Calvin (Institutio) - Heiliger Geist

 

VOM HEILIGEN GEISTE. 

 

Mit den herrlichsten Namen bezeichnet die Schrift den Geist da, wo von dem Ursprung und von der Wiederherstellung unseres Heils die Rede ist. Zuerst wird er genannt der Geist der Kindschaft, Röm. 8,15.; denn er ist für uns ein Zeuge der freien göttlichen Gnade, mit welcher uns Gott in seinem geliebten Sohne umfasst hat, auf dass er uns ein Vater wäre; er gibt uns auch Vertrauen, zu ihm zu beten, er legt uns die Worte in den Mund, so dass wir beherzt ausrufen: Abba, lieber Vater. Gal. 4,6. Eben darum wird er auch genannt ein Pfand und Siegel unserer Erbschaft, 2 Kor. 1,21.; denn er macht uns, die wir in dieser Welt wallen und den Toten ähnlich sind, vom Himmel herab so lebendig, dass wir fest überzeugt sind, dass unter Gottes getreuem Schutze unser Heil ganz gesichert sei; daher wird auch gesagt, dass er das Leben sei um der Gerechtigkeit willen. Röm. 8,10. Weil er uns aber durch seine geheimnisvolle Befeuchtung fruchtbar macht, um die Früchte der Gerechtigkeit zu tragen, so wird er öfters ein Wasser genannt; so beim Propheten Jesaias, Jes. 55,1.: „Alle, die ihr durstig seid, kommet her zum Wasser;“ ferner, Jes. 44,3.: „ich will meinen Geist ausgießen über die Durstigen, und Wasserströme über die Dürren;“ womit der Spruch Christi übereinstimmt, Joh. 7,37.: „So Jemand dürstet, der komme zu mir.“ Zuweilen heißt er auch so wegen seiner Kraft zu reinigen und zu säubern; wie beim Ezechiel, wo der Herr reines Wasser verheißt, womit er sein Volk von der Unreinigkeit waschen wolle. Ezech. 36,25. Weil er aber diejenigen, welche er mit dem Saft seiner Gnade begossen hat, wieder kräftig in's Leben bringt, und sie darin erhält, so empfängt er davon den Namen Öl und Salbung. 1 Joh. 2,20.27. Weil er hingegen unsere verderbte Lust beständig ausbrennt und unsere Herzen zur Gottseligkeit entzündet, so wird er ein Feuer genannt. Luk. 3,16. Endlich wird er uns beschrieben als ein Born, woraus alle himmlischen Schätze uns zufließen; oder als eine Hand Gottes, Joh. 4,14., Apostelg. 11,21., wodurch er seine Macht ausübt, weil er durch den Anhauch seiner Kraft uns das göttliche Leben so einflößt, dass wir nun nicht von uns selbst getrieben, sondern durch seine Wirkung und Regung regiert werden, so, dass wo etwas Gutes in uns ist, dies eine Frucht seiner Gnade ist, unsere Tugenden aber ohne ihn nichts als Finsternis des Verstandes und Verkehrtheit des Herzens sind. Durch den Geist allein verbindet Christus sich mit uns zu jenem heiligen Ehebund, wodurch wir Fleisch von seinem Fleisch, Bein von seinen Gebeinen, ja Eins mit ihm werden. Durch desselben Geistes Kraft und Gnade werden wir zu seinen Gliedern gemacht, so, dass er uns in sich vereiniget und zusammen hält, wir dagegen ihn besitzen. Ephes. 5,30. Gleichwie aber der Glaube sein vornehmstes Werk ist, so führt er uns auch durch diesen allein zu dem Licht des Evangeliums, wie Johannes lehrt, Joh. 1,12, dass denen, die an Christum glauben, dieser Vorzug verliehen sei, dass sie Gottes Kinder seien, als die nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Gott geboren seien. Es ist also ein übernatürliches Gnaden-geschenk, wenn wir Christum im Glauben annehmen, da wir sonst im Unglauben stecken bleiben würden. Diesem entspricht auch, was Christus dem Petrus antwortet, Matth. 16,17.: „Fleisch und Blut hat dir solches nicht geoffenbaret, sondern mein himmlischer Vater“. In dieser Beziehung sagt Paulus: dass die Epheser versiegelt worden seien mit dem Geist der Verheißung, Ephes. 1,13.; denn er ist ein innerlicher Lehrer, durch dessen Wirkung die Verheißung des Heils in unsere Herzen eindringt, da sie sonst nur die Luft oder unsere Ohren treffen würde. Wenn er ferner sagt, 2 Thess. 2,13.: dass die Thessalonicher von Gott in der Heiligung des Geistes und im Glauben der Wahrheit erwählt worden seien: so zeigt er durch diese Zusammenstellung, dass der Glaube nicht anders woher komme, als nur vom Geist. Noch klarer spricht dies Johannes aus, 1 Joh 3,24.: Wir wissen, dass er in uns bleibet, an dem Geiste, den er uns gegeben hat. Darum verheißet Christus seinen Jüngern, damit sie der himmlischen Weisheit fähig sein möchten, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht kann empfangen, Joh. 14,17, und schreibt ihm dies eigene Amt zu, das, was er selbst mündlich gelehrt hatte, einzugeben oder in Erinnerung zu bringen; wie denn freilich den Blinden vergeblich das Licht schiene, wenn nicht der Geist des Verständnisses die Augen des Gemütes eröffnete: so, dass man ihn mit Recht einen Schlüssel nennen kann, womit die Schätze des Himmelreiches aufgeschlossen werden, und seine Erleuchtung ist das Gesicht unserer Seele. Darum rühmt Paulus das Amt des Geistes so hoch, 2 Kor. 3,6.: denn die Lehrer würden ohne Nutzen rufen, wenn nicht Christus, der innerliche Lehrer, durch seinen Geist diejenigen zu sich zöge, die ihm vom Vater gegeben sind. Gleich wie also in der Person Christi das vollkommene Heil gefunden wird, so tauft er uns, damit wir desselben teilhaftig werden, mit dem heiligen Geist und mit Feuer, indem er uns zum Glauben an sein Evangelium erleuchtet, uns durch die Wiedergeburt zu neuen Kreaturen macht, uns von aller Besudelung reinigt und zu Gott geheiligten Tempeln weihet. Luk. 3,16.