Theologische Impulse A

 

ABENDMAHL

1.

Das Abendmahl ist (1.) ein Mahl der Erinnerung und des Gedächtnisses, denn es bezieht uns ein in die Tischgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern. Es ist (2.) ein Mahl der Vergebung und Versöhnung, denn in und mit Brot und Wein schenkt uns Christus den Ertrag seines Kreuzestodes: Wer an seinem Tisch Gast sein darf, der ist versöhnt mit Gott. Das Abendmahl ist (3.) ein Mahl der Gemeinschaft mit den Geschwistern, die neben uns am Altar stehen. Und es ist (4.) ein Mahl der Hoffnung und Stärkung, weil es das künftige Freudenmahl im Reich Gottes vorwegnimmt.

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2.

Beim Abendmahl empfangen wir in und mit dem Brot und dem Wein zugleich Christi Leib und Blut, d.h. wir empfangen ihn selbst und das Heil, das er durch sein Leben, Sterben und Auferstehen für uns erworben hat. Wie Christus dabei Gastgeber und Speise zugleich sein kann, werden wir nie restlos verstehen. Dass er es aber ist, ist wunderbar: Christus legt all seine heilvolle Macht in dieses Mahl hinein, damit sie auf uns übergeht und uns mit ihm und untereinander zu engster Gemeinschaft verbindet.

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3.

Essen ist ein erstaunlicher Vorgang, durch den ein Körper in einem anderen untergeht, in ihm verschwindet, sich in ihm auflöst, ihn stärkt – und zuletzt nicht mehr von ihm unterschieden werden kann. Und genau darum will uns Jesus im Abendmahl Gastgeber und Speise zugleich sein, um in uns einzugehen und aufzugehen. Er will sich mit uns bis zur Ununterscheidbarkeit vereinen, denn während wir uns den Leib Christi in Form des Brotes einverleiben in unseren Leib, werden wir von Christus einverleibt in seinen Leib – die Kirche.

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4.

In dem Brot, das Jesus mit seinen Jüngern teilt, ist er selbst enthalten. Die Jünger aber, die damit Christus aufnehmen in die eigene Person, verwandeln sich ihrerseits in Glieder seines Leibes. Indem sie seinen Leib aufnehmen in sich, werden sie aufgenommen in ihn. Durch das Abendmahl existiert Christus als Gemeinde – während die Gemeinde von dem und für den lebt, an dem sie teilhat. Nichts davon ist „metaphorisch“ oder „bildlich“ gemeint. Denn Brot und Wein sind nicht verweisende Zeichen für eine Wirklichkeit, die man sich erst noch „hinzudenken“ müsste, sondern in und mit den Gaben wird leiblich-konkret gegeben, was ohne diese leiblichen Mittel nicht in derselben Weise gegeben werden kann. 

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5.

Da Gott nicht einfach „alle“ erlöst, kann der Einzelne in quälende Zweifel geraten, ob die Zusagen des Evangeliums auch ihm persönlich gelten – oder vielleicht nur anderen. Wenn manche verworfen werden – wie weiß er, dass er zu den Erwählten gehört? Selbstbeobachtung führt garantiert nicht zum Ziel. Doch Gott hat Heilsmittel bereitgestellt, die uns seine Gnade verlässlich zueignen: Wer im Glauben am Abendmahl teilnimmt, darf seiner Erwählung unmittelbar gewiss sein. Und das nicht etwa, weil er „gut“, sondern weil Gottes Sakrament verlässlich ist. Die Heilsgewissheit, die es anderswo nicht gibt, findet man also am Altar.

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„Das heilige Abendmahl ist das zweite Sakrament des Neuen Testaments; in demselben teilt Jesus unter dem Brot und Wein seinen wahren Leib und sein wahres Blut allen Genießenden mit, und schenkt damit zugleich denen, die es gläubig genießen, die Vergebung aller Sünden zum Preis seiner Gnade und zur Seligkeit der würdigen Empfänger.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Was ist das heilige Abendmahl? Es ist ein Sakrament des neuen Testamentes, von Christo selbst eingesetzt, in welchem der wahre Leib und das wahre Blut unseres Herrn Jesu Christi in und unter dem Brot und Wein allen, die solches essen und trinken, wahrhaftig mitgeteilt, und die Verheißung der Gnade jedem Gläubigen durch dasselbe zugeeignet und versiegelt wird.“ (Leonhard Hutter)

 

„Das heilige Abendmahl ist ein Sakrament, in welchem der Herr Jesus Christus seinen Leib unterm Brot zu essen und sein Blut unterm Wein zu trinken eingesetzt hat, dass er dadurch sein heilig Leiden und Blutvergießen jedem insonderheit zueigne, die evangelische Verheißung versiegle und den Glauben bekräftige.“ (Nikolaus Hunnius)

 

„Ist die Speise in den Magen gelangt, so muss sie noch drei Stufen überschreiten, ehe sie in die menschliche Natur gelangt. Hat der Magen sie mit seiner natürlichen Wärme gekocht und verdaut, so greift eine obere Seelenkraft ein, die Gott hierzu bestellt hat, und verteilt die Nahrung ringsum, dem Haupt, dem Herzen, jeglichem Glied (zu), wo sie Fleisch und Blut wird, das durch die Adern fließt. Ebenso verhält es sich mit dem Leib unseres Herrn. So wie die leibliche Speise in unser Fleisch verwandelt wird, so wird der, welcher die (göttliche Speise) würdig in sich aufnimmt, in sie verwandelt. So sprach unser Herr zu Sankt Augustin: „Nicht ich bin in dich verwandelt, sondern du in mich.“ Wer diese Speise würdig empfängt, dem geht sie durch die Adern in den inneren Grund. Nehmen wir das Wort des heiligen Bernhard: „Wenn wir körperliche Speise zu uns nehmen, so kauen wir sie zuerst, und dann sinkt sie sachte in den Leib nieder.“ Was bedeutet dieses Kauen? Sankt Bernhard antwortet: „Wenn wir Gott essen, so werden wir von ihm gegessen. Er zehrt uns auf.“ (Johannes Tauler)

 

„Wenn ich seinen Tod predige, das ist eine öffentliche Predigt in der Gemeinde, darin ich niemand sonderlich gebe, wer es fasst, der fasst’s; aber wenn ich das Sakrament reiche, so eigne ich solches dem sonderlich zu, der es nimmt, schenke ihm Christi Leib und Blut, dass er habe Vergebung der Sünden, durch seinen Tod erworben und in der Gemeinde gepredigt. Das ist etwas mehr denn die gemeine Predigt. Denn wiewohl in der Predigt eben das ist, das da ist im Sakrament, und wiederum: ist doch darüber das Vorteil, dass es hier auf gewisse Person deutet. Dort deutet und malt man keine Person ab; aber hier wird es dir und mir insonderheit gegeben, dass die Predigt uns zu eigen kommt (...). Also soll ein jeglicher wissen zu antworten, sonderlich wenn er angefochten wird und die Verfolgung hergeht, dass er könnte sagen (...): Da hat mir mein Herr seinen Leib und sein Blut im Brot und Wein gegeben, dass ich essen und trinken soll, und soll mein sein, damit ich sicher sei, dass mir meine Sünden vergeben sind, und dass ich des Todes und Hölle los sein soll, und ewig Leben haben, Gottes Kind und ein Erbe des Himmels sein. Darum gehe ich zum Sakrament, solches zu suchen. Ich bin ein armer Sünder, habe den Tod vor mir, da muss ich hindurch, der Teufel ficht mich an, und stecke in allerlei Not und Fährlichkeit. Weil ich nun in Sünden bin, des Teufels und Todes Gefangener; ich fühle, dass ich schwach bin im Glauben, kalt in der Liebe, wunderlich, ungeduldig, neidisch, die Sünde klebt hinten und vorn an mir; darum komme ich daher, da ich Christus Wort finde und höre, dass mir Vergebung der Sünde (durch sein Blut und Tod) soll geschenkt sein.“

(Martin Luther, Walch 2, Bd. 20, Sp. 750-752)

 

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Pastor Joh. Abraham Strauß in Iserlohn war in seinen Predigten und Ansprachen originell. So sagte er einst bei einer Abendmahlsvorbereitung: „Euch, denen die Sünden leid sind, die bei Christo Gnade suchen und sich bekehren wollen, sage ich, dass euch die Sünden vergeben sind. Euch andern sage ich es nicht. Denn was kann es helfen, wenn man einem toten Schafe eine Hand voll Heu vor das Maul hält? Es frisst es doch nicht! Amen.“ Euthymius Haas

 

Die sich dem Abendmahl fernhalten, die sind nicht Christen. Martin Luther

 

Zu einem Pfarrer kam ein Mann, der sich über den Glauben lustig machen wollte, und fragte: „Wie ist es möglich, dass beim Abendmahl aus Brot und Wein Christi Leib und Blut werden soll?“ Der Pfarrer antwortete: „Wenn schon dein eigener Körper die Nahrung, die du zu dir nimmst, in Fleisch und Blut umsetzen und verwandeln kann, warum soll Gott nicht auch das andere vermögen?“ Der Mann gab sich nicht geschlagen: „Wie kann denn beim Abendmahl in einem so kleinen Stück Brot der ganze Christus enthalten sein?“ Der Pfarrer gab zur Antwort: „Eine Landschaft, die vor dir liegt, ist riesengroß, und dein Auge doch so klein. Trotzdem aber ist das Bild der großen Landschaft in deinem Auge. Warum soll es da nicht möglich sein, dass in dem kleinen Stückchen Brot der ganze Christus zugegen ist?“ Noch eine dritte Frage stellte der andere: „Wie kann derselbe Christus gleichzeitig in allen euren Kirchen gegenwärtig sein?“ Da nahm der Pfarrer einen Spiegel und ließ ihn hineinschauen. Dann warf er den Spiegel zu Boden und sagte: „Sieh, auch in jedem einzelnen Splitter kannst du jetzt dein Bild gleichzeitig sehen!“

 

Aberglaube

Weil die große Menge immer gleich elend bleibt, bleibt sie nie lange demselben Aberglauben ergeben, vielmehr wird sie immer wieder von einem neuen Aberglauben angezogen, von welchem sie noch niemals getäuscht worden ist. Spinoza

 

ABHÄNGIGKEIT VON GOTT

1.

Die Abhängigkeit von anderen birgt das Risiko, enttäuscht zu werden. Darum strebt der Mensch nach Unabhängigkeit: Er versucht, die Rahmenbedingungen seines Lebens der eigenen Kontrolle zu unterwerfen. Doch gelingt es nie, alle Fremdbestimmung abzuschütteln. Und es muss auch nicht gelingen. Denn nur Gott ist wirklich „autonom“. Und der Glaube kann uns lehren, die Abhängigkeit von ihm nicht als Unglück, sondern als Glück zu betrachten: Wirklich „frei“ ist nämlich nur der, der nicht in sich selbst, sondern in Gott ruht.

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2.

Alles, was am Menschen herrlich sein kann, ist ihm gerade so geliehen, wie dem Mond sein Glanz geliehen ist von der Sonne. Auch der Mensch ist ein Klumpen aus Staub, der am schönsten erscheint, wenn er Gottes Macht und Güte reflektiert. Aber sollte man das beklagen und versuchen, selbst zur Sonne zu werden? Nein! Gott gebührt die Ehre. Und ein Leben lang unter seinem Glanz zu liegen als Projektionsfläche für Gottes Licht, das ist schön, ist gar nicht übel – und für einen Haufen Staub auch durchaus genug.

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Der gesündeste Zustand eines Christen besteht darin, dass er allezeit leer ist im eigenen Ich und beständig von dem Herrn abhängig, dass er allezeit arm ist in der eigenen Seele und reich in Jesus. C. H. Spurgeon

 

Frömmigkeit ist der Entschluss, die Abhängigkeit von Gott als Glück zu bezeichnen. Hermann von Bezzel

 

Ablenkung

Das Leben ist eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zur Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt. Franz Kafka

 

Unsere Erfindungen sind oft nur hübsche Spielereien, die unsere Aufmerksamkeit von ernsteren Dingen ablenken. Sie sind nichts als verbesserte Mittel zu einem nicht verbesserten Ziel. Henry David Thoreau

 

ABSALOM

Erg.

