Luther - Heiliger Geist

 

Der große Katechismus Dr. Martin Luthers

nach der Fassung des deutschen Konkordienbuches ( Dresden 1580 )

 

Im Großen Katechismus gibt Luther einen knappen Überblick der Lehre vom Heiligen Geist:

 

Der Dritte Artikel

Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige, christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben. Amen

 

Diesen Artikel kann ich nicht besser erörtern denn, wie gesagt, von der Heiligung, dass dadurch der heilige Geist mit seinem Amt ausgedrückt und abgemalt werde, nämlich dass er heilig macht. Darum müssen wir fußen auf dem Wort HEILIGER GEIST, weil es so kurz gefasst ist, dass man kein anderes haben kann. Denn es sind sonst mancherlei Geister in der Schrift, als Menschengeist, himmlische Geister und böse Geister. Aber Gottes Geist heißt allein ein heiliger Geist, das ist, der uns geheiligt hat und noch heiligt. Denn wie der Vater ein Schöpfer, der Sohn ein Erlöser heißt, so soll auch der heilige Geist von seinem Werk ein Heiliger oder Heiligmacher heißen. Wie geht aber solches Heiligen zu? Antwort: Gleichwie der Sohn die Herrschaft überkommt, dadurch er uns gewinnt durch seine Geburt, Sterben und Auferstehen etc., also richtet der heilige Geist die Heiligung aus durch die folgenden Stücke, das ist durch die Gemeinde der Heiligen oder christliche Kirche, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben, das ist, dass er uns ernstlich führt in seine heilige Gemeinde und in der Kirche Schoß legt, dadurch er uns predigt und zu Christo bringt. Denn weder du noch ich könnten nimmermehr etwas von Christo wissen noch an ihn glauben und zum Herrn kriegen, wo es nicht durch die Predigt des Evangelii von dem heiligen Geist würde angetragen und uns in den Busen geschenkt. Das Werk ist geschehen und ausgerichtet, denn Christus hat uns den Schatz erworben und gewonnen durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen etc. Aber wenn das Werk verborgen bliebe, dass niemand wüsste, so wäre es umsonst und verloren. Dass nun solcher Schatz nicht begraben bliebe, sondern angelegt und genossen würde, hat Gott das Wort ausgehen und verkünden lassen, darin den heiligen Geist gegeben, uns solchen Schatz und Erlösung heimzubringen und zuzueignen. Darum ist das Heiligen nicht anders denn zu dem HERRN Christo bringen, solches Gut zu empfangen, dazu wir von uns selbst nicht kommen könnten. So lerne denn diesen Artikel aufs deutlichste verstehen. Wenn man fragt: Was meinst du mit den Worten: ich glaube an den heiligen Geist? dass du könntest antworten: Ich glaube, dass mich der heilige Geist heilig macht, wie sein Name ist. Womit tut er aber solches, oder was ist seine Weise und Mittel dazu? Antwort: durch die christliche Kirche, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben. Denn zum ersten hat er eine sonderliche Gemeinde in der Welt, welche ist die Mutter, so einen jeglichen Christen zeugt und trägt durch das Wort Gottes, welches er offenbart und treibt, die Herzen erleuchtet und anzündet, dass sie es fassen, annehmen, daran hangen und dabei bleiben. Denn wo ers nicht predigen lässt und im Herzen erweckt, dass mans fasst, da ists verloren, wie unter dem Papsttum geschehen ist, da der Glaube ganz unter die Bank gesteckt, niemand Christum für einen Herrn erkannt hat noch den heiligen Geist für den, der da heilig macht; das ist, niemand hat geglaubt, dass Christus also unser Herr wäre, der uns ohne unser Werk und Verdienst solchen Schatz gewonnen hätte, und uns dem Vater angenehm gemacht. Woran hat es denn gemangelt? Daran, dass der heilige Geist nicht ist da gewesen, der solches hätte offenbart und predigen lassen, sondern Menschen und böse Geister sind da gewesen, die uns gelehrt haben, durch unsere Werke selig zu werden und Gnade erlangen. Darum ist es auch keine christliche Kirche. Denn wo man nicht von Christo predigt, da ist kein heiliger Geist, welcher die christliche Kirche macht, beruft und zusammenbringt, außer welcher niemand zu dem Herrn Christo kommen kann. Das sei genug von der Summa dieses Artikels. Weil aber die Stücke, so darin aufgezählt, für die Einfältigen nicht so klar sind, wollen wir sie überlaufen. Die heilige christliche Kirche heißt der Glaube Communionem sanctorum, eine Gemeinschaft der Heiligen; denn es ist beides einerlei zusammengefasst, aber vorzeiten das eine Stück nicht dabei gewesen; ist auch übel und unverständlich verdeutscht eine „Gemeinschaft der Heiligen“. Wenn mans deutlich geben sollte, müsste mans auf deutsche Art gar anders reden. Denn