Hunnius - Jesus Christus

 

Nikolaus Hunnius: Kurzer Inhalt Dessen,

Was ein Christ von Göttlichen unnd Geistlichen Dingen

zu wissen und zu gleuben bedürfftig (1625)

 

Nikolaus Hunnius über Jesus Christus, seine Person und sein Werk:

 

Das fünfzehnte Kapitel. 

(Von Christo.) 

 

Diesen seinen Willen ins Werk zu richten, hat Gott seinen Sohn gesandt, der menschliche Natur an sich genommen, auf dass er in derselben ver-richtete, was das menschliche Geschlecht zur Seligkeit zu bringen von nöten wäre.

 

329. Damit Gottes gnädiger Wille, gegen uns Menschen gefasst, nicht vergeblich wäre, hat er in der Zeit und nachdem die Menschen gesündigt hatten, dasjenige, was er von Ewigkeit gewollt, ins Werk zu setzen angefangen, und zwar mit Sendung seines Sohns und dessen Amtsverrichtungen. Solches ist unter allen Gnadenwerken Gottes das allererste, und es beruht auf diesem Grund einig und allein das ganze Werk unserer Seligkeit. Damit solches gnugsam und deutlich vorgebracht werde, so ist unterschiedlich zu handeln 1) von der Person, 2) vom Amt des Herrn Christi.

Die Person wird betrachtet in folgenden sieben Stücken, deren erstes anzeigt des Herrn Messiä Zukunft, das andere des Herrn Christi Namen, das dritte die Person, das vierte die Naturen, das fünfte die Vereinigung der Naturen, das sechste die Mitteilung der Eigenschaften, das siebente die zwei unterschied-lichen Stände der Erniedrigung und der Erhöhung.

 

(Vom Messia.)

 

330. Das erste Stück handelt von des Herrn Messiä Zukunft. Von diesem Punkt sind zwei Fragen zu erörtern; die eine: Ob Messias oder der Heiland, welchen Gott durch die Propheten verkündigt hat, nunmehr kommen sei? Dass ein Heiland vor Zeiten von Gott versprochen worden, der die Menschen von allen geistlichen Feinden erlösen und ihrer Seelen Beschwerung abnehmen sollte, ist bekannt aus 1 Mos. 3,15. Kap. 12,3. 5 Mos. 18,15. Jes. 35,5. Kap. 53,4.5.6. Kap. 59,20. Mich. 5,2. Hagg. 2,8. Zach. 9,9. Mal. 3,1. etc. Dass nun diese Verheißun-gen erfüllt und der Heiland kommen sei, ist daher zu erweisen, weil ein gut Teil der Zeichen, daraus man diesen Heiland hat sollen erkennen, nunmehr also untergangen sind, dass durch sie forthin der Messias nicht mag bezeichnet noch erkannt werden. Daraus ist also zu schließen: Zu der Zeit, wann die Zeichen untergangen sind, welche Gott, den Messiam daraus zu erkennen gesetzt hat, muss der Heiland allbereits kommen sein; sintemal sie sich alsdann haben sollen sehen lassen, wenn der Heiland kommen würde. Zu dieser Zeit, nunmehr vor 1800 Jahren, sind dieselbe Zeichen untergangen, darum muss der Heiland zu dieser Zeit, nun wohl vor 1800 Jahren, kommen sein.

 

331. Was von den Zeichen des Messiä gesagt ist, kann mit vieren derselben wahr gemacht werden. Als 1) dass der Heiland sollte kommen zur Zeit, wenn das Regiment von Israel würde hinweg genommen sein. 1 Mos. 49,10: „es wird das Zepter von Juda nicht entwendet werden noch ein Meister von seinen Füßen, bis dass der Held komme“. Nun ist bekannt, dass das jüdische Volk schon über 1800 Jahre sein Regiment verloren hat, unter Herodis Regierung kommen ist und dem römischen Kaiser Augustus im Jahr der Geburt Christi die erste Schazung hat erlegen müssen (Luk. 2,2). Wenn demnach dieses jetzige Jahr der Messias kommen sollte, möchte ihn kein Mensch daran erkennen, dass vor so viel hun-dert Jahren das jüdische Regiment seine Endschaft erreicht hat. Also fällt dies erste Kennzeichen des Messias gänzlich dahin.

 

332. 2) dass der Heiland kommen sollte, wenn der andere Tempel noch stünde, den Zorobabel zur Zeit der Propheten Haggai, Zacharias und Maleachi nach der babylonischen Gefängnis erbaut hat, davon geweissagt worden ist. Hagg. 2,7: „es ist noch ein kleines dahin, dass kommen soll der Heiden Trost; und ich will dies Haus voll Herrlichkeit machen; es soll die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer werden, denn des ersten gewesen ist“; Mal. 3,1: „siehe, ich will meinen Engel senden, der vor mir her den Weg bereiten soll, und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr suchet, und der Engel des Bundes, des ihr begehret“. Dies Zeichen ist auch verfallen, denn der andere Tempel ist vor 1700 Jahren gänzlich zerstört worden, dass nicht das wenigste mehr davon vorhan-den. Darum kann der Messias, wenn er noch kommen sollte, dadurch nicht er-kannt werden.

 

333. 3) dass die levitischen Opfer nicht haben sollen aufhören, bis der Heiland käme Jer. 3,15-17: „ich will euch Hirten geben nach meinem Herzen, die euch weiden sollen mit Lehre und Weisheit; und soll geschehen, wenn ihr gewachsen und euer viel worden ist im Lande, so soll man zur selbigen Zeit nicht mehr sagen von der Bundeslade des Herrn, auch derselbigen nicht mehr gedenken noch davon predigen noch sie besuchen noch daselbst mehr opfern, sondern zur selbigen Zeit wird man Jerusalem heißen des Herrn Thron, und werden sich dahin sammeln alle Heiden um des Herrn Namen willen“; Dan. 9,25.27: „bis auf Christum den Fürsten sind sieben Wochen und zwei und sechzig Wochen; und mitten in der Wochen wird das Opfer und Speisopfer aufhören“. Demnach sollte der Messias alsdenn vorhanden sein, wenn die Opfer aufhören würden. Weil sie aber vor 1800 Jahren aufgehört haben, so ist gewisslich zu derselben Zeit der Heiland kommen, und also ist dies Zeichen nunmehr auch dahin gefallen.

 

334. 4) dass der Heiland hat entsprießen sollen aus dem Geschlecht Abrahams, aus dem Stamm Juda und von Davids Nachkommen. Dem gläubigen Vater Abraham wird die Verheißung getan 1 Mos. 22,18: „durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden“. Vom Stamm Juda hatte Jacob geweis-sagt 1 Mos. 49,10. Dem David war dieser Sohn verheißen 2 Sam 7,12.13: „wenn nun deine Zeit hin ist, dass du mit deinen Vätern schlafen liegest, will ich deinen Samen nach dir erwecken, der von deinem Leib kommen soll, dem will ich sein Reich bestätigen“, etc. Es sollte also vom Messias erkannt werden daran, dass er vom Geschlecht Abrahams, vom Stamm Juda und von Davids Nachkommen entspringe. Dies aber alles ist jetzt ganz unbekannt, nachdem die Geschlecht-register verloren sind und keiner unter allen Juden gewiss sein kann, ob er von Abraham, Ismael, Esau, Ruben, Naphthali, Juda, David, oder jemand andern herkomme. Darum ist dies Zeichen zu unsern Zeiten nichtig und wird daraus ge-schlossen, der Messias sei gewisslich kommen.

 

335. Die andere Frage (wer derselbe Heiland sei, der Jesus von Nazareth oder jemand anders;) wird also beantwortet: Außer dem Jesu von Nazareth mag kein anderer Heiland genannt werden, teils, weil alle andern, so sich dafür ausge-geben haben, samt allem ihrem Anhang schändlich umkommen und verdorben sind, als Theudas und Judas aus Galiläa (Ap. Gesch. 5,36.37.); desgleichen Barcochba, der sich zu den Zeiten des Kaisers Adrian für den Messias aufge-worfen hat, aber von demselben gänzlich ausgerottet und vertilgt worden ist. Es bleibt also gewiss: weil der Heiland gewiss kommen ist und aber keiner, der es sein sollte, außer dem Herrn Jesu von Nazareth kann genannt werden, so ist er ohn allen Zweifel derselbe Heiland.

 

336. Andern teils befinden sich an dem Herrn Jesu alle Kennzeichen des Messias, daraus zu schließen ist: An welchem sich alle von Gott gegebenen Zeichen, daraus der Heiland soll erkannt werden, klar und gnugsam befinden, dass derselben nicht eines fehlt, der ist gewisslich derselbe von Gott verheißene und bezeichnete Heiland. An dem Herrn Jesu befinden sich alle von Gott gege-benen Zeichen, daraus der Heiland soll erkannt werden, klar und gnugsam, dass derselben nicht eines fehlt; darum ist der Herr Jesus gewisslich der von Gott verheißene und bezeichnete Heiland. Solches alles ist wohl und leicht zu ver-stehen, wenn die Kennzeichen angezogen, und auf den Herrn Jesum ange-wendet werden, als: dass er von einer Jungfrau aus dem Samen Abrahams, aus dem Stamm Juda und Geschlecht Davids herkommen ist zu der Zeit, da das Regiment vom jüdischen Volk genommen war, der andere Tempel noch stund und die Opfer nun bald aufhören sollten; dass er gewaltig gelehrt, viel Wunder und Zeichen getan, von seinem Volk verspottet, verachtet, um dreißig Silberlinge verkauft, ans Kreuz geschlagen und getötet worden, von den Toten am dritten Tage wieder auferstanden und gen Himmel gefahren. Alles nach Inhalt der prophetischen Weissagungen.

 

337. Zwar geben die Juden hier vor, es seien zu den Zeiten des Jesu von Nazareth die Schwerter nicht zu Pflugscharen noch die Spieße zu Sicheln ge-macht worden (Jes. 2,4.), die Wölfe hätten nicht bei den Lämmern gewohnt noch die Pardel und Böcke sich zusammen gesellt (Jes. 11,6.), die Berge hätten nicht von süßem Wein getrieft noch die Hügel von Milch geflossen (Joel 3,18. Amos 9,13). Aber dies alles ist damit beantwortet, es sei des Messias Reich nicht von dieser Welt, als darin er hat arm, verachtet, unwert und verspottet sein sollen, Zach. 9,9. Jes. 53,2.3. Ebenso sollten auch die heiligen Altväter, so vor seiner Zukunft allbereits gestorben waren, seines Reichs und Wohltaten genießen. Darum hat dasselbe nicht leiblich noch irdisch, sondern geistlich und himmlisch sein müssen.

