J. Gerhard - Gericht

 

45. VOM LETZTEN GERICHT.

 

FÜRCHTE DICH VOR CHRISTI RICHTERSTUHL.

 

Der Vater richtet niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohne übergeben Joh. 5,22. Ich weiß, Herr Jesu, dass du als strenger Vergelter Aller wiederkommen und die verborgenen Taten und Worte und Gedanken der Menschen an das Licht bringen wirst 1 Kor. 4,5. Matth. 12,36. Oben wird der strenge Richter, unten die offene Hölle sein: inwendig das beißende Gewissen, auswendig das brennende Feuer: zur Rechten die anklagenden Sünden, zur Linken die schreckenden bösen Geister. Die guten Engel werden da sein und den Eingang zum Himmel wehren, und die bösen werden hinab zur Hölle ziehen. Herr Jesu, zu wem soll ich meine Zuflucht nehmen in solchen meinen Ängsten? Ich bin in Sorge wegen aller meiner Werke, denn ich weiß, dass du keines Schuldigen schonest. Da werde ich stehen zwischen Zeit und Ewigkeit. Die Zeit ist dahin, die unbegrenzten Räume der Ewigkeit sind noch übrig. Die bösen Geister werden ihre Werke fordern: das Böse, dazu sie geraten haben, werden sie in jenem strengen Gerichte alles an das Licht bringen, um die Seele, die sich ihnen verbunden hat, mit sich zu den Qualen zu ziehen. Es wird alles Heer des Himmels verfaulen, und der Himmel wird eingewickelt werden wie ein Brief; und alle sein Heer wird verwelken, wie ein Blatt verwelket am Weinstock, und wie ein dürres Blatt am Feigenbaum Jes. 34,4. Die Sonne wird sich schämen, und der Mond wird mit Schanden bestehen Jes. 24,23. Wenn diese Werke deiner Hände, die niemals etwas Böses begangen haben, vor deinem Angesicht zurückweichen werden, wie kann ich elender Sünder vor deinem Angesichte bestehen? Auch die Himmel sind nicht rein vor dir Hiob 15,15; wie viel mehr ich Elender, der ich Unrecht saufe wie Wasser? Hiob 15,16. So der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Sünder erscheinen? 1 Petr. 4,18. Wohin also soll ich fliehen, zu wem soll ich mich wenden, als zu dir, Herr? Du, der du für meine Sünden gestorben bist, wirst der Richter meiner Sünden sein. Denn der Vater richtet niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohne übergeben. Der Vater hat dem Sohne das Gericht übergeben, aber der Sohn ist wiederum um unserer Sünde willen dahin gegeben Röm. 4,25. Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab Joh. 3,16, nicht dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn selig würde. Wie wirst du mich also richten, Herr Jesu, da du vom Vater gesandt bist, dass ich durch dich selig würde? Den Willen deines Vaters hast du vollkommen erfüllt: wie also wirst du denselben in dem, was meine Beseligung anbelangt, nicht erfüllen? Es ist vor deinem Vater im Himmel nicht der Wille, dass jemand von diesen Kleinen verloren werde Matth. 18,14. Klein bin ich vor dir, klein auch in meinen Augen, denn ich bin nichts als Erde und Asche 1 Mos. 18,27. Und nicht bloß Erde und Asche, sondern auch was den Fortschritt in der Heiligung anbelangt, nur zu gering und unbedeutend. Erfülle darum an mir den Willen deines Vaters. Du bist gekommen, o Jesu, selig zu machen, das verloren ist Matth. 18,11; wie also wirst du den, der selig werden will, richten können? Meine Sünden werden mich anklagen, und ein strenges Urteil des Richters fordern, aber du hast meine Sünden auf dich genommen, du trägst die Sünden der Welt Joh. 1,29, warum nicht auch die meinigen? Wie wirst du mich um meiner Sünden willen verdammen, da du für sie gestorben bist? Du bist gestorben für der ganzen Welt Sünde 1 Joh. 2,2, warum nicht auch für die meinige? Ja, Herr Jesu, wenn du mich streng hättest richten wollen, was hätte dich genötiget, vom Himmel herab in’s Fleisch, in den Tod, an’s Kreuz zu kommen? Die bösen Geister werden mich anklagen, und die Werke, die sie mir geraten, von mir fordern. Aber der Fürst dieser Welt ist gerichtet, und hat nichts an dir Joh. 16,11. Wenn er an dir nichts hat, so hat er auch nichts an mir; denn ich glaube an dich, und darum bleibst du in mir, und ich in dir. Er wird mich verklagen als deinen Freund, er wird mich verklagen als deinen Bruder, er wird mich verklagen als den geliebtesten Sohn des ewigen Vaters. Wie wirst du deinen Freund, Bruder und Sohn streng richten? Mose wird mich verklagen in jenem Gerichte und mich verflucht nennen, weil ich nicht alle Worte gehalten habe, die im Gesetz geschrieben stehen 5 Mos. 27,26. Aber du, Christe, der du ein Fluch für mich geworden bist, wirst mich erlösen vom Fluche des Gesetzes Gal. 3,13. Dem Mose bin ich ein Fluch, dir aber ein Segen, denn ich verlange nach der Stimme, die da spricht: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich Matth. 25,34. Mose wird mich verklagen, du aber wirst mich nicht verklagen bei dem Vater, sondern wirst vielmehr mich vertreten Röm. 8,34. Darum fürchte ich den Fluch Mose’s nicht, denn du hast seine Handschrift, so wider mich war, aus dem Mittel getan Kol. 2,14. Es werden mich die Verdammten verklagen und gleicher Strafe wert erklären. Ich bekenne, o Herr Jesu, dass die Schuld mich ihnen gleich stellt; aber das Bekenntnis dieser Schuld und deine selige Erkenntnis unterscheidet mich von ihnen. Wer dein Wort höret, und glaubet dem, der dich gesandt hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in das Gericht Joh. 5,24. Ich höre dein Wort, Herr, und glaube an dich zwar noch mit schwachem Glauben, aber doch mit Glauben. Ich glaube, lieber Herr, aber hilf meinem Unglauben Mark. 9,24. Ich glaube, lieber Herr, aber stärke mir den Glauben Luk. 17,5. Obwohl ich nicht frei bin von den Sünden aller Verdammten, so wirst du doch, lieber Herr, von dem bloßen Unglauben mich befreien. Jene Verkläger alle schrecken mich, aber du, Richter, machst mich getrost. Dir hat der Vater alles Gericht übergeben Joh. 5,22, hat alle Dinge dir übergeben Matth. 11,27, aber er hat auch dich wieder für uns alle dahin gegeben; du hast dich auch selbst für deine Kirche dahin gegeben, dass du sie heiligest und reinigest durch das Wasserbad im Wort Eph. 5,25.26. Wie wirst du die mit strengem Gerichte richten, für die du dich in den Tod, und zwar in den Tod am Kreuze, dahin gegeben hast? Phil. 2,8. Du wirst dein eigen Fleisch nicht hassen; wir sind Glieder deines Leibes, von deinem Fleisch und von deinem Gebein Eph. 5,29.30.