das Wort Ecclesia heißt eigentlich auf deutsch eine Versammlung. Wir sind aber gewohnt des Wörtleins „Kirche“, welches die Einfältigen nicht von einem versammelten Haufen, sondern von dem geweihten Haus oder Gebäude verstehen; wiewohl das Haus nicht sollte eine Kirche heißen, ohne allein darum, dass der Haufe darin zusammenkommt. Denn wir, die zusammenkommen, machen und nehmen uns einen sonderlichen Raum und geben dem Haus nach dem Haufen einen Namen. Also heißt das Wörtlein Kirche eigentlich nicht anders denn eine „gemeine Sammlung“, und ist von Art nicht deutsch, sondern griechisch (wie auch das Wort Ecclesia), denn sie heißens auf ihre Sprache Kyria, wie mans lateinisch Curiam nennt. Darum sollts auf recht deutsch und unsere Muttersprache heißen eine „christliche Gemeine“ oder „Sammlung“, oder aufs allerbeste oder klarste eine „heilige Christenheit“. Also auch das Wort Communio, das daran gehängt ist, sollte nicht Gemeinschaft, sondern „Gemeine“ heißen. Und ist nicht anders denn die Glosse oder Aus-legung, da jemand hat wollen deuten, was die christliche Kirche heiße; dafür haben die Unsern, so weder lateinisch noch deutsch gekonnt haben, gemacht „Gemeinschaft der Heiligen“, so doch keine deutsche Sprache so redet noch versteht. Aber recht deutsch zu reden sollte es heißen eine „Gemeine der Heiligen“, das ist eine Gemeine, darin eitel Heilige sind; oder noch klärlicher eine „heilige Gemeine“. Das rede ich darum, dass man die Worte verstehe, weil es so in die Gewohnheit eingerissen ist, dass schwerlich wieder herauszureißen ist, und soll bald Ketzerei sein, wo man ein Wort ändert. Das ist aber die Meinung und Summa von diesem Zusatz: Ich glaube, dass da sei ein heiliges Häuflein und Gemeine auf Erden eitler Heiligen unter Einem Haupt, Christo, durch den heiligen Geist zusammen berufen, in Einem Glauben, Sinne und Verstand, mit mancherlei Gaben, doch einträchtig in der Liebe, ohne Rotten und Spaltung. Derselbigen bin ich auch ein Stück und Glied, aller Güter, so sie hat, teilhaftig und Mitgenosse, durch den heiligen Geist dahin gebracht und eingeleibt dadurch, dass ich Gottes Wort gehört habe und noch höre, welches ist der Anfang hineinzukommen. Denn vorhin, ehe wir dazugekommen sind, sind wir gar des Teufels gewesen, als die von Gott und von Christo nichts gewusst haben. So bleibt der heilige Geist bei der heiligen Gemeine oder Christenheit bis auf den jüngsten Tag, dadurch er uns holt, und brauchet sie dazu, das Wort zu führen und treiben, dadurch er die Heiligung macht und mehrt, dass sie täglich zunehme und stark werde im Glauben und seinen Früchten, so er schafft. Darnach weiter glauben wir, dass wir in der Christenheit haben Vergebung der Sünde, welches geschieht durch die heiligen Sakramente und Absolution, dazu allerlei Trostsprüche des Evangelii. Darum gehört hierher, was von den Sakramenten zu predigen ist, und Summa das ganze Evangelium und alle Ämter der Christenheit; welches auch Not ist, dass ohne Unterlass gehe. Denn wiewohl Gottes Gnade durch Christum erwor-ben ist und die Heiligkeit durch den heiligen Geist gemacht, durch Gottes Wort in der Vereinigung der christlichen Kirche, so sind wir doch nimmer ohne Sünde unsers Fleisches halber, so wir noch am Hals tragen. Darum ist alles in der Christenheit dazu geordnet, dass man da täglich eitel Vergebung der Sünden durch Wort und Zeichen hole, unser Gewissen zu trösten und aufzurichten, solange wir hier leben; also macht der heilige Geist, dass, ob wir gleich Sünde haben, doch sie uns nicht schaden kann, weil wir in der Christenheit sind, da eitel Vergebung der Sünde ist, - beide, dass uns Gott vergibt und wir untereinander vergeben, tragen und aufhelfen. Außer der Christenheit aber, da das Evangelium nicht ist, ist auch keine Vergebung, wie auch keine Heiligkeit da sein kann. Darum haben sich alle selbst herausgeworfen und gesondert, die nicht durchs Evangelium und Vergebung der Sünde, sondern durch ihre Werke Heiligkeit suchen und verdienen wollen. Indes aber, weil die Heiligkeit angefangen ist und täglich zunimmt, warten wir, dass unser Fleisch hingerichtet und mit allem Unflat bescharret werde, aber herrlich hervorkomme und auferstehe zu ganzer und völliger Heiligkeit in einem neuen ewigen Leben. Denn jetzt bleiben wir halb und halb rein und heilig, auf dass der heilige Geist immer an uns arbeite durch das Wort und täglich Vergebung austeile bis in jenes Leben, da nicht mehr Verge-bung sein wird, sondern ganz und gar reine und heilige Menschen, voller Frömmigkeit und