Luther - der Jüngste Tag

 

Der Jüngste Tag

 

(Martin Luther: Auslegung zu 1. Kor 15,51-53, zitiert nach Walch, 2. Ausgabe, Bd. 8, Sp. 1322-1335, Rechtschreibung angepasst)

 

Bisher hat St. Paulus gewaltig beweiset den Artikel von der Auferstehung, dass das elende, jämmerliche, menschliche Fleisch, so da stirbt, verfault und in der Erde verwest, aus der Erde wieder hervorkommen und auferstehen werde; da-neben auch angezeigt, mit welcherlei Leibe die Toten kommen werden. Nun sagt er, wie es am jüngsten Tage, in der Auferstehung von den Toten, zugehen werde, und setzt ein sonderlich Stücklein, dergleichen man sonst nicht findet in der heiligen Schrift. „Siehe“, spricht er, „ich sage euch ein Geheimnis.“

„Geheimnis“ heißt ein heimlich Ding, das aus den Augen getan, von Sinnen und Vernunft ferne gesetzt, und aller Welt verborgen ist, ein verdeckt Ding, das mit keiner Vernunft mag erlangt werden, denn allein durch den Glauben. So spricht er nun: Ich will euch etwas Heimliches und Verborgenes gleichsam in ein Ohr sagen. Nicht also, dass es niemand hören, und niemand davon wissen solle, denn ihr allein (denn weil ich ein Apostel bin und Lehrer der Heiden, und mein Wort öffentlich geht in alle Welt, so soll es jedermann hören, zu dem mein Wort kommt), sondern also, dass sie es nicht alle glauben werden. Ich schreibe es öffentlich, dass es öffentlich gepredigt werde, und dass es alle Welt höre, aber allen wird es nicht zu Herzen gehen. Darum ist’s ein Geheimnis, und bleibt ein Geheimnis, dass es jedermann hören mag; aber viel werden es nicht achten; denselben wird’s auch verborgen bleiben, ob sie es schon hören und wissen. Offenbar ist es, und doch heimlich. Offenbar, dass es öffentlich gepredigt, und auf den Leuchter gesetzt wird, dass es leuchtet, heller denn die Sonne. Verborgen und heimlich ist es, dass es die Welt nicht glauben noch achten wird, sonderlich die Epicurer und Spötter, 1 Petr. 3,20.

Was ist’s nun für ein Geheimnis? Das ist’s, antwortet St. Paulus: Ihr möchtet fragen: Ei, so die Toten auferstehen werden, wie wird es denn zugehen am jüngsten Tage? Wer wird den andern begraben? etc. So wird es zugehen: „Wir werden nicht alle entschlafen; wir werden aber alle verwandelt werden.“ Der jüngste Tag wird also kommen, dass es ein fröhlicher Tag sein wird den Gläubi-gen und rechten Christen, aber ein schrecklicher Tag den Ungläubigen, Gott-losen, Geizigen, Wucherern und falschen Christen. Denn so wird es zugehen: Man wird uns nicht allen auf dem Bette das Sakrament reichen, in den Sarg legen und zu Grabe tragen. Denn das heißt er „entschlafen“, wenn man auf dem Ruhebettlein liegt, den Geist aufgibt, hinaus getragen und in die Erde verscharrt wird. Das wird man nicht bedürfen, sagt er, am jüngsten Tage. Da wird’s nicht heißen: Komm, höre die Beichte, absolviere ihn von Sünden, reiche ihm das Sakrament, begrabe ihn etc., sondern, wenn du wirst sitzen überm Tische und essen, stehen überm Kasten und die Thaler zählen, im Bette liegen und schlafen, an der Zeche sitzen und saufen, am Tanze sein und springen, bald in einem Augenblick wirst du verwandelt werden, das ist, tot und wieder lebendig sein.

„Verwandelt werden“ heißt er, zu einem neuen Leben verändert werden, aus dem Wesen und Leben dieser Welt kommen in ein ander, neu Wesen und Leben, da man nicht mehr bedarf Essens und Trinkens, Kleider und Schuh, Gelds und Guts, Schlafens, Arbeit, Ehestands und dergleichen, so in dies Leben gehört. Welche der jüngste Tag wird treffen, spricht er, die wird man nicht dürfen begraben, son-dern sie werden in einem Augenblick und plötzlich anders werden.

