Hutter - Taufe

 

Leonhard Hutter (1563-1616): Inbegriff der Glaubens-Artikel aus der heiligen Schrift und den symbolischen Büchern zusammengestellt (Compendium locorum theologicorum ex scripturis sacris et libro concordiae), Leipzig 1837

 

Leonhard Hutter über die Taufe:

 

Zwanzigster Artikel. Von der heiligen Taufe.

 

1. Was ist die Taufe?

 

Die Taufe ist nicht allein schlecht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefasst, und mit Gottes Wort verbunden. – Kl. Katech. S. 591. (S. 129)

 

2. Welches ist dies Wort Gottes?

 

Matth. 28,19. „Gehet hin in alle Welt, lehret alle Heiden, und taufet sie im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes.“ Und Marc. 16,16. „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig; wer aber nicht glaubt, der wird ver-dammt.“ Gr. Katech. S. 759.

 

3. Ist denn die Taufe zur Seligkeit notwendig?

 

Ja freilich; und zwar wegen des Gebotes Gottes. „Denn was Gott eingesetzet und gebeut, muss nicht vergeblich, sondern eitel köstlich Ding sein, wenn es auch dem Ansehen nach geringer denn ein Strohhalm wäre.“ Ebend. S. 760. Vgl. Augsb. Conf. Art. 9. S. 43.

 

4. Was gibt oder nützet die Taufe?

 

„Sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel, und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten.“ Kl. Katech. S. 591. Vgl. Gr. Katech. S. 763. „Aufs Andre, weil wir nun wissen, was die Taufe ist, und wie sie zu halten sei, müssen wir auch lernen, warum und wozu sie eingesetzt sei, das ist, was sie nütze, gebe und schaffe. Solches kann man auch nicht besser, denn aus den Worten Christi fassen, nämlich: wer da glaubet und getauft wird, der wird selig (Marc. 16,16). Darum fasse es aufs allereinfältigste, also, dass dieses der Taufe Kraft, Werk, Nutz, Frucht und Ende ist, dass sie selig mache. Denn man tauft niemand darum, dass er ein Fürst werde, sondern wie die Worte lauten, dass er selig werde. Selig werden aber weiß man wohl, dass nichts anders heiße, denn von Sünden, Tod, Teufel erlöset, in Christus Reich kommen, und mit ihm ewig leben.“

 

5. Lehrt die heilige Schrift von dem Nutzen und der Wirkung der Taufe ebenso?

 

Ja; denn so spricht Paulus zum Titus am 3, V. 5: „Nach seiner Barmherzigkeit hat er uns selig gemacht, durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes, welchen er ausgegossen hat über uns reichlich durch Jesum Christum, unsern Heiland; auf dass wir durch desselbigen Gnade gerecht, und Erben sein des ewigen Lebens, nach der Hoffnung.“ Und Christus selbst bestätigt dies, indem er Joh. 3,5 sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, es sei denn, dass jemand gebo- (S. 130) ren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Und St. Petrus im 1. Br. Kp. 3,21: „Die Taufe macht uns selig; nicht das Abtun des Unflats am Fleisch, sondern der Bund eines guten Gewissens mit Gott, durch die Auferstehung Jesu Christi.“

 

6. Wie kann Wasser solche große Dinge tun?

 

„Wasser tut’s freilich nicht, sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, so solchem Wort Gottes im Wasser traut. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlecht Wasser und keine Taufe; aber mit dem Wort Gottes ist’s eine Taufe, das ist ein gnadenreich Wasser des Lebens, und ein Bad der neuen Geburt im heiligen Geist, wie Sct. Paulus sagt zum Tito am 3. Kap.“ Kl. Katech. S. 590.

 

+ 7. Also darf das Wasser bei der Taufhandlung von dem Worte Gottes nicht ge-trennt werden?

 

