DAS DREIZEHNTE KAPITEL. (1.B./13.K.)

 

UM DER LIEBE CHRISTI WILLEN, UND UM DER EWIGEN ZUKÜNFTIGEN HERRLICHKEIT WILLEN, DAZU WIR ERSCHAFFEN UND ERLÖSET SEIN, SOLL EIN CHRIST SICH SELBER, UND AUCH DER WELT GERNE ABSTERBEN.

 

Inhalt.

1) Aus Liebe zu Christo soll man sich und der Welt absterben. 2) Diese Liebe wird alles leicht machen. 3) 4) 5) Das siehet man an Mose, Daniel und Paulo. 6) 7) Ein Christ soll täglich bitten, dass er sich selbst und der Welt möge absterben. 8) Das ist dem Fleisch ein bitteres Kreuz, und die Welt hasset solche. 9) Sie wirft sie, wie das Meer die Toten, aus. 10) Christus aber erkennet sie für die Seinen. 11) Mit wem man hier vereinigt ist, mit dem bleibt man auch dort vereiniget. 12) Wer sich selbst abgestorben, kann auch leicht der Welt absterben. 13) Denn Weltliebe gehört zur alten Kreatur; 14) Gottes Bild aber ist des Menschen höchste Ehre. 15) 16) Der Mensch ist nicht zu diesem, sondern zu einem viel höhern Leben, zum Reich Gottes erschaffen, erlöset und wiedergeboren. 17) Der Mensch ist, um des Bildes Gottes willen, die edelste Kreatur. 18) Darum ists ja Torheit, seine Seele fürs Zeitliche hinzugeben.

 

Ihr wisset die Gnade unsers Herrn Jesu Christi, welcher, ob er wohl reich war, ist er doch arm um euretwillen worden, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet. 2 Kor. 8,9.

 

Um deines Herrn Christi willen sollst du billig dir selber, deinen Sünden und der Welt absterben, Gutes tun, und ein göttlich, heiliges Leben führen; nicht zwar darum, dass du etwas damit verdienen wolltest, Christus hat dir alles verdienet, sondern nur aus lauter Liebe zu Christo, weil er für dich gestorben ist.

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2. Hast du Christum lieb, so liebe ihn nicht mit der Zunge, sondern mit der Tat und Wahrheit; hast du ihn lieb, so halte sein Wort. Wer mich liebet, spricht der Herr, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen, Joh. 14,23. Und das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer, 1 Joh. 3,3. Und der Herr selbst spricht, Matth. 11,30. Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht, das ist, einem rechten Liebhaber Christi ist es eine wahre Lust und Freude, Gutes zu tun. Die Liebe macht alles leicht. Wer aber Christum nicht recht lieb hat, der tut alles mit Verdruss und Unmut, und wird ihm schwer, Gutes zu tun; einem rechten Liebhaber Christi ist auch der Tod um Christi willen eine Freude. Denn uns ist gegeben, nicht allein an ihn zu glauben, sondern mit ihm zu leiden und zu sterben, Phil. 1,29.

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3. Sehet Mosen an, von welchem die Epistel Heb. 11,24-26. zeuget: Durch den Glauben wollte Moses, da er groß ward, nicht mehr heißen ein Sohn der Tochter Pharao, und erwählte viel lieber mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünden zu haben, und achtete die Schmach Christi für größern Reichtum, denn die Schätze Ägyptens.

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4. Sehet den Daniel an, Dan. 1,8. denselben erwählte der König zu Babel neben seinen Gesellen unter den Gefangenen zu Babel, dass sie seine Diener werden sollten, und ließ sie von seinem Tische speisen, und gab ihnen von dem Wein, den er trank, ließ sie erziehen, bis dass sie tüchtig wurden zu des Königs Diensten; aber Daniel und seine Gesellen baten des Königes Kämmerer, er wollte sie verschonen mit der köstlichen Speise von des Königs Tische, und wollte ihnen Zugemüse zu essen und Wasser zu trinken geben. Das taten sie aus Liebe zur Weisheit, auf dass die Weisheit von oben herab in ihre Seele käme. Also mußt du dich der Wollust des Fleisches entschlagen, die da ist als eine niedliche Speise, wenn Christus, die ewige Weisheit, in deine Seele kom-men soll. Und gleichwie die Knaben schön wurden, da sie mäßig lebten, Zuge-müse aßen, und Wasser tranken; also wird deine Seele schöner werden vor Gott, ja der göttlichen Natur teilhaftig werden, wirst du die Sünde und die fleischlichen Lüste meiden, 2 Petr. 1,4.