Entschlafen werden wir nicht alle; aber alle, beide, die in den Gräbern liegen, und die außer den Gräbern noch auf Erden wohnen, müssen verwandelt werden. Denn es soll ein ander Wesen und ein anderer Leib werden, der nicht esse noch trinke, nicht arbeite noch schlafe, nicht Hochzeit halte noch Kinder zeuge, nicht mit Geld umgehe noch Thaler zähle, und Summa, der des Wesens, so zum ver-gänglichen Leben gehört, nicht mehr brauche. Das ist die Verwandlung, dass die, so entschlafen sind, und unter der Erde liegen, zugleich mit uns, die wir noch leben, und wir mit ihnen, werden zu einem neuen Leben verändert werden. 

Solch heimlich Stücklein sage ich euch, spricht er, denn sie werden es nicht alle glauben, sondern für Torheit und Spott halten; denselben wird’s auch ein ver-borgen Geheimnis bleiben; aber sehet ihr zu, dass ihr’s höret und glaubet. Denn es wird gewisslich geschehen. Ob wir schon nicht alle werden begraben werden, müssen wir doch alle zugleich verwandelt werden; denn dieser Leib taugt nicht mit seinem Wesen und Brauch, wie er jetzt ist; er ist zu unflätig, steckt voll Sünde, voll Sterblichkeit, voll Drecks und Unflats. Was kann daraus Gutes werden? Darum muss er anders werden, muss gereinigt und geläutert werden, dass er nicht mehr sündige, nicht Wein saufe, nicht sich fülle, nicht däue, noch dieser zeitlichen Güter und Wesens mehr brauche.

Das ist nun das Geheimnis, davon St. Paulus hier sagt, das ist, ein heimlich, verborgen Stücklein, welches allein achten und zu Herzen nehmen die, so da rechte Christen sind. Papst, Kardinäle, Bischöfe, große Herren dieser Welt, item, Wucherer, Ehebrecher, Säufer und Schwelger glauben es nicht, achten’s auch nicht, denn es ist der Vernunft unglaublich, dass in einem Augenblick alles solle anders werden. Sollte Gott die ganze Welt, spricht die Vernunft, in einem Augen-blick ganz und gar aufräumen? Wie kann der, so vor 5000 Jahren gestorben, und so lange Zeit im Grabe gelegen und verwest ist, mit mir, der ich noch lebe, plötz-lich verändert werden? Ei, wie närrisch Ding gibst du vor? Es ist nicht glaublich. Wohlan, sagt St. Paulus, ich sage dir es in ein Ohr, am jüngsten Tag wird’s so zugehen: Die, so unter der Erde liegen, und noch nicht auferstanden sind, werden auferstehen, und zugleich mit denen, so noch auf Erden leben, schnell und behend verwandelt werden. Solches glaube sicherlich. Willst du es aber nicht glauben, so lass es; um deines Unglaubens willen wird’s nicht nachbleiben; es wird gewisslich geschehen.

Momentum, ictus oculi, heißt ein Augenblick, wenn sich das Auge auf- und zutut; das geht schnell und behend zu. Daher spricht man: Donner und Blitz; denn ehe man ein Auge auf- und zutut, so ist der Blitz geschehen. So wird’s auch am jüngsten Tage schnell und behend zugehen, wie der Blitz daher fährt. Der jetzt die Kandel am Maul hat und trinkt, der im Bette liegt und schläft, der an seiner Arbeit steht, der sein Geld zählt, dem soll nicht Raum gelassen werden, sondern ehe sich ein Auge auf- und zutut, wird er verwandelt werden. Ist Adam, Eva, Abraham, Sara, und andere Väter, nicht auferstanden mit Christo, wie das Evan-gelium Matthäi (Cap. 27,53.) dahin lautet, und ich es dafür halte: so werden sie samt allen, so in den Gräbern sind, und samt uns, so wir noch auf Erden leben, behend und in einem Hui in ein ander Wesen verändert werden. So wird’s zu-gehen, ich sage dir’s in ein Ohr, ich meine es treulich und gut. Glaubst du es, und nimmst es zu Herzen, wohl dir! Glaubst du es nicht, und verachtest es, wehe dir! Es wird dennoch geschehen, und deinethalben nicht nachbleiben.

Und solches wird geschehen, sagt er, „zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird, die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden“. Er redet eben von dem jüngsten Tage, wie er davon redet 1 Thess 4,16.17., da er spricht: „Er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels, und mit der Posaune Gottes hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst; darnach wir, die wir leben und überbleiben, werden zugleich mit denselbigen hingezückt werden in der Wolke, dem Herrn entgegen in der Luft“ etc. Dreierlei erzählt er, so Christus in seiner letzten Zukunft mit sich haben wird: das Feld-geschrei, die Stimme des Erzengels, und die Posaune Gottes. Und redet nach der Weise, wie es zu Felde in der Schlacht zugeht. Denn Feldgeschrei, keleus-ma, heißt, wenn sich die Kriegsleute im Heer unter einander vermahnen und antreiben, ritterlich zu streiten: Hinzu, hinzu, hinzu! dran, dran, dran! Posaunen sind die Drommeten, so in der Heerschlacht gebraucht werden. (…..)