 

338. Deswegen pflegen die Propheten von des Messias geistlichen Wohltaten im Gleichnis der weltlichen und irdischen Dinge zu handeln. Solches ist daher abzu-nehmen, weil nicht alles, was sie von Christi Reich verkündigt, nach dem irdi-schen Verstand wahr sein kann, als Jes. 55,12: „ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden, Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Ruhm und alle Bäume auf dem Feld mit den Händen klappen“. Auch stimmen nicht alle prophetischen Weissagungen mit der Art des Reichs Christi überein, als:

 

339. dass kein weltlicher Krieg mehr sein solle, läuft wider Daniels Weissagung Kap. 7,18.21.22.: „die Heiligen des Höchsten werden das Reich einnehmen und werdens immer und ewig besitzen. Und ich sahe das Horn streiten wider die Heiligen und behielt den Sieg wider sie, bis der Alte kam und Gerichte hielt für die Heiligen des Höchsten und die Zeit kam, dass die Heiligen das Reich ein-nahmen“. Dass lauter Weltfreude und Wollust in des Messias Reich sein würde, ist entgegen dem, das von dem trübseligen Zustand des Messias und seiner Heiligen verkündigt ist, wie er arm sei, Zach. 9,9.; dass der Hirte geschlagen und die Schafe der Herde zerstreuet werden, Zach. 13,7.; er werde sein wie ein Wurm, ein Spott der Leute und Verachtung des Volks, Hunde haben ihn umge-ben, seine Hände und Füße durchgraben, dass man ihm alle Gebeine zählen könne, Ps. 22,7.17.18.; er werde sein voller Schmerzen und Krankheit, verwun-det und zerschlagen, Jes. 53,4.5. Solches alles hätte nicht geschehen können, wenn eine solche Weltfreude in seinem Reich hätte sollen angerichtet werden, wie die Juden ihnen träumen lassen.

 

340. Wie demnach diese prophetischen Weissagungen nach Art des Reichs des Messias geistlich müssen verstanden werden, also sind sie auch geistlich erfüllt: was vom Frieden verkündigt, an dem geistlichen Frieden und Zusammen-wohnung der Juden und Heiden; was von Wein und Milch geweissagt, an den lieblichen, geistlichen Gaben der Gnade Gottes, welche die Seele nicht anders nährt und erfreut, denn Wein und Milch den Leib zu nähren und zu erfreuen pflegt etc.

 

341. Das andere Stück: die Namen des Sohnes Gottes. Deren sind in heiliger Schrift viel zu finden und werden dem Herrn Jesu gegeben entweder von seinen Naturen oder von seinem Amt. Von der göttlichen Natur heißt er: der Sohn Gottes, Matth. 16,16.; das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, Col.1,15.; der Glanz der Herrlichkeit Gottes und Ebenbild seines Wesens, Hebr. 1,3. Von der menschlichen: des Weibes Same, 1 Mos. 3,15.; Abrahams Same, Hebr. 2,16.; Davids Sohn, Matth. 22,42.; das Gewächse Davids, Jer. 23,5.; des Menschen Sohn, Matth. 26,24. Von seinem Amt wird er genannt Christus, welches ein griechisch Wort ist, das mit dem hebräischen Messias übereinkommt, und heißt ein Gesalbter, denn er ist gesalbt mit dem heiligen Geist, Ps. 45,8. Ap. Gesch. 10,38. Wie nun vor Zeiten gesalbt wurden die Hohenpriester, 2 Mos. 28,41., die Propheten, 1 Kön. 19,16., und die Könige, 1 Sam. 10,1. Kap. 16,12.13; also ist der Herr Jesus gesalbt worden als unser Hoherpriester, Prophet und König, dass er billig heißt der Messias und Christus, der Gesalbte. Er wird von seinem Amt genannt Jesus, das einen Helfer oder Seligmacher bedeutet. Solches Namens Ursach zeigt der Engel an Matth. 1,21: „Maria wird einen Sohn gebären, des Namen sollt du Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden“. Er heißt Herr, der unsere Gerechtigkeit ist, Jer. 23,6., weil allein durch ihn die verlorne Gerechtigkeit sollte wieder gebracht werden, Dan. 9,24. Er wird genannt Immanuel, Gott mit uns, Jes. 8,10., dieweil er als ein Mittler Gott und die Menschen mit einander vereinigt und zusammen gebracht hat.

 

342. Das dritte Stück betrifft die Person des Sohnes Gottes. Er ist die andere Person der hl. Dreieinigkeit, so vom Vater in Ewigkeit ist geboren und demnach der wahrhaftige, wesentliche und ewige Gott, eines Wesens mit dem Vater und heil. Geist. wie droben ist erwiesen worden.

 

(Von den Naturen in Christo.)

 

343. Das vierte Stück: die Naturen in Christo. Hie ist zu wissen, dass zwei Naturen in dieser einigen Person seien, eine die göttliche, die andere die menschliche. Die göttliche ist in dem 5. Kapitel zur Gnüge erwiesen. So viel die menschliche Natur betrifft, ist davon zu merken, dass der Herr Jesus nach der-selben andern Menschen zum Teil gleich, zum Teil ungleich worden ist.

 

344. Die Gleichheit steht in dem Wesen und in den Zufällen. Das Wesen einer menschlichen Natur besteht in zwei wesentlichen Stücken, Seel und Leib. Dass nun der Herr Christus einen rechten menschlichen natürlichen Leib gehabt habe, gleichwie andere Menschen, wird daraus offenbar:

1) weil er ist des Weibes Same, 1 Mos. 3,15.; Abrahams Same, 1 Mos. 12,3.;

des Menschen Sohn, Matth. 26,24. etc. Dies könnte keinen Ort noch Statt haben, wenn er nicht einen rechten natürlichen menschlichen Leib hätte.

 

345. 2) weil ausdrücklich von ihm gesagt wird, dass er gleich also Fleisch und Blut an sich genommen habe, wie andere Menschen; Hebr. 2,14: „nachdem die Kinder Fleisch und Blut haben, ist ers gleichermaßen teilhaftig worden“. Hieher gehört, was er selber zu seinen Jüngern sagt: „sehet meine Hände und Füße, ich bins selber, fühlet mich und sehet mich, denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, dass ich habe“, Luk. 24,39.

 

346. 3) weil ihm menschliche Zufälle begegnet sind, als: dass er an seinem Leibe gewachsen ist, Luk. 2,52.; dass ihn gehungert, Matth. 4,2., und gedürstet, Joh. 19,28.; dass er geschlafen, Mark. 4,38.; dass er geschwitzet, Luk. 22,44.; dass er gestorben, Joh. 19,30.

 

347. Eine vernünftige menschliche Seele hat er an sich genommen, welches teils aus oben angezogener Ursach bekannt ist, teils weil er selber davon zeuget, wenn er spricht: „meine Seele ist betrübt bis in den Tod“, Matth. 26,38.; wenn er zu seinem Vater ruft: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände“, Luk. 23,46. Und zu dem Schächer spricht er Luk. 23,43: „wahrlich ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradies sein“; welches nicht dem Leibe, und deswegen der Seele nach geschehen ist.

 

348. Die menschlichen Zufälle betreffend, so ist zum Teil schon angedeutet, wie der Herr Christus dieselben an sich genommen hat, dass er nämlich am Leib zugenommen, gehungert, gedürstet, geschlafen etc. Allein dieses ist hie zu behalten, wie er nicht ohne Unterschied alle Zufälle angenommen, sondern

1) diejenigen, welche für sich selber nicht unrein noch sündlich sind, weil er ohne alle sündliche Befleckung gewesen (davon hernach);

2) diejenigen, welche der Natur Zufälle und also dem ganzen menschlichen Ge-schlecht gemein sind, nicht aber die besonderen, welche etwa einer oder der andern Person zufallen. Also lieset man nicht, dass er jemals krank gelegen noch andere Schäden und Mängel der Gliedmaßen gehabt; denn nicht alle Menschen fühlen alle Krankheiten und Gebrechen an sich.

 

349. Die Ungleichheit der menschlichen Natur Christi und unserer besteht in zwei Stücken:

1) in der besonderen Empfängnis und Geburt, dass er nicht vom Zutun Mannes und Weibes nach dem gemeinen Lauf der Natur und also nicht durch solche Wirkung Gottes, wie derselbe der Menschen Fortpflanzung in den ordentlichen natürlichen Mitteln zu befördern pflegt, sondern von einer Jungfrau durch be-sondere und ohne Mittel geschehene Überschattung und Wirkung des heil. Geistes empfangen worden ist, laut der Weissagung Jes. 7,14: „siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel“; und nach der Verkündigung des Engels Gabriel Luk. 1,31: „siehe, du wirst schwanger werden im Leibe und einen Sohn gebären, des Namen sollt du Jesus heißen“. Und als Maria drauf fragte: „wie soll das zugehen? sintemal ich von keinem Manne weiß“; antwortet der Engel: „der hl. Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“, v. 34.35.

 

350. 2) in der Reinigkeit seiner Natur. Obwohl die Sünde zu allen Menschen hindurch gedrungen ist, hat sie doch ihn nicht betroffen und er allein ist unter allen Adamskindern rein von Sünden; Hebr. 7,26: „einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, von den Sündern abgesondert“; Jes. 53,10: „er hat niemand unrecht getan noch ist Betrug in seinem Munde gewesen“; 1 Petr. 2,22: „welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden“; 2 Kor. 5,21: „Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht“. Darum hat er sich nicht gescheut, auf seiner Feinde Gewissen sich zu berufen, Joh. 8,46: „welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen?“ Dergleichen mag von niemand anders gesagt wer-den.

 

(Von der Vereinigung der Naturen in Christo.)

(Von Mitteilung der Eigenschaften der Naturen in Christo.)

 

351. Das fünfte Stück: die Vereinigung der Naturen. Diese beiden Naturen, die göttliche und menschliche, sind einander vereinigt, nicht wie Gott in den Heiligen wohnt, wie die Kleider dem Leib, wie ein Brot dem andern, wenn deren zwei zusammen gefügt werden, oder wie die Sonne dem himmlischen Kreis, darin sie läuft, wie ein Ring dem Edelgestein, so darein gesetzt wird, vereinigt wird; auch nicht, dass eine Natur in die andere gemengt und verwandelt werde; sondern gleichwie in dem Menschen Leib und Seel zusammen kommen und ein Mensch werden, also sind auch die beiden Naturen in Christo zu einer Person vereinigt.

 

352. Diese Vereinigung wird aus folgenden Zeugnissen erkannt: dass Joh.1,14. von dem Wort (das ist, von dem Sohn Gottes) gesprochen wird: „das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns“; 1 Tim. 3,16: „kündlich groß ist das gottselige Geheimnis, Gott ist offenbaret im Fleisch“; Luk. 1,35: „das heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genennet werden“; Gal. 4,4: „da die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe“; Kol. 2,9: „in ihm wohnet alle Fülle der Gottheit leibhaftig“.

 

353. Und hiemit werden nicht zwei Personen noch zwei Christi gemacht, son-dern, obwohl vor der Menschwerdung des Herrn Christi seiner Person eigen geblieben ist die göttliche Natur, so ist doch die Menschheit, nachdem sie an-genommen worden, auch der Person des Sohnes Gottes also teilhaftig worden, dass nunmehr nicht zwei Personen sind, eine Gott, die andere Mensch, sondern beide Gott und Mensch sind eine Person.