 

Absichten

Deine Absicht erst gibt deinem Werke seinen Namen. Ambrosius

 

Du sollst nicht zu sein begehren, was du nicht bist, sondern nur einfach etwas von deiner Pflicht zu tun versuchen, Tag um Tag. Denn es ist viel schwerer, einen Tag in wahrhafter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Anfang bis Ende zu verleben, als ein Jahr in großen Absichten und hochfliegenden Plänen. Christian Morgenstern

 

Ich erkannte meinen Herrn durch das Zunichtewerden meiner Absichten. Ali

 

ABSOLUTHEITSANSPRUCH DES CHRISTENTUMS

1.

Die nichtchristlichen Religionen entspringen nicht einfach menschlicher Willkür und Phantasie, sondern auch sie verdanken sich dem Wirken und Sich-Bezeugen Gottes. Sie sind einem Christen darum nicht völlig fremd, sondern enthalten – unter vielen Irrtümern – manche sehr respektable Wahrheit, die man anerkennen sollte. Doch wieviel Wahrheit andere Religionen auch enthalten mögen, so fehlt ihnen ohne Christus doch der Zugang zu Gott, den sie haben müssten, um ihren Anhängern das Heil zu vermitteln. Sie kennen das Ziel. Aber sie erreichen es nicht.

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2.

Wenn Christus als der „eingeborene“ Sohn bezeichnet wird, bleibt das oft unverstanden. Der Ausdruck meint aber, dass er Gottes „einziger“ Sohn ist. Er ist nicht einer von vielen „Söhnen“ oder einer von mehreren „Heilsbringern“, sondern ist sowohl in seinem Wesen wie in seinem Wirken unvergleichlich und konkurrenzlos. In ihm darf jeder Sünder Erlösung finden. Aber ohne ihn gelangt keiner ans Ziel. Wer an ihn glaubt, hat das Heil. Doch ist das nicht eine Chance unter vielen, sondern die einzige. Denn es ist uns kein anderer Name gegeben, durch den wir sollen selig werden. M.a.W.: An Christus vorbei führt kein Weg in den Himmel.

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ABTREIBUNG

Der Mensch wird nicht erst durch seine Geburt zum Menschen. Er ist es schon lange zuvor. Denn in der Entwicklung einer befruchteten Eizelle gibt es keinen qualitativen Sprung, der es erlaubte „vormenschliches“ von „menschlichem“ Leben abzugrenzen. Ist das ungeborene Kind aber Mensch von Anfang an – und damit ein von Gott gewolltes Ebenbild des Höchsten –, so kommen ihm dieselbe Menschenwürde und dasselbe Lebensrecht zu wie einem geborenen Kind. Auch vom Ungeborenen gilt also: „Du sollst nicht töten“.

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ACEDIA

Mutlos, lustlos und verdrossen

Erg.

 

Achtung

Ich kann die Achtung aller Menschen entbehren, nur meine eigene nicht. Otto von Bismarck

 

Wenn man fühlt, dass man nichts hat, womit man die Achtung eines Menschen erringen kann, ist man nicht mehr weit davon, ihn zu hassen. Luc de Clapier Vauvenargues

 

Wir würden die Achtung der Leute weniger anstreben, wenn wir sicher wären, ihrer würdig zu sein. Luc de Clapier Vauvenargues

 

Kein Ding ist auf der Welt so hoch und wert zu achten

als Menschen, die mit Fleiß nach keiner Hoheit trachten. Angelus Silesius

 

Wer nicht verachtet, der kann auch nicht achten. Friedrich Schlegel

 

Wer sich selbst verachtet, achtet sich doch immer noch dabei als Verächter. Friedrich Nietzsche

 

ADVENT

Der Glaube ist ganzjährig voller Erwartung, er sitzt sozusagen „auf gepackten Koffern“ und freut sich auf den Tag, da der gottlose Zustand dieser Welt überwunden wird, weil entweder der Herr zu uns kommt – oder wir zu ihm. Auch der Herr will das. Denn der Wartende ist es dem Kommenden wert, dass er kommt. Und der Kommende ist es dem Wartenden wert, dass er wartet. Einer ist des andern Ziel. Und in der gedanklichen Vorwegnahme der noch nicht vollendeten Gemeinschaft bilden sie doch schon eine Gemeinschaft: Der Kommende ist dem Wartenden in seiner Erwartung gegenwärtig, wie auch der Wartende dem Kommenden als Ziel seines Laufes vor Augen steht. 

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AGAPE

Es gibt zwei Arten der Liebe, die strikt zu unterscheiden sind. Denn Eros-Liebe sucht beim anderen schon vorhandenen Wert, um in liebender Vereinigung daran teilzuhaben. Agape-Liebe hingegen verleiht durch ihre Zuwendung Wert, wo vorher keiner war. Eros-Liebe will glücklich werden. Agape-Liebe will glücklich machen. Eros begehrt, um zu besitzen. Agape hingegen verschenkt sich. Eros erlischt, wenn der Gegenstand seine Attraktivität verliert. Agape hingegen bleibt unberührt, weil sie nach Attraktivität gar nicht fragt. Nur sie ist „wahre“ Liebe!

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AGNOSTIZISMUS, ATHEISMUS

1.

Der menschliche Erkenntnisdrang steht der Welt gegenüber wie einem lückenhaften, deutungsbedürftigen Text. Denn der Bereich des „gesicherten Wissens“ ist nicht so groß, wie wir ihn gerne hätten. Da das Leben trotzdem Entscheidungen von uns verlangt, ist der Mensch gezwungen, sein Dasein zu „interpretieren“ und zu „deuten“. Wer dabei Gott außen vor lässt, handelt nicht „rationaler“ als der, der mit Gott rechnet. Denn Unglaube und Glaube müssen gleichermaßen „gewagt“ werden. Wohin der jeweilige Weg führt, erfährt nur der, der ihn geht.

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2.

Gott ist als Bestandteil des Universums nicht auffind- und nicht nachweisbar, weil er kein Teil des Universums ist, sondern ihm als Schöpfer gegenübersteht (Man sucht ja auch nicht den Komponisten zwischen den Noten). Dass Gottes Existenz nicht „nachweisbar“ ist, muss den Gläubigen aber nicht verunsichern: Er bleibt in jedem Falle, was er ist. Auch ein Fisch, dem man bewiese, dass es das Meer nicht gibt, würde deswegen ja nicht zum Vogel.

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Ahnen

Jene, die nichts anderes zu ihren Gunsten anführen können als ihre Ahnen, gleichen den Kartoffeln, deren wertvollster Teil unter der Erde ruht. Jonathan Swift

 

ALLES HAT SEINE ZEIT

Weil alle Dinge eine ihnen von Gott bestimmte Zeit „haben“, muss ihnen ihre Zeit nicht erst von Menschen eingeräumt oder zugewiesen werden. Gottes Vorsehung legt fest, wann sie „dran“ sind – und zu einem anderen Termin weigern sie sich stattzufinden. Wo Gottes Kalender Chancen eröffnet, darf man fröhlich zugreifen. Doch abtrotzen kann man ihm nichts. Und wer klug ist, fügt sich in Gottes Vorsehung, wie sich der Landwirt in die Abläufe der Natur fügt: Er tut zwar, was er kann, versucht aber nicht, die Jahreszeiten zu regieren. Und so lassen Christen Gott darüber entscheiden, in welchem Takt die Uhr ihres Lebens ticken soll.

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ALLES RELATIV?

Wenn kritische Reflektion dazu führt, dass einem Mensch alle erdenklichen Perspektiven gleich gültig und gleich wahr erscheinen, wird ihm Skepsis zur Falle. Denn er ist dann zwar mächtig darin, Gewissheiten zu hinterfragen, aber außer Stande, Gewissheit zu gewinnen. Und dieses Missverhältnis stört seine Selbstfindung. Denn wer keinen weltanschaulichen Rahmen gelten lässt, hat auch keinen, in dem er sich selbst verorten könnte. Er hält sich für alles offen – und bleibt gerade dadurch leer. Argumentativ ist ihm nicht zu helfen. Aber Gott kennt andere Wege.

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ALLGEGENWART GOTTES

1.

Gott und Welt sind strikt zu unterscheiden. Und trotzdem ist Gott keine isolierte Größe „neben“ der Welt. Er kann nicht zu den Teilaspekten der Wirklichkeit hinzuaddiert werden als etwas, was es „auch noch“ gibt. Vielmehr ist Gott die alles bestimmende Wirklichkeit. Wir begegnen ihm in allen Dingen. Doch sehen kann das nur der Glaube: Für ihn ist die Welt transparent wie ein buntes Kirchenfenster. Er sieht die Vielfalt der Farben und weiß doch, dass es nur ein Licht gibt. Er sieht die Schöpfung und erkennt darin den Abglanz des Schöpfers.

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2.

Es ist eine Illusion, wenn der Mensch meint, er müsse Gott und seine Alltagswelt erst kunstvoll in Beziehung setzen. Denn Gott und Welt sind längst in Beziehung. Und der Mensch hat es im Grunde nie mit einem anderen zu tun als mit Gott. Wir sind immer in Beziehung mit ihm, und die Frage ist bloß, wie sich diese Beziehung gestaltet. Ob sie nämlich eine unbewusste und ungeklärte, eine unwillige und darum unheilvolle Beziehung bleibt, oder ob der Glaube daraus eine bewusste und geklärte, eine willig bejahte und darum heilvolle Gottesbeziehung werden lässt.

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3.

Die Frage, wo Gott ist, kann nicht mehr mit dem Hinweis auf den „Himmel“ beantwortet werden, seit Luft- und Raumfahrt den „Himmel“ erschlossen haben. Gott ist allgegenwärtig, d.h.: Er ist in allem, alles ist in ihm und nichts ist außerhalb von ihm, denn er ist nirgends nicht. Weil wir aber dazu neigen, „überall“ und „nirgends“ gleichzusetzen, ist es wichtig, den Ort zu kennen, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig ist: Nämlich dort, wo zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind.

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„Wo finde ich nun Gott? Jer. 23,23. Bei St. Jakob? Am Ende der Erden? Zum finstern Stern? Zu Jerusalem? Auf dem Berge Tabor? Antwort: Joh. 4,23. Im Geist und in der Wahrheit. Zu Fürsten und Herren muss man weit reisen, seine Not vorzubringen; aber Gott ist überall, er erfüllet Himmel und Erden, Jer. 23,24. ist allen Kreaturen näher, als sie ihnen selbst sein; ist in und außer allen, durch alle, Eph. 4,6. Alle Örter sind vor ihm ein einiger Ort, alle Zeiten eine Zeit, Ps. 139,7. Wenn einer am Tage im flachen Felde wandelt, so ist es licht um ihn, er sehe oder sei blind; also und näher ist Gott allen Kreaturen. Denn sie sind das Wasser, darüber Gott schwebet, der durchdringt alle Geister, wie pur, rein und lauter sie sein, Weish. 7,23. Gott ist uns allen gegenwärtig, aber wir sind ihm nicht alle gegenwärtig, das ist, wir befinden seine Gegenwart nicht, gleichwie ein Blinder das Tageslicht nicht siehet. Gott wendet sich nicht von uns, wir aber wenden uns von ihm, dadurch fallen wir in Blindheit…“ (Johann Arndt)

 

„Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich Gottes bewusst, ihn denkt und empfindet, und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen.“ (Johann Georg Hamann)

 

„Die Allgegenwart Gottes ist diejenige Eigenschaft, nach welcher Gott alles und jedes im Universum durchdringt und erfüllt, und zwar sowohl nach Wesen wie auch nach Wirken, ohne jedoch irgendwo, auch nicht durch das ganze Universum, eingeschlossen zu sein.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Die Schrift aber lehrt uns, dass Gottes rechte Hand nicht sei ein sonderlicher Ort, da ein Leib solle oder möge sein, als auf einem güldenen Stuhl; sondern sei die allmächtige Gewalt Gottes, welche zugleich nirgend sein kann, und doch an allen Orten sein muss. Nirgend kann sie an einigem Ort sein (spreche ich); denn wo sie irgend an etlichem Ort wäre, müsste sie daselbst begreiflich und beschlossen sein, wie alle dasjenige, so an Einem Ort ist, muss an demselbigen Ort beschlossen und abgemessen sein, also dass es dieweil an keinem andern Ort sein kann. Die göttliche Gewalt aber mag und kann nicht also beschlossen und abgemessen sein. Denn sie ist unbegreiflich und unmesslich, außer und über alles, das da ist und sein kann. Wiederum muss sie an allen Orten wesentlich und gegenwärtig sein, auch in dem geringsten Baumblatt. Ursach ist die: denn Gott ist's, der alle Dinge schafft, wirkt und erhält, durch seine allmächtige Gewalt und rechte Hand, wie unser Glaube bekennt; denn er schickt keine Amtleute oder Engel aus, wenn er etwas schafft oder erhält, sondern solches alles ist seiner göttlichen Gewalt selbst eigen Werk. Soll er's aber schaffen und erhalten, so muss er daselbst sein, und seine Kreatur so wohl im Allerinnwendigsten als im Allerauswendigsten machen und erhalten. Darum muss er ja in einer jeglichen Kreatur in ihrem Allerinwendigsten, Auswendigsten, um und um, durch und durch, unten und oben, vorn und hinten selbst da sein, dass nichts Gegenwärtigers noch Innerlichers sein kann in allen Kreaturen, denn Gott selbst mit seiner Gewalt. Denn er ist's, der die Haut macht; er ist's, der auch die Gebeine macht; er ist's, der die Haar auf der Haut macht; er ist's auch, der das Mark in den Gebeinen macht; er ist's, der ein jeglich Stücklein am Haar macht; er ist's, der ein jeglich Stücklein am Mark macht; er muss ja alles machen, beide, Stücke und Ganzes: so muss ja seine Hand da sein, die es mache, das kann nicht fehlen.“ (Martin Luther)

 

ALLGEMEINES PRIESTERTUM

Als Christus sein Leben opferte, machte er allen weiteren Opfer- und Priesterdienst alttestamentlicher Art überflüssig. Indem er aber seine Jünger beauftragte, missionierend, taufend und lehrend sein Werk weiterzuführen, begründete er das kirchliche Amt. Grundsätzlich hat jeder Getaufte Anteil an diesem Amt und Auftrag. Um aber eine möglichst geordnete und qualifizierte Ausübung zu gewährleisten, überträgt die Kirche das geistliche Amt einzelnen, die dazu besonders geeignet und ausgebildet sind.