So wird’s nun zugehen, wenn Christus vom Himmel herab kommen wird in seiner Herrlichkeit, eine Schlacht zu halten mit seinen Feinden, das ist, Rache zu geben über die Gottlosen, dann wird der Erzengel, es sei nun der Engel Gabriel, der Gottes Macht ist, oder ein anderer Engel, Blitz und Donner gehen lassen, und Gott wird seine Posaune und Taratantara blasen, wird seine Trommel schlagen, dass es in der Luft mit aller Macht daher kirren wird. Dann wird das Feldgeschrei geschehen, und werden nicht allein die Engel, sondern auch alle Kreaturen samt ihnen, zuschreien: Hui, hui, hui! frisch an sie, frisch an sie! Herr, die Feinde haben deinen Namen lange genug gelästert, haben genug deiner Heiligen Blut vergossen, Ps. 79,3., es ist Zeit, dass du dich an ihnen rächest, und sie gerichtet werden. Dran, dran, dran! schlag tot, schlag tot, schlag tot! Alsdann wird Himmel und Erde in Einen Haufen fallen mit großem Krachen, „die Elemente werden vor Hitze schmelzen, die Erde, und die Werke, die drinnen sind, werden verbrennen“, 2 Petr. 3,10. (…..)

Gott wird alsdann reden in seiner Majestät und Herrlichkeit; nicht, wie Christus am Kreuz redet, da er spricht (Luc. 23,34.): „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“; welche Stimme Gottes Zorn stillt, und die Welt noch heutiges Tages erhält, sondern wird reden in seiner göttlichen Majestät und unleidlichen Sprache, mit Donner und Blitz: Pummerle pum, kir, kir, schlag tot; dazu denn alle Kreaturen schreien werden: Amen und Ja. Denn es wird der rechte Krieg und die rechte Schlacht sein, so Christus in seiner Herrlichkeit führen wird wider alle Teufel in der Hölle und Gottlosen auf Erden, in welcher Schlacht er alle seine Feinde mit Blitz und Donner zerschmeissen wird. Da wird erfüllt werden das Wort, das er sagt Joh. 5,27.28.29.: „Gott hat dem Sohn Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum, dass er des Menschen Sohn ist. Verwundert euch deß nicht; denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören, und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber Übels getan haben, zur Aufer-stehung des Gerichts.“

St. Hieronymus hat feine Gedanken, da er schreibt: Sive comedam, sive bibam, sive aliquid aliud faciam, semper vox illa videtur sonare in auribus meis: Surgite mortui, et venite ad judicium, ich esse oder trinke, schlafe oder wache, oder tue etwas Anderes, so saust mir allezeit die Stimme in meinen Ohren: Stehet auf, ihr Toten, kommt vor Gericht. Nicht, dass es so lange Zeit haben werde, bis die Stimme in der Luft daher schalle, und eben diese Worte mit allen Syllaben aus-gedrückt werden, sondern der letzte Donnerschlag wird so viel anzeigen, als die Worte geben. Denn Gott wird alles in einem Augenblick ausrichten, dass es nicht so viel Zeit wird bedürfen. Und spricht St. Hieronymus weiter: Quoties diem judicii cogito, totus corde et corpore contremisco. Si qua praesentis vitae est laetitia, ita agenda est, ut nunquam amaritudo futuri judicii recedat a memoria, (das ist:) so oft ich an den Tag des Gerichts gedenke, erschrickt mir mein Herz und ganzer Leib. Fällt irgend eine Freude vor in diesem gegenwärtigen Leben, so soll man derselben also brauchen, dass der Ernst des künftigen Gerichts uns nicht aus dem Sinn komme noch aus dem Gedächtnis falle.