Das Wasser darf in der Taufhandlung wohl von dem Worte Gottes unterschieden, aber nicht von demselben getrennt werden. Denn dieses Wasser ist durch das Wort Gottes so geheiligt, dass es nichts anderes ist, als göttliches Wasser: nicht als wenn dieses Wasser, in sich und an sich, trefflicher sei, als jedes andere Wasser, sondern weil das Wort und der Befehl Gottes zu ihm kommt. Wenn man daher das Wort von dem Wasser trennt, so ist es kein anderes Wasser, als das, was man im gewöhnlichen Leben gebraucht: aber, wenn dies Wort mit ihm verbunden wird, dann ist es ein Sakrament und Christi Taufe. Gr. Katech. S. 761. „Aus diesem lerne nun einen richtigen Verstand, und antworten auf diese Frage, was die Taufe sei, nämlich also, dass sie nicht ein bloß schlecht Wasser ist, sondern ein Wasser in Gottes Wort und Gebot gefasst, und dadurch geheiligt, dass (sie) nichts anders ist, denn ein Gottes-Wasser, nicht, dass das Wasser an ihm selbst edler sei, denn andere Wasser, sondern dass Gottes Wort und Gebot dazu kommt. Darum ist’s ein lauter Bubenstück und des Teufels Gespötte, dass jetzt unsere neue Geister, die Taufe zu lästern, Gottes Wort und Ordnung davon lassen, und nichts anders ansehen, denn das Wasser, das man aus dem Brunnen geschöpft, und darnach daher geifern: Was sollte eine Hand voll Wassers der Seelen helfen? Ja lieber, wer weiß das nicht, dass Wasser Wasser ist, wenn es Von-einander-trennens soll gelten? Wie darfst du aber so in Gottes Ordnung greifen, und das beste (S. 131) Kleinod davon reißen, damit es Gott verbunden und eingefasst hat, und nicht will getrennt haben? Denn das ist der Kern in dem Wasser, Gottes Wort und Gebot, und Gottes Namen, welcher Schatz größer und edler ist, denn Himmel und Erde. Also fasse nun den Unter-scheid, dass viel ein ander Ding ist Taufe, denn alle andere Wasser, nicht des natürlichen Wesens halben, sondern dass hier etwas Edleres dazu kommt. Denn Gott selbst seine Ehre hinan setzt, seine Kraft und Macht daran legt. Darum ist es nicht allein ein natürlich Wasser, sondern ein göttlich, himmlisch, heilig und selig Wasser, und wie man's mehr loben kann, alles um des Worts willen, welches ist ein himmlisch, heilig Wort, das niemand genug preisen kann, denn es hat und vermag alles, was Gottes ist; daher hat es auch sein Wesen, dass es ein Sakrament heißet, wie auch Sct. Augustinus gelehrt hat: Wenn das Wort zum Element oder natürlichem Wesen kommt, so wird ein Sakrament daraus, das ist, ein heilig, göttlich Ding und Zeichen.“

 

* 8. Wer soll getauft werden?

 

Die Kinder, welche jüngst geboren sind. S. Augsb. Conf. Art. 9. S. 44. – Apolog. Art. 4. S. 261. – Gr. Katech. S. 769.

 

* 9. Beweise mit starken Gründen, dass man die kleinen Kindlein taufen soll?

 

1) Christus hat alle Völker zu taufen befohlen, also auch die Kinder. 2) Das Reich Christi ist nur da, wo das Wort und die Sakramente sind: es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen, Joh. 3,5. Wenn also die Kinder dem Reiche Christi einverleibt werden sollen, so kann dies nicht anders geschehen, als durch Vermittlung der Taufe. 3) Die Verheißung der Seligkeit gehört auch den Kindern, nach jenem Wort Matth. 19,14. Marc. 10,14: Lasset die Kindlein zu mir kommen, denn solcher ist das Himmelreich. Und Matth. 18,14: Also auch ist es vor euerm Vater im Himmel nicht der Wille, dass jemand von diesen Kleinen verloren werde. Daher gehören für dieselben Kleinen auch die Mittel, durch welche die Ver-heißung der Seligkeit zugeeignet und versiegelt wird. 4) Gott hat selbst bezeugt, dass ihm die Taufe der Kinder angenehm sei, indem er durch so viele Jahr-hunderte hindurch aus dem menschlichen Geschlecht eine Gemeine gesammelt hat, während (S. 132) dieses Sakrament auf die Kinder angewendet wurde: indem er den so Getauften den heiligen Geist gab, und endlich die meisten selig machte. 5) Die Taufe ist an die Stelle der Beschneidung getreten, Koloss. 2,12. Wie nun die Beschneidung bei den Kindern als Bundeszeichen angewendet wurde, eben so muss es mit der Taufe geschehen. S. Apol. Art. 4. S. 261. – Gr. Katech. S. 769 ff.

 

+ 10. Also behauptest du, dass alle getaufte Kinder wahrhaft wiedergeboren und in die Gnade Gottes aufgenommen werden?

 

Ja, dies behaupte ich; denn so sagt der Apostel: „Alle, die wir in Christum getauft sind, die sind in seinen Tod getauft.“ Röm. 6,3. Und: „Wie viele euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ Gal. 3,27. Ja Christus selbst spricht: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig.“ Marc. 16,16. Augsb. Conf. Art. 9. S. 44.

 

* 11. Auf diese Weise scheinest du zu behaupten, dass die getauften Kinder wahrhaftig an Christum glauben?