 

354. Solches wird damit bezeugt: 1) die Schrift lehrt ausdrücklich und oft von der Einigkeit der Person Christi; Röm. 5,15: „Jesus Christus ist der einige Mensch in Gnaden“; v. 17: „die empfangen haben die Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen durch einen Jesum Christ“; v. 19: „durch eines Gehorsam werden viel Gerechte“; 1Tim. 2,5: „es ist ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich Christus Jesus“; 1 Kor. 8,6: „wir haben nur einen Herrn Jesum Christ“.

 

355. 2) die Schrift zeuget von dem Sohn Gottes, dass er Fleisch worden sei und unter den Menschen gewohnt habe; Joh. 1,14: „das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater“; 1 Kor. 15,47: „der andere Mensch ist der Herr vom Himmel“.

 

356. 3) die Schrift schreibt dasjenige, so der menschlichen Natur zusteht, der ganzen Person zu, als: wenn die Menschheit Christi beschaut und mit Händen betastet wird, so ist damit das Wort des Lebens und die Person des lebendigen Gottessohns betastet und beschaut, 1 Joh. 1,1.; wenn die menschliche Natur ans Kreuz geschlagen und getötet wird, so heißt es, dass der Herr der Herrlichkeit gekreuzigt, 1 Kor. 2,8, und der Fürst des Lebens getötet worden, Apost. Gesch. 3,15. Solche Art zu reden könnte nicht gebraucht werden, wo zwei Personen, die eine Gott, die andere Mensch, und nicht beide Naturen nur eine Person wären.

 

357. Das sechste Stück: die Mitteilung der Eigenschaften. Wenn Leib und Seel mit einander sollen persönlich vereinigt werden, so ist nötig, dass sie ihre Eigen-schaften einander gemein machen. Denn außerdem und wenn die Seele nicht mehr des Leibes Eigenschaften gebraucht, auch der Leib der Seele Eigen-schaften nicht mehr teilhaftig ist, alsdann ist gewiss, dass sie von einander getrennt sind; nicht zwar als ob Leib und Seele einander alle Eigenschaften ohne Unterschied mitteilten, sondern vornehmlich allein diejenigen, welche etwas wirken, tun, verrichten oder leiden, wie die Seele dem Leibe mitteilt die Kraft sich zu bewegen, zu sehen, zu hören etc. Dass aber die Seele unsterblich ist, dass sie ein Geist ist etc. solches gibt sie dem Leib nicht, als der nicht unsterblich noch ein Geist wird.

 

358. Gleich also verhält sichs mit den beiden Naturen in Christo. Wofern die-selben zu einer Person mit einander sollen vereinigt sein, so müssen sie auch die Eigenschaften mit einander gemein haben, nicht zwar ohn Unterschied alle, sondern vornehmlich die, welche etwas wirken, verrichten oder leiden; da denn am allersichersten gegangen wird, wenn man sich nicht bekümmert, ob die Gottheit alle ihre Eigenschaften oder nur etliche der Menschheit mitgeteilt habe und wie das könne zugehen, sondern allein dabei bleibt, dass, von welcher Eigenschaft wir hören, sie sei beiden Naturen gemein worden, wir dieselbe auch für gemein achten; von welcher aber dergleichen nicht gelehrt wird, bei derselben unser Urteil und Meinung beiseit setzen und davon für uns selber nichts schließen noch erdichten.

 

359. Um nun besser und richtiger zu vernehmen, welcher Gestalt der Naturen Eigenschaften gemein seien, so ist die communicatio und Mitteilung der Eigen-schaften in drei Arten geteilt worden. Die erste derselben steht darin, wenn das, so der einen Natur eigen ist, nicht nur derselben, sondern der ganzen Person, die zwei Naturen in sich hat, zugeschrieben wird. Als: der menschlichen Natur Eigenschaft ist, geboren werden, aus dem Samen Davids herkommen, leiden, sterben etc. Dieses aber wird nicht allein der menschlichen Natur, sondern der ganzen Person zugeschrieben, auch daneben angezeigt, dass dem ganzen Christus solches zustehe, nach und wegen seiner menschlichen Natur; Röm. 1,3: „der Sohn Gottes ist geboren von dem Samen David, nach dem Fleisch“; Galat. 4,4: „Gott hat seinen Sohn gesandt, geboren von einem Weibe“; Luk. 1,35: „das Heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden“; 1 Kor. 2,8: „sie haben den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt“; Apost. Gesch. 3,15: „sie haben den Fürsten des Lebens getötet“; Zach. 12,10: „sie werden mich (Gott den Herrn) ansehen, welchen jene zerstochen haben“; Röm. 8,32: „Gott hat seines einigen Sohnes nicht verschonet, sondern ihn für uns alle dahin gegeben“; Gal. 2,20: „der Sohn Gottes hat mich geliebet und sich selbst für mich dargegeben“; 1 Petr. 4,1: „Christus hat gelitten im Fleisch“.

 

360. Eben also werden die Eigenschaften der göttlichen Natur der ganzen Per-son zugeeignet, die nicht allein Gott, sondern auch Mensch ist. Denn göttliche Eigenschaften und Werke sind, dass Christus ist, ehe er Mensch geboren ward, dass die Welt durch ihn geschaffen ist, dass er die Menschen vom ewigen Tod und Verdammnis erlöset, dass er ist der Herr vom Himmel. Dies aber wird von der ganzen Person ausgessprochen. Joh. 8,58 spricht der Herr Christus: „wahr-lich ich sage euch: ehe denn Abraham ward, bin ich“; Eph. 3,9: „Gott hat alle Dinge geschaffen durch Jesum Christ“; Apost. Gesch. 20,28: „Gott hat seine Gemeine durch sein eigen Blut erworben“.

 

361. Die andere Art der Mitteilung der Eigenschaften ist, wenn eine Natur etwas also wirkt, dass die andere Natur zugleich mitwirkt. Dieses betrifft eigentlich die göttlichen Werke, so zum Amt des Herrn Christi gehören; als: dass er ist der Mittler zwischen Gott und Menschen, unser Hoherpriester, Hirt, Bischof, allge-meiner Richter etc. Denn vom Fluch des Gesetzes erledigen, den Segen Abrahams über die Menschen bringen, von Sünden reinigen, gerecht machen, die Menschen mit Gott versöhnen, der höllischen Schlange den Kopf zertreten, sind alles göttliche Werke, die sonst keiner Kreatur zustehen, aber sie werden verrichtet mit Gemeinschaft der menschlichen Natur.

 

362. Vom Fluch des Gesetzes werden wir erlöset, da Christus dem Gesetz ist untertänig worden; Gal. 4,4.5: „Gott sandte seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete“. Er hat den Segen Abrahams über die Menschen gebracht, da er an unserer Statt ist ein Fluch worden; Gal. 3,13: „Christus hat uns erlöset von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns, auf dass der Segen Abrahams unter die Heiden käme“. Er hat uns von Sünden gereinigt durch sein Blut; 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“. Er hat uns gerecht gemacht durch sein Blut, Röm. 5,9. Er hat uns mit Gott ver-söhnet, da der, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde ist gemacht worden, 2 Kor. 5,18.ff. Er hat der höllischen Schlange den Kopf zertreten, da sie ihm zur Zeit seines Leidens den giftigen Fersenstich gegeben hat; 1 Mos. 3,15: „des Weibes Same wird der Schlange den Kopf zertreten und sie wird ihn in die Ferse stechen“; Hebr. 2,14: „durch den Tod hat er die Macht genommen dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist, dem Teufel“.

 

363. Nun ist außer allem Zweifel, dass, dem Gesetz untertan werden, ein Fluch werden, mit Blut reinigen, zur Sünde gemacht, von der Schlange gestochen werden und sterben, nicht von der göttlichen Natur, sondern allein von der menschlichen zu sagen sei. Daraus denn unfehlbar gewiss folgt, dass die gött-liche Natur des Herrn Christi diese großen und ihr eigen zustehenden Werke verrichte mit Zutun der menschlichen.

 

364. Die dritte Art der Mitteilung der Eigenschaften ist, wenn die Gottheit der angenommenen Menschheit ihre Eigenschaften mitteilt. Dieser Eigenschaften sind vornehmlich viere zu merken:

1) Die Allmacht, welche Gott besonders zusteht, wie droben gezeigt worden. Dass nun dieselbe der Menschheit Christi mitgeteilt sei, ist gnugsam zu sehen aus vielen klaren Zeugnissen heiliger Schrift. Denn der Prophet Daniel sieht im Geist den Sohn Gottes sich setzend zur rechten Hand Gottes und beschreibt dasselbe Gesicht mit diesen Worten: „ich sahe im Gesicht des Nachts, und siehe, es kam einer in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn bis zu dem Alten und ward vor denselben gebracht, der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker, Leute und Zungen dienen sollten; seine Gewalt ist ewiglich, die nicht vergeht, und sein Königreich hat kein Ende“, Dan.7,13.14. Desgleichen ver-kündigt David Psalm 8,7.ff.: „du wirst ihn zum Herrn machen über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan, Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel, die Fische im Meer und was im Meer gehet“. Solches wird Hebr. 2,8. erklärt: „in dem, dass er ihm alles hat untertan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht untertan sei“. Der Herr Christus hat selber davon gezeugt Matth. 11,27: „alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater“; Joh. 3,35: „der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben“; Matth. 28,18: „mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“. Desgleichen zeuget der Apostel 2 Korinth. 13,4: „Christus, ob er wohl gekreuzigt ist in der Schwachheit, so lebet er doch in der Kraft Gottes“; Eph. 1,20.ff.: „Gott hat Christum gesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was genannt mag werden nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen, und hat alle Dinge unter seine Füße getan und ihn gesetzt zum Haupt der Gemeine über alles. Weil denn alles, was dem Sohne Gottes in der Zeit gegeben wird, ihm nicht nach der göttlichen Natur gegeben werden kann und demnach allein nach der mensch-lichen Natur gegeben werden muss; so folgt, dass dem Herrn Christo der Menschheit nach alle Macht gegeben und also diese göttliche Eigenschaft der Allmacht mitgeteilt worden sei. Solches ist auch zu ersehen

 

365. aus seinen Werken, von deren Verrichtung die menschliche Natur nicht kann ausgeschlossen werden. Denn durch seine menschliche Stimme hat er die Toten zum Leben gebracht, Mark. 5,41. Luk. 7,14. Joh. 11,43.; durch Auflegung seiner Hände Wunder getan, Matth. 8,3. Mark. 6,5., also, dass von seinem Leibe eine göttliche Kraft, ein krankes Weib gesund zu machen, ausgangen ist, Mark. 5,30. Insonderheit aber ist ihm die Macht gegeben worden, das Gericht zu halten, nach seiner Menschheit oder, wie er selber davon redet, darum, dass er des Menschen Sohn ist, Joh. 5,27. Das allgemeine Gericht aber zu halten, erfordert göttliche Allmacht, denn ohne dieselbe können weder alle Menschen vor Gericht gebracht, noch das Urteil an ihnen vollstreckt werden. Darum ist ihm als des Menschen Sohn oder seiner Menschheit nach göttliche Allmacht mitgeteilt.