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5. St. Paulus spricht, Gal. 6,14. Durch Christum ist mir die Welt gekreuzigt worden und ich der Welt, das ist, ich bin der Welt abgestorben, und die Welt ist in mir wieder abgestorben. Also ist ein Christ wohl in der Welt, aber nicht von der Welt. Er lebet wohl in der Welt, aber er liebet sie nicht. Der Welt Pracht, Ehre, Ansehen, Herrlichkeit, Augenlust, Fleischeslust, hoffärtiges Leben ist den Christen wie ein totes Ding, ein Schatten, sie achten es nicht. Also ist ihnen die Welt gekreuzigt und gestorben, und sie sind der Welt wieder gekreuzigt und gestorben, das ist, sie begehren keine weltliche Ehre, Reichtum, Lust und Freu-de.

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6. Das ist ein seliges Herz, dem Gott diese Gnade gibt, dass es keine weltliche Ehre, Reichtum und Wollust begehret. Und darum sollte ein jeder Christ täglich bitten, dass ihm Gott diese Gnade geben wollte, dass er keine weltliche Ehre, Reichtum, und Wollust möge begehren.

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7. Salomon, der weise König, spricht, Spr. 30,7.8. Zweierlei bitte ich von dir, die wollest du mir nicht weigern, ehe denn ich sterbe: Abgötterei und Lügen laß ferne von mir sein; Armut und Reichtum gib mir nicht, sondern laß mich mein beschei-den Teil dahin nehmen. Aber ein Christ soll auch also beten und sprechen: Zwei-erlei bitte ich von dir, dass ich mir selber möge absterben, und der Welt. Denn ohne diese kann kein wahrer Christ sein, sondern es ist falsches Werk, zu wel-chen Heuchlern der Herr sagen wird, Matth. 7,23. Kap. 25,12. Ich kenne euer nicht.

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8. Wiewohl nun dieses dem Fleisch ein bitteres Kreuz ist, nämlich sich selbst und der Welt absterben, sich der Welt verzeihen, auf dass man den Himmel erbe; so überwindet es doch der Geist und die Liebe Christi alles, es wird dem Geist ein sanftes Joch und eine leichte Last. Und wiewohl die Welt solche Leute, die der Welt abgestorben sein, hasset, so liebt sie doch Gott. Denn der Welt Feindschaft ist Gottes Freundschaft, und hinwieder der Welt Freundschaft ist Gottes Feind-schaft. Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein, Jak. 4,4. Wie auch der Herr selbst spricht, Joh. 15,18. Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; nun ich euch aber von der Welt erwählet habe, hasset euch die Welt.

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9. Die Welt ist wie das Meer, dasselbe leidet nur in sich, was lebendig ist, alles, was tot und gestorben ist, wirft es aus; also, wer der Welt abgestorben ist, den wirft sie aus, die Andern, so ein ansehnliches, prächtiges und herrliches Leben führen können, das sind der Welt liebe Kinder.

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10. Summa: wer es dahin gebracht hat, dass in seinem Herzen alle Hoffart, Geiz, Wollust, Zorn, Rachgier gestorben ist, dem ist die Welt gestorben, und er der Welt, und der fängt erst an, in Christo zu leben, und Christus in ihm. Die erkennet Christus für die Seinen; zu den andern spricht er: Ich kenne euch nicht; Ursache, denn ihr kennet mich nicht, ihr habt euch in eurem Leben meiner geschämet, dass ist, meiner Demut, Sanftmut, Geduld, darum schäme ich mich eurer wieder; Mark. 8,38. Summa, wer mit Christo hier nicht lebet in der Zeit, der wird mit ihm dort nicht leben in der Ewigkeit. In welchem Christus hie nicht lebet, in dem wird er dort auch nicht leben. Wessen Leben Christus hie nicht ist, dessen Seligkeit wird er dort auch nicht sein.

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11. Siehe darauf, mit wem sich hie dein Leben am meisten vergleichet und ver-einiget, mit Christo oder mit dem Teufel, mit demselben wirst du auch vereiniget bleiben nach dem Tode in Ewigkeit.

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12. Wer sich nun selbst also abgestorben ist, der kann auch nachher leicht der Welt absterben. Der Welt aber absterben, heißt: die Welt nicht lieb haben, noch alles, was in der Welt ist, wie St. Johannes spricht: Wer die Welt lieb hat, ist nicht von Gott, 1 Joh. 2,15. Denn was sollte dem die Welt, der in seinem Herzen der Welt abgestorben ist? Und wer die Welt lieb hat, wird leichtlich von der Welt über-wunden, wie Simson von der Delila, Richt. 16,6. und muß das alles leiden, was die Welt für Herzeleid mit sich bringet.

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13. So gehöret auch die Weltliebe zu der alten Kreatur, nicht zu der neuen Ge-burt. Denn die Welt hat nichts als Ehre, Reichtum und Wollust, oder Fleisches-lust, Augenlust, hoffärtiges Leben, darinnen erfreuet sich der alte Mensch; der neue Mensch aber hat seine Freude allein in Christo, der ist seine Ehre, Reich-tum und Lust.