 

Ganz recht: denn dass die Kinder durch die Taufe, in Kraft des heiligen Geistes, mit dem wahren Glauben beschenkt werden, erhellet schon daraus, dass sie wiedergeboren werden. Die Wiedergeburt aber kann nicht ohne Glauben ge-schehen. Und Christus versichert auch selbst deutlich, dass die Kinder an ihn glauben, Matth. 18,6.

 

* 12. Dürfen denn auch Erwachsene getauft werden?

 

Ja, so viel ihrer zu unserer Kirche übertreten und ein Bekenntnis des rechten Glaubens ablegen können.

 

+ 13. Behauptest du aber, dass auch alle getaufte Erwachsene ebenso wieder-geboren werden, als die Kinder?

 

Hier ist ein Unterschied zu machen: wenn nämlich die Erwachsenen im Herzen wahrhaftigen Glauben haben, wie sie mit dem Munde das Glaubensbekenntnis ablegen, so empfangen sie eine wahrhaft heilsame Taufe; wenn sie aber List oder Heuchelei hegen, dann empfangen sie zwar die Taufe, dem Wesen nach, vollständig, aber nicht auf heilbringende Weise. Denn ohne Glauben nützt die Taufe nichts; und nur der Glaube macht den Men- (S. 133) schen würdig, dieses heilsame und göttliche Wasser nützlich zu empfangen. Gr. Katech. S. 765 f. „Aufs dritte, weil wir den großen Nutzen und Kraft der Taufe haben, so lass nun weiter sehen, wer die Person sei, die solches empfange, was die Taufe gibt und nützet; das ist abermal aufs feinste und klärlichste ausgedrückt, eben mit den Worten: Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig. Das ist, der Glaube macht die Person allein würdig, das heilsame göttliche Wasser nützlich zu empfangen. Denn weil solches allhie in den Worten, bei und mit dem Wasser fürgetragen und verheißen wird, kann es nicht anders empfangen werden, denn dass wir solches von Herzen glauben. Ohne Glauben ist es nichts nütz, ob es gleich an ihm selbst ein göttlicher, überschwenglicher Schatz ist. Darum vermag das einige Wort: wer da glaubt, so viel, dass es ausschließt und zurück treibet alle Werke, die wir tun können, der Meinung, als dadurch Seligkeit zu erlangen und verdienen. Denn es ist beschlossen, was nicht Glaube ist, das tut nichts dazu, empfängt auch nichts.“

 

* 14. Kann die Taufe wiederholt werden?

 

Nein: denn die Taufe ist und bleibet immerdar wahr, und ihr Wesen unverändert. Denn was Gott einmal geordnet hat, das kann durch den Unglauben der Men-schen nicht umgestoßen und aufgehoben werden. Gr. Katech. S. 773. „Darum sei beschlossen, dass die Taufe allezeit recht, und in vollem Wesen bleibe, wenn gleich nur ein Mensch getauft würde, und dazu nicht rechtschaffen glaubte; denn Gottes Ordnung und Wort lässt sich nicht von Menschen wandelbar machen, noch ändern.“

 

* 15. Aber wenn der Getaufte aus der Gnade Gottes fällt, muss dann nicht die Taufe wiederholt werden?

 

Nein: denn ob jemand gleich die heilsame Frucht der Taufe durch Sünden ver-liert, so kann er doch alsbald zu derselben zurückkehren, wenn er nämlich den alten Menschen durch Buße tötet und ersäufet. Dass er aber wiederum mit Wasser begossen werde, ist nicht notwendig. Ebend. S. 775.

 

* 16. Wieso?

 

Weil, wenn ein solcher auch hundertmal in das Wasser getaucht würde, er doch nur eine Taufe empfängt, jene nämlich, welche ist der Bund eines guten Ge-wissens mit Gott. Denn (S. 134) dieser Bund bleibt von Seiten Gottes stets unverändert. Wenn daher einer, nach empfangener Taufe, wiederum aus Gottes Gnade fällt, aber durch wahre Reue und Buße zurückkehrt, so fängt die Taufe, die er einmal empfangen hat, sogleich wieder an, ihm heilsam zu sein.

 

17. Was bedeutet bei der Taufhandlung das Untertauchen in das Wasser, und das Herausziehen aus demselben?

 

„Es bedeutet, dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden, und sterben, mit allen Sünden und bösen Lüsten, und wiederum täglich heraus kommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit für Gott ewiglich lebe. Denn St. Paulus zu den Römern am 6. spricht: Wir sind samt Christo durch die Taufe begraben in den Tod, dass, gleich wie Christus ist von den Toten auferwecket durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen wir auch in einem neuen Leben wandeln.“ Kl. Katech. S. 593. Vgl. Gr. Katech. S. 773 ff.