Bullinger - Kirche

 

Heinrich Bullinger

Das Zweite Helvetische Bekenntnis

(Confessio Helvetica Posterior 1566)

 

Bullinger über die Kirche:

 

XVII. KAPITEL: DIE KATHOLISCHE (ALLGEMEINE) UND HEILIGE KIRCHE GOTTES UND DAS EINZIGE HAUPT DER KIRCHE

 

Weil Gott von Anfang an wollte, dass die Menschen selig würden und zur Er-kenntnis der Wahrheit kämen, muss es immer eine Kirche gegeben haben und muss es jetzt und bis ans Ende der Welt eine Kirche geben, das heißt: eine aus der Welt berufene oder gesammelte Schar der Gläubigen, eine Gemeinschaft aller Heiligen, nämlich derer, die den wahren Gott durch das Wort und den Heiligen Geist in Christus, dem Heiland, wahrhaft erkennen und recht anbeten und im Glauben an allen durch Christus umsonst angebotenen Gütern teilhaben. Alle diese Menschen sind Bürger eines Staates, leben unter dem gleichen Herrn, unter den gleichen Gesetzen und haben an allen Gütern gleichen Anteil. Denn so hat sie der Apostel genannt „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph. 2,19), indem er die Gläubigen auf Erden Heilige nennt, weil sie durch das Blut des Sohnes Gottes geheiligt sind (1. Kor. 6,11). Auf diese bezieht sich der Artikel des Glaubensbekenntnisses: Ich glaube eine heilige, katholische (allgemeine) Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen. Und da es immer nur einen einzigen Gott gibt, nur einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Messias Jesus, einen Hirten der ganzen Erde, ein Haupt dieses Leibes, schließlich einen Geist, ein Heil, einen Glauben und ein Testament oder einen Bund, so folgt daraus notwendig, dass es auch nur eine einzige Kirche gibt. Deshalb nennen wir sie die katholische christliche Kirche, weil sie allumfassend ist, sich über alle Teile der Welt und über alle Zeiten erstreckt und weder durch Ort noch Zeit eingeschränkt ist. Wir wenden uns deshalb gegen die Donatisten, die die Kirche auf weiß was für Winkel Afrikas beschränken wollten. Wir billigen auch nicht die Lehre des römischen Klerus, die bloß die römische Kirche für katholisch (allgemein christlich) ausgibt. Zwar teilt man die Kirche ein in verschiedene Teile oder Arten, nicht weil sie in sich selbst geteilt oder zerrissen wäre, sondern vielmehr, weil sie verschieden ist wegen der Mannigfaltigkeit ihrer Glieder. Sie bilden einerseits die streitende, anderseits die triumphierende Kirche. Jene streitet bis heute auf der Erde und kämpft mit dem Fleische, der Welt und dem Fürsten dieser Welt, dem Teufel, mit der Sünde und dem Tode. Diese aber triumphiert, dem Kampfe enthoben, im Himmel, und freut sich, befreit von all diesen Dingen, vor Gott. Nichtsdestoweniger haben beide miteinander Gemeinschaft oder Verbindung. Auch hatte die auf Erden streitende Kirche stets sehr viele besondere Kirchen, die aber alle zur Einheit der katholischen christ-lichen Kirche gehören. Diese war anders eingerichtet vor dem Gesetz unter den Patriarchen, anders unter Moses durch das Gesetz und wieder anders seit Christus durch das Evangelium. Gewöhnlich unterscheidet man zweierlei Völker, altes und neues nämlich das Volk der Israeliten und das Volk der Heiden, oder derer, die aus den Juden und aus den Heiden in der Kirche vereinigt wurden, ebenso zwei Testamente, das alte und das neue. Doch bildeten und bilden jetzt noch alle diese Völker nur eine einzige Gemeinschaft, sie haben alle ein Heil in einem Messias, in dem sie als Glieder eines Leibes unter einem Haupte alle verbunden sind, und haben auch an derselben Speise und an demselben geistlichen