Gerechtigkeit, entnommen und ledig von Sünde, Tod und allem Unglück, in einem neuen, unsterblichen und verklärten Leibe. Siehe, das alles soll des heiligen Geistes Amt und Werk sein, dass er auf Erden die Heiligkeit anfange und täglich mehre durch die zwei Stücke, christliche Kirche und Vergebung der Sünde. Wenn wir aber verwesen, wird ers ganz auf einen Augenblick vollführen und ewig dabei erhalten durch die letzten zwei. Dass aber hier steht „Auferstehung des Fleisches“, ist auch nicht wohl deutsch geredet. Denn wo wir Fleisch hören, denken wir nicht weiter denn an die Scharren. Auf recht deutsch aber würden wir also reden: Auferstehung des Leibes oder Leichnams, doch liegt nicht große Macht daran, so man nur die Worte recht versteht. Das ist nun der Artikel, der dir immerdar im Werk gehen und bleiben muss. Denn die Schöpfung haben wir nun hinweg, so ist die Erlösung auch ausgerichtet. Aber der heilige Geist treibt sein Werk ohne Unterlass bis auf den jüngsten Tag, dazu er verordnet eine Gemeinde auf Erden, dadurch er alles redet und tut; denn er seine Christenheit noch nicht alle zusammengebracht noch die Vergebung ausgeteilt hat. Darum glauben wir an den, der uns täglich herzuholt durch das Wort und den Glauben gibt, mehrt und stärkt durch dasselbige Wort und Vergebung der Sünde, auf dass er uns, wenn das alles ausgerichtet und wir dabei bleiben, der Welt und allem Unglück absterben, endlich gar und ewig heilig mache, welches wir jetzt durchs Wort im Glauben warten. Siehe, da hast du das ganze göttliche Wesen, Willen und Werk mit ganz kurzen und doch reichen Worten aufs allerfeinste abgemalt, darin alle unsere Weisheit steht, so über alle Menschenweisheit, Sinn und Vernunft geht und schwebt. Denn alle Welt, wiewohl sie mit allem Fleiß darnach getrachtet hat, was doch Gott wäre und was er im Sinn hätte und täte, so hat sie doch der keines je erlangen mögen. Hier aber hast du es alles aufs allerreichlichste. Denn da hat er selbst offenbart und aufgetan den tiefsten Abgrund seines väterlichen Herzens und eitel unaussprechlicher Liebe in allen drei Artikeln. Denn er hat uns eben dazu geschaffen, dass er uns erlöste und heiligte. Und über das, dass er uns alles gegeben und eingetan hatte, was im Himmel und auf Erden ist, hat er uns auch seinen Sohn und heiligen Geist gegeben, durch welche er uns zu sich brächte. Denn wir könnten (wie droben erklärt) nimmermehr dazukommen, dass wir des Vaters Huld und Gnade erkennten, ohne durch den Herrn Christum, der ein Spiegel ist des väterlichen Herzens, außer welchem wir nichts sehen denn einen zornigen und schreck-lichen Richter; von Christo aber könnten wir auch nichts wissen, wo es nicht durch den heiligen Geist offenbart wäre. Darum scheiden und sondern diese Artikel des Glaubens uns Christen von allen andern Leuten auf Erden. Denn was außer der Christenheit ist, es seien Heiden, Türken, Juden oder falsche Christen und Heuchler, ob sie gleich nur einen wahrhaftigen Gott glauben und anbeten, so wissen sie doch nicht, was er gegen ihnen gesinnt ist, können sich auch keiner Liebe noch Gutes zu ihm versehen, darum sie in ewigem Zorn und Verdammnis bleiben; denn sie den HERRN Christum nicht haben, dazu mit keinen Gaben durch den heiligen Geist erleuchtet und begnadet sind. Aus dem siehst du nun, dass der Glaube gar viel eine andere Lehre ist denn die zehn Gebote. Denn jene lehrt wohl, was wir tun sollen; diese aber sagt, was uns Gott tue und gebe. Die zehn Gebote sind auch sonst in aller Menschen Herzen geschrieben; den Glauben aber kann keine menschliche Klugheit begreifen und muss allein vom heiligen Geist gelehrt werden. Darum macht jene Lehre noch keinen Christen, denn es bleibt noch immer Gottes Zorn und Ungnade über uns, weil wirs nicht halten können, was Gott von uns fordert; aber diese bringt eitel Gnade, macht uns fromm und Gott angenehm. Denn durch diese Erkenntnis kriegen wir Lust und Liebe zu allen Geboten Gottes, weil wir hier sehen, wie sich Gott ganz und gar mit allem, das er hat und vermag, uns gibt zu Hülfe und Steuer, die zehn Gebote zu halten: der Vater alle Kreaturen; Christus alle seine Werke; der heilige Geist alle seine Gaben. Das sei jetzt genug vom Glauben, einen Grund zu legen für die Einfältigen, dass man sie nicht überlade; auf dass, wenn sie die Summa davon verstehen, darnach selbst weiter nachtrachten, und was sie in der Schrift lernen, hierherziehen und immerdar in reicherm Verstand zunehmen und wachsen. Denn wir haben doch täglich, solange wir hier leben, daran zu predigen und zu lernen.