Und es ist gewisslich wahr, wer von Herzen glaubt, und es gewiss dafür hält, dass er sterben und vor Gericht kommen muss, dem wird der Kitzel wohl ver-gehen, wird nicht viel Schalkheit noch Büberei anrichten. Wie auch Sirach sagt Cap. 7,40.: „Was du tust, so bedenke das Ende, so wirst du nimmermehr Übels tun.“ Erschrickt doch ein menschlich Herz, wenn es hört die schrecklichen Ge-schichten und greulichen Exempel des großen und ernsten Zorns Gottes, dass Gott mit der Sündflut die Welt der Gottlosen vertilgt (1 Mos. 7,23.), und die Städte Sodom und Gomorra mit Schwefel und Feuer vom Himmel herab umgekehrt und verdammt hat (1 Mos. 19,25.), wie sollte es denn nicht erschrecken, wenn es hört, dass Gott die letzte Welt mit Blitz, Donner und Feuer zum jüngsten Gericht erfordern werde, da der Himmel, wie St. Petrus sagt (2. Ep. 3,12.), vom Feuer zergehen, und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. Denn jene Ge-schichten sind nur Vorbilder des zukünftigen Zorns und Gerichts Gottes, wie auch der Apostel Petrus sagt, 2. Ep. 2,6., dass Gott damit ein Exempel gesetzt habe den Gottlosen, die hernach kommen werden.

Nun wollte der barmherzige Gott nicht gerne, dass wir mit dem Gerichtstage plötzlich überfallen würden, darum tut er uns die Gnade und Ehre, warnt uns treulich, lässt uns sein Wort predigen, ruft uns zur Buße, beut uns an Vergebung aller unserer Sünde in Christo, sagt uns zu, Schuld und Pein solle aufgehoben sein, so wir an seinen Sohn glauben, heißt uns unseres Berufs warten, und unser befohlen Amt tun. Wenn wir das tun, so gönnt er uns wohl, dass wir essen, trinken, guter Dinge und fröhlich seien. Denn essen und trinken müssen wir, sollen wir anders auf Erden leben; allein Gottes und des zukünftigen Lebens sollen wir nicht vergessen. Ist das nicht ein gütiger, frommer Gott, der es treulich und ganz väterlich mit uns meint? Er redet je nicht anders mit uns, denn ein Vater mit seinen Kindern, und spricht: Lieben Kinder, tut Buße, glaubet an meinen Sohn, den ich euch gesandt habe, seid fromm und gehorsam, und tut euer befohlen Amt; darnach esset und trinket, und brauchet der zeitlichen Güter, so ich euch beschere; allein sehet zu, dass ihr dieser Welt und der zeitlichen Gitter so brauchet, dass ihr auf die letzte Posaune wartet, auf dass, wenn dieselbe schallen, und der letzte Donnerschlag ausgehen wird, ihr bereit und geschickt seid mit heiligem Wandel und gottseligem Wesen. Wenn ihr das tut, so hat es keine Not mit euch.

Solche treue Warnung und freundliche Vermahnung unseres gnädigen Gottes und lieben Vaters sollten wir zu Herzen nehmen, und sagen: Wohlan, lieber Gott, weil du solches von mir haben willst, und es dir also wohlgefällt und mir seliglich ist, so will ich mich von Herzen zu dir bekehren, will an deinen Sohn glauben, will mein Amt mit allem Fleiß ausrichten, und will also essen und trinken und der zeitlichen Güter in diesem Leben brauchen, dass ich der letzten Posaune nicht vergesse, sondern ohne Unterlass deiner Zukunft gedenke. Denn warum wollte ich mich vor dem jüngsten Tage fürchten, weil du mir durch dein Wort Gnade, Leben und Seligkeit gewiss zugesagt hast? Komm, lieber Herr Jesu, und mache dieses Lebens und Wesens ein Ende, ich habe genug gegessen und getrunken, ich will alle Stunden gern mit, wenn du mit deinem Tage kommst. Das hieße denn, sich recht bereiten und dieses Lebens recht brauchen, wenn wir im Glau-ben unser Amt täten, und des zukünftigen Lebens warteten.

Aber wenig Leute sind, die es zu Herzen nehmen und sich recht darein schicken. Was will aber daraus werden? Wie wollen solche Leute endlich bestehen, wenn sie sollen vor Gericht kommen? Bauer, Bürger, Adel, Fürsten, so jetzt in aller Sicherheit leben, Gottes Wort nicht hören, lassen ihnen nicht sagen, bleiben gottlos, stolz, neidisch, hässig, boshaftig, sind ersoffen im Geiz und Wucher, liegen in Völlerei und Wollust, treiben Schande und Laster, und tun allerdinge, als wollten sie ewig hier auf Erden leben. O wie plötzlich und unversehens werden sie mit dem jüngsten Tage übereilt werden! O wie wird ihnen die letzte Donneraxt viel zu frühe kommen! Jetzt glauben sie es nicht, dass es geschehen werde. Wenn sie vom jüngsten Tage sagen hören, so spotten und lachen sie, und spre-chen: Ha! es ist noch lange dahin, was sagst du mir vom jüngsten Tage? Hätte ich so lange Geld zu zählen, bis der jüngste Tag käme, so wollte ich ein seliger, gewünschter Mensch sein.