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„Wer sind denn die Priester? Nicht nur die Prediger, welche solch ihr Amt aus dem Beruf der Gemeinde haben, sondern alle Christen, Manns- und Weibspersonen, sind von Christo zu Priestern gemacht, und bereits in der Wiedergeburt dazu geboren und gesalbet. Daher auch ihnen allen, und nicht allein dem Predigerstand, der Name der Geistlichen gehöret.“ (Philipp J. Spener)

 

„Darum sind alleine die das heilige und geistliche Priestertum, welche rechte Christen und auf den Stein gebauet sind. Denn sintemal Christus der Bräutigam ist, und wir die Braut sind, so hat die Braut alles, was der Bräutigam hat, auch seinen eigenen Leib. Denn wenn er sich der Braut gibt, so gibt er sich ihr gar, was er ist; und wiederum gibt sich ihm die Braut auch. Nun ist Christus der hohe und oberste Priester von Gott selbst gesalbt, hat auch seinen eigenen Leib geopfert für uns, welches das höchste Priesteramt ist; darnach hat er am Kreuze für uns gebeten; zum dritten hat er auch das Evangelium verkündigt, und alle Menschen gelehrt, Gott und sich erkennen. Diese drei Ämter hat er auch uns allen gegeben. Darum, weil er Priester ist, und wir seine Brüder sind, so haben‘s alle Christen Macht und Befehl, und müssen es tun, dass sie predigen und vor Gott treten, einer für den andern bitte, und sich selbst Gott opfere.“ (Martin Luther)

 

ALLMACHT GOTTES

1.

Die Bibel bezeugt vielfach, dass Gott, wenn er etwas will, durch nichts daran gehindert werden kann. Denn Gott ist einer, der, was er will, auch kann. Und das ist ein großes Glück, weil er die Macht in Jesus und hinter Jesus ist. Nur Gottes Allmacht bietet Gewähr dafür, dass Jesu Verheißungen wahr werden. Jesu Liebe wäre hilflos, wenn nicht das Durchsetzungsvermögen des Allmächtigen ihren Hintergrund bildete. So aber dürfen wir zuversichtlich erwarten, dass am Ende der Weltgeschichte alle Macht liebevolle Macht – und alle Liebe mächtige Liebe sein wird.

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2.

Gottes Allmacht ist eine lückenlose, alles Geschehen bestimmende Wirksamkeit, durch die Gott die Geschicke der Welt nach seinem Willen lenkt. Der Mensch wird dadurch keineswegs zur willenlosen Marionette: Ein jeder tut durchaus, was er will. Nur werden die Folgen unserer Handlungsfreiheit Gott niemals überraschen. Unsere Entschlüsse sind, längst bevor wir sie fassen, in Gottes Plan vorgesehen und tragen selbst dann zu seiner Erfüllung bei, wenn wir das Gegenteil beabsichtigen.

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„Die Allmacht Gottes ist die schrankenlose Macht des Willens Gottes, alles zu tun, was keine Unvollkommenheit in ihm mit sich führt oder keinen Widerspruch mit seinem ganzen Wesen enthält.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Eine Unvollkommenheit würden wir in Gottes Allmacht hineinbringen nicht nur, wenn wir sie für beschränkt erklärten wie menschliche Macht und nicht für unendlich, sondern auch wenn wir in Gott das Verhältnis zwischen Willen und Macht analog dem Verhältnis, wie es zwischen beiden Kräften in dem Menschen obwaltet, setzen wollen. Bei dem Menschen sind Wille und Macht getrennt. Der Wille setzt die Macht in Bewegung; die Macht ist Organ des Willens. Solch eine Trennung von Willen und Macht dürfen wir in Gott nicht setzen. Bei ihm ist der Wille ohne Vermittlung einer vom Willen unterschiedenen Kraft selbst wirkende Macht (…..). Wenn wir also Gottes Allmacht so definieren: „Er kann alles, was er will,” so heißt dies: Es geschieht alles, wozu der Wille in ihm ist; was er aber nicht tut, zu dem ist kein Wille in ihm vorhanden. Diesen letzteren Satz hat man auch so gegeben: Gott will nicht alles, was er kann; oder: Gott tut nicht alles, was er kann. Gott tut, wie unser Lehrsatz sagt, nichts, was seinem Wesen widerspricht. Die Allmacht ist ja nichts anderes als der allmächtige Wille Gottes, der an sich schon Kraft, nicht bloß Entschluss ist (Ps. 33,6.9; Heb. 11,3). Aber der Wille Gottes ist heilig, kann also nicht auf etwas gerichtet sein, das seinem Wesen widerspräche.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Das andere ist, wie wir gesagt haben, dass ein jeglicher diese Worte soll mit dem Geist fassen und so viel daraus nehmen, dass Gott alle Dinge im Himmel und Erden tue, schaffe und wirke, wie der Text auch will. Wer das versteht, der wird so bald inne, dass er keine Ader regen, auch nicht Einen Gedanken haben kann, Gott muss es wirken; dass sein Leben gar in seiner Hand nicht steht, sondern bloß in Gottes Hand. Denn, so ich das glaube, dass er habe die ganze Welt aus Nichts gemacht, sondern alles allein aus seinem Worte und Gebote gestanden sei, so muss ich ja bekennen, dass ich auch ein Stück von der Welt und seiner Schöpfung sei. Daraus muss folgen, dass in meiner Macht nicht stehe, eine Hand zu regen, sondern dass allein Gott alles in mir tue und wirke. Da will es hinaus, und da muss man es hinlenken, so ist der Verstand recht. Wenn du nun denn das also fühlst, so wirst du müssen erschrecken; denn die Natur kann es nicht leiden. Tröstlich aber ist es denen, die im Glauben stehen; denn da ist nichts, das sie stärken und trösten möge, denn dass sie wissen, wie sie gar in Gottes Hand stehen, also, dass er auch die geringsten Gedanken in ihnen wirke. Wo nun solcher Glaube ist, der kann sich gar vor nichts fürchten, und sich auch auf nichts verlassen, weder im Himmel noch auf Erden, weder im Leben noch im Tode, weder in Sünde noch Frömmigkeit, denn allein auf Gott. Darum, wenn schon die ganze Welt wider mich stände und mich angriffe, dass ich mitten in ihren Händen wäre, so weiß ich, dass sie doch nichts vermögen, denn so ferne Gott will. Und wenn schon der Feinde so viel wären, als Sandes am Meer, so sind sie ja Gottes Kreatur, so können sie ohne seinen Willen und Sorgen keinen Gedanken haben; geschweige, dass sie mir Schaden tun können, er wolle denn. Will er aber, wohl mir! denn ich weiß, dass es sein gnädiger Wille und väterliche Liebe ist. Darum steht ein solcher gläubiger Mensch in solcher Freude und Sicherheit, dass er sich vor keiner Kreatur lässt erschrecken, ist aller Dinge ein Herr, fürchtet sich vor keinem Dinge, das ihm möchte zuhanden stehen, denn allein vor Gott, der im Himmel ist.“ (Martin Luther)

 

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Gott ändert seinen Plan nicht, warum sollte er? Er ist der Allmächtige und kann deshalb tun, was immer er will. Warum sollte er nicht? Gott ist allweise und kann daher nichts falsch planen. Warum sollte er? Er ist der ewige Gott und kann daher nicht sterben, ohne dass sein Plan vollendet wäre. Warum sollte er sich ändern? Ihr wertlosen Atome der Erde, Strohfeuer eines einzigen Tages, ihr kriechenden Insekten auf dem Lorbeerblatt der Existenz, ihr mögt eure Pläne ändern, aber er niemals. Hat er mir gesagt, dass es sein Plan ist, mich zu retten? Dann bin ich für immer gerettet. C. H. Spurgeon

 

ALLVERSÖHNUNG

Die Lehre von der „Allversöhnung“ ist heute verbreitet, obwohl sie im Neuen Testament keine Grundlage hat. Jesus rechnet damit, dass Sünder, die nicht im Glauben das Heil ergreifen, auf ewig vom Heil ausgeschlossen bleiben und verloren gehen. In der bewussten Trennung von Gott liegt ihre Schuld – und zugleich ihre angemessene Strafe. Wer aber will sich anmaßen, darüber mehr zu wissen als Gottes Sohn? Die Hölle, von der er spricht, verschwindet nicht, bloß weil wir uns weigern, an sie zu glauben. Trösten wir uns also nicht mit Ausflüchten wie der Allversöhnungslehre, sondern ergreifen wir die konkrete Hilfe, die Christus bietet.

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„Werden alle Menschen auf Erden gerechtfertiget und selig? Der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführet, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Matth. 7.“ (Martin Chemnitz)

 

„Am letzten glaube ich die Auferstehung aller Toten am jüngsten Tage, beide der Frommen und Bösen, dass ein jeglicher daselbst empfahe an seinem Leibe, wie er‘s verdienet hat, und also die Frommen ewiglich leben mit Christo, und die Bösen ewiglich sterben mit dem Teufel und seinen Engeln. Denn ich's nicht halte mit denen, so da lehren, dass die Teufel auch werden endlich zur Seligkeit kommen. Das ist mein Glaube; denn also glauben alle rechten Christen, und also lehrt uns die heilige Schrift.“ (Martin Luther)

 

„Auch wird gelehret, dass unser Herr Jesus Christus am jüngsten Tage kommen wird zu richten, und alle Toten auferwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und ewige Strafe verdammen. Derhalben werden die Wiedertäufer verworfen, so lehren, dass die Teufel und verdammte Menschen nicht ewige Pein noch Qual haben werden.“ (Augsburger Konfession XVII)

 

„Der unglückselige Zustand der Verdammten in der Hölle. Von dem ist zu merken a. dass in der Hölle nichts sein wird von allem Guten, das einen Menschen erfreuen kann (…). b. dass alles sich in der Verdammnis finden wird, was einen Menschen betrüben und traurig machen kann (…). Es wird die Pein verglichen einem Wurm, der ohn Aufhören am Herzen nagt, Jes. 66,24. Mark. 9,44: „ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer wird nicht verlöschen“. Demnach werden mit dem ewigen Leben alle Gnadenwerke, mit der ewigen Verdammnis alle Werke des gerechten Zorns und Grimmes unsers Herrn Gottes vollkommen, als nach denen kein Mensch weiter etwas zu tun noch zu gewarten hat; weil niemand aus der Seligkeit gesetzt, niemand aus der Hölle erlöset wird und es beiderseits in Ewigkeit also bleiben muss.“ (Nikolaus Hunnius)

 

ALLWISSENHEIT GOTTES

1.