 

366. Desgleichen ist 2) die Allwissenheit, welche auch eine göttliche Eigenschaft ist, dem Herrn Christo der Menschheit nach mitgeteilt. Solches wird ausdrücklich in der Schrift ausgesagt, Kol. 2,3: „in Christo liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“. Der Prophet Jesaias hatte geweissagt Kap. 11,2: „auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Ver-standes, der Geist des Raths und der Stärke, der Geist des Erkenntnis und der Furcht des Herrn“. Nun ist aber der hl. Geist dem Herrn Christo nicht in gewissem Maß gegeben worden, wie andern Menschen, 1 Kor. 12,11., sondern mehr, denn seinen Gesellen, Ps. 45,8., und also ohne Maß, Joh. 3,34. Darum ist ihm auch die Weisheit, Verstand und Erkenntnis Gottes ohne Maß und demnach alle Erkenntnis mitgeteilt, gleichwie der Geist erforschet alle Ding, auch die Tiefe der Gottheit, 1 Kor. 2,10.

 

367. Ferner wird die Allwissenheit erfordert zu Verrichtung des Amtes Christi. Denn ihm ist gegeben die Gewalt das Gericht zu halten, darum, dass er des Menschen Sohn ist, Joh. 5,27. Nun aber soll in diesem Gericht Rechenschaft gefordert werden von einem jeden unnützen Wort, das die Menschen geredt haben (Matth.12,36.); es soll das verborgene der Menschen gerichtet (Röm. 2,16.), der Rat der Herzen offenbart und ans Licht gebracht werden, was im finstern verborgen ist (1 Korinth. 4,5.). Wer demnach dieses verrichten soll, der muss alle Wort, alle Werk, alles, was im finstern verborgen, aller Herzen Rat und Gedanken wissen. Darum folgt unfehlbar, dass der Herr Christus als Mensch alle Wort, alle Werk, der Herzen Rat und Gedanken und alles verborgene wisse. Solches muss geschehen durch die göttliche Allwissenheit, als die allein solches alles erforscht und demnach Christo als Menschen muss mitgeteilt worden sein.

 

368. 3) Dass die Allgegenwärtigkeit, welche auch Gott eigen ist (als im vorigen gleichfalls Bericht geschehen), der Menschheit Christi sei mitgeteilt, wird daraus bewährt: die persönliche Vereinigung erfordert solches notwendig. Von dieser schreibt St. Johannes Kap. 1,14: „das Wort ward Fleisch“, und St. Paulus Kol. 2,9: „alle Fülle der Gottheit wohnet in ihm leibhaftig“. Daraus folgt: 1) ist das Wort oder Gottes Sohn Fleisch worden, so ist er ja nirgends, da er in der Menschheit nicht wohne; denn sonst wäre er insofern nicht Fleisch, weil, wo die göttliche Natur außer der menschlichen ist, daselbst das Wort nicht Fleisch ist. 2) Wohnet in Christi Menschheit die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, so ist sie nicht nur an gewissem Raum und Ort; denn wäre sie etwa, da die Menschheit nicht wäre, wie könnte die ganze Fülle in ihr leibhaftig wohnen?

 

369. Ferner lehrt die Schrift die Allgegenwärtigkeit der Menschheit Christi klärlich; Matth. 18,20: „wo zween oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“; Kap. 28,20: „ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“; Eph. 1,22.23: „Gott hat Christum gesetzt zum Haupt der Gemeine über alles, welche da ist sein Leib, nämlich die Fülle des, der alles in allem erfüllet“; Kap. 4,10: „der herunter gefahren ist, das ist derselbige, der aufgefahren ist über alle Himmel, auf dass er alles erfülle“.

 

370. Weiter ist die Allgegenwart der Menschheit Christi zu seiner Werke Ver-richtung notwendig. Er wirket durch Zeichen und Wunder in den Aposteln, Mark. 16,20.; er hat seiner Kirche gegeben Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, Eph. 4,11.; er herrschet mitten unter seinen Feinden, Ps. 110,2.; er wandelt unter den zehn güldenen Leuchtern, das ist, unter seinen Gemeinen, Offenb. 1,13. Solche Werke der Providenz und Fürsorge, so Christus den Seinen zu gut verrichtet, sehen eigentlich auf die Himmelfahrt und sind demnach von der menschlichen Natur zu verstehen. Es ist aber leichtlich zu ermessen, was für ein Regiment und Fürsorge das sein würde, wenn er solche abwesend verrichtete.

 

371. Endlich bezeugen seine Erscheinungen, nachdem er gen Himmel gefahren ist, dass er nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde, wo er will, sich gegenwärtig erweisen kann, und demnach nicht nur an einem gewissen Ort und Stelle allein sich finden lasse, außerdem er nirgend anzutreffen wäre, sondern vielmehr allenthalben gegenwärtig sei. Wie denn das aus diesem Schluss zu vernehmen ist: wer sich in sichtbarer Gestalt offenbart und zu sehen gibt, der ist von dannen, da er sich offenbart, nicht abwesend, sondern daselbst gegenwärtig. Nun offenbart sich Christus in seiner Menschheit hier auf Erden in sichtbarer Gestalt, drum folgt, dass er von der Erde nicht abwesend, sondern gegenwärtig sei.

 

372. Die Offenbarungen sind diese, dass er von Stephano ist gesehen worden, welcher, als er vorm Rat zu Jerusalem gestanden, gesprochen hat: „ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen“, Ap. Gesch. 7,56.; dass er Paulo in desselben Bekehrung sich gegenwärtig stellt in einem Blitz und mit seiner menschlichen Stimme (dass diese Stimme aus Christi Mund gegangen, zeuget Paulus selber Ap. Gesch. 22,14.) zu ihm ruft: „Saul, Saul, was verfolgest du mich?“ Ap. Gesch. 9,4.; und bald darauf v. 5: „ich bin Jesus, den du verfolgest, es wird dir schwer werden wider den Stachel löcken“; und v. 6: „stehe auf und gehe in die Stadt, da wird man dir sagen, was du tun sollt“; dass er dem Jünger Anania im Gesicht erschienen ist und befohlen hat, Saulum zu taufen etc., Ap. Gesch. 9,10.; dass er Paulo erschienen ist zu Korinth, Ap. Gesch. 18,9: „es sprach aber der Herr durch ein Gesicht in der Nacht zu Paulo: fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht“; dass er Paulo, der im Lager vor Jerusalem gefänglich gehalten wurde, erschienen ist und mit ihm geredet hat, davon Ap. Gesch. 23,11. zu lesen ist: „des andern Tages in der Nacht stund der Herr bei ihm und sprach: sei getrost, Paule, denn wie du von mir zu Jerusalem gezeuget hast, also musst du auch zu Rom zeugen“; dass er Johanni erscheint, wandelnd unter den güldenen Leuchtern, Offenb. 1,12.13: „ich sahe sieben güldene Leuchter und mitten unter den sieben güldenen Leuchtern einen, der war eines Menschen Sohn gleich“. Diese Erscheinungen erweisen gewaltig, dass der Herr Christus als Mensch allenthalben zugegen sei, und zwar folgender Gestalt. Dass seine Menschheit im Himmel zugegen sei, ist außer Zweifel; so er nun in dem, und wann er im Himmel ist, zugleich auch auf Erden ist, so folgt, dass dieser Menschheit die göttliche Eigenschaft, allenthalben zu sein, mitgeteilt worden, weil man nicht zeigen kann, wie solches auf eine andere Weise ge-schehe.

 

373. 4) ist Christo seiner Menschheit nach mitgeteilt die Gott allein zuständige Ehre, dass alle Menschen schuldig sind, den Herrn Christum auch als Mensch anzurufen und ihm göttliche Ehre zu beweisen; davon hernach soll gehandelt werden, wenn von der Erhöhung wird zu reden sein.

 

374. Das siebente Stück: die zwei unterschiedlichen Stände der Erniedrigung und der Erhöhung. Diese beiden Stände setzt die Schrift oft zusammen; Eph. 4,9: „dass er aufgefahren ist, was ists, denn dass er zuvor ist hinunter gefahren?“ Phil. 2,8.9: „er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz; darum hat ihn Gott auch erhöhet“ etc. Von beiden aber ist sonderlich zu handeln.

 

(Vom Stand der Erniedrigung.)

( Von Christi Empfängnis.)

 

375. Der Stand der Erniedrigung begreift in sich 1) seine Menschwerdung oder Empfängnis. Davon ist zuvor gedacht, dass Gottes Sohn unsere ganze Natur mit Leib und Seel angenommen hat, jedoch ohne die Sünde, nicht durch Ver-mischung Mannes und Weibes, (denn er ist nach seiner Menschheit ohne Vater, Hebr. 7,3.), sondern durch Überschattung des heil. Geistes, von Maria, einer keuschen und reinen Jungfrau, welche denn solche Leibesfrucht neun Monat getragen, bis sie dieselbe zur Welt geboren hat.

 

(Von Christi Geburt.) 

 

376. 2) Die Geburt, welche zu Bethlehem, nach Weissagung des Propheten Micha, Kap. 5,2., geschehen ist, mit welcher der Herr Jesus recht in seine Erniedrigung getreten ist; denn er wurde im Stall geboren, in die Krippe gelegt und in Windeln gewickelt, Luk. 2,7. Davon die Kirche christlich und fein singt: ach Herr, du Schöpfer aller Ding, wie bist du worden so gering, dass du da liegst auf dürrem Gras, davon ein Rind und Esel aß.

 

(Von Christi Jugend.) 

 

377. 3) Das kindliche Alter, wie auch seine Jugend, davon wenig zu melden ist, ohne dass er nicht lang nach seiner Geburt, als er von den Weisen aus Morgen-land war geehrt worden (Matth. 2,11.), vor dem Grimm des Herodes in Ägypten geflohen ist (Matth. 2,14.), bis derselbe gestorben (v. 11.); nachmals aus Ägypten sich gen Nazareth begeben (v. 23.) und daselbst aufgehalten hat, bis er in sein Predigtamt getreten ist, wie aus Matth. 4,13. Luk. 2,51. Kap. 3,16. zu ersehen. Indessen ist er zu gewissen Zeiten nach Jerusalem zu den hohen Festen ge-reiset, sie feierlich zu begehen, und hat im zwölften Jahr seines Alters sich mit den Lehrern daselbst im Tempel unterredet, Luk. 2,46.

 

(Von Christi Predigtamt.) 

 

378. 4) Das Predigtamt, welches er ins vierte Jahr geführt, das Evangelium von der Gnade Gottes gepredigt, mit Wunderzeichen bekräftigt und sich erwiesen hat, dass er wäre der Heiland, welchen Gott den Vätern versprochen hatte. Dabei ist er in großer Armut (Matth. 8,20. Joh. 12,6.), Hass und Verfolgung herumge-gangen, und hat mancherlei Widerwärtigkeit von seinem eigenen Volk erfahren müssen.

 

(Von Christi Leiden.) 

