J. Gerhard - Fröhlicher Wechsel

 

13. VON DER GEISTLICHEN VERMÄHLUNG CHRISTI UND DER SEELE. 

 

JESUS IST DER BRÄUTIGAM DER SEELEN.

 

Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit Hos. 2,19, spricht Christus zu der gläubigen Seele. Christus wollte an der Hochzeit, die zu Kana in Galiläa gefeiert ward, Teil nehmen Joh. 2,2, um zu zeigen, dass er zur geistlichen Vermählung in die Welt gekommen sei. Freue dich im Herrn, und sei fröhlich, gläubige Seele, in deinem Gott! Denn er hat dich angezogen mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet wie eine Braut, die mit Geschmeide geziert ist Jes. 61,10. Freue dich ob der Würde des Bräutigams, freue dich ob der Herrlichkeit des Bräutigams, freue dich ob der Liebe des Bräutigams! Seine Würde ist die höchste; denn er ist wahrhaftiger Gott, hochgelobet in Ewigkeit! Röm. 9,5. Wie groß ist also die Würde dieses Geschöpfes, nämlich der gläubigen Seele, weil sich der Schöpfer selbst mit ihr verloben will. Seine Herrlichkeit ist die höchste; denn er ist, der Schönste unter den Menschenkindern Ps. 45,3: sie sahen ja seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater Joh. 1,14; sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider waren weiß wie der Schnee Matth. 17,2; auch ist die Gnade ausgegossen über seine Lippen Ps. 45,33 mit Ehren und Schmuck ist er gekrönet Ps. 8,6. Von welcher Erbarmung zeugt es also, dass jene höchste Schönheit die Seele der Sünder, die befleckt und verunstaltet ist, nicht unwert achtet sich zur Braut zu erwählen! Auf Seiten des Bräutigams ist die höchste Vollkommenheit, auf Seiten der Braut die höchste Unvollkommenheit; auf Seiten des Bräutigams die höchste Schönheit, auf Seiten der Braut die höchste Hässlichkeit; und doch ist die Liebe des Bräutigams zur Braut noch größer, als die der Braut zu dem herrlichsten und schönsten Bräutigam. Schaue an die unendliche Liebe deines Bräutigams, o gläubige Seele! Die Liebe hat ihn vom Himmel auf die Erde gezogen, der Beschimpfung preisgegeben, an das Kreuz geheftet, im Grabe verschlossen und zu denen in der Hölle hinabgeführt. Wer hat das alles getan außer die Liebe zu der Braut? Aber unser Herz ist unempfindlicher als Stein und Blei, weil das Band so großer Liebe es nicht zu Gott ziehet, kraft deß die Liebe zuvor Gott zu den Menschen gezogen hat. Bloß und nackt war die Braut Ezech. 16,22, und konnte in solcher Beschaffenheit in das königliche Gemach des himmlischen Reiches nicht eingeführt werden. Er selbst zog sie an mit Kleidern des Heils und der Gerechtigkeit. Da sie in das schmutzige Hemd der Sünden, und in den abscheulichsten Überwurf der Ungerechtigkeit gehüllt da lag, gab er ihr, sich anzutun mit reiner und schöner Seide, die Seide aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen Off. Joh. 19,8. Dies Kleid ist die Gerechtigkeit, die durch das Leiden und den Tod des Bräutigams erworben ist. Jakob diente vierzehn Jahre, um die Rahel zum Weibe zu erhalten 1 Mos. 29,20.27: Christus hat fast vier und dreißig Jahre Hunger, Durst, Kälte, Armut, Schmach, Beschimpfung, Bande, Geißelhiebe, der Galle Bitterkeit, den Tod, das Kreuz sich gefallen lassen, damit er die gläubige Seele sich zur Braut zurichten und erwerben möchte. Simson ging hinab und suchte sich eine Braut aus den Völkerschaften, die durch Unterjochung den Philistern einverleibt worden waren Richt. 