Dem Menschen ist eine zuverlässige Kenntnis der Dinge erst möglich, wenn sie geschehen sind. Bei Gott hingegen geht die Kenntnis der Dinge ihrer Wirklichkeit voraus. Denn nichts kann real sein, dem er nicht Realität verleiht. Für uns ist ein Ereignis zuerst in der Welt – und dann im Bewusstsein. Doch für Gott ist es zunächst in seinem Bewusstsein – und erst später in der Welt. Sein Wissen ist keine erworbene Kenntnis, die ihm erst durch Beobachten, Nachdenken und Schlussfolgern zuwächst, sondern es umfasste schon vor aller Zeit alles, was Gott in der Zeit zu verwirklichen beschlossen hat. 

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2.

Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.

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„Die Allwissenheit Gottes ist das vollkommene Wissen nach Inhalt und Beschaffenheit, insofern es nach dem Inhalt ihn selbst und das gesamte Universum und nach der Beschaffenheit alles und alle Zeiten in intuitiver, ewiger, unfehlbarer Weise umfasst.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Was ist denn Gottes Allwissenheit und Allweisheit? Dass Gott nicht allein vergangene, gegenwärtige und künftige Dinge, auch die verborgensten Gedanken der Herzen ohne Fehl, ganz gewiss und aufs genaueste siehet, sondern auch alles verstehet, wohl regieret und anordnet, und seinen Rat unfehlbarlich und herrlich hinauszuführen weiß.“ (Philipp J. Spener)

 

„Weil alle Dinge in Gott ihren Ursprung haben und von ihm getragen werden, so erkennt und sieht er auch alle in seinem eignen Wesen, wie in einem unendlichen Spiegel. Er gewahrt und zählt den ganzen Sand des Meeres, alle Tropfen des Wassers, alle Teile der Erde und was auf und in ihr ist, alle Sterne des Himmels, alle Tage, alle Stunden, alle Augenblicke, welche vergingen, noch sind und sein werden; er kennt alle Kräuter und ihre Kräfte, alle Bäume und ihre Blätter, alle Samenkörner, alle Vögel, Fische und vierfüßigen Tiere, alle Menschen, so viel ihrer gelebt haben, leben und noch leben werden. Er weiß ihre Gedanken, ihre Anschläge, ihre Wünsche, ihre Worte und Werke zu gleicher Zeit und nichts bleibt ihm verborgen. So ist nun das Wissen Gottes unendlich, unbegreiflich und unausdenkbar.“

Raymund (+1436)

 

ALTER ADAM, ADAMSNATUR

Das Kreuz eines Christen besteht in dem Leid, das er bewusst in Kauf nimmt, weil es für die vollen Gemeinschaft mit Gott und zum Abbau seines „alten Menschen“ erforderlich ist. Gott schickt uns solches Kreuz zu Hilfe, denn alles, was uns von Adam her angeboren ist, muss in und an Christus sterben. Es ist gut gemeint! Und so können wir alles als „Kreuz“ ansehen, was geeignet ist, unsere Vermessenheit zu dämpfen, unseren Stolz zu brechen und unser Rühmen zu unterbinden. Das Kreuz verhilft uns (unter dem Anschein des Gegenteils) zum Leben. Doch – das Leid um des Leides willen zu suchen, ist keine fromme, sondern eine echt kranke Idee!

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ALTER, ALT WERDEN

Das Alter bringt den Menschen an seine Grenzen. Doch wenn er sein Pulver in guter Absicht verschossen hat, muss er sich seiner Erschöpfung nicht schämen, sondern kann das Alter als Übung in der Demut und im Glauben sehen. Er muss sich eingestehen, dass sein gesamter Reichtum aus Leihgaben bestand, die ihm der Herr des Lebens nach und nach wieder entzieht. Und während ihn das Alter von den irdischen Genüssen entwöhnt, richtet sich sein Blick zunehmend auf die Ewigkeit. Er baut nicht mehr auf sich selbst, sondern auf Gottes Hilfe. Und wenn‘s gut läuft, entspricht seinem Nicht-mehr-können auch ein Nicht-mehr-müssen. 

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Alles Glücklichsein ist das eines Kindes im Theater. Das Alter weiß, wie die Dekoration von hinten aussieht und der Schauspieler zu Hause. Freilich bleiben die meisten bis zu ihrem Tode große Kinder. Wilhelm Raabe

 

Das Alter ist die Hölle der Frauen. Rochefoucauld

 

Wenn man älter wird, so lernt man eben einsehen, dass man von einem Menschen nicht alles verlangen kann und dass man zufrieden sein muss, wenn ein Weinstock Trauben trägt. In jüngeren Jahren verlangt man auch noch Erd- und Himbeeren dazu. Theodor Fontane

 

Die Erfahrung gleicht einer unerbittlichen Schönen. Jahre gehen vorüber, bis du sie gewinnst, und ergibt sie sich endlich, seid ihr beide alt geworden, und ihr könnt euch nicht mehr brauchen. Ludwig Börne

 

Die Heiterkeit und der Lebensmut unserer Jugend beruht zum Teil darauf, dass wir, bergauf gehend, den Tod nicht sehen; weil er am Fuß der andern Seite des Berges liegt. Haben wir aber den Gipfel überschritten, dann werden wir des Todes, welchen wir bis dahin nur vom Hörensagen kannten, wirklich ansichtig, wodurch, da zu derselben Zeit die Lebenskraft zu ebben beginnt, auch der Lebensmut sinkt; so dass jetzt ein trüber Ernst den jugendlichen Übermut verdrängt und auch dem Gesichte sich aufdrückt. So lan­ge wir jung sind, mag man uns sagen, was man will, halten wir das Leben für endlos und gehen danach mit der Zeit um. Je älter wir werden, desto mehr ökonomisieren wir unsere Zeit. Denn im späteren Alter erregt jeder verlebte Tag eine Empfindung, welche der verwandt ist, die bei jedem Schritt ein zum Hochgericht ge­führter Delinquent hat. Arthur Schopenhauer

 

Die Jungen glauben, mit ihnen beginnt die Welt; die Alten denken, mit ihnen hört sie auf – ich weiß nicht, was schlimmer ist. Friedrich Hebbel

 

Die Menschen werden alt, aber selten reif. Alphonse Daudet

 

Eine junge Zahnreihe aber neidlos anzusehen, das ist die größte Prüfung mir, dem Alten. Goethe

 

Es kommt nicht darauf an, wie alt man ist, sondern wie man alt ist. Martial

 

Es tritt der Mensch in jedes Alter als Novize ein. Nicolas Chamfort

 

Habgier im Alter ist eine Narrheit. Vergrößert man denn seinen Reiseproviant, wenn man sich dem Ziel nähert? Marcus Tullius Cicero

 

Ich bin ein alter Mann und habe in meinem Leben viele Sorgen gehabt, aber die meisten waren unnötig. Mark Twain

 

Ich fühle mich nicht alt, weil ich so viele Jahre hinter mir habe, sondern weil nur noch so wenige vor mir liegen. Epikur

 

Jedes Lebensalter ist für uns neu. Deshalb haben wir oft trotz unseren Jahren keine Erfahrung. Rochefoucauld

 

Konfuzius sprach: „Der Edle hütet sich vor dreierlei: In der Jugend, wenn der Körper noch nicht entwickelt ist, hütet er sich vor sinnlichen Vergnügungen. Im Mannesalter, wenn er seine volle Kraft erreicht hat, hütet er sich vor Streitsucht. Im Greisenalter, wenn die Kräfte schwinden, hütet er sich vor Geiz.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Lange leben will halt alles, aber alt werden will kein Mensch. Johannes Nestroy

 

Michelangelo, der große Künstler, sagte einst zu einer Gräfin: „Ich bin 86 Jahre alt, habe ein reiches Leben hinter mir und hoffe, dass ich bald von Gott abgerufen werde!” Die Gräfin fragte ihn, ob er lebensmüde sei. Michelangelo antwortete: „Nein, lebenshungrig!”

 

Wenn alte Leute sich recht kennten, so würden sie nicht über Kinder die Schultern zucken. Johann Georg Hamann

 

Wenn die Menschen auf ihr Alter tugendhaft werden, opfern sie Gott nur die Überbleibsel vom Teufel. Alexander Pope

 

Wird man so alt gleich wie `ne Kuh, so lernt man doch noch immer dazu. Bauernweisheit

 

Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen;

mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen.

Der Augenblick ist mein, und nehm' ich den in acht,

so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht. Andreas Gryphius

 

ALTES TESTAMENT

Die verbreitete Ansicht, der Gott des Alten Testaments sei ganz „anders“ als der des Neuen, ist falsch. Denn hier wie dort erwählt Gott Menschen zu seinem Volk und schließt voller Gnade einen Bund mit ihnen. Und hier wie dort gilt, dass jene, die außerhalb des Bundes stehen, unter dem Fluch bleiben, der mit Adams Sünde begann. Der Unterschied der Testamente liegt darin, dass Jesu die Zugangsbedingungen ermäßigt: Der neue Bund steht auch Heiden und Gescheiterten offen. Aber wie Gottes Gnade dabei ungeahnte Formen annimmt, so auch sein Gericht (Offb. des Joh.!). Beide Züge treten im NT stärker hervor. Gott aber bleibt ganz derselbe.

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Amt

Bin ich meinem Amte in der Tat nicht gewachsen, so ist der Chef zu tadeln, der es mir anvertraut. Friedrich von Schiller

 

Konfuzius sprach: „Diese ehrgeizigen Streber - wie kann man mit ihnen zusammenarbeiten? Solange sie noch kein Amt haben, ist ihre einzige Sorge, eins zu erhalten. Ist ihnen das gelungen, ist ihre Sorge, es wieder zu verlieren. In ihrer Sorge, das Amt wieder verlieren zu können, sind sie zu allem fähig.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Konfuzius sprach: „Es bekümmert mich nicht, dass ich ohne Amt und Würden bin. Ich sorge mich vielmehr, dass es mir an Fähigkeiten und eigenem Vermögen mangelt. Auch betrübt es mich nicht, unbekannt zu sein. Es geht mir nur darum, würdig zu sein, dass man mich kennt.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Wie können die niederträchtigen und verworfenen Menschen dem Fürsten dienen? Diese Menschen werden, ehe sie ihr Amt empfangen haben, von der Furcht gequält, sie möchten es nicht empfangen, und wenn sie es empfangen haben, werden sie von der Furcht gequält, es zu verlieren. Von Stund an, wo sie von der Furcht gequält werden, ihre Ämter zu verlieren, gibt es nichts, wozu sie nicht fähig wären. Konfuzius

 

Es ist leichter, jener Ämter würdig zu erscheinen, die man nicht hat, als derer, die man ausübt. Rochefoucauld

 

AMT, GEISTLICHES

1.

Als Christus sein Leben opferte, machte er allen weiteren Opfer- und Priesterdienst alttestamentlicher Art überflüssig. Indem er aber seine Jünger beauftragte, missionierend, taufend und lehrend sein Werk weiterzuführen, begründete er das kirchliche Amt. Grundsätzlich hat jeder Getaufte Anteil an diesem Amt und Auftrag. Um aber eine möglichst geordnete und qualifizierte Ausübung zu gewährleisten, überträgt die Kirche das geistliche Amt einzelnen, die dazu besonders geeignet und ausgebildet sind.

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2.

Wenn die römische Kirche meint, durch das dem Petrus anvertraute „Amt der Schlüssel" seien die Ströme der Gnade in ihrer Hand monopolisiert, muss man ihr widersprechen. Nach Matth. 18 und Joh. 20 hat Jesus die entsprechende Vollmacht allen Jüngern gegeben. Dennoch erinnert das katholische Amtsverständnis an etwas Wichtiges: Die Quelle kirchlicher Ämter und Vollmachten können niemals die Menschen sein, denen kirchliches Handeln zugutekommt. Denn sonst wäre es die Gemeinde selbst, die sich Vergebung und Segen spendete. Weil das unmöglich ist, bleibt festzuhalten, dass jedes kirchliche Amt seinen Ursprung bei Christus hat.

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Andacht

Glaubst du, dass, weil du, ohne es durch Todsünde verschuldet zu haben, weder Andacht noch Ernst hast, du deshalb eben, weil du keine Andacht und keinen Ernst hast, auch Gott nicht hast, und ist dir das dann leid, so ist dies eben jetzt deine Andacht und dein Ernst. Meister Eckhart

 

ANEIGNUNG DES HEILS

Glaube ist ein entschlossenes Zugreifen auf die Verheißungen Gottes, die sich der Gläubige im Wissen um seine Bedürftigkeit aneignet. Er behaftet Gott bei seinem Wort, hinter das er, (um seiner Ehre willen) nicht mehr zurück kann. Sich darauf zu berufen – und notfalls auch gegen Gott auf Gottes Treue zu insistieren! – das allein ist rettender Glaube. Denn ein Evangelium, das ich nicht persönlich aneigne, ist so viel wert wie ein Scheck, den ich nicht einlöse, wie ein Geschenk, das ich nicht auspacke, oder ein Medikament, das ich nicht nehme.

