J. Gerhard - Teufel
27. VON DEN NACHSTELLUNGEN DES TEUFELS.
WER KENNT NICHT DIE LIST DES TEUFELS.
Bedenke, gläubige Seele, in wie großer Gefahr du dich befindest, da sie dir immer drohet von Seiten des Teufels, deines Widersachers. Der Feind ist an Verwegenheit der fertigste, an Kräften der stärkste, an Kunstgriffen der verschlagenste, an allerlei Ränken der vollste, in Kampfbegierde unermüdlich, kann alle Gestalten annehmen. Er verführt selbst zu mannigfachen Verbrechen, und wenn er verführt hat, dann klagt er uns vor dem Richterstuhle Gottes an. Er durchschaut zuerst genau die Neigung eines jeden und darnach legt er die Schlingen der Versuchungen. Wie Eroberer bei Eroberungen ihren Angriff nicht auf die festen und verschanzten Stellen machen, sondern da, wo nach ihrer Meinung die Mauern schwach, die Gräben am wenigsten tief und die Türme unbewehrt sind: so greift der Teufel die Seele fortwährend an und nimmt seinen Anlauf da vor allem, wo er eine Schwäche oder eine Leidenschaft gemerkt hat. Ist er einmal überwunden, so weicht er darum noch nicht völlig, sondern erhebt sich zu um so ernsterer Versuchung, um die durch Verdrossenheit und Nachlässigkeit zu überwinden, welche er durch die Gewalt der Versuchungen nicht zu überwinden vermochte. Wen möchte wohl der mit seinen Ränken verschonen, der es gewagt hat selbst den Herrn der Herrlichkeit mit dem Truge seiner List anzugreifen? Matth. 4,3ff. Von welchem Christen möchte wohl der sich fern halten, der selbst der Apostel Christi begehrt hat, dass er sie möchte sichten wie den Weizen? Luk. 22,31. Er hat den Adam im Stande der Unschuld betrogen 1 Mos. 3,2-6: wen wird er nicht im Stande der Schuld betrügen können? Er hat den Judas in der Schule des Heilandes betrogen: wen wird er nicht in der Welt, der Schule des Irrtums betrügen können? Immer und überall sind die Nachstellungen des Teufels zu fürchten. Im Glück reizt er uns zum Hochmut; im Unglück reizt er uns zur Verzweiflung. Sieht er einen, der seine Freude am Sparen hat, so ist’s ihm eine Lust, den mit dem Netze der unersättlichen Gier zu umstricken. Wenn einen ein heldenmütiger Geist beseelt, so entflammt er ihn durch die Stacheln des Zorns. Wenn er einen ein wenig zu fröhlich sieht, so facht er in ihm die Flamme der wilden Lust an. Die er eifrig in der Gottesverehrung sieht, die versucht er in törichten Aberglauben zu verwickeln. Die er in Würden gestellt sieht, die ficht er heftig an mit Reizungen zum Ehrgeiz. Wenn er aufstachelt zur Sünde, da vergrößert er die Barmherzigkeit Gottes; wenn er in Sünde gestürzt hat, da vergrößert er die Gerechtigkeit Gottes; erst will er zur Vermessenheit verleiten, hernach versucht er in Verzweiflung zu stürzen. Bisweilen greift er äußerlich durch Verfolgungen an; bisweilen innerlich durch heftige Versuchungen. Bisweilen sieht er uns offen und mit Wut an, bisweilen verborgen und mit List. In das Essen hat er das Schlemmen, in die Zeugung die Ausschweifung, in die Arbeit die Trägheit, in den Umgang den Neid, in die Verwaltung den Geiz, in die Zurechtweisung den Zorn, in die Würde den Stolz gelegt. In das Herz hat er böse Gedanken, in den Mund falsche Reden, in die Glieder schändliche Werke gelegt. Im Wachen bewegt er zu schlechten Taten, im Schlafen zu abscheulichen Träumen. So hat man sich also immer und überall vor den Nachstellungen des Teufels zu hüten. Wir