Hutter - Gott
Leonhard Hutter (1563-1616): Inbegriff der Glaubens-Artikel aus der heiligen Schrift und den symbolischen Büchern zusammengestellt (Compendium locorum theologicorum ex scripturis sacris et libro concordiae), Leipzig 1837
Leonhard Hutter über den dreieinigen Gott:
Zweiter Artikel. Von dem dreieinigen Gott.
1. Was ist der allgemeine christliche Glaube von Gott?
„Dies ist der rechte christliche Glaube, dass wir einen einigen Gott in drei Personen, und drei Personen in einiger Gottheit verehren: und nicht die Per-sonen in einander mengen, noch das göttliche Wesen zertrennen. Denn eine andere Person ist der Vater, eine andere der Sohn, eine andere der heilige Geist: aber der Vater und Sohn und heiliger Geist ist ein einiger Gott, gleich in der Herrlichkeit, und gleich in ewiger Majestät.“ (Athan. Glaubensbek.)
2. Was also ist Gott?
Gott ist ein geistiges Wesen, voll Einsicht, ewig, wahrhaftig, gut, rein, gerecht, barmherzig, völlig frei, von unermesslicher Macht und Weisheit; (welches ist:) der ewige Vater, welcher den Sohn, sein Ebenbild, von Ewigkeit gezeugt hat: und der Sohn, das gleich ewige Ebenbild des Vaters: und der heilige Geist, welcher ausgeht vom Vater und vom Sohn; wie Gott sich geoffenbart hat im gewissen Wort und göttlichen Zeugnis, dass der ewige Vater mit dem Sohn und dem heiligen Geist geschaffen habe und erhalte Himmel und Erde, und alle Kreaturen, und nahe sei allen Kreaturen, sofern er sie erhält, und sich sammle im mensch-lichen Geschlecht eine Kirche wegen des Sohnes, und durch ihn, und sei Richter der Gerechten und Ungerechten. Melanchth. im Exam.
3. Beweis' es, dass Ein Gott sei?
5 Mos. 6,4. Marc. 12,29. Höre Israel, der Herr unser Gott, ist ein einiger Herr. Jesaia 44,6. Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott. – Und Vers 8: „Ist auch ein Gott außer mir? 1 Korinth. 8,4-6. So wissen wir nun – dass kein anderer Gott sei, ohne der Einige. Und wiewohl es sind, die Götter genannt werden, es sei im Himmel oder auf der Erde (sintemal es viele Götter sind und viele Herren): So haben Wir doch nur Einen Gott, den Vater, von welchem alle Dinge sind, und wir in ihm. (S. 7 )
+ 4. Sind es denn nicht drei Götter, wenn nämlich der Vater Gott ist, und der Sohn Gott ist, und der heilige Geist Gott ist?
Zwar der Vater ist Gott, der Sohn ist Gott, der heilige Geist ist Gott, das Wort „Gott“ persönlich genommen: und sind doch nicht drei Götter: sondern Ein Gott ist es, das Wort „Gott“ wesentlich genommen. „So ist der Vater Herr, der Sohn ist Herr, der heil. Geist ist Herr: und sind doch nicht drei Herren, sondern es ist Ein Herr. Denn gleich wie wir müssen, nach christlicher Wahrheit, eine jegliche Per-son für sich Gott und Herrn bekennen: Also können wir im christlichen Glauben nicht drei Götter oder drei Herrn nennen.“ Athanas. Glaubensbek.