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Anerkennung

Größe ist nicht, Anerkennungen zu erhalten, sondern sie zu verdienen. Aristoteles

 

ANFECHTUNG

1.

Die verbreitete Ansicht, Zweifel gehörten zum Glauben dazu, ist falsch. Erprobter Glaube kann sie durchaus hinter sich lassen und Gewissheit erlangen, ohne „intellektuell unredlich“ zu sein. Wenn die Zweifel schwinden, wird aber die Anfechtung bleiben. In der Anfechtung ist nicht mehr Gott fraglich, sondern der Gläubige wird sich selbst fraglich. Das Missverhältnis zwischen Gottes Vollkommenheit und seiner eigenen peinlichen Schwäche erfüllt ihn mit Angst. Und diese Not ist nur dadurch zu überwinden, dass man sie an Christus abgibt.

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2.

Da Gott nicht einfach „alle“ erlöst, kann der Einzelne in quälende Zweifel geraten, ob die Zusagen des Evangeliums auch ihm persönlich gelten – oder vielleicht nur anderen. Wenn manche verworfen werden – wie weiß er, dass er zu den Erwählten gehört? Selbstbeobachtung führt garantiert nicht zum Ziel. Doch Gott hat Heilsmittel bereitgestellt, die uns seine Gnade verlässlich zueignen: Wer im Glauben am Abendmahl teilnimmt, darf seiner Erwählung unmittelbar gewiss sein. Und das nicht etwa, weil er „gut“, sondern weil Gottes Sakrament verlässlich ist. Die Heilsgewissheit, die es anderswo nicht gibt, findet man also am Altar.

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3.

Der Glaube behauptet sich nicht, indem er sagt „ich habe Macht“, sondern „der Herr ist meine Macht“ (Ps 118,14), so dass er nicht etwa durch Gott reich ist an Irdischem, sondern reich ist an Gott. Der Gläubige will nichts sein, auf dass Gott in ihm alles sei – und wird dadurch geistlich unangreifbar: Christi Gerechtigkeit ist die einzige, deren er sich rühmt, und seine gesamte Schuld hat er an Christus abgegeben. Gottes Wort ist seine Wahrheit, und Christus sein Leben. Weil ihm all das aber nicht „gehört“, kann‘s ihm auch niemand rauben. Wo immer der Feind ihn greifen will, trifft er auf Christus – und der Schlag geht ins Leere.

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4.

Wer die Bedingungen seines Heils selbst gewährleisten will, nimmt diese Verantwortung Christus aus der Hand – und kann sie selbst nicht tragen. Darum ist es besser, diesbezüglich „arm“ zu sein – „reich“ aber nur durch die Teilhabe an Christus. Ich muss dann nicht Stärken simulieren, wo ich keine habe, sondern verweise auf Christus. Und da ich nichts Eigenes vorweise, beweise oder verteidige, kann’s mir auch keiner nehmen oder aus der Hand schlagen, sondern je ärmer man mich findet, umso klarer tritt zu Tage, dass mein Reichtum in Christus selbst besteht. Er ist des Christen Gerechtigkeit und Ruhm. Und jenseits dessen macht er keine Ansprüche geltend, ist also „in Christus hinein verschwunden“.

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5.

Hiobs großer Glaube

 Erg.

 

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„Warum aber Gott solches bisweilen zulässt, dass seine gläubigen Kinder, die auf Christum getauft, Vergebung der Sünden haben, durch den Glauben sind gerecht gemacht, und zum ewigen Leben aufgenommen, vom leidigen Teufel so kläglich und jämmerlich mit schweren höllischen Gedanken angefochten, gequälet, und zu geistlichen Märtyrern gemacht werden, ist ohne Not, dass wir darnach forschen; es soll uns genug sein, dass wir aus Gottes Wort versichert sein, Gott selbst habe uns die Anfechtung zugeschickt. Was nun von Gott kommt, das gereicht dem Menschen nicht zum Verderben, sondern zur Seligkeit, dazu denn alles dienen muss, was denen widerfähret, die Gott lieben, Röm. 8,28.“ (Johann Arndt)

 

„Gott hat recht und wohl daran getan, dass er uns in solchem Stande hat bleiben lassen, in dem wir mit der Sünde, mit Tod, Teufel, Welt, Fleisch und allerlei Anfechtung kämpfen und ringen müssen, auf dass wir genötigt und gezwungen werden, seine Gnade und Hilfe, sein Wort und Sakrament zu suchen und zu begehren. Sonst, wenn das nicht wäre, würde kein Mensch weder nach seinem Wort noch seinem Sakrament ein Haar breit fragen, weder Gnade noch Hilfe suchen. Nun aber solche Jagdhunde, ja Teufel hinter uns sind und uns aufstöbern, so müssen wir wohl munter werden, und wie ein gejagter Hirsch zum frischen Wasser, also auch wir nach Gott schreien, wie der 42. Psalm sagt, damit unser Glaube wohl geübt, erfahren und stark werde und wir also in Christus bleiben und fest werden.“ (Martin Luther)

 

„Der Glaube muss geprüft werden, weil er nur durch Konflikte in einen persönlichen Besitz verwandelt werden kann.“ (Oswald Chambers)

 

„Zur Übung unseres Glaubens sind Wolken und Dunkelheit notwendig, um uns zu veranlassen, dass wir unser Vertrauen mehr auf Christus setzen als auf unsere Erfahrungen, Beweisgründe, Gemütsstimmungen und Gefühle.“ (Charles H. Spurgeon)

 

„Einige angefochtene Seelen glauben verzweifeln zu müssen, weil sie von verzweifelten Stimmungen befallen werden. Aber so sehr sie auch solches fühlen mögen, so tief sie auch von dieser Versuchung gleichsam verschüttet werden; so lange die Vernunft nicht einstimmt, so lange geht auch die Liebe zu Gott nicht verloren. Das Feuer, welches am Tage auf dem Herde brannte, scheint während der Nacht unter der Asche ganz erstickt und verkommen zu sein, und doch finden sich, wenn man am Morgen sucht, hie und da noch Funken, aus denen eine ebenso große Flamme, wie vorher, wieder erweckt wird. Gleicherweise kann der Geist des Menschen vom Teufel nicht überwunden werden, wenn der Wille nicht einstimmt. Man muss nur unter dem Andrange solcher Anfechtungen schreien: Herr, mein Gott, tue mir nach dem, was ich gern möchte, nicht nach dem, was ich empfinde. Es pflegt wohl auch zu geschehen, dass sich fromme Gemüter über kleinere Sünden zu viele Bedenklichkeiten machen, dass sie ängstlich auf alles, was sie tun, Acht geben, und dann mit der Waage der Gerechtigkeit in der Hand des göttlichen Erbarmens, welches unserer Seligkeit Quell ist, ganz vergessen. Da beten einige einen Psalm für sich, und ein plötzlich aufsteigender Gedanke reißt sie von der Andacht hinweg; sie wiederholen ihr Gebet nun mit Anstrengung zwei-, dreimal, doch öfter wird ihnen die heilige Speise immer fader und geschmackloser. Andere bekennen und beichten ihre Sünden, aber sie fühlen sich nicht vollständig zerknirscht, und quälen und ängstigen sich darum immerdar. Allen solchen ist zu raten, dass sie von ihrer Gerechtigkeit hinweg auf Gottes lauteres Erbarmen schauen, und ihre Vergehen so mögen wägen lernen, dass sie die unendliche Liebe Gottes überwiegen lassen. Von einzelnen gotteslästerlichen oder unreinen Gedanken muss sich keiner irre machen lassen. Sie kommen vom Teufel, und so lange sie dem Menschen nicht zur Lust, sondern zur Last sind, werden sie ihm nicht als Sünde angerechnet. Wollte jemand mit dem Bekenntnis von dergleichen Gedanken sehr ins Einzelne gehen und sich mühen, nichts zu verschweigen, so würde er ohne Zweifel nichts weniger als Herzensruhe erlangen, vielmehr dem bösen Feinde immer mehr Gelegenheit zu quälenden Angriffen geben; gleichwie diejenigen, welche bellenden Hunden, um ihre Wut zu beschwichtigen, Brot vorwerfen, sie oft nur noch stärker reizen. Hier gilt der Rat, sich gar nicht viel um solche Gedanken zu kümmern, oder mit ihnen zu streiten, sondern höchstens lachend zu sprechen: Dein Schmutz muss auf dich selber zurückfallen, o Satan; Gott ist mein Beistand, dich fürchte ich nicht. Übrigens ist es sehr gut, wenn kleinmütige Personen sich wegen ihrer Bedenklichkeiten an bejahrte fromme Männer wenden, und durch sie ihren Mut stärken und stählen lassen. Denn ältere Zimmerleute gehen sicher und unerschrocken auf den höchsten Balken der Häuser herum, während Anfänger, wollten sie es versuchen, sofort sich in Lebensgefahr begeben würden.“

Gerson (+1429)

 

„Wenn dir Himmel und Erde zu eng ist, wenn du nirgends dich ruhig anlehnen und halten kannst, wenn du in dem heißen Ofen der Anfechtung sitzt, so gieß aus zu Gott ein andächtiges, reines, inbrünstiges Gebet aus der Tiefe deines Herzens. Dann wird dir Gnade und Geduld gegeben werden, dass du ausharren magst, dann wird kühler Himmelstau auf dich herabfallen, der die grimmige Hitze löscht, der Seelen Angst und Betrübnis mildert.“

Geiler (+1510)

 

„Gott hat recht und wohl daran getan, dass er uns in solchem Stande hat bleiben lassen, in dem wir mit der Sünde, mit Tod, Teufel, Welt, Fleisch und allerlei Anfechtung kämpfen und ringen müssen, auf dass wir genötigt und gezwungen werden, seine Gnade und Hilfe, sein Wort und Sakrament zu suchen und zu begehren. Sonst, wenn das nicht wäre, würde kein Mensch weder nach seinem Wort noch seinem Sakrament ein Haar breit fragen, weder Gnade noch Hilfe suchen. Nun aber solche Jagdhunde, ja Teufel hinter uns sind und uns aufstöbern, so müssen wir wohl munter werden, und wie ein gejagter Hirsch zum frischen Wasser, also auch wir nach Gott schreien, wie der 42. Psalm sagt, damit unser Glaube wohl geübt, erfahren und stark werde und wir also in Christus bleiben und fest werden.“

(Martin Luther)

 

„Der Mensch, der an Christus glaubt, ist durch göttliche Zurechnung gerecht und heilig. Er befindet sich und ist bereits im Himmel, umgeben vom Himmel der Barmherzigkeit. Aber während wir hier im Schoß des Vaters getragen sind, bekleidet mit dem schönsten Gewand, reichen unsere Füße unten aus dem Mantel heraus, und die beißt der Satan, wie er nur kann. Da zappelt das Kindlein und schreit und spürt, dass es noch Fleisch und Blut hat und der Teufel noch da ist, der so lange plagt, bis der ganze Mensch heilig werde und herausgerissen werde aus dieser nichtigen und bösen Welt. So sind wir also Heilige und Kinder Gottes, aber im Geist, nicht im Fleisch, wohnen unter dem Schatten der Flügel, nämlich unserer Henne im Schoß der Gnade. Aber die Füße müssen noch gewaschen werden und müssen, weil sie unrein sind, vom Satan gebissen und geplagt werden, bis sie rein werden. Denn du musst das Füßlein mit unter den Mantel ziehen, sonst hast du keinen Frieden.“

(Martin Luther)

 

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Ein Schwarzer begleitete einst seinen weißen Herrn auf die Entenjagd. Er war Christ. Beide kamen bei der Gelegenheit auf Glaubensfragen zu sprechen. Der Herr sagte: „Ich begreife nicht, was du immer von Sünde und Anfechtung und Teufel zu reden hast. Ich spüre nichts von Anfechtung. Mich lässt der Teufel in Ruhe. Noch nie hat er mich gestört oder angegriffen.“ Da antwortete der Schwarze: „Das will ich dir erklären. Wenn wir auf der Entenjagd sind, und du hast geschossen, dann fallen einige Enten tot hin. Die lasse ich liegen. Einige aber flattern angeschossen weg und suchen zu entkommen. Denen laufe ich mit meiner langen Stange nach und schlage sie tot. Du bist eine Ente, die der Teufel schon totgeschossen hat. Dich lässt er liegen. Er weiß schon, dass er dich kriegt. Ich bin wie eine angeschossene Ente, die ihm gern entfliehen möchte. Darum ist er mit seiner langen Stange hinter mir her und sucht mich zu erschlagen.“