Tranke teil. Immerhin anerkennen wir hier, dass es in verschiedenen Zeiten verschiedene Bekenntnisse im Blick auf den verheißenen und den erschienenen Messias gegeben hat, dass aber uns nach Aufhebung des Zeremonialgesetzes das Licht heller leuchtet und dass uns auch vermehrte Gaben und vollere Freiheit gegeben sind. Diese heilige Kirche Gottes wird das Haus des lebendigen Gottes genannt, erbaut aus lebendigen und geistlichen Steinen, und gegründet auf den unbeweglichen Felsen, auf den Grund, außer dem kein anderer gelegt werden kann. Deshalb heißt sie auch „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim. 3,15). Sie irrt nicht, solange sie sich auf den Felsen Christus und den Grund der Apostel und Propheten stützt. Es ist aber nicht zu verwundern, wenn sie irrt, so oft sie den verlässt, der allein die Wahrheit ist. Die Kirche wird auch genannt Jungfrau und Braut Christi, und zwar die einzige und geliebte. Der Apostel sagt nämlich: “Ich habe euch mit einem Manne verlobt, um euch als eine reine Jungfrau Christus zuzuführen“ (2. Kor. 11,2). Die Kirche wird ferner genannt Herde der Schafe unter dem einen Hirten Christus und zwar bei Ezechiel 34 und bei Johannes 10. Ebenso heißt sie Leib Christi, weil die Gläubigen lebendige Glieder Christi sind unter dem Haupte Christus. Das Haupt ist des Leibes wichtigster Teil; von ihm schöpft der Leib das Leben, durch seinen Geist wird er in allen Dingen regiert, von ihm hat er Gedeihen und Wachstum. Der Leib hat nur ein einziges Haupt, und es ist ihm angepaßt. Deshalb kann die Kirche kein anderes Haupt haben als Christus. Denn wie die Kirche der geistliche Leib ist, so muss sie auch ein entsprechendes geistliches Haupt haben. Und sie kann durch keinen anderen Geist regiert werden als durch Christi Geist. Auch Paulus sagt: „Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Kirche, er, der der Anfang ist, der Erstgeborene von den Toten, damit in allem er den Vorrang hat“ (Kol. 1,18). Und wiederum sagt er: „Christus ist das Haupt der Kirche, er als Erlöser seines Leibes“ (Eph. 5,23). Ferner spricht er: „Er hat ihn zum Haupt über alles der Kirche gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles mit allem erfüllt“ (Eph. 1,22-23). Ebenso: „Wir sollen ... in allen Stücken hinanwachsen zu ihm, der das Haupt ist, Christus. Und von ihm aus vollbringt der ganze Leib, zusammengefügt und zusammengehalten, das Wachstum“ (Eph. 4,15-16). Wir billigen deshalb nicht die Lehre des römischen Klerus, der seinen römischen Papst zum allgemeinen Hirten und Oberhaupt, ja sogar zum Statt-halter Christi für die katholische streitende Kirche auf Erden macht, der die Fülle der Gewalt und die höchste Herrschaft in der Kirche habe, wie sie sagen. Wir lehren nämlich, dass Christus der Herr sei und der einzige Oberhirte Christus der der Welt bleibe; als Hoherpriester verrichte er vor Gott, dem Vater, und in der Kirche selber jegliches Priester- oder Hirtenamt bis ans Ende der Welt. Daher bedarf er keines Statthalters, den nur ein Abwesender nötig hat. Christus aber ist in der Kirche gegenwärtig und ihr lebendigmachendes Haupt. Er hat seinen Aposteln und ihren Nachfolgern aufs strengste verboten, Vorrang und Herrschaft in der Kirche aufzurichten. Die sich deshalb dieser hellen Wahrheit hartnäckig widersetzen und in der Kirche eine andere Regierung einführen – wer sähe nicht, dass sie jenen beigezählt werden müssen, von denen die Apostel Christi weissagen, nämlich Petrus in 2. Pet. 2,1ff., und Paulus Apg. 20,29f.; 2. Kor. 11,3ff.; 2. Thess. 