5. Wie viel Personen sind in der Gottheit?
Drei: der Vater, welcher von keinem gemacht ist, weder geschaffen noch ge-boren: der Sohn, welcher allein vom Vater ist, nicht gemacht, noch geschaffen, sondern von Ewigkeit geboren: der heilige Geist, welcher ist vom Vater und vom Sohn, nicht gemacht, noch geschaffen, noch geboren, sondern ausgehend. Und diese drei Personen sind desselben Wesens, und derselben Macht, und gleicher Ewigkeit. S. Athanas. Glaubensbek. „Der Vater ist von Niemand weder gemacht, noch geschaffen, noch geboren. Der Sohn ist allein vom Vater, nicht gemacht, noch geschaffen, sondern geboren. Der heilige Geist ist vom Vater und Sohn nicht gemacht, nicht geschaffen, nicht geboren, sondern ausgehend. So ist's nun Ein Vater, nicht drei Väter, Ein Sohn, nicht drei Söhne, Ein heiliger Geist, nicht drei heilige Geister. Und unter diesen drei Personen, ist keine die erste, keine die letzte, keine die größte, keine die kleinste. Sondern alle drei Personen sind mit einander gleich ewig, gleich groß.“ Augsb. Conf. Art. 1. S. 39. „Erst wird ein-trächtiglich gelehrt und gehalten, laut des Beschluss Concilii Nicaeni, dass ein einig göttlich Wesen sei, welches genannt wird und wahrhaftiglich ist Gott, und seien doch drei Personen in demselben einigen göttlichen Wesen, gleich gewaltig, gleich ewig, Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger Geist, alle drei ein göttlich Wesen, ewig, ohne Stück, ohne End, unermesslicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Und wird durch das Wort Persona verstanden nicht ein Stück, nicht eine Eigen-schaft in einem andern, sondern das selbst bestehet; wie denn die Väter in dieser Sachen dies Wort gebraucht haben.“ (S. 8) Schmalk. Art. 1. Th. S. 504. „Das erste Teil ist von den hohen Artikeln der göttlichen Majestät, als: Dass Vater, Sohn und heiliger Geist in einem göttlichen Wesen und Natur, drei unter-schiedliche Personen, ein einiger Gott ist, der Himmel und Erde geschaffen hat. Dass der Vater von Niemand, der Sohn vom Vater geboren, der heilige Geist vom Vater und Sohn ausgehend.“
+ 6. Beweis' die Dreieinigkeit aus der Schrift?
Ps. 33,6. „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht, und alles sein Heer durch den Geist seines Mundes.“ Matth. 28,19. „Darum gehet hin und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes.“ 1 Joh. 5,7. „Denn drei sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, das Wort und der heilige Geist; und diese drei sind Eins.“
7. Was ist Gott der Vater?
Der Vater ist die erste Person der Gottheit, die nicht geboren ist, auch nicht ausgeht: sondern welche von Ewigkeit den Sohn, ihr Ebenbild, gezeugt hat, welche schafft, trägt, erhält und regiert Alles zumal, das Sichtbare und Unsicht-bare, Engel und Menschen, mit dem Sohne und dem heiligen Geiste: schickend den Sohn, dass er erlöse, und den heiligen Geist, dass er heilige. (Chemnitz Loc. Th. 1.)
8. Was ist Gott der Sohn?
Der Sohn ist die zweite Person der Gottheit, nicht geschaffen aus Nichts: sondern von Ewigkeit geboren vom Vater, des Vaters Ebenbild und Abglanz seiner Herrlichkeit: durch welchen der Vater im heiligen Geist geschaffen hat, trägt, erhält und regiert Alles, das Sichtbare und Unsichtbare, Himmel und Erde, die Engel und die Menschen: welcher gesandt ist vom Vater in die Welt, dass er durch die angenommene menschliche Natur das Werk der Erlösung vollbringe. (Chemnitz Loc. Th. l.)
9. Was ist Gott der heilige Geist?
Der heilige Geist ist die dritte Person der Gottheit, nicht gemacht, noch ge-schaffen, noch geboren: sondern von Ewigkeit ausgehend vom Vater und vom Sohne, in welchem der Vater durch den Sohn geschaffen hat Alles, das Sicht-bare und Unsichtbare, die Engel und die Menschen, und noch schafft, trägt, erhält und regiert: der ausgegossen ist vom Vater durch den Sohn in sicht- (S. 9) barer Gestalt über die Apostel: und welcher noch heute unsichtbar ausgegossen wird vom Vater durch den Sohn in die Herzen der Gläubigen, dass er sie heilige durch das Wort und die Sakramente. (Chemnitz ebend.)
*10. Was bezeichnen in diesem Artikel die Worte Person und Wesen?
Das Wort Person bezeichnet nicht einen Teil, oder Beschaffenheit an etwas Anderem, sondern das, was eigenes Bestehen hat: oder, Person ist ein leben-diges, ungeteiltes, vernünftiges Etwas, das sich nicht mittheilt und nicht getragen wird von etwas Anderem; Wesen aber wird genannt, was in Wahrheit ist und bestehet, ob es gleich mitgeteilt ist. (Melanchth. Exam.) Augsb. Conf. Art. 1. „Und wird durch das Wort Persona verstanden nicht ein Stück, nicht eine Eigenschaft in einem andern, sondern das selbst besteht; wie dann die Väter in dieser Sachen dies Wort gebraucht haben.“
*11. Da man an der Gottheit des Vaters niemals gezweifelt hat: von der Gottheit des Sohnes aber der nächstfolgende Artikel handelt, möchtest du da nicht, bitte, an diesem Ort dartun, dass der heilige Geist wahrer Gott ist?