 

Anfechtungen sind Umarmungen Gottes. Martin Luther

 

Wer in den Ehestand geht, der geht in ein Kloster voller Anfechtungen. Martin Luther

 

Angst

Ängstlichkeit nimmt nicht dem Morgen seine Sorgen, aber dem heute seine Kraft. C. H. Spurgeon

 

Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken, alles vergeht, Gott bleibt derselbe. Geduld erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Gott nur genügt. Teresa von Avila

 

Ich habe Angst um die menschliche Rasse, wenn ich daran denke, dass Gott gerecht ist. Thomas Jefferson

 

Ich kenne einen Freund, der wurde von Angst ergriffen und schwebte lange zwischen Furcht und Hoffnung. Eines Tages, da ihn der Kummer halb aufgezehrt hatte, warf er sich, aus dem Herzen betend, in einer Kirche vor dem Altar nieder und dachte bei sich: Wenn ich doch gewiss wüsste, dass ich bis ans Ende im Guten verharren würde! Da hörte er die göttliche Antwort in seinem Innersten: „Und wenn du das wüsstest, was wolltest du dann tun? Tu jetzt, was du dann tun wolltest, und du wirst sicher zum Ziel kommen.“ Dies Gotteswort salbte ihn mit Trost und stärkte ihn, dass er sich ganz dem Willen seines Herrn hingeben konnte, und alle Angst war dahin. Thomas von Kempen

 

In einem von Grimms Märchen wird von einem jungen Bur­schen erzählt, der auf Abenteuer auszog, um das Fürchten zu lernen. Wir wollen diesen Abenteurer seinen Gang gehen lassen, ohne uns darum zu kümmern, ob er auf seinem Wege das Entsetzliche traf. Indessen will ich sagen, dass dies ein Abenteuer ist, das jeder Mensch zu bestehen hat - er muss das Fürchten lernen, um nicht ins Verderben zu geraten, entwe­der weil er niemals in Angst gewesen ist oder weil er in Angst versinkt; wer sich richtig zu fürchten gelernt hat, der hat deshalb das Höchste gelernt. Sören Kierkegaard

 

Tue nichts im Leben, was dir Angst machen muss, wenn es dein Nächster bemerkt. Epikur

 

Wenn wir unsere Pflicht auch oft nur aus Angst und Trägheit tun, wollen wir dies doch als Charakterstärke anerkannt sehen. Rochefoucauld

 

ANMASSUNG

Sünde ist nicht in erster Linie unmoralisch, sondern zuerst und vor allem sinnlos. Sie ist der tragische Irrtum eines Geschöpfes, das sein Verhältnis zu Gott missversteht und darum meint, es könne oder solle von sich selbst oder von der Welt leben. Der Sünder erwartet vom Stückwerk, was vernünftigerweise nur vom Vollkommenen erwartet werden kann. Er maßt sich an, auch abgesehen von Gott etwas zu sein, verkennt damit seine Lage und zieht falsche ethische Konsequenzen. Der Grund ist aber immer, dass er von Gott zu gering denkt und von sich selbst zu groß.

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„Die Schrift spricht und der Glaube und die Wahrheit: Sünde sei nichts anders, denn dass sich die Kreatur abkehrt von dem unwandelbaren Gute und kehret sich zu dem wandelbaren, das ist: dass sie sich kehrt von dem Vollkommenen zu dem Geteilten und Unvollkommenen und allermeist zu sich selber. Nun merke. Wenn sich die Kreatur etwas Gutes annimmt, als Wesens, Lebens, Wissens, Erkennens, Vermögens und kürzlich alles dessen, das man gut nennen soll, und meint, dass sie das sei oder dass es das Ihre sei oder ihr zugehöre oder dass es von ihr sei: so oft und viel das geschieht, so kehrt sie sich ab. Was tat der Teufel anders oder was war sein Fall oder Abkehren anders, denn dass er sich annahm, er wäre auch etwas und etwas wäre sein und ihm gehörte auch etwas zu? Dies Annehmen und sein Ich und sein Mich, sein Mir und sein Mein, das war sein Abkehren und sein Fall (…). Was tat Adam anders denn auch dasselbe? Man spricht: darum, dass Adam den Apfel aß, wäre er verloren oder gefallen. Ich spreche: es war wegen seinem Annehmen und seinem Ich, seinem Mich, seinem Mein und seinem Mir und dergleichen. Hätte er sieben Äpfel gegessen und wäre das Annehmen nicht gewesen, er wäre nicht gefallen. Aber da das Annehmen geschah, da war er gefallen und hätt’ er nie einen Apfel gegessen.“ (Theologia Deutsch)

 

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Anmaßung ist der Kopf der Schlange. Martin Luther

 

Warum zeigt Gott sich nicht? Seid Ihr dessen wür­dig? Ja. Ihr seid sehr anmaßend und dadurch unwür­dig. Nein. Ihr seid also dessen unwürdig. Blaise Pascal

 

ANPASSUNG UND WIDERSTAND

Im Allgemeinen erscheint es „vernünftig“, wenn der Mensch sein Verhalten den Gegebenheiten der Welt anpasst. Doch wenn die Welt durch den Einbruch des Bösen eine „verkehrte“ und „verdrehte“ Welt geworden ist, kann man sich ihr nicht anpassen, ohne dabei selbst „verkehrt“ und „verdreht“ zu werden. Der Glaube fordert darum, diese Anpassung zu verweigern, die „Normalität“ des Schlechten niemals „normal“ zu finden und ein widerständiges Leben zu führen nach den Regeln (nicht der gegebenen, sondern) der kommenden Welt.

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Ansehen

Konfuzius sprach: „Reichtum und Ansehen - das wünschen sich die Menschen. Kann man jedoch nicht auf anständige Weise dazu gelangen, dann soll man sich weder um das eine noch um das andere bemühen.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

ANstoss und Ärgernis

Zwischen produktivem und unproduktivem Ärgernis ist zu unterscheiden: Tun und reden wir recht, und jemand nimmt Anstoß daran, so kommt das von ihm und ist nicht unsre Schuld. Denn er müsste ja an dem, was recht ist, nicht Anstoß nehmen. Die Wahrheit ist dann wichtiger als die Narren, die sie nicht hören wollen. Einem anderen Anstoß zu geben, indem wir unrecht tun und reden, ist aber ein ganz anderes Ding. Denn der so verursachte Ärger steht dem Glauben der anderen im Weg und bringt die zu Fall, die wir zu Christus führen sollen. M.a.W.: So wenig es uns Sorgen machen muss, wenn wir jemand durch das Evangelium irritieren, so sehr sollten wir uns scheuen, es durch unser schlechtes Beispiel zu tun.

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ANTHROPOLOGIE

1.

Meine eigene Wirklichkeit erfahre ich durch meine Wirkung auf andere. Wer ich bin, entnehme ich dem, was ich für sie bin. Doch das eigentlich maßgebliche Gegenüber des Menschen ist Gott. Nur sein Urteil kann uns selig machen oder verdammen. Er ist der wahre Bezugspunkt unserer Existenz. Und so ist für die Definition des Menschen gar nicht maßgeblich, was ihn vom Tier unterscheidet, sondern was ihn mit Gott verbindet: Es ist das verborgene Wesen des Menschen, dass er – von Anfang an auf Gott bezogen – sich nicht anders als in und durch Christus auf Gott hin vollendet.

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2.

Der Mensch ist dazu bestimmt, Gottes Ebenbild zu sein. Doch ist dies nicht als „Gottähnlichkeit“ misszuverstehen. Gemeint ist vielmehr eine gegenbildliche Entsprechung wie sie zwischen Siegelring und Siegelabdruck besteht: Der Mensch ist bestimmt, zu empfangen, wo Gott schenkt, zu gehorchen, wo Gott befiehlt, zu folgen, wo Gott ruft. Bisher verfehlen alle Menschen dieses Ziel, bis auf einen: Jesus Christus ist das wahre Ebenbild Gottes und dadurch der Maßstab des wahrhaft Menschlichen.

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3.

Die Natur weiß nichts von ihrer Herrlichkeit und hat keine Sprache, um ihren Schöpfer dafür zu preisen. Der Mensch aber ist mit Bewusstsein, Sprache und Verstand auf Gott hin geschaffen. Und weil nur er die Möglichkeit hat, Gott angemessen zu danken, ist er auch dafür verantwortlich, dass es geschieht. Allein der Mensch als Ebenbild Gottes ist dem Schöpfer nah genug, um in eine bewusste Beziehung zu ihm zu treten. Und diese Gottesbeziehung macht darum den eigentlichen Sinn des menschlichen Lebens aus.

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APOKALYPSE

Die Offenbarung des Johannes gilt als düstere Schrift. Dabei ist ihre Botschaft sehr tröstlich: Die Bedrängnisse der Endzeit sind zwar unvermeidlich, doch wer darin seinem Glauben treu bleibt, kann ebensowenig überwunden werden wie Christus selbst. Die kommenden Katastrophen stellen nicht etwa Gottes Plan in Frage, sondern führen nur dazu, dass er aufgeht. Und am Ende siegen mit Christus alle, die ihm treu geblieben sind. Wie die Welt einen Anfang hatte, wird sie auch ein Ende haben. Doch ist ihr Untergang nur der Übergang zum Reich Gottes. Und dem stetig näher zu kommen, kann ein Christ unmöglich bedauern. 

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APOTHEKER

Christus als Apotheker

Erg.

 

ARBEIT

1.

Gott hat unser Leben mit Arbeit verbunden, damit einer dem anderen mit seinen Kräften und Begabungen helfen kann. Der Schöpfer wollte, dass wir am Fördern und Erhalten fremden Lebens ebenso viel Freude finden wie er. Wenn dieser Segen aber für viele zum Fluch geworden ist, liegt das daran, dass wir den Sinn der guten Gabe durch Eigennutz und Konkurrenzdenken verkehren. Versäumen wir es, uns Gott als Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, so bringen wir uns selbst um die tiefe Befriedigung, die aus unserer Arbeit erwachsen könnte.

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2.

Gott hat jedem Menschen eine Lebensaufgabe zugedacht, die er erfüllen soll. Wer aber noch nicht weiß, welche seine ist, kann sich an vier Punkten orientieren: (1.) An seiner Verortung in der Welt, d.h. an der Stellung, die ihm durch seine Geburt zugewiesen wurde. (2.) An seiner Ausstattung mit Begabungen und „Pfunden“, mit denen sich „wuchern“ lässt. (3.) Daran, dass sich ein Beruf als konkrete Form der Nächstenliebe verstehen lassen muss. Und (4.) an dem Bedarf und der Not, mit der Gott ihn konfrontiert. Dass ein Mensch aber zu gar nichts Gutem berufen wäre und zu gar nichts taugte, kommt in Gottes Ordnung nicht vor.

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3.

Gott hat uns in seiner Schöpfung keine passive Rolle zugewiesen, sondern will, dass wir bei der Erhaltung des Lebens mitwirken. Er stattet uns mit Gesundheit, Verstand, Kraft und Zeit aus und möchte, dass unsere Talente in nützlichem Tun für andere Menschen fruchtbar werden. Je mehr Gott dem Einzelnen anvertraut hat, umso mehr kann er auch von ihm erwarten. Darum liegt in jeder Begabung eine Verpflichtung: Wir dürfen gottgegebene Stärken nicht zu eigensüchtigen Zwecken missbrauchen oder sie brachliegen lassen, sondern sollen mit den anvertrauten Pfunden „wuchern“ (Mt 25,14-30).

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4.

Wie jede gute Beziehung lebt auch unsere Gottesbeziehung vom regelmäßigen Kontakt. Darum sollen wir uns am Sonntag von Gott unterbrechen lassen und uns aller Ablenkung durch Arbeit oder Vergnügen entziehen: unsere Seele soll in Gott ruhen, und Gott in ihr, damit er Gelegenheit hat, sein heilvolles Werk an ihr zu tun. Diese Wohltat erfordert Zeit, weil sich die Revision einer Seele nicht „im laufenden Betrieb“ erledigen lässt. Aber sie ist nötig. Denn wer Gottes Zugriff nicht duldet und seinem Wirken nicht still hält, dessen Seele verkommt.