 

379. 5) Das Leiden und Sterben, in welchem er, laut vieler prophetischen Weissagungen, durch seines eigenen Jüngers Verräterei seinen Feinden übergeben (Ps. 41,10. Zach. 11,12.13.), von den andern verlassen (Zach. 13,7.), von seinen Widerwärtigen geschlagen, gehöhnt und verspeit (Jes. 50,6. Ps. 69,9.), ans Kreuz geheftet (Psalm 22,17.), zwischen zwei Übeltätern aufgehenkt (Jes. 53,13.), mit Essig und Galle getränkt (Psalm 69,23.), endlich getötet (Jes. 53,8. Zach. 13,6.) und begraben worden (Jes. 53,10.), wie solches von den Evangelisten ausführlich beschrieben ist. In diesem allen ist der Sohn Gottes andern Menschen gleich worden, hat eine Knechtsgestalt an sich getragen, ob er wohl bisweilen in sonderlichen Werken seine Majestät und Hoheit hat hervor blicken lassen, deren er sich sonsten geäußert und sie völlig nicht gebraucht hat. Denn sonst hätte er nicht können durch Schmach, Kreuz und Tod das mensch-liche Geschlecht erlösen, welcher Verrichtung halben er doch in die Welt kommen war.

 

(Von Christi Erhöhung.) 

(Von Christi Höllenfahrt.)

 

380. Der Stand der Erhöhung begreift in sich 1) seine Höllenfahrt. Wir bekennen in den Glaubensartikeln, dass Jesus Christus sei niedergefahren zu der Hölle. Darunter ist nichts anders zu verstehen, denn das: nachdem er im Grab wieder lebendig worden, sei er gefahren an den Ort, da die Seelen der Verdammten gepeinigt und zum Gericht behalten werden, und dort habe er sich erzeigt einen Überwinder des Todes und der Hölle, wie er durch seinen Tod die Macht ge-nommen habe dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist, dem Teufel, Hebr. 2,14.; wie er dem Tod ein Gift und der Hölle eine Pestilenz worden sei, Hos. 13,14., und also einen Triumph gehalten habe, den St. Paulus Kol. 2,15. be-schrieben: „er hat ausgezogen die Fürstentum und die Gewaltigen und sie schaugetragen öffentlich und einen Triumph aus ihnen gemacht durch sich selbst.“ Solches mag zum einfältigen Bericht hiervon genugsam sein.

 

(Von Christi Auferstehung.)

 

381. 2) Die Auferstehung aus dem Grab, welche am dritten Tag nach seinem Tod geschehen ist, und womit der Herr sich herrlich erwiesen, dass er Macht habe, sein Leben wieder zu nehmen (Joh. 10,18.); auch durch einen Engel die Wächter des Grabes geschreckt (Matth. 28,2.ff.), dass sie auch darum ihm selber ein herrlich Zeugnis geben müssen, wie er mit großer Majestät von den Toten sei auferstanden.

 

(Vom Zustand der vierzig Tage.)

 

382. 3) Den Zustand der vierzig Tage, in denen sich der Herr seinen Jüngern lebendig erzeigt und mit ihnen umgegangen (Ap. Gesch. 1,3. 1 Kor. 15,5.ff.), zu ihnen gekommen, wenn die Türen verschlossen waren (Joh. 20,19.) und vor ihren Augen verschwunden ist (Luk. 24,31.), und dargetan hat, wie er einen ver-klärten Leib aus dem Grabe gebracht, Phil. 3,21.

 

(Von Christi Himmelfahrt.)

 

383. 4) Die Himmelfahrt, welche Mark. 16,19., Luk. 24,51., Ap. Gesch. 1,9.10. beschrieben wird, dass, nachdem der Herr Jesus seine Jünger gesegnet, sei er aufgehaben zusehens, von ihnen geschieden und aufgefahren gen Himmel und eine Wolke habe ihn vor ihren Augen aufgenommen. Diesen Artikel unsers christlichen Glaubens recht zu verstehen, müssen in acht genommen werden diese beiden Worte, so das ganze Werk in sich begreifen, 1) was für ein Himmel verstanden werde, 2) was da sei dieses Auffahren.

 

384. Das erste betreffend, so hat das Wort Himmel nicht einerlei Verstand in heiliger Schrift. Denn es bedeutet

a. die obere Luft, in der die Vögel herum fliegen, die darum die Vögel des Himmels oftmals genannt werden, 1 Kön. 16,4. Pred. 10,20. Jer. 9,10. Und 5 Mose 28,23. wird die Luft, daraus der Regen herab fällt, der Himmel genannt: „der Himmel, der über deinem Haupt ist, wird ehrnen sein.“

b. das oberste Gebäude der Welt, damit sie umschlossen ist, darein Gott die Sterne gesetzt hat, welches wird die Feste und Himmel genannt, 1 Mose 1,6.8.

c. den seligen Zustand der auserwählten Seelen und heiligen Engel, Matth. 18,10: „der Kinder Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel“. Dieses ist das Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel, 2 Kor. 5,1.; der Schoß Abrahams, Luk. 16,22.; der Berg Zion, die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem, in welchem ist die Gemeine der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind, Hebr. 12,22.23. In diesen Himmel ist der Prophet Elias aufgenommen worden, 2 Kön. 2,11. In diesem Himmel hat Paulus seine Theologia gelernt und unaussprechliche Worte gehört, 2 Korinth. 12,2.4. 1 Korinth. 1,23.

d. Gottes Majestät und Herrlichkeit. Denn also heißt der Himmel Gottes Sitz, Ps. 113,5., Gottes Stuhl, Jes. 66,1., und wir rufen ihn also an: Vater unser, der du bist im Himmel. Solches ist nicht von den sichtbaren Himmeln zu verstehen, als ob Gott in denselben sich verborgen hielte. Denn er erfüllt Himmel und Erde, Jer. 23,24., und ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns, denn in ihm leben, weben und sind wir, Ap. Gesch. 17,27.28. Sondern es ist zu verstehen von seiner Herrlichkeit und dem verborgenen Licht, in welchem er wohnt, da niemand zukommen kann, 1 Tim. 6,16. In dem Himmel hat er vor der Welt Anfang gewohnt, wird auch darin bleiben, wenn die geschaffenen Himmel werden zu nichte worden sein, als geschrieben steht Jes. 58,15: „der Herr hat sein Reich zugerichtet, dass es bleiben soll; von dem an stehet dein Stuhl fest, du bist ewig.“

Also befinden wir zweierlei Himmel, die erschaffenen und die ungeschaffenen. Wenn nun Christus gen Himmel gefahren, so ist die Frage, in welchen Himmel er kommen sei.

 

385. Darauf ist zu wissen, er sei nicht in einen erschaffenen Himmel also ge-fahren, dass er sich in demselben sollte aufhalten, wie er zu Kapernaum seine Wohnung gehabt, wie er in dem Haus Lazari, Joh. 12,2.3., in dem Hause Simonis des Aussätzigen, Matth. 26,6., räumlicher Weise gewesen ist.

 

386. Denn St. Paulus, von der Himmelfahrt redend, bezeugt ausdrücklich, er sei gefahren über alle Himmel, Eph. 4,10., er sei höher, denn der Himmel ist, Hebr. 7,26. Wer aber über alle Himmel auffährt und höher wird denn die Himmel, der bleibt nicht in einem erschaffenen Himmel, sich daselbst räumlicher Weise aufzu-halten.

 

387. Ferner ist der Herr Jesus auch nach seiner Himmelfahrt sichtbarlicher Weise erschienen, wie droben ausgeführt; daher also geschlossen wird: so Christus nach seiner Himmelfahrt und vor dem jüngsten Tag hat können allhier auf Erden sichtbarlich gegenwärtig sein, so ist er nach seiner Menschheit nicht in einen erschaffenen Himmel gefahren, von dannen er bis an den jüngsten Tag nicht wiederkomme. Nun kann er aber auf Erden auch sichtbarer Weise vor dem jüngsten Tage gegenwärtig sein, wie er mit seinen Erscheinungen dargetan hat. Darum ist Christus nach seiner Menschheit nicht in einen erschaffenen Himmel gefahren. Folgt also, dass die Himmelfahrt Christi von einem unerschaffenen Himmel handle, nämlich von dem Himmel der Majestät und Herrlichkeit Gottes, welches sich weitläufiger befinden wird, wenn wir von dem Sitzen zur Rechten Gottes handeln werden.

 

388. Das andere Wort, von dem in diesem Artikel gehandelt wird, ist Auffahren. Und ist abermal zu merken, dass es in göttlichem Wort zweierlei Verstand habe;

a. wenn es heißt eine Veränderung des Raums und der Stelle, von dem untern Ort zu dem obern, und also fuhr Elias gen Himmel, 2 Kön. 2,11.; also fahren die Schiffe im Sturmwind gen Himmel, Psalm 107,26.

 

389. b. wenn es von Gott gebraucht wird, und da bedeutets die Verbergung desselben, nachdem er sich geoffenbart hat, oder Gottes Eingang in seine Wohnung und in das verborgene Licht, dahin kein Mensch kommen kann. Und also redet die Schrift von Gott, als er sich dem Abraham geoffenbart, mit ihm einen Bund gemacht, den Isaak versprochen und hernach durch solche Offen-barung bei ihm zu sein aufhörte, da spricht Moses: „und er hörete auf mit ihm zu reden und Gott fuhr auf von Abraham“, 1 Mose 17,22. Nicht als ob Gott bei Abraham seiner wesentlichen Gegenwart nach nicht mehr gewesen wäre, sondern dass er solche sichtbare Gegenwart ihm entzogen und in seine unsicht-bare und verborgene Wohnung gleichsam eingegangen. Mit Jakob redet der Herr von Vermehrung seines Samens, 1 Mose 35,10.ff. Wie er aber aufhörte, sich durch solche Unterredung gegenwärtig zu erweisen, schreibt Moses v. 13: „also fuhr Gott auf von ihm, von dem Ort, da er mit ihm geredt hatte.“

 

390. In dem Verstand wird von Gott gesagt, er sei herabgefahren, wenn er sich mit einer besondern Offenbarung oder einem vornehmen Werk erwiesen hat. 1 Mose 11,7. sprach Gott: „wohlauf, lasset uns herniederfahren und ihre Sprache verwirren“; 2 Mose 19,18: „der Berg Sinai rauchte darum, dass der Herr herab auf den Berg fuhr“; Psalm 18,10: „er neigete den Himmel und fuhr herab“. Dieses Herabfahren aber ist nicht also zu verstehen, als ob Gott zuvor nicht wäre da-selbst gewesen, sondern, dass er entweder durch sichtbare Gestalt oder durch besondere Werke seine Gegenwart bezeugt, welches er sonst nicht allezeit tut, ob er schon zugegen ist. Also ist im Gegenteil hieraus abzunehmen, was da heiße auffahren, wenn es von Gott gebraucht wird, nämlich aufhören, mit sichtlicher Erscheinung oder besondern Werken seine Gegenwart zu erweisen.