2,3ff., und auch an anderen Stellen? Mit der Ablehnung des römischen Oberhauptes bringen wir jedoch keine Unordnung oder Verwirrung in die Kirche, da wir ja lehren, dass uns die von den Aposteln überlieferte Leitung der Kirche genüge, die Kirche in rechter Ordnung zu halten. Am Anfang, als noch kein römisches Haupt da war, das – wie man heute sagt – die Ordnung in der Kirche aufrecht erhielt, ist sie auch nicht ungeordnet und zuchtlos gewesen. Das römische Haupt will eben nur seine eigene Willkürherrschaft und die in der Kirche eingerissenen Missstände bewahren, hindert und bekämpft aber die rechte Reformation der Kirche und sucht sie mit allen Mitteln zu hintertreiben. Man wirft uns vor, es gebe in unseren Kirchen mancherlei Streit und Zwietracht, seit sie sich von der römischen Kirche getrennt hätten; deshalb seien sie nicht wahre Kirchen. Als ob es in der römischen Kirche keine Sekten und niemals Meinungs-verschiedenheiten und Streitigkeiten gegeben hätte, und zwar gerade in Glaubenssachen, die nicht etwa nur in Schulen, sondern auch auf den heiligen Kanzeln mitten im Volk ausgetragen wurden. Wir anerkennen wohl, dass der Apostel gesagt habe: „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens“ (1. Kor. 14,33) und: „Wenn unter euch Eifersucht und Zank sind, seid ihr da nicht fleischlich?“ (1. Kor. 3,3). Indessen kann aber nicht geleugnet werden, dass Gott in der apostolischen Kirche gewesen sei, und dass diese die wahre Kirche gewesen sei, trotzdem in ihr auch Streit und Zwietracht vorkam. Denn der Apostel Paulus tadelt den Apostel Petrus (Gal. 2,11ff.); mit Paulus ist Barnabas uneins (Apg. 15). Schwerer Streit entsteht in der Gemeinde Antiochia unter Leuten, die doch den einen Christus predigten, wie uns Lukas in der Apostelgeschichte, Kapitel 15, erzählt. In der Kirche hat es immer schwere Kämpfe gegeben, und hervorragende Lehrer der Kirche waren, nicht etwa in untergeordneten Dingen, uneins, und doch hörte deswegen die Kirche nicht auf, das zu sein, was sie war. So gefällt es eben Gott, auch die kirchlichen Streitig-keiten zum Ruhme seines Namens dienen zu lassen, damit schließlich die Wahrheit leuchtend hervortrete und damit die Bewährten offenbar werden. Wie wir übrigens kein anderes Haupt der Kirche anerkennen als Christus, so anerkennen wir auch nicht jede beliebige Kirche, die sich für die wahre ausgibt, als wahre Kirche. Wir lehren aber, jene sei die wahre Kirche, bei der die Zeichen oder Merkmale der wahren Kirche zu finden sind: vor allem die rechtmäßige und reine Verkündigung des Wortes Gottes, wie sie uns in den Büchern der Pro-pheten und Apostel überliefert ist, die alle zu Christus hinführen, der im Evange-lium gesagt hat: „Meine Schafe hören auf meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir nach, und ich gebe ihnen ewiges Leben... Einem Fremden aber werden sie nicht nachfolgen, sondern vor ihm fliehen; denn sie kennen die Stimme des Fremden nicht“ (Joh. 10,27ff; 4,5). Wenn solche Leute in der Kirche sind, so haben sie einen Glauben, einen Geist und beten allein den einen Gott an, verehren nur ihn im Geist und in der Wahrheit; ihn allein lieben sie von ganzem Herzen und mit allen ihren Kräften, rufen ihn allein durch Christus, den einzigen Mittler und Fürsprecher, an und suchen außerhalb Christus und dem Glauben an ihn keine Gerechtigkeit und kein Leben. Weil sie Christus allein als Haupt und Fundament der Kirche anerkennen und auf diesem Grunde stehend sich täglich durch die Buße erneuern, tragen sie das ihnen auferlegte Kreuz mit Geduld, sind aber