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„Nun arbeitet kein Tier um seine Nahrung, sondern ein jegliches hat sein Werk, darnach sucht’s und findet seine Speise. Das Vöglein fliegt und singet, machet Nester und zeuget Junge; das ist seine Arbeit, aber davon nähret sich’s nicht. Ochsen pflügen, Pferde tragen und streiten, Schafe geben Wolle, Milch, Käse, das ist ihre Arbeit; aber davon nähren sie sich nicht; sondern die Erde trägt Gras und nährt sie durch Gottes Segen. Also soll und muss der Mensch auch arbeiten und etwas tun, aber doch daneben wissen, dass ein Anderer sei, der ihn ernähre, denn seine Arbeit, nämlich Gottes reicher Segen; wiewohl es scheinet, als nähre ihn seine Arbeit, weil Gott ohne seine Arbeit ihm nichts gibt. Wiewohl das Vöglein nicht säet noch erntet, aber doch müsste Hungers sterben, wo es nicht nach der Speise flöge und suchte. Dass es aber Speise findet, ist nicht seine Arbeit, sondern Gottes Güte. Denn wer hat Speise dahingelegt, dass es sie findet? Denn wo Gott nicht hinlegt, da findet niemand nichts, und sollt sich alle Welt zu Tod arbeiten und suchen.“ (Martin Luther)

 

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Arbeit befreit uns von drei Übeln: Langeweile, Laster und Not. Voltaire

 

Arbeiten im Lande ist besser als in der Wüste beten. Martin Luther

 

Beeindruckt von dem, was er sah, sagte ein Mann zu Mutter Teresa: „Nicht um viel Geld würde ich Ihre Arbeit tun wollen, Mutter Teresa.“ Darauf sie: „Ich auch nicht!“

 

Das Lächerlichste vom Lächerlichen dieser Welt sind mir Leute, die es eilig haben, die nicht schnell genug essen und arbeiten können. Was richten sie aus, diese ewig Hastenden? Ergeht es ihnen nicht wie jener Frau, die aus ihrem brennenden Haus in der Verwirrung die Feuerzange rettete? Sören Kierkegaard

 

Die Arbeit läuft dir nicht davon, wenn du einem Kind einen Regenbogen zeigst. Aber der Regenbogen wartet nicht, bis du mit der Arbeit fertig bist! Aus China

 

Folgende Gegensätze sollte man vereinen können: Tugend mit Gleichgültigkeit gegen die öffentliche Meinung, Arbeitsfreude mit Gleichgültigkeit gegen den Ruhm und die Sorge um die Gesundheit mit Gleichgültigkeit gegen das Leben. Chamfort

 

Gott braucht Arbeiter an niedrigen Dingen. Arbeiter an hohen Dingen hat er genug. Friedrich Christoph Oetinger

 

Gott verkauft Weisheit für Arbeit und Leiden. Aus der Ukraine

 

Gute Arbeiter sind die, in denen Gott arbeitet. Augustin

 

Ich habe soviel Arbeit, dass ich nicht auskomme, ohne täglich mindestens drei Stunden meiner besten Zeit dem Gebet zu widmen. Martin Luther

 

Man muss beten, als ob alles Arbeiten nichts nützt und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützt. Martin Luther

 

Nichts ist besser geeignet, die Verschmelzung der widerstrebenden Elemente zu fördern, als gemeinsame Arbeit an gemeinsamen Aufgaben. Otto von Bismarck

 

Warum willst du Ruhe haben, da du doch zur Arbeit geboren bist? Thomas von Kempen

 

Wenn die einen genießen wollen, ohne zu arbeiten, so werden andere arbeiten müssen, ohne zu genießen. Immanuel Kant

 

Wenn du so viel Arbeit hast, dass du nicht mehr beten kannst, dann sei versichert, dass du mehr Geschäfte hast, als Gott für dich gut findet. Dwight L. Moody

 

Wenn jemand dir sagt, dass er durch harte Arbeit reich geworden ist, frag ihn durch wessen harte Arbeit. Donald Robert Perry Marquis

 

Wer in der wirklichen Welt arbeiten kann und in der idealen leben, der hat das Höchste erreicht. Ludwig Börne

 

ARCHE NOAH

Gottes Wort geht in seinen Warnungen und Verheißungen den Ereignissen voraus, von denen es spricht. Es nützt darum nur dem, der es Gott (gegen den aktuellen Augenschein) glaubt. Das den Ereignissen vorgreifende Wort trennt also jene, denen es nützt (weil sie Gott „beim Wort“ nehmen), von jenen, denen Gottes Wort auch gar nicht nützen will (weil sie’s für Geschwätz halten). Jene, die Gott nicht trauen, ignorieren seine Ansagen und tun gar nichts, bis es zu spät ist. Die anderen aber nehmen seine Botschaft ernst, ergreifen entsprechende Maßnahmen und werden durch ihren Glauben gerettet. 

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Ärger

 

Das ärgerliche am Ärger ist, dass man sich schadet, ohne anderen zu nützen. Kurt Tucholsky

 

Der Politiker ist ein Mensch, der seine Anhänger dadurch an sich zu binden sucht, dass er sie im Zustand des Verärgertseins auf andere erhält. Unbekannt

 

Konfuzius sprach: „Fordere viel von dir selbst und erwarte weniger von anderen! So wird dir Ärger erspart bleiben.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Man soll sich nicht über Dinge ärgern. Denn das ist ihnen völlig egal. Euripides

 

Stößt dich ein Blinder, so ärgere dich nicht. Aus Kenia

 

Wenn an einer Wahrheit Ärgernis genommen wird, ist es nützlicher, das Ärgernis entstehen zu lassen, als auf die Wahrheit zu verzichten. Augustin

 

Armut

„Christi Armut muss uns lieber sein, als der Reichtum der ganzen Welt: in Christo ist die Armut geheiliget. Er war arm bei der Geburt, ärmer im Leben, am ärmsten im Tode. Was zweifelst du, die Armut dem Reichtum der Welt vorzuziehen, da Christus sie dem Reichtume des himmlischen Reichs vorgezogen hat? Wie wird der Gott seine Seele befehlen, welcher ihm die Sorge des Fleisches nicht befiehlt? Wie wird der sein Leben für den Bruder lassen, der zu dessen Nutzen seines Reichtums sich nicht entäußert? Der Reichtum verursacht Mühe im Erwerb, Furcht im Besitz, Schmerz im Verlust und, was mehr zu beklagen ist, die Mühe der Geizigen ist nicht nur vergänglich, sondern auch entscheidend, wie Bernhardus lehrt. Deine Liebe ist dein Gott: wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz Matth. 6,21. Wer den leiblichen, weltlichen, vergänglichen Reichtum liebt, der kann den geistlichen, himmlischen, ewigen Reichtum nicht lieben. Warum? Weil jener das Herz des Menschen niederdrückt und niederwärts zieht, dieser aber nach oben es richtet. Die Liebe zu den irdischen Dingen ist die Mutter der geistlichen Strafen, hat einer (Augustinus) der wahren Liebhaber Christi gesagt. Lots Weib, die zur Salzsäule wurde 1 Mos. 19,26, wird uns heute noch geprediget, dass wir nicht hinter uns sehen auf das, was in der Welt ist, sondern gerades Weges nach dem himmlischen Vaterlande streben. Die Apostel verließen alles, und folgten Christo nach Matth. 4,22. Warum? Weil die Erkenntnis des wahren Reichtums das Verlangen nach dem fälschlich sogenannten Reichtume aufhebt.“ (Johann Gerhard)

 

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Das sicherste Mittel, arm zu bleiben, ist, ein ehrlicher Mensch zu sein. Napoleon Bonaparte

 

Denke nicht du bist arm, nur weil sich deine Träume nicht erfüllen. Arm sind die Menschen, die keine Träume haben. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Der Gebende fühlt sich stets reich, der Geizige immer arm. Italienisches Sprichwort

 

Die Differenz zwischen Sonntagsstaat und Kollektengabe bezeichnet ein Prediger treffend mit den Worten: Liebe Gemeinde, wenn ich euch im Sonntagskleid sehe, frage ich mich: Wo sind meine Armen? Und wenn ich den Kollektenteller anschaue, frage ich: Wo sind meine Reichen? Euthymius Haas

 

Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit viel Geld. Aristoteles

 

Gott hat die Armen um der Reichen willen und die Reichen um der Armen willen gemacht. Meister Eckhart

 

Nicht wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm. Seneca

 

So steht es mit dem, dem Gottes Wille gefällt: Alles, was Gott ihm zukommen lässt, sei es Krankheit oder Ar­mut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgend­etwas anderes. Nun sagt ihr gerne: „Woher weiß ich denn, ob es Gottes Wille ist?“ Ich antworte: Wäre es bloß für einen Augenblick nicht Gottes Wille, so wäre es auch nicht. Schmeckte dir nun der Wille Gottes, so wärst du recht wie im Himmelreich, was dir auch ge­schehe oder nicht geschehe. Meister Eckhart

 

Will mich Gott nicht lebendig haben, so will ich sterben; will er mich nicht reich haben, so will ich arm sein. Martin Luther

 

Zum Rabbi von Dolina kam eine arme Jüdin. Sie will sich von ihrem Mann scheiden lassen. Der Rabbi gibt ihr aber zehn Gulden, schickt sie heim und erklärt einem Zuhö­rer: „Hast du nicht gesehen, wie abgehärmt und verbittert sie aussieht? Wahrscheinlich hungern ihre Kinder, und das stimmt sie bitter. Lass ihre Kinder sich am Sabbat satt essen – und du wirst sehen, wie gut ihr Mann ihr wieder gefällt.“

 

ARS MORIENDI

Der Blick auf unser Versagen, auf Schuld und unerfüllte Wünsche, macht das Sterben schwer. Darum gelingt getrostes Sterben nur, wo wir den Blick auf Christus richten. Er ist bereit, unsere Defizite auszugleichen, wenn wir uns seiner Gnade überlassen. Und Christus zu ergreifen, ist auch ein schwacher Glaube stark genug. Fürchtet aber jemand Gottes Strenge, soll er umso entschlossener zu Christus hin flüchten und ihn bitten, im Gericht sein Fürsprecher zu sein: So einer wird durch den Tod keineswegs vernichtet, sondern durch den Tod hindurch vollendet.

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Arzt, Medizin

Der Arzt Pierre Chirac verfiel sterbend in geistige Um­nachtung und sah sich selbst als einen anderen Menschen, und zwar als jemanden, der an das Sterbebett eines Kran­ken gerufen war und nun dessen Puls fühlte. Mit seiner Rechten hatte er seine Linke gefasst und zählte. Er schüt­telte den Kopf: „Man hat mich zu spät gerufen. Der Kranke liegt im Sterben. Ich habe hier nichts mehr zu tun.“

 

Die Irrtümer des Arztes sind mit Erde zugedeckt. Aus Polen

 

Die Marquise von Villacerf fühlte sich unpässlich und ließ ihren Arzt holen. Dieser versuchte als erstes, ihr durch einen Aderlass Linderung zu verschaffen. Unglücklicherweise verletzte er dabei eine Arterie, der Wundbrand kam dazu, der Arm musste schließlich abgenommen werden. Aber auch das nutzte letztendlich nichts, die Dame starb. Als das Testament eröffnet wurde, gab es eine Überraschung. Die Marquise hatte noch kurz vor ihrem Tode einen Nachtrag hinzufügen lassen: „Dem Wundarzt, der mich behandelt hat, vermache ich ein Jahreseinkommen. Denn ich sehe voraus, dass er nach dem Malheur, das er mit mir gehabt hat, seine Praxis verlieren wird. Und wovon soll dann seine Familie leben?“

 

Wenn ein Arzt hinter dem Sarg eines Patienten geht, folgt manchmal tatsächlich die Ursache der Wirkung. Voltaire

 

Ärzte glauben, ihrem Patienten sehr viel genützt zu haben, wenn sie seiner Krankheit einen Namen geben. Immanuel Kant

 

Die Ärzte sind unseres Herrgotts Flicker. Martin Luther

 

Ich weiß, dass meine Abneigung gegen Ärzte krankhaft ist. Wenn sie mich aber am Leben erhält? Charles de Montesquieu

 

Das Geheimnis der Medizin besteht darin, den Patienten abzulenken, während die Natur sich selbst hilft. Voltaire

 

Den Kopf halt' kühl, die Füße warm, das macht den besten Doktor arm. Sprichwort

 

ASKESE

Je nachdem, von welchem Glaubenssatz oder biblischem Thema die christliche Ethik ihren Ausgang nimmt, wird sie sich verschieden gestalten. Sie kann orientiert sein an (1.) Schöpfungstheologie, (2.) Schöpfungsordnungen, (3.) Gottebenbildlichkeit, (4.) Gesetz des Alten Testamentes, (5.) Goldenen Regel, (6.) Bergpredigt, (7.) Nachfolge, (8.) Liebe, (9.) Rechtfertigung, (10.) Menschwerdung, (11.) Eschatologie, (12.) Askese, (13.) „WWJD?“. Jeder dieser ethischen Ansätze hat seine Stärken und Schwächen. Einen echten Gegensatz gibt es zwischen ihnen aber nicht.

