Luther - über den Glauben und die Werke

 

Über den Glauben – und die Werke

 

(Martin Luther: Vorrede zum Römerbrief, zitiert nach Walch, 2. Ausgabe, Bd. 14, Sp. 99-100, Rechtschreibung angepasst)

 

„Glaube“ ist nicht der menschliche Wahn und Traum, den etliche für Glauben halten. Und wenn sie sehen, dass keine Besserung des Lebens noch gute Werke folgen, und doch vom Glauben viel hören und reden können, fallen sie in den Irrtum, und sprechen: Der Glaube sei nicht genug, man müsse Werke tun, soll man fromm und selig werden. Das macht, wenn sie das Evangelium hören, so fallen sie daher, und machen ihnen aus eigenen Kräften einen Gedanken im Herzen, der spricht: Ich glaube. Das halten sie denn für einen rechten Glauben. Aber wie es ein menschlich Gedicht und Gedanken ist, den des Herzens Grund nimmer erfährt, also tut er auch nichts, und folgt keine Besserung hernach.

Aber Glaube ist ein göttlich Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert aus Gott, Joh. 1,13., und tötet den alten Adam, macht uns ganz andere Menschen von Herzen, Mut, Sinn und allen Kräften, und bringt den Heiligen Geist mit sich. O, es ist ein lebendig, schäftig, tätig, mächtig Ding um den Glauben, dass unmöglich ist, dass er nicht ohne Unterlass sollte Gutes wirken. Er fragt auch nicht, ob gute Werke zu tun sind, sondern ehe man fragt, hat er sie getan, und ist immer im Tun. Wer aber nicht solche Werke tut, der ist ein glaubloser Mensch, tappet und sieht um sich nach dem Glauben und guten Werken, und weiß weder was Glaube oder gute Werke sind, wäscht und schwatzt doch viel Worte vom Glauben und guten Werken.

Glaube ist eine lebendige, erwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiss, dass er tausendmal darüber stürbe. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen, welches der Heilige Geist tut im Glauben. Daher der Mensch ohne Zwang willig und lustig wird, jedermann Gutes zu tun, jedermann zu dienen, allerlei zu leiden Gott zu Liebe und zu Lob, der ihm solche Gnade erzeigt hat, also dass unmöglich ist, Werke vom Glauben scheiden, ja so unmöglich, als Brennen und Leuchten vom Feuer mag geschieden werden. Darum siehe dich vor vor deinen eigenen falschen Gedanken und unnützen Schwätzern, die vom Glauben und guten Werken klug sein wollen zu urteilen, und sind die größesten Narren. Bitte Gott, dass er den Glauben in dir wirke, sonst bleibst du wohl ewiglich ohne Glauben, du dichtest und tust, was du willst oder kannst.