 

391. Wenn nun dieses auf den Artikel der Himmelfahrt Christi gerichtet wird, so wird das Wort auffahren in beiderlei Verstand gebraucht. Einmal heißt es räum-licher Weise sich in die Höhe begeben, denn also wird hievon gelesen, dass der Herr zusehens sei aufgehoben worden und eine Wolke habe ihn vor der Jünger Augen hinweg genommen, Ap. Gesch. 1,9.;

 

392. darnach bedeutet dieses Auffahren den Hingang in die verborgene Herr-lichkeit Gottes, so dass er seine Gegenwart nicht mehr mit leiblichem Anschauen oder äußerlichen sichtbaren Werken erweist, ob er schon gewisslich zugegen ist. Denn wie der Sohn Gottes nach seiner Menschheit gewiss und warhaftig allenthalben zugegen sei, ist in vorigem erwiesen worden. Daraus folgt, er sei nicht also sichtbarer Weise hinweg genommen, dass er ganz und gar nicht mehr auf Erden gegenwärtig sein könnte, sondern dass er mit seiner Himmelfahrt in seine Herrlichkeit sei eingegangen, wie er selber lehrt Luk. 24,26: „musste nicht Christus solches leiden und zu seiner Herrlichkeit eingehen?“ Und Joh. 20,17. spricht er, dieses Auffahren sei ein Gang zum Vater: „ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott, zu meinem Vater und zu eurem Vater.“ So gibt es auch der Zusammenhang dieses Artikels mit dem Sitzen zur rechten Hand Gottes. Denn weil solches Sitzen ist der völlige Gebrauch der Herrlichkeit der mensch-lichen Natur des Herrn Christi, so folgt, dass diese Himmelfahrt der Eingang sei zu demselben Gebrauch dieser Herrlichkeit.

 

393. Demnach besteht die Summa dieses Artikels in folgenden Punkten:

1) Durch die Himmelfahrt ist der Herr Christus eingegangen in seine verborgene Herrlichkeit, die er bei dem Vater gehabt hat, ehe die Welt war, Joh. 17,5.

2) Durch die Himmelfahrt des Herrn Christi ist uns hier entzogen seine sichtbar-liche Gegenwart, weil er dadurch in seine bei Gott verborgene Herrlichkeit einge-gangen.

3) Durch diese Himmelfahrt ist die unsichtbare Gegenwart seiner Menschheit uns hier auf Erden keinesweges entzogen, so wenig als Gott dem Abraham seine Gegenwart gänzlich entzogen hat, als er ist von ihm aufgefahren.

 

(Von Christi Sitzen zur Rechten Gottes.)

 

394. 5) gehört zum Stand der Erhöhung das Sitzen zur rechten Hand Gottes. Dieses Artikels tut Markus Kap. 16, v. 19. solche Meldung: „der Herr ward aufge-haben gen Himmel und sitzet zur rechten Hand Gottes“. Gleichergestalt, wie bei vorigem Artikel, sind die beiden Worte Sitzen und rechte Hand Gottes zu be-trachten, als die den Verstand dieses ganzen Werkes geben werden.

 

395. Die rechte Hand Gottes muss man sich nicht also leiblich einbilden, als hätte Gott Hände, wie wir Menschen haben, denn er ist ein Geist, Joh. 4,24. Ein Geist aber hat nicht Fleisch und Bein, Luk. 24,39. Sondern es ist zu merken, wie die Schrift pflegt figürlicher Weise von Gott zu reden: seine Augen sehen, was die Menschen tun, seine Ohren merken auf unser Gebet. Damit aber will sie nicht leibliche Gliedmaßen andeuten, sondern uns fürbilden durch die Augen seine Allwissenheit, durch die Ohren seine Willfährigkeit, der Gläubigen Gebet in Gnaden aufzunehmen. Gleich also wird durch seine Hand oder Rechte ange-deutet seine Kraft und Allmacht, wie solches die Schrift überflüssig bezeugt; 2 Mos. 15,6: „Herr, deine rechte Hand tut große Wunder, Herr, deine rechte Hand hat die Feinde geschlagen“; Ps. 77,11: „die rechte Hand des Höchsten kann alles ändern“; Ps. 108,6: „Herr, hilf mir mit deiner Rechten“; Ps. 118,15.16: „die Rechte des Herrn behält den Sieg, die Rechte des Herrn ist erhöhet, die Rechte des Herrn behält den Sieg“; Jes. 48,13. spricht Gott: „meine Hand hat den Erdboden gegründet und meine rechte Hand hat den Himmel umspannt“. Solches zeigt klärlich an: weil Gottes Kraft und Allmacht die Feinde geschlagen hat, alles ändern kann, den Erdboden gegründet hat etc., so wird dieselbe göttliche All-macht, so dies alles verrichtet, durch die Rechte Gottes eigentlich verstanden. Und das ist die Ursach, dass die rechte Hand Gottes Jes. 62,8. genannt wird ein Arm der Macht Gottes. Weil denn dieses klar, auch keine Anzeige aus heil. Schrift zu geben ist, dass etwas anders unter Gottes Rechten zu verstehen sei, so ist ohne Not, etwas weiteres davon zu gedenken.

 

396. In solchem Verstande wird in gegenwärtigem Artikel durch das Wort Gottes Rechte verstanden göttliche Kraft, Herrlichkeit und Majestät. Deswegen heißt die rechte Hand, zu der Christus gesessen: die rechte Hand der Kraft Gottes, Luk. 22,69.; die Rechte der Kraft, Matth. 26,64.; die Rechte der Majestät, Hebr. 1,3.; der Stuhl der Majestät, Hebr. 8,1.; der Stuhl der Herrlichkeit, Matth. 19,28.

 

397. Das andere Wort, so hier zu erklären, ist Sitzen. Dasselbe bedeutet ent-weder eine Stellung des Leibes und seiner Glieder, so man nennt sitzen, gleich-wie Abraham saß an der Thür der Hütte, 1 Mose 18,1., und wie der blinde Bartimäus an der Straße bei Jericho saß und bettelte, Luk. 18,35. Dass dieser Verstand des Wortes sitzen hier ganz ungereimt sei, ist bei jedermann außer Zweifel, insonderheit weil der Herr Christus, indem er zur Rechten des Vaters gesessen, hier auf Erden wandelnd erschienen ist, Offenb. 1,13., und Stephanus redet von diesem Sitzen also: „siehe, ich sehe den Himmel offen und Jesum stehen zur Rechten Gottes“, Ap. Gesch. 7,56.

 

398. Oder: sitzen heißt regieren, wie solches in gemeiner Sprache gebräuchlich ist, dass man von Regenten sagt: sie sitzen, das ist, sie regieren; als: Josephus sitzt auf dem kaiserlichen Stuhl, Clemens sitzt auf dem päpstlichen Stuhl etc. Dessen gebraucht sich auch die heil. Schrift, Ps. 132,11: „der Herr hat David einen wahren Eid geschworen: ich will dir auf deinen Stuhl setzen die Frucht deines Leibes“, das ist, Kinder und Kindeskinder sollen dir in deiner Regierung nachfolgen; 2 Thess. 2,4: „der Widerwärtige setzet sich in den Tempel Gottes“, das ist, er regiert und herrscht in der Kirche und übers Volk Gottes; Offenb. 17,1: „die babylonische Hure sitzet auf vielen Wassern“, das ist, sie regiert über viel Völker.

 

399. In diesem Verstand wird von Gott gesagt, dass er sitze, Ps. 47,9: „Gott ist König über die Heiden, Gott sitzet auf seinem heiligen Stuhl“; Ps. 99,1: „der Herr ist König, darum toben die Völker, er sitzet auf Cherubim, darum reget sich die Welt“.

 

400. So verstehen wir nun Christi Sitzen zur rechten Hand Gottes von seinem Regiment, welches er führt nach seiner Himmelfahrt, aus folgenden Ursachen. Dasselbe Sitzen wird durch eine Regierung erklärt, Ps. 110,1.2: „setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege. Der Herr wird das Zepter deines Reiches senden aus Zion. Herrsche unter deinen Feinden“. St. Paulus zeucht diesen Psalmspruch also an 1 Kor. 15,25: „er muss herrschen, bis dass er alle seine Feinde unter seine Füße lege“. Was demnach der Psalm nennet „sitzen zur Rechten Gottes“, das heißt der Apostel herrschen. Und St. Petrus legt diese Worte (setze dich etc., Ps. 110,1.) von der Regierung Christi aus Ap. Gesch. 2,34.ff.: „David ist nicht gen Himmel gefahren, er spricht aber: der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: setze dich zu meiner Rechten, bis dass ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße. So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesum, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christ gemacht hat“. Ps. 8,6.7: „du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von Gott verlassen sein, aber mit Ehren und Schmuck wirst du ihn krönen, du wirst ihn zum Herrn machen über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan“. 1 Petr. 3,22: „Christus ist zur Rechten Gottes in den Himmel gefahren und sind ihm untertan die Engel und die Gewaltigen und die Kräfte“.

 

401. Wenn wir also zusammenfassen die nunmehr erklärten Worte, so ist zur rechten Hand Gottes sitzen nichts anders, denn aus göttlicher Allmacht, Kraft und Gewalt mit göttlicher Majestät und Herrlichkeit über alles herrschen und es re-gieren.

 

402. Solches wird ferner also dargetan. Wer auf Gottes Stuhl und Thron sitzt, der regiert mit göttlicher Kraft und Majestät und solches sein Sitzen ist nichts anders, denn sein allmächtiges und göttliches Regiment; weil Gottes Sitzen auf seinem Stuhl nichts anders ist, denn sein allmächtiges Regiment. Nun sitzt aber der Herr Christus auf Gottes Stuhl; Hebr. 12,1: „Jesus erduldete das Kreuz und ist ge-sessen zur Rechten auf dem Stuhl Gottes“; Offenb. 3,21: „wer überwindet, dem will ich geben mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen, wie ich überwunden habe und bin gesessen mit meinem Vater auf seinem Stuhl“; Kap. 7,17: „das Lamm mitten im Stuhl wird sie weiden“. Darum regiert der Herr Christus mit göttlicher Kraft und Majestät und sein Sitzen auf dem Stuhl Gottes ist nichts anders, denn sein all-mächtiges und recht göttliches Regiment.

 

403. Demnach ist die ganze Summa dieses Artikels von dem Sitzen zur rechten Hand Gottes dies, dass Christus, nachdem er zu seiner Herrlichkeit ist einge-gangen, das Regiment über alle Kreaturen völlig angefangen hat und mit gött-licher Kraft, Allmacht, Herrlichkeit und Majestät darüber herrscht.

 

404. Solches wird denn seiner menschlichen Natur zugeschrieben, weil er als Mensch gen Himmel aufgefahren ist, weil er nur als Mensch und nicht als Gott hat können erhöhet werden, und weil die göttliche Natur selber die Herrlichkeit, Majestät, Kraft und Allmacht Gottes des Vaters ist, als mit welchem sie eines Wesens ist.

 

405. 6) gehört zum Stand der Erhöhung die Zukunft zum Gericht. Weil sie aber nicht nur ein Stück der Erhöhung ist, sondern auch ein Werk des königlichen Amtes Christi, so wollen wir an seinem Ort davon vernehmen.

 

Das sechszehnte Kapitel. 

(Von der Versöhnung Gottes mit den Menschen.) 