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„Jesus setzt als selbstverständlich voraus, dass die Nachfolgenden die fromme Übung des Fastens halten. Zum Leben der Nachfolgenden gehört die strenge Übung in der Enthaltsamkeit. Solche Übungen haben den einzigen Zweck, den Nachfolgenden für den ihm befohlenen Weg und für das ihm befohlene Werk bereiter und freudiger zu machen. Der selbstische und träge Wille, der sich nicht zum Dienst treiben lässt, wird gezüchtigt, das Fleisch wird gedemütigt und gestraft. In der Übung der Enthaltsamkeit wird die Entfremdung meines christlichen Lebens von der Welt deutlich spürbar. Ein Leben, das ganz ohne asketische Übung bleibt, das sich alle Wünsche des Fleisches gönnt, so lange sie nach der justitia civilis „erlaubt“ sind, wird sich für den Dienst Christi schwer bereiten. Das satte Fleisch betet nicht gern und schickt sich nicht zum entsagungsvollen Dienst.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Askese ist selbstgewähltes Leiden, es ist passio activa, nicht passio passiva, und ebendarin aufs höchste gefährdet. Askese ist dauernd belauert von dem gottlosen frommen Wunsch, sich selbst Jesus Christus durch Leiden gleich zu machen. Es schlummert in ihr auch immer schon der Anspruch, an die Stelle des Leidens Christi zu treten, das Werk des Leidens Christi selbst zu vollbringen, nämlich den alten Menschen zu töten. Hier maßt sich die Askese den bitteren und letzten Ernst des Erlösungswerkes Christi an. Hier stellt sie sich mit furchtbarer Härte sichtbar zur Schau. Das freiwillige Leiden, das nur auf Grund des Leidens Christi zu besserem Dienst, zu tieferer Demütigung dienen sollte, wird hier zur grauenvollen Verzerrung des Leidens des Herrn selbst. Nun will es gesehen werden, nun ist es der unbarmherzige lebendige Vorwurf für die Mitmenschen; denn es ist Heilsweg geworden.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

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Der Asket macht aus der Tugend eine Not. Friedrich Nietzsche

 

Ästhetik

Ein berühmter Kunsthistoriker unserer Tage sagte in seiner herablassend ästhetischen Weise zu Troeltsch: „Ich muss Ihnen erzählen: ich habe neulich das Matthäus-Evangelium gelesen; da ist doch manches Beachtenswerte darin.“ Troeltsch erwiderte fröhlich: „O, Herr Kollege, wie wird sich darüber der liebe Gott gefreut haben!“ Euthymius Haas

 

ATHEISMUS

Menschen, die jede religiöse Wirklichkeit leugnen, „glauben“ auch etwas. Denn sie vertreten eine Überzeugung, die sich nicht als zwingend demonstrieren lässt. Sie leben und handeln auf der Grundlage weltanschaulicher Voraussetzungen, deren Richtigkeit rein rational nicht nachzuweisen ist. Und sie tun damit genau das, was religiöse Menschen auch tun. Denn das Vertrauen, das sie Gott entziehen, müssen sie anderen Instanzen schenken. Das ist ein großes Wagnis. Und so halten sich nicht-religiöse Menschen keineswegs allein an „Fakten“, sondern an ihre – durchaus nicht zwingende – Interpretation der Fakten. 

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„Gott wollte die Menschen erlösen und das Heil eröffnen denen, die es suchen würden. Aber die Menschen machen sich dessen so unwürdig, dass es gerecht ist, wenn er einigen wegen ihrer Verstocktheit versagt, was er den andern zusagt, aus einer Barmherzigkeit, die er ihnen nicht schuldig ist. Hätte er wollen die Hartnäckigkeit der Verstocktesten überwinden, so hätte er es gekonnt, wenn er sich ihnen so deutlich geoffenbart hätte, dass sie an der Wahrheit seines Daseins nicht hätten zweifeln können und so wird er am jüngsten Tag erscheinen mit einem solchen Glanz von Blitzen und mit einer solchen Zerstörung der Natur, dass die Blindesten ihn sehn werden. Aber nicht so wollte er erscheinen, als er kam sanftmütig und von Herzen demütig, denn weil so viele Menschen sich seiner Gnade unwert machen, so beschloss er sie zu lassen in der Entbehrung des Guts, das sie nicht wollen. Es war also nicht angemessen, wenn er in einer offenbar göttlichen Weise erschien, die unbedingt alle Menschen hätte überzeugen müssen; aber es war auch eben so wenig angemessen, wenn er auf eine so verborgene Weise kam, dass er von denen, die ihn aufrichtig suchten, nicht erkannt werden konnte. Diesen hat er sich vollkommen kenntlich machen wollen. Indem er sich so denen, die ihn von ganzem Herzen suchen, offenbar, denen aber, die ihn von ganzem Herzen fliehen, nur verborgen zeigen wollte, mäßigt er seine Erkenntnis dergestalt, dass er von sich Zeichen gegeben hat, sichtbar denen, die ihn suchen, und dunkel denen, die ihn nicht suchen. Für diejenigen, welche nichts begehren als zu sehen, ist genug Licht da und genug Finsternis für diejenigen, die eine entgegengesetzte Neigung haben. Es ist genug Klarheit da, um die Erwählten zu erleuchten und genug Dunkelheit, um sie zu demütigen; genug Dunkelheit um die Verworfenen blind zu machen und genug Klarheit um sie zu verdammen und ihnen alle Entschuldigung zu benehmen.“ (Blaise Pascal)

 

„So gibt es genug Klarheit um die, welche den Glauben verweigern, zu verdammen, und nicht genug um sie zu gewinnen, damit in die Augen falle, dass in denen, welche sie annehmen, die Gnade und nicht die Vernunft sie zur Annahme bringt und in denen, die sie fliehen, die Begierde und nicht die Vernunft sie zum Fliehen bewegt.“ (Blaise Pascal)

 

„Die Religion der Flucht ist der Atheismus. Sie hat aber nie und nirgends eine historische Gestalt gewonnen. Es gibt zwar immer wieder einzelne Menschen, die vor Gott davonlaufen, es ist aber nicht möglich, dass sie eine Religion aus ihrer Flucht bilden. Denn sobald sie der einen Macht entronnen sind, laufen sie der nächsten in den Rachen. Sie können von Gott zum Teufel übergehen; aber auch der Teufel ist – phänomenologisch gesprochen, – eine Art „Gott“. Sie können von Gott zum Menschen oder zur Menschheit zurückkehren; aber damit führt sie ihre Flucht nur zu einer urprimitiven Mächtigkeit zurück. – Selbstverständlich gibt es Religionen, die sich einem bestimmten Gotteserlebnis und einer bestimmten Gottesvorstellung widersetzen. Der (ursprüngliche) Buddhismus erkennt keine Götter als Götter an. Es gibt sogar moderne Gelehrte, die ihm darum den Namen einer Religion absprechen wollen, wohl weil er nicht von dem Erlebnis eines persönlichen Gottes ausgeht. Diese Gelehrten sagen damit aber bloß, dass der Buddhismus weder Judentum noch Christentum ist; das aber wussten wir schon. – Früher hat es auch Gelehrte gegeben, die gewissen primitiven Völkern die Religion absprachen, weil sie keinen „Göttern“ dienten. Das hat man jetzt glücklicherweise aufgegeben; religionslose Völker gibt es nicht; auch am Anfang der Geschichte gibt es keine historische Gestalt des Atheismus. Die Religion ist immer und überall da. Sogar die ausgesprochen atheistischen Systeme Indiens sind trotzdem Religionen; der Samkhya ist Religion der Seele und ihrer Erlösung, der Jainismus erreicht ohne Götter ein Nirwana. In noch stärkerem Maße zeigt sich der religiöse Charakter des sog. Atheismus an modernen Erscheinungen, wie dem vermeintlichen Atheismus des Deismus, des Naturalismus, des Idealismus. In allen diesen Fällen tritt an die Stelle der bisher gedienten Götter ein anderer Gott: die Moral, die Menschheit, die Natur, die Idee. Und ihr Wesen ist jedesmal Mächtigkeit im religiösen Sinne. Das ist auch im modernen kommunistischen Atheismus nicht anders: der Traum eines Gottesreiches und die Religion der Menschheit haben sich hier zu einem neuen religiösen Ideal verbunden, das nur gemessen an der alten Religion atheistisch ist, an sich aber mehr ein Suchen Gottes als eine Flucht vor Ihm.“

(G. van der Leeuw)

 

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Wer Gott definiert, ist schon Atheist. Oswald Spengler

 

Auferstehung Christi

„Die Auferstehung (resurrectio) ist das wahrhaftige Hervorgehen des lebendig gewordenen Herrn aus dem Grabe.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Er (Christus) hätte es für sich nichts bedurft, dass er sterben musste, weil er ohne Sünde geboren, und der Teufel kein Recht zu ihm hatte, und war dazu der Herr des Teufels und Todes, dass er ihn nicht hätte dürfen angreifen, und ihm wohl möchte Trotz bieten, dass er ihm ein Härlein krümmte; gleichwie er die Juden im Garten mit Einem Wort zurück schlug, da er sprach: „Hie bin ich“ (Joh. 18,6.). Sondern also muss man ihn ansehen, dass dies Sterben und Auferstehen dir und mir gelte; und wie er um unsertwillen gestorben ist, und unter der Erde gelegen, sowohl als du und ich sterben und unter die Erde müssen, also ist er auch um unsertwillen auferstanden, und hat uns den Wechsel gemacht, dass, wie er durch uns zum Tode gebracht ist; also wir durch ihn aus dem Tod wieder zum Leben kommen; denn er hat durch seinen Tod unsern Tod verschlungen, dass wir auch alle auferstehen und leben sollen, wie er auferstanden ist, und lebt. Darum heißt er recht primitiae, der Erstling von den Toten, dass er vorgeht, und den ganzen Haufen nach sich führt. Denn wo der erste genannt wird, da gehört mehr zu, denn Eine Person, sondern müssen mit verstanden werden, die hernach folgen, der andere, der dritte, und so fortan, alle aneinander gehängt, so viel derer sind, die da schlafen; sonst könnte er nicht der erste heißen, wenn er allein auferstanden wäre, und niemand nach ihm folgen sollte (…). Und das noch mehr ist, in dem, dass er Christum den Erstling der Schlafenden nennt, will er anzeigen, dass man die Auferstehung also ansehen und fassen soll, als sei sie schon angangen in Christo, ja, bereits wohl mehr denn die Hälfte geschehen, dass, was noch vom Tod vorhanden ist, nichts denn ein tiefer Schlaf zu achten ist, und die künftige Auferstehung unseres Leibes nicht anders zugehen soll, denn wie einer plötzlich aus solchem Schlaf erwacht. Denn das vornehmste und beste Stück ist schon daran geschehen, nämlich, dass Christus, unser Haupt, erstanden ist. Weil aber das Haupt droben sitzt und lebt, so hat es nicht mehr Not, und müssen wir, die an ihm hangen, als sein Leib und Glieder auch hinnach. Denn wo das Haupt geht und bleibt, da muss der Leib mit allen Gliedern auch mit hinnach gehen und bleiben. Gleichwie in des Menschen und aller Tiere Geburt das Haupt natürlich zuerst hervor kommt; und wenn das geboren ist, so geht der ganze Leib leichtlich hinnach. Weil nun Christus hinüber ist, und droben im Himmel über Sünde, Tod, Teufel und alles regiert, und solches um unsertwillen getan hat, dass er uns zu sich hinnach bringe, so dürfen wir nicht mehr sorgen für die Auferstehung und