14,3: der Sohn Gottes stieg herab und erwählte sich eine Braut aus den der Verdammnis und dem ewigen Tode geweiheten Menschen. Das Geschlecht der Braut war dem himmlischen Vater feind, aber er machte dasselbe durch das bitterste Leiden dem Vater angenehm. Die Braut lag in ihrem Blute Ezech. 16,22, hingeworfen über die Erde; aber er wusch sie ab durch das Bad der Taufe und reinigte sie durch das heiligste Mittel der Reinigung Eph. 5,26: er reinigte das Blut der Braut durch sein eigenes Blut; denn das Blut des Sohnes Gottes macht uns rein von allen Sünden 1 Joh. 1,7. Schmutzig und hässlich war die Braut; aber er salbete sie mit Balsam Ezech. 16,9, mit Barmherzigkeit nämlich und mit Gnade. Die Braut war nicht ehrbar gekleidet; aber er gab ihr Geschmeide an die Arme und Ohrenringe in die Ohren Ezech. 16,11.12, er schmückte sie mit Tugenden und den mannigfachen Gaben des heiligen Geistes. Die Braut war sehr arm und hatte nicht, was sie zum Pfande geben sollte: darum hinterließ er ihr das Pfand des Geistes Eph. 1,14, und nahm von ihr das Pfand des Fleisches, und führete sie ein in den Himmel. Die Braut war hungrig, aber er gab ihr Semmeln, Öl und Honig zu essen Ezech. 16,19, mit seinem eigenen Fleische und Blute stärkte er sie zum ewigen Leben. Die Braut ist trotzig und bricht oft die eheliche Treue, hurt mit der Welt und mit dem Teufel; aber aus unendlicher Liebe nimmt sie der Bräutigam wieder auf in die Gnade, so oft sie in wahrer Buße sich zu ihm bekehret. Erkenne, o gläubige Seele, so viele und so große Beweise der Liebe; schätze, o gläubige Seele, die Liebe deß, der aus Liebe zu dir in den Leib der Jungfrau herabgestiegen ist. Um so viel müssen wir ihn mehr lieben als uns, als er selbst größer ist als wir, der sich für uns dahin gegeben hat. Unser ganzes Leben muss dem nachgebildet werden, der aus Liebe zu uns unsere Gestalt vollkommen angenommen hat. Für den Undankbarsten hält man billig den, welcher den, der ihn liebt, nicht wieder liebt. Wie sehr ist also der unserer Liebe wert, welcher aus Liebe zu uns seiner Herrlichkeit gleichwie vergessen hat. Selig die Seele, welche durch das Band dieser geistlichen Vermählung mit Christo verbunden wird! Die eignet sich alle Wohltaten Christi sicher und mit Zuversicht zu, wie sonst das Weib in der Ehe glänzet in den Strahlen ihres Mannes. Teilhaftig aber dieser geistlichen Vermählung und selig werden wir allein durch den Glauben, wie geschrieben stehet: Ich werde mich mit dir verloben in Ewigkeit Hos. 2,19. Der Glaube pflanzet uns Christo, dem geistlichen Weinstocke ein Joh. 15,5, dass wir das Leben und die Kraft zum Leben aus ihm ziehen; und wie die, welche in der Ehe leben, nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch sind Matth. 19,6, so werden die, welche dem Herrn anhangen durch den Glauben, ein Geist mit ihm 1 Kor. 6,17; denn durch den Glauben macht Christus Wohnung in unsern Herzen Eph. 3,17. Der Glaube, wenn er wahr ist, ist tätig durch die Liebe Gal. 5,6. Wie die Priester unter dem alten Bunde Jungfrauen zu Weibern nehmen mussten 3 Mos. 21,7.13, so vermählt sich jener himmlische Priester geistlicher Weise nur mit einer solchen Jungfrau, die von des Teufels, der Welt und ihres Fleisches Willen sich rein und unbefleckt erhält. Mache uns, o Christe, würdig, zur Hochzeit des Lammes einst einzugehen! Amen. Off. Joh. 19,7.