 

Damit nun durch den Sohn Gottes alles das verrichtet würde, was, das menschliche Geschlecht zur Seligkeit zu bringen, notwendig sein wollte,

so hat er zuvörderst für die Menschen dem göttlichen Gericht genug getan und sie allerdinge mit Gott ausgesöhnt.

 

406. Dreierlei Verrichtungen haben dem Herrn Christo obgelegen, dadurch er die Menschen zur Seligkeit brächte, 1) dass er sie mit Gott versöhnte, 2) dass er sie von der Versöhnung lehrte und also Gott zuführte, 3) dass er sie regierte, das ist, mit Ordnung und Befehl führte, wider ihre Feinde beschützte und dann wegen ihres Gehorsams oder Ungehorsams richtete und einem jeden gebe, wie er ver-dient hat, es sei gut oder böse. Daher stehen ihm dreierlei Ämter zu, das Ver-söhn- oder hohepriesterliche Amt, das Lehr- oder prophetische Amt, das Regier- oder königliche Amt. In diesem Kapitel ist allein von dem ersten zu handeln,

 

(Von Christi hohenpriesterlichem oder Versühnamt.)

 

407. und verhält sich mit dem hohenpriesterlichen- oder Versöhn-Amt also. Droben ist berichtet worden, dass alle Menschen deswegen, weil sie von Gott geschaffen sind, ihm einen völligen Gehorsam zu leisten schuldig; welche Schuld kein Mensch bezahlen kann, sintemal keiner ist, der Gutes tue und nicht sündige. Weil aber nichts desto weniger Gottes Gerechtigkeit Abzahlung dieser Schuld erfordert, da sie anders mit ihren Schuldleuten nicht könnte friedlich sein, so hat Christus an unserer Statt solche Schuld völlig bezahlt, damit diesfalls keiner an seiner Wohlfahrt gehindert werde.

 

408. Er hat uns also vor göttlichem Gericht von dieser Schuldforderung mit seinem heiligen, unsträflichen und vollkommenen Wandel befreit. Solches be-zeugt der Sohn Gottes selber Matth. 5,17: „ihr sollt nicht wähnen, dass ich kommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht kommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“; St. Paulus Gal. 4,4.5.: „da die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete und wir die Kind-schaft empfingen“; Röm. 5,18.19: „wie durch eines Sünde die Verdammnis über alle Menschen kommen ist, also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Recht-fertigung des Lebens über alle Menschen kommen. Denn gleichwie durch eines Ungehorsam viel Sünder worden sind, also auch durch eines Gehorsam werden viel Gerechte“.

 

409. Ferner haben alle Menschen gesündigt und die göttliche Gerechtigkeit erfordert von ihnen entweder die ewige Strafe oder eine genugsame Bezahlung dafür. Weil aber kein Mensch weder ihm selber noch andern zu raten wusste, wie Ps. 49,8.9. gelesen wird: „kann doch ein Bruder niemand erlösen noch Gotte jemand versöhnen, denn es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen, dass ers muss lassen anstehen ewiglich“; so hat abermals der Sohn Gottes das beste getan, zwischen Gott und Menschen sich in das Mittel gestellt und mit Leiden und Sterben für ihre Schuld Gott genug getan, indem er die Strafe der Sünden auf sich genommen und an ihrer Statt getragen hat, damit die sündigen Menschen Gott seinem Vater wieder versöhnt würden und sich ihrer Sünde halben keines Anspruchs vor göttlichem Gericht zu befahren hätten.

 

410. Dieses nun recht zu vernehmen müssen wir auf folgende drei Fragen gute Achtung geben, 1) ob der Sohn Gottes mit seinem Leiden und Tod für der Menschen Sünde Gottes Gericht ein Genüge getan und bezahlt habe, 2) ob solche Bezahlung für alle und jede Menschen geschehen sei, 3) ob diese Be-zahlung alle Schuld oder Sünde gänzlich hinweg nehme.

 

411. Die erste Frage: ob der Sohn Gottes mit seinem Leiden und Tod für der Menschen Sünde Gottes Gericht ein Genüge getan und bezahlt habe? Dass dem also sei, bezeugt alles dasjenige, was fast viel von diesem Werk im göttlichen Wort gelesen wird. Dasselbe aber ordentlich zu fassen, so meldet die Schrift viererlei, davon uns Christus mit seinem Leiden erlöset habe, 1) von der Sünde, 2) von Gottes Zorn, 3) von dem Fluch des Gesetzes, 4) vom Teufel und Hölle.

 

412. 1) Von der Sünde hat er uns erlöset, a. weil er sich dazu gegeben hat, dass er uns von der Sünde erlösete; Röm. 4,25: „Christus ist um unserer Sünde willen dahin gegeben und um unserer Gerechtigkeit willen auferwecket“; Gal. 1,4: „Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben“; Tit. 2,14: „Christus hat sich selbst für uns gegeben, auf dass er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit“.

 

413. b. weil er unsere Sünde getragen hat; Jes. 53,5: „fürwahr er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen“; v. 7: „der Herr warf unser aller Sünde auf ihn“; Joh. 1,29: „siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“. Und das ists, was 2 Korinth 5,21. geschrieben steht: „Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“. Hierin ist ein schönes Vorbild des Herrn Christi gewesen der Versöhnbock, dem der Hohepriester die Hand auf das Haupt legte und auf ihn bekannte alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretung und Sünde dem Bock aus das Haupt legte und sendete ihn durch einen Mann in die Wüste; musste also der Bock alle Missetat des Volks in die Wüste tragen und von den wilden Tieren zerrissen werden, 3 Mos. 16,20.ff.

 

414. c. weil er die Strafe der Sünden auf sich genommen und sie ausgestanden hat; Jes. 53,6: „er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen; die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet“. Und diese Weissagung zeigt Sankt Petrus an und legt sie aus 1 Ep. 2,24: „welcher unsere Sünde selbst geopfert hat an seinem Leibe auf dem Holz, auf dass wir, der Sünde abgestorben, der Ge-rechtigkeit leben, durch welches Wunden ihr seid heil worden“.

 

415. d. weil er uns durch sein Blut von Sünden geheiligt und gereinigt hat; 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“; Hebr. 13,12: „darum auch Jesus, dass er heilige das Volk durch sein eigen Blut, hat er gelitten außen vor dem Tor“.

 

416. e. weil er für unsere Sünde gestorben ist; 1 Kor. 15,3: „Christus ist gestor-ben für unsere Sünde nach der Schrift“; Hebr. 9,15: „darum ist er auch ein Mittler worden des neuen Testaments, auf dass durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfahen“.

 

417. Aus solchem allen wird geschlossen: wer sich selbst dahin gibt für anderer Leute Sünde, derselben Sünde an seinem Leibe trägt, der Sünden Strafe selbst aussteht, für fremde Sünde stirbt und sie davon durch sein Blut heiligt, der tut damit Gottes Gericht genug für solche fremde Sünde. Der Herr Christus hat sich für unsere Sünde dahin gegeben, sie an seinem Leib getragen etc. Darum hat Christus für unsere Sünde dem göttlichen Gericht genug getan.

 

418. 2) hat uns Christus erlöset von Gottes Zorn und Gericht, weil er die Men-schen mit Gott versöhnt hat,

1. indem er Gott das Versühnopfer seines Leibes zum süßen Geruch geopfert, Ephes. 5,2: „Christus hat uns geliebet und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch“.

2. Indem er die Versöhnung für unsere Sünde worden ist; 1 Joh. 2,2: „Christus ist die Versöhnung für unsere und für der ganzen Welt Sünde“; Kap. 4,10: „darin stehet die Liebe, dass uns Gott geliebet hat und gesandt seinen Sohn zur Ver-söhnung für unsere Sünde“.

3. Indem er durch sein Blut zwischen Gott und den Menschen Friede gemacht hat, Kol. 1,20: „es ist das Wohlgefallen gewesen, dass alles durch ihn versöhnet würde zu ihm selbst“.

4. Indem er uns durch seinen Tod versöhnt hat; Röm. 5,10: „wir sind Gott ver-söhnet durch den Tod seines Sohnes, da wir noch Feinde waren“; Kol. 1,22: „Christus hat euch versöhnet mit dem Leibe seines Fleisches durch den Tod, auf dass er euch darstellete heilig und unsträflich und ohne Tadel vor ihm selbst“.

5. Indem er uns durch sein Blut zu Gnaden gebracht hat, Röm. 3,25: „Gott hat Christum vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut“.

6. Indem er sich Gott dem Vater für uns dargegeben hat zu einem Versöhnopfer, 1 Kor. 5,7: „wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert“. Denn gleichwie Gott die Opfer für die Sünde aufgenommen und (im Vorbild) um derselben willen die Sünde vergeben, 3 Mose 4,21.26.31.35.; also hat der himmlische Vater seines lieben Sohnes Opfer aufgenommen und um dessen willen unsere Sünde vergeben.

7. Indem er uns durch sein Blut Vergebung der Sünden erworben hat, Matth. 26,28: „das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“.

 

419. b. weil er uns von dem göttlichen Zorn errettet hat, indem er sich für alle gegeben hat zur Erlösung, 1 Tim. 2,6., und uns von dem zukünftigen Zorn erlöset hat, 1 Thess. 1,10.; und solches durch Darstreckung seines Lebens, (Matth. 20,28: „des Menschen Sohn ist nicht kommen, dass er ihm dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zur Erlösung für viele“) und durch Ver-giessung seines Blutes, („an Christo haben wir die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden“, Ephes. 1,7. Kol. 1,14.)

 

420. e. weil er uns von dem göttlichen Gericht losgekauft und ihm zu eigen ge-macht hat; Ap. Gesch. 20,28: „die Gemeine Gottes hat er durch sein eigen Blut erworben“; 1 Petr. 1,19: „ihr seid erlöset von eurem eiteln Wandel mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“; Offenb. 5,9: „das Lamm hat uns erkauft mit seinem Blut“; 1 Kor. 6,20: „ihr seid teuer erkauft“.

 

421. d. weil er uns durch sein Blut hat gerechtfertigt. Wer gerechtfertigt wird, der ist damit von dem Gericht und Zorn des Richters befreit und erledigt. Wenn dem-nach der Herr Christus uns mit seinem Blut hat gerechtfertigt (Röm. 5,9: „wir werden durch ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch sein Blut gerecht worden sind“); so hat er uns ja mit seinem Blut von dem Gericht und Zorn Gottes befreit und erledigt.

 

422. Hieraus folgt dieser Schluss: wer sich selbst Gott zum Versöhnopfer für der Menschen Sünde dargibt, durch sein Blut zwischen Gott und ihnen Friede macht, durch seinen Tod Gott versöhnt, sie durch sein Blut zu Gnaden bringt, mit seinem Blut Vergebung der Sünden erwirbt, sein Leben für sie zur Erlösung gibt, durch sein Blut vom göttlichen Gericht loskauft und durch sein Blut rechtfertigt, der errettet die Menschen von Gottes Gericht durch Bezahlung und Genugtuung für ihre Sünde. Christus hat sich Gott zum Versöhnopfer für der Menschen Sünde dargegeben etc.; darum hat er die Menschen von Gottes Gericht durch Be-zahlung und Genugtuung für ihre Sünde errettet.