auch mit allen Gliedern Christi durch ungeheuchelte Liebe verbunden, und beweisen dadurch, dass sie Jünger Jesu sind, indem sie im Bande des Friedens und heiliger Einigkeit verharren. Zugleich nehmen sie auch teil an den von Christus eingesetzten und von den Aposteln überlieferten Sakramenten, und sie gebrauchen diese nicht anders, als wie sie es vom Herrn empfangen haben. Bekannt ist ja allen jenes Wort des Apostels: „Denn ich habe vom Herrn her empfangen, was ich euch überliefert habe“ (1. Kor. 11,23). Darum verwerfen wir jene Kirchen als der wahren Kirche Christi fremd, die nicht solcher Art sind, wie sie nach dem Gehörten sein sollen, mögen sie sich noch so sehr mit der ununterbrochenen Aufeinanderfolge ihrer Bischöfe, ihrer Einheit und ihrem hohen Alter brüsten. Die Apostel lehren uns ja deutlich genug, wir sollten den Götzendienst und Babylon fliehen und keine Gemeinschaft damit haben, wenn wir nicht auch der Züchtigung Gottes teilhaft werden wollen (1. Kor. 10,14; 1. Joh. 5,21; Offb. 18,4; 2. Kor. 6,14ff). Die Gemeinschaft mit der wahren Kirche schätzen wir aber so hoch, dass wir behaupten, niemand könne vor Gott leben, der mit der wahren Kirche Gottes keine Gemeinschaft pflege, sondern sich von ihr absondere. Denn wie außerhalb der Arche Noahs keine Rettung war, als die Menschheit in der Sintflut umkam, so glauben wir, dass außerhalb Christus, der sich den Erwählten in der Kirche zum Genusse darbietet, kein gewisses Heil vorhanden sei. Deshalb lehren wir, dass, wer leben will, sich von der wahren Kirche nicht absondern dürfe. Doch schränken wir die Kirche nicht so eng in die erwähnten Kennzeichen ein, dass wir lehrten, alle jene seien außerhalb der Kirche, die weder geflissentlich noch aus Verachtung nicht an den Sakramenten teilnehmen, sondern aus zwingenden und unvermeidlichen Gründen, also unfreiwillig, ihnen fernbleiben und sie entbehren. Wir schließen auch die nicht aus, bei denen der Glaube bisweilen abnimmt, sofern er nicht gänzlich aus-gelöscht wird oder später aufhört, auch solche nicht, bei denen sich Gebrechen, Mängel oder Irrtümer finden. Denn wir wissen, dass Gott außerhalb des Volkes Israel manche Freunde in der Welt gehabt hat. Wir wissen, wie es dem Volke Gottes in der babylonischen Gefangenschaft erging, da sie siebzig Jahre lang ihren Opferdienst entbehren mussten. Wir wissen, wie es dem heiligen Petrus bei seiner Verleugnung ging, und was täglich den auserwählten Gläubigen Gottes zu begegnen pflegt, wie sie irren und schwach sind. Wir wissen außerdem, wie zur Apostelzeit die Gemeinden der Galater und Korinther beschaffen gewesen sind, bei denen der Apostel Paulus über viele schwere Vergehen Klage führt und sie dennoch heilige Gemeinden Christi nennt. Ja, bisweilen geschieht es sogar, dass Gott in gerechtem Gericht die Wahrheit seines Wortes, den allgemeinen christlichen Glauben und die rechtmäßige Gottesverehrung derart verdunkeln und zerstören lässt, dass es beinahe scheint, als sei es aus mit der Kirche, und es sei nichts mehr von ihr übrig, so wie wir es zur Zeit des Elias und zu anderen Zeiten in der Tat sehen. Indessen hat Gott in dieser Welt und in diesen dunklen Zeiten doch noch seine wahren Anbeter, und zwar sind es nicht wenige, sondern siebentausend und mehr (1. Kön. 19,18; Offb. 7,3ff.). Denn auch der Apostel ruft aus: „Doch der feste Grund, der von Gott gelegt ist, bleibt bestehen und trägt dieses Siegel: Der Herr hat erkannt, die sein sind“ usw. (2. Tim. 2,19). Daher kann auch die Kirche unsichtbar genannt werden, nicht etwa, weil die