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14. Gottes Bild durch Christum erneuert, ist des Menschen höchste Zierde und Ehre, darnach sollen wir fürnehmlich streben. Sollte dich der liebe Gott nicht besser erfreuen können, als die verdorbene Kreatur? sagt Taulerus.

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15. So befindet sich auch in Gottes Wort, dass nicht der Mensch um der Welt willen, sondern die Welt um des Menschen willen geschaffen sei. Ja, dass der Mensch zu einem viel höhern Leben und Wohnung geschaffen sei, nicht um köstlichen Essens und Trinkens willen, nicht um großen Reichtums, vieler Städte und Dörfer willen, nicht um vieler Äcker und Wiesen willen, nicht um Pracht und köstlicher Kleidung willen, nicht um Gold und Silber, noch einigen vergänglichen, zeitlichen Dinges willen, es scheine so gut und köstlich, als es wolle, oder dass er ein Besitzer und Erbe des Erdbodens sein solle, darauf seine Lust, Ergötzung, Freude und Paradies haben, und nichts mehr wissen und hoffen, als was man mit den viehischen Augen siehet; nein, wahrlich, darum ist der Mensch nicht geschaffen, darum ist er nicht in der Welt, denn er muß wieder heraus, und kann nicht darinnen bleiben. Und ob wir schon mit Haufen in diese Welt geboren wer-den, so nimmt uns doch der Tod mit Haufen wiederum hinweg, und treibt uns heraus, läßt uns nicht ein Stäublein mitnehmen, ob wir noch so reich sein.

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16. Das ist ja ein großer, augenscheinlicher Beweis, dass wir zu diesem Leben nicht geschaffen sein, und diese Welt nicht sei der vornehmste Endzweck unserer Erschaffung, sonst würden wir wohl darinnen bleiben; darum muß ja ein anderer herrlicherer Endzweck unserer Erschaffung sein. Das zeiget unser Ursprung an, welcher Gott selbst ist, und das göttliche Bildnis, welches wir tragen in Christo, und zu welchem wir erneuert sein. Denn dasselbige bezeuget, dass wir fürnehmlich zu dem Reich Gottes geschaffen sein, und zum ewigen Leben, dazu sind wir auch von Christo erlöset, und durch den heiligen Geist wieder ge-boren.

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17. Sollte nun ein Mensch sein Herz an diese Welt hängen, und seine edle Seele mit dem Zeitlichen beschweren, da doch eines Menschen Seele viel edler und besser ist, als die ganze Welt? Denn der Mensch ist die edelste Kreatur, weil er trägt das Bildnis Gottes in Christo, und dazu erneuert ist. Darum, wie vorhin gesagt, der Mensch nicht um der Welt willen, sondern die Welt um des Men-schen willen geschaffen ist, weil er trägt das Bildnis Gottes in Christo, welches so edel ist, dass die ganze Welt mit allem ihrem Reichtum, und alle Menschen mit allen ihren Kräften und Vermögen, nicht vermocht haben, eine Seele wieder zu bringen, noch wieder aufzurichten das Bild Gottes; denn dafür hat Christus sterben müssen, auf dass im Menschen das verblichene und erstorbene Bild Gottes wiederum erneuert würde durch den heiligen Geist, damit der Mensch wiederum würde Gottes Haus und Wohnung in Ewigkeit.

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18. Sollte ich nun meine Seele, die Christus so teuer erkauft, für eine Hand voll Gold und Silber geben, für dieser Welt Reichtum, Ehre und Lust? Dass heißt wahrlich die Perle in den Kot und vor die Schweine geworfen, Matth. 7,6. Das meinet der Herr, da er spricht: was hülf’s dem Menschen, wenn er die ganze Welt hätte, und verlöre seine Seele, das ist, sich selbst, Matth. 16,26. Die ganze Welt kann mit all ihrer Herrlichkeit nicht einer Seele helfen; denn die Seele ist unsterb-lich, die Welt aber ist vergänglich.

 

Gebet um rechten Gebrauch der Welt.

 

Weil du mich, mein Gott und Heiland! nicht mit vergänglichem Gold oder Silber, sondern mit deinem teuern Blut von dem eiteln Wandel, nach dem Lauf dieser Welt, und väterlicher Weise der alten Gewohnheiten und Sündlichkeiten, erlöset hast, so gib mir auch durch deinen Geist, dass ich nicht lieb habe die Welt, noch was in der Welt ist, sondern mir die Welt gekreuziget seie, und ich der Welt, dieselbe samt aller ihrer vergänglichen Lust und zeitlichen Ergötzung der Sünde für nichts achte, sondern deine Liebe mich also dringen lasse, dass ich dir einzig und allein lebe, dir sterbe, dein sei und bleibe, tot und lebendig, Amen.

 

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