Zwar die heilige Schrift hat es zuvor verkündigt, dass, je näher dieser Tag sein wird, je weniger Glaube und Liebe, und je größere Sicherheit in der Welt sein werde. Die zu Sodom und Gomorra waren eben solche Leute, wie das böse, rohe Volk ist zu unserer Zeit; sie taten dem frommen Lot alles Leid mit ihrem unzüchtigen Wandel (1 Mos. 19,9.), und quälten, wie St. Petrus sagt (2. Ep. 2,8.), die gerechte Seele von Tag zu Tag mit ihren ungerechten Werken, ließen den guten alten Mann predigen, warnen und dräuen; sie aber sangen dieweil vom Schlemmer, spotteten sein als eines Toren, und kehrten sich an keine Strafe. Eben also tun unsere Junker, Bauern, Bürger, Adel etc. heutiges Tages auch. Ha! sprechen sie, lass den jüngsten Tag hergehen; haben wir noch so lange Frist, bis der jüngste Tag kommt, so lass uns geizen, wuchern, huren, buben, saufen, fressen und in allerlei Wollust leben; es hat keine Not.

Solche schädlichen Leute müssen wir leiden. Wohlan, was sie damit werden gewinnen, das werden sie allzuzeitlich erfahren. Mit solcher ihrer Sicherheit ge-ben sie selbst Zeugnis, dass der jüngste Tag nicht ferne sein müsse. Und für-wahr, es schickt sich alles fein dazu, dass der jüngste Tag bald hereinbrechen wird. Lot predigt, ruft und schreiet, die Sonne geht auf, das Evangelium leuchtet und scheint; aber nicht allein Papst und Türke, sondern auch unsere Falsch-evangelischen fragen nichts darnach. Darum lässt sich’s ansehen, als wollte ein Morgenwetter kommen; dieselben Wetter sind gemeiniglich schrecklich und gefährlich, und scherzen nicht. Alsdann wird es geschehen, wie es geschah zu den Zeiten Lots. Als Lot gen Zoar einkommen, und die Sonne auf Erden aufge-gangen war, da erhob sich ein Donnern und Blitzen (1 Mos. 19,23.24.). Die zu Sodom hatten es zuerst für einen Spott, und sprachen: Ha! hast du vor nie mehr Wetter am Himmel gesehen? Aber bald, als die Sonne schwarz, und der Himmel finster ward, regnete der Herr Schwefel und Feuer vom Himmel herab; da lag Sodom und Gomorra mit allen Einwohnern, Jung und Alt, in Abgrund der Hölle. Also wird der jüngste Tag und letzte Donnerschlag unsere sicheren, stolzen Junker auch treffen, ehe sie sichs versehen.

Wem nun zu raten ist, der sehe drauf, tue Buße, und bessere sich, denn der jüngste Tag wird nicht außen bleiben. Die letzte Posaune Gottes wird daher kirren, und die himmlische Taratantara wird singen, ehe wir meinen. Alsdann wird Himmel und Erde in Einen Haufen fallen, und werden alle Menschen in einem Augenblick tot, und wieder lebendig, und zu einem andern Leben verändert werden. So wird es am jüngsten Tage zugehen, es wird ein schrecklicher, und tröstlicher Tag sein: schrecklich, allen Ungläubigen und Gottlosen; tröstlich, allen Gläubigen und Gottesfürchtigen.

„Denn die Toten“, spricht St. Paulus weiter, „werden auferstehen unverweslich. Denn dies Verwesliche muss anziehen das Unverwesliche, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.“ Es muss einmal eine Zeit kommen, da ein ander Leben anfahe, und ein solch Leben, da Sünde und Tod aufhöre, und alle Plage ein Ende nehme. Es muss einmal erfüllt werden, das geschrieben steht (V. 54.): „Der Tod ist verschlungen in den Sieg.“ Die Zeit muss kommen, darinne der Tod ganz und gar aufhöre, also, dass er uns nimmermehr anfechten könne.

Unser lieber Herr und Erlöser, Jesus Christus, verleihe uns seinen Heiligen Geist, dass wir in rechtem Glauben und gottseligem Leben warten und eilen zu der Zukunft seines Tages, auf dass wir in der Auferstehung der Toten mit den Aus-erwählten und Seligen hingezückt werden in der Luft, dem Herrn entgegen, und bei dem Herrn sein mögen allezeit, Amen.