Menschen unsichtbar wären, aus denen die Kirche gesammelt wird, sondern weil die Kirche für unsere Augen verborgen und Gott allein bekannt ist und das menschliche Urteil oft am Ziele vorbeischießt. Wiederum sind nicht alle, die der Kirche beigezählt werden, Heilige und lebendige, wahre Glieder der Kirche. Denn viele sind Heuchler, die zwar äußerlich Gottes Wort hören und vor den Augen der Leute die Sakramente empfangen; auch erwecken sie den Anschein, als ob sie Gott durch Christus allein anriefen und bekennten, Christus sei ihre einzige Gerechtigkeit, als ob sie Gott verehrten, ihre christlichen Liebespflichten erfüllten und im Unglück eine Zeitlang geduldig ausharrten; aber inwendig fehlt ihnen die wahre Erleuchtung des Geistes, der Glaube, die Aufrichtigkeit des Herzens und die Beharrlichkeit bis ans Ende. Schließlich werden aber solche Menschen in ihrem wahren Wesen doch entlarvt. Denn der Apostel Johannes sagt: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie gehörten nicht zu uns; denn wenn sie zu uns gehörten, wären sie bei uns geblieben“ (1. Joh. 2,19). So werden sie denn immerhin zur Kirche gezählt, so lange sie scheinbar fromm sind, mögen sie auch nicht wirklich zur Kirche gehören, gerade wie die Verräter im Staat, bevor sie entdeckt sind, selber auch unter die Bürger gerechnet werden, und wie sich der Lolch oder das Unkraut und die Spreu unter dem Weizen finden, oder wie man am gesunden Leib etwa Kröpfe und Geschwülste findet, obwohl sie in Wirk-lichkeit eher krankhafte Erscheinungen und Verunstaltungen sind, als wahre Glieder des Leibes. Deshalb wird die Kirche Gottes ganz richtig mit einem Netze verglichen, das Fische aller Art fängt, und mit einem Acker, in dem sich Unkraut und Weizen zugleich findet (Mt. 13,47ff.; 13,24ff.). Deshalb müssen wir uns sehr davor hüten zu versuchen, vor der Zeit zu richten, diejenigen auszuschließen und zu verwerfen oder auszustoßen, die der Herr nicht ausgeschlossen oder aus-gestoßen haben will, oder die wir ohne Schädigung der Kirche nicht aussondern können. Anderseits muss man darüber wachen, dass nicht die Gottlosen, während die Frommen schlafen, Fortschritte machen und der Kirche so Schaden zufügen. Außerdem lehren wir mit allem Fleiß, man solle darauf achten, worin am ehesten die Wahrheit und Einheit der Kirche liege, damit wir nicht leichtfertig Spaltungen erzeugen und in der Kirche begünstigen. Jene liegt nicht in den äußeren Zeremonien und gottesdienstlichen Gebräuchen, sondern vielmehr in der Wahrheit und Einheit des katholischen christlichen Glaubens. Der katholische christliche Glaube ist uns aber nicht durch menschliche Satzungen überliefert, sondern durch die göttliche Schrift, deren Zusammenfassung das Apostolische Glaubensbekenntnis ist. Daher lesen wir, dass bei den Alten zwar mannigfaltige Verschiedenheit in den gottesdienstlichen Gebräuchen bestanden habe, dass sie aber eine freie Mannigfaltigkeit gewesen sei und niemand gedacht habe, dass dadurch die Einheit der Kirche je aufgelöst werde. Deshalb sagen wir, die wahre Einheit der Kirche bestehe in den Glaubenslehren, in der wahren und einmütigen Verkündigung des Evangeliums Christi sowie in den vom Herrn selbst ausdrück-lich überlieferten gottesdienstlichen Gebräuchen. Deshalb dringen wir ganz besonders auf jenes Apostelwort: „Wir alle nun, die wir vollkommen sind, wollen diese Gesinnung hegen; und wenn ihr in etwas anderen Sinnes seid, wird euch Gott auch dies offenbaren. Doch wozu wir schon gelangt sind, eben darin lasset uns wandeln!“ (Phil. 3,15-16).