 

423. 3) hat Christus uns erlöset vom Fluch des Gesetzes. Solches hat der Herr damit verrichtet, dass er sich selber dem Fluch des Gesetzes unterworfen hat, Gal. 3,13.ff: „Christus hat uns erlöset von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns, (denn es stehet geschrieben: verflucht ist jedermann, der am Holz hängt), auf dass der Segen Abrahä unter die Heiden käme in Christo Jesus“.

 

424. Solches gibt diesen Schluss: wer einen andern von des Gesetzes Fluch damit erlöset, dass er für ihn ein Fluch wird, der tut für denselben bei dem Richter genug und bezahlt für ihn seine Schuld. Der Herr Christus hat uns von des Ge-setzes Fluch damit erlöset, dass er für uns ein Fluch worden ist; darum hat er für uns bei Gott dem Vater genug getan und unsre Schuld für uns bezahlt.

 

425. 4) hat uns Christus erlöset vom Teufel und Hölle, und solches durch seinen Tod, Hebr 2,14: „er hat durch den Tod die Macht genommen dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist, dem Teufel“. Der Teufel ist bei dem göttlichen Gericht, wie in weltlichen Gerichten ein Scharfrichter, der Exekutor, der die Strafe, so dem Sünder zuerkannt worden, an ihm vollstreckt. Wer demnach dem Teufel seine Macht über einen andern nimmt, der wirkt denselben los vor göttlichem Gericht. Denn so lang es darauf steht, dass die Strafe am Sünder soll vollstreckt werden, so hat und behält der Teufel seine Macht wider ihn. Und wer durch seinen Tod dem Teufel als dem Exekutor des göttlichen Gerichts seine Macht nimmt, der hat durch seinen eigenen Tod dem Sünder so viel erhalten, dass die gerichtlich er-kannte Strafe an ihm nicht solle vollstreckt werden. Welches nicht anders ge-schehen kann, denn dass er an des Sünders Statt sterbe und mit seinem Tod für ihn dem Gericht genug tue. Weil denn der Herr Christus mit seinem Tod uns aus des Teufels Gewalt errettet hat, so folgt, dass er mit seinem Tod für uns dem göttlichen Gericht genug getan habe.

 

426. Die andere Frage, ob solche Bezahlung für alle und jede Menschen ge-schehen sei, ist auch mit Ja zu beantworten, in Betracht, dass solches vielfältig gelehrt wird, wo die Schrift des Leidens und Todes Christi gedenkt, und es können daraus folgende Beweise angezogen werden:

 

427. 1) weil Gott seinen Sohn allen Menschen zum Heiland verheißen hat; 1 Mos. 3,15: „des Weibes Same wird der Schlange den Kopf zertreten“; Kap. 22,18: „durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden“. Diese Verheißungen gehen an alle Völker auf Erden, davon ja kein Mensch ausgeschlossen wird. So ist die erste Verheißung dem Adam geschehen, nicht seiner Person allein zu gut, sondern dem ganzen menschlichen Geschlecht, als welches in Adam gesündigt und an dessen Statt Adam diese, wie auch vor-gehende und nachfolgende, Rede Gottes angehört hat, so dass davon kein Mensch außer Christo ausgeschlossen ist.

 

428. 2) weil Gott seinen Sohn allen Menschen zum Heil und Wohlfahrt gesandt hat, Joh. 3,17: „Gott hat seinen Sohn gesandt in die Welt, dass die Welt durch ihn selig werde“; 1 Joh. 4,14: „wir haben gesehen und zeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat zum Heiland der Welt“; Röm. 8,32: „Gott hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben“; Galat. 4,4: „Gott sandte seinen Sohn, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete“. Es sind aber alle Menschen unter dem Gesetz, wie Röm. 3,19. geschrieben steht: „was das Gesetz saget, das saget es denen, die unter dem Gesetz sind, auf dass aller Mund verstopft werde und alle Welt Gott schuldig sei“. Darum ist der Sohn Gottes allen Menschen gesandt; Tit. 2,11: „es ist erschienen die heil-same Gnade Gottes allen Menschen“; Luk. 2,10: „ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“.

 

429. 3) weil dem Herrn Christo aller Menschen Sünden aufgelegt worden sind; Jes. 53,7: „der Herr warf unser aller Sünde auf ihn“; Joh. 1,29: „siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“.

 

430. 4) weil der Herr Christus für alle Menschen gestorben ist; 2 Kor. 5,14.15: „wir halten, dass, so einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben, und er ist darum für sie alle gestorben etc.“; Hebr. 2,9: „er hat für alle den Tod ge-schmecket“; Kol. 1,19.20: „es ist das Wohlgefallen gewesen, dass in ihm alle Fülle wohnen sollte und alles durch ihn versöhnet würde zu ihm selbst, es sei auf Erden oder im Himmel“.

 

431. 5) weil der Sohn Gottes alle Menschen, so viel deren Adam verderbt hatte, wiederum zurecht gebracht hat; Matth. 18,11: „des Menschen Sohn ist kommen selig zu machen, das verloren ist“; Röm. 5,18: „wir durch eines Sünde die Ver-dammnis über alle Menschen kommen ist, also ist auch durch eines Gerechtig-keit die Rechtfertigung des Lebens über alle Menschen kommen“; 1 Korinth. 15,22: „gleichwie sie in Adam alle sterben, also werden sie in Christo alle leben-dig gemacht werden“.

 

432. 6) weil alle Menschen berufen werden, des Herrn Christi Guttaten zu genießen. So viel von Gott berufen werden, dass sie des Herrn Christi Wohltaten genießen sollen, für so viel hat Christus genug getan. Nun berufet Gott zu Christo alle Menschen; Matth. 11,28: „kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und be-laden seid, ich will euch erquicken“; Ap. Gesch. 17,30: „Gott gebeut allen Men-schen an allen Enden, Buße zu tun“. (Aber davon wird das prophetische oder Lehramt Christi ferner berichten). Demnach wird geschlossen: darum hat Christus für alle Menschen genug getan.

 

433. 7) weil die Ungläubigen darum mit ewiger Verdammnis sollen gestraft werden, weil sie nicht haben glauben wollen, dass Christus für sie gestorben sei; Mark. 16,16: „wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubet, der wird verdammt“; Joh. 16,8.9: „wenn der heilige Geist kommt, der wird die Welt strafen um die Sünde, dass sie nicht glauben an mich“; Kap. 3,18: „wer an den Sohn nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes“. Was haben nun die, so verdammt werden, glauben sollen? Eben das, was Sct. Paulus glaubte: Christus hat mich geliebet und sich selbst für mich dargegeben (Gal. 2,20.). Wer das nicht glaubt, der wird um solches Unglaubens willen verdammt. Zum Exempel: Judas ist verdammt, weil er nicht geglaubt hat, Christus habe sich für ihn dahin gege-ben; Kaiphas ist verdammt, denn er hat nicht geglaubt, dass Christus sich für ihn dargegeben. Nun verdammt Gott keinen darum, dass er das nicht glaubet, das doch nicht wahr ist. Darum folgt, dies sei wahrhaftig wahr, Christus habe sich für Judas, Kaiphas, auch alle andern Ungläubigen und folglich für alle Menschen dahin gegeben.

 

434. 8) weil auch die von Christo erlöset sind, welche umkommen und ewiglich verderben. Es sind zwei Haufen der Menschen, einer der Gläubigen, davon kein Streit ist, Christus sei gewiss für sie gestorben; der andere der Ungläubigen. Wenn nun der Sohn Gottes auch für dieselben ist gestorben, so folgt, er sei für alle Menschen gestorben, weil keiner ist, der nicht unter dieser Haufen einen müsse gezählt werden. Dass aber Christus auch für die Ungläubigen gestorben, ist aus diesen Zeugnissen klar. Röm. 14,15: „Lieber, verderbe den nicht mit deiner Speise, um welches willen Christus gestorben ist“; 1 Kor. 8,11: „es wird über deinem Erkenntnis der schwache Bruder umkommen, um welches willen doch Christus gestorben ist“; 2 Petr. 2,1: „falsche Lehrer verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat, und werden über sich selbst führen ein schnell Verdammnis“; Hebr. 10,29: „wir viel ärger Strafe wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Testaments unrein achtet, durch welches er geheiligt ist“. Darum ist er gewisslich für alle Menschen gestorben.

 

435. 9) weil uns aller Trost entfallen würde, wenn der Herr Christus allein für etliche wenige gestorben wäre, in Betracht, dass niemand daraus könnte gewiss sein, dass Christus auch für ihn gestorben sei; hingegen müssten alle zweifeln, ob sie unter der Zahl solcher wenigen wären. Dagegen ist der christliche Trost fest und stark genug, wenn wir wissen, der Herr habe alle mit seinem Tod er-löset; sintemal gewiss folgt: Christus ist für alle Menschen gestorben, ich bin ein Mensch, darum ist er auch für mich gestorben.

 

436. Die dritte Frage, ob diese Bezahlung alle Schuld oder Sünde der Menschen hinweg nehme, wird gleichfalls mit Ja beantwortet, und solches damit bekräftigt:

1) weil uns Christus von der Sünde erlöset, mit Gott versöhnt und Vergebung und Gerechtigkeit erlangt hat. Hier ist zu widerholen, was von der Erlösung, Ver-söhnung mit Gott, Vergebung der Sünden und Rechtfertigung ist gesagt worden. Denn daraus folgt: wer nicht aller Banden frei ist, der ist aus seinem Gefängnis noch nicht erlöset; welcher allein etlicher, nicht aber aller Schuld und Verbrechen halben mit dem Richter verglichen ist, der ist noch nicht mit ihm versöhnt; welchem nur etliche Sünde erlassen ist, der hat noch nicht Vergebung der Sün-den; der ist nicht gerechtfertigt, welcher nicht aller Sünden frei ist. Darum, so Christus uns erlöset, versöhnt, der Sünden Vergebung und Gerechtigkeit erlangt hat, so hat er uns von allen Sünden gereinigt und befreit.

 

437. 2) weil Gott denen, welchen er gnädig ist, alle Sünde vergibt. Dass Gottes Gnade alle Sünden hinweg nehme, wird bezeugt Jes. 38,17: „du wirfst alle meine Sünde hinter dich zurück“; Mich. 7,19: „er wird sich unser erbarmen, unsere Missetat dämpfen und alle unsere Sünde in die Tiefe des Meeres werfen“. Dass solches durch Christum geschehen, lesen wir Joh. 1,17: „Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum worden“; Ap. Gesch. 4,12: „es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden“. Hieraus folgt: welche Sünde Gott den Menschen erlässt, für dieselbe hat Christus bezahlt; Gott erlässt den Menschen alle Sünde; darum hat Christus für alle Sünde bezahlt.

 

438. 3) weil die Schrift klärlich besagt, Christus habe uns von aller Sünde er-ledigt; 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“; Joh. 1,29: „das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“; Zach. 3,8.9: „ich will meinen Knecht Zemah kommen lassen, denn siehe, ich will ihn aushauen, spricht der Herr Zebaoth, und will die Sünde desselben Landes wegnehmen auf einen Tag“.