schlafen, und er wacht; wir sind sicher, und er geht umher wie ein Löwe 1 Petr. 5,8. Wenn du einen erzürnten Löwen auf dich einen Angriff machen sähest, mit welch einer wirklichen Furcht würdest du zusammenschrecken; – und wenn du hörst, dass der höllische Löwe dir nachstellt, da schläfst du noch sicher auf beiden Ohren? Betrachte darum, gläubige Seele, die Nachstellungen dieses mächtigsten Feindes, und suche die Hilfe der geistlichen Waffen. Laß die Lenden umgürtet sein mit Wahrheit, und sei angezogen mit dem Krebs (=Panzer) der Gerechtigkeit Eph. 6,14. Ziehe an die vollkommene Gerechtigkeit Christi, und du wirst sicher sein vor den Anfechtungen des Teufels. Verbirg dich in die Wundenmale Christi Hohel. 2,14, so oft du durch Pfeile dieser boshaften Schlange erschreckt wirst. Der wahrhaft Gläubige ist in Christo: wie der Satan kein Recht hat wider Christum Joh. 14,30, so hat er auch kein Recht wider den wahrhaft Gläubigen. Die Beine seien gestiefelt und fertig zu treiben das Evangelium des Friedens Eph. 6,15. Es werde immer gehört und es schalle in unsern Ohren das Bekenntnis Christi, so wird uns keine Anfechtung des Teufels verletzen: die Worte des Zauberers vertreiben eine leibliche Schlange nicht so, als die Zeugnisse eines festen Bekenntnisses diese geistliche Schlange in die Flucht jagen. Es werde der Schild des Glaubens ergriffen Eph. 6,16, auf dass wir die Pfeile des schändlichsten Feindes auslöschen. Der Glaube ist es, der auch Berge versetzt Matth. 17,20, verstehe die Berge der Zweifel, der Verfolgungen und der Anfechtungen. Die Israeliten, deren Türpfosten mit dem Blute des Passahlammes bezeichnet waren, wurden von dem Würgengel nicht geschlagen 2 Mos. 12,13: von diesem Verderben werden die, deren Herzen durch den Glauben mit dem Blute Christi besprengt sind, auch nicht verletzt. Der Glaube trauet Gottes Verheißungen; aber die Verheißungen Gottes kann der Satan nicht zunichte machen; daher wird er auch den Glauben nicht überwinden können. Der Glaube ist das Licht der Seele; die Versuchungen des bösen Geistes werden daher in diesem Lichte leicht erkennbar. Durch den Glauben werden unsere Sünden in das Meer der göttlichen Barmherzigkeit geworfen Mich. 7,19; in dem aber werden die feurigen Pfeile des Teufels leicht ausgelöscht werden. Auch den Helm des Heils Eph. 6,17, das ist, die heilige Hoffnung müssen wir nehmen. Ertrage die Anfechtung, indem du auf den Ausgang der Anfechtung Bedacht nimmst. Gott ist der Führer der Streiter und die Krone der Sieger. Ohne Feind kein Kampf, ohne Kampf kein Sieg, ohne Sieg keine Krone. Besser der Kampf, welcher in die Nähe Gottes führt, als der Friede, welcher Gott entfremdet. Auch das Schwert des Geistes ist zu nehmen Eph. 6,17, welches ist das Wort Gottes. Laß bei dir die Tröstungen der Schrift mehr gelten, als die Widersprüche des Teufels. Christus hat alle Versuchungen des Teufels mit dem Worte überwunden Matth. 4,4.7.10.11: mit dem Worte überwinden noch heute die Christen alle Versuchungen des Teufels. Endlich hast du im Gebet einen sehr mächtigen Schutz wider die Versuchungen. So oft das Schifflein deiner Seele mit den Wellen der Versuchungen bedeckt wird Matth. 8,24, so wecke Christum auf durch Gebet. Die sichtbaren Feinde überwinden wir durch Gegenwehr, den unsichtbaren Feind durch Gebet. Kämpfe, o Christe, für uns in uns, damit wir auch in dir siegen!