschieht, das ist der Kampf des Glaubens, das rechnet dir Gott nicht zur Sünde. Denn das ist allein verdammliche Sünde, darein der Mensch williget. Der böse Wille beflecket des Menschen Seele. Hätte Adam nicht gewilliget in des Teufels Eingeben, so wäre er rein geblieben von allen Sünden; so bald er aber seinen Willen in des Teufels Willen gab, da fiel er in die Sünde. Also ist das keine Sünde, was der Mensch wider seinen Willen leiden muß. Wenn der Feind, so vor der Stadt liegt, Feuer hinein schießt, das muß man zwar leiden, aber gleichwohl zusehen, dass man es lösche, so viel man kann; also können wir arme Menschen dem Satan nicht wehren, dass er nicht seine feurigen Pfeile in unser Herz schießt; aber weil wir nicht darein willigen, sondern widerstreben denselben, so müssen sie endlich verlöschen, und können uns nicht schaden. Da sehen wir denn, dass unser Glau-be nicht aufhöre.

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7. So nun unser Glaube nicht soll aufhören, so muß endlich der Sieg folgen, der-selbe gibt uns den sechsten Trost, nach dem herrlichen Spruch, Joh. 14,30. Siehe, es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir. Kap. 16,3. seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Alles, was Christus getan hat, das hat er uns zu Gute getan, denn er ist unser mit allem seinem Verdienst und Wohltaten. Darum, weil er den Satan überwunden hat, so hat er ihn nicht allein für seine Person überwunden, sondern für uns alle, wie solches das Vorbild des Streits Davids mit dem Goliath bezeuget, 1 Sam. 17,1. seq. Welcher Streit zu dem Ende angefangen war, dass, wenn Goliath den Sieg erhalten würde, und David schla-gen, so sollten alle Kinder Israel der Philister Knechte sein; würde aber der David den Goliath schlagen, so sollten alle Philister Israels Knechte sein. Gleichwie nun Davids Sieg für das ganze Volk galt, also gilt Christi Sieg und Überwindung allen Gläubigen. Darum ist Christi Sieg unser Sieg, wie St. Paulus spricht, Eph. 6,10. Seid stark in dem Herrn, und in der Macht seiner Stärke etc. Item: 1 Kor. 15,57. Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat, durch unsern Herrn Jesum Christum.

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8. Den siebenten Trost geben uns die Heiligen, die auch heftig vom Teufel ange-fochten worden, davon der Herr hie spricht: und wenn du dermaleinst bekehret wirst, so stärke deine Brüder. Damit weiset uns der Herr auf die Exempel unserer Mitbrüder, so auch vom Satan angefochten werden. Darum sagt St. Petrus, 1 Petr. 5,9. Wisset, dass eure Brüder in der Welt eben dasselbige Leiden haben.

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9. Und letztlich das Exempel unsers Herrn Jesu Christi soll uns billig trösten. Matth. 4,1. seq. Der war Gottes liebstes Kind, dennoch ließ ihn Gott aufs Höchste vom Satan versucht werden, also dass ihn auch der Satan mit sich geführet, und nach seinem Mutwillen mit ihm gehandelt, welches kein Mensch begreifen kann, dass der Satan so viel Gewalt haben soll. Aber es ist der Stand der Erniedrigung Christi gewesen, da er sich seiner göttlichen Majestät geäußert, auf dass er als ein Mensch könnte versucht, und seinen Brüdern gleich werden. Das Exempel Hiobs, das Exempel St. Pauli soll uns auch trösten etc.

 

Gebet wider die Anfechtung des Satans. (Siehe im Paradiesgärtlein.)

 

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