Dies erhellt vielfach aus der heiligen Schrift. Denn zuerst wird dem heiligen Geiste jener große Name Jehovah zugeschrieben, welcher dem Wesen nach nur dem alleinigen und einigen Gott zukommt. Denn der heilige Geist ist jener Jehovah, welcher durch die Propheten gesprochen hat. 4 Mose 12,6. „Und er sprach: Höret meine Worte: Ist Jemand unter euch ein Prophet des Herrn; dem will ich mich kund machen in einem Gesicht, oder will mit ihm reden in einem Traum.“ Apost. Gesch. 1,16. „Ihr Männer und Brüder, es musste die Schrift erfüllet werden, welche zuvor gesagt hat der heilige Geist durch den Mund Davids, von Juda, der ein Vorgänger war derer, die Jesum fingen.“ Hebr. 3,7. „Darum wie der heilige Geist spricht: Heute so ihr hören werdet seine Stimme etc.“ 2 Petr. 1,21. „Denn es ist noch nie keine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht: sondern die heiligen Menschen Gottes haben geredet, getrieben von dem heiligen Geist.“ (S. 10 ) Dann wird der heilige Geist mit deutlichen Worten Gott genannt, Apost. Gesch. 5,3 und 4, wo der heil. Petrus den Ananias so anlässt: „Warum hat der Satan dein Herz erfüllet, dass du dem heiligen Geist lögest? – du hast nicht Menschen, sondern Gott gelogen.“ Ebenso der heil. Paulus 1 Kor. 3,16: „Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid, und der Geist Gottes in euch wohnet? Endlich werden dem heiligen Geist jene wesentlichen Eigenschaften beigelegt, welche Gott allein zukommen, als:
1. Die Ewigkeit. Hebr. 9,14. „Wie vielmehr wird das Blut Christi, der sich selbst ohne allen Wandel durch den ewigen Geist (Anm. Franckes: Luther hat hier nach einer andern Lesart heiligen Geist übersetzt. Da aber bei dieser Übersetzung dieser Vers nicht zur Beweisstelle im vorliegenden Falle dienen kann, habe ich mit L. Hutter, der bessern Lesart folgend, ewigen Geist übersetzt) Gott geopfert hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott.“
2. Die Allwissenheit. Joh. 14,26. „Aber der Tröster, der heilige Geist, welchen mein Vater senden wird in meinem Namen, derselbige wird es euch alles lehren, und euch erinnern alles des, das ich euch gesagt habe.“ 1. Korinth. 2,10,11. „Der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß Niemand, was in, Gott ist, ohne der Geist Gottes.“
3. Die Allmacht. Weish. 7,22. 23. „Denn es ist in ihr der Geist – leutselig, fest, gewiss, sicher; vermag alles etc.“ 1 Korinth. 12,6. „Und es sind mancherlei Kräfte, aber ist Ein Gott, der da wirket alles in allen.“
4. Die Unendlichkeit. Ps. 139,7. „Wo soll ich hingehen vor deinem Geist?“ Weish. 1,7. „Denn der Weltkreis ist voll Geistes des Herrn, und der die Rede kennet ist allenthalben.“
5. Die Wahrhaftigkeit. Joh. 5,6. „Und der Geist ist es, der da zeuget, weil der Geist die Wahrheit ist.“ (Anm. Franckes: L. Hutter hat hier, nach dem Grundtext, richtiger weil übersetzt; deshalb bin ich ihm, von Luthers Übersetzung abgehend, hier gefolgt.)
6. Die Anbetung. Denn, nach dem Zeugnis des heiligen Paulus verehren die seligen Engel auch den heiligen Geist mit der tiefsten Anbetung, singend: „Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr Zebaoth.“ Jes. 6,3. Apost. Gesch. 28,25. (S. 11)
7. Die Schöpfung und Erhaltung aller geschaffenen Dinge. Ps. 33,6. „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht, und alles sein Heer durch den Geist seines Mundes.“ Endlich die Lebendigmachung, Wiedergeburt, Heiligung, und der Art andere Werke, welche nur dem göttlichen Wesen eigentümlich sind. Joh. 3,5. „Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Math. 12,28. „So ich aber die Teufel durch den Geist Gottes austreibe, so ist je das Reich Gottes zu euch gekommen.“ 1 Korinth. 3,16. „Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid, und der Geist Gottes in euch wohnet.“ (S. D. Hunnius im Artik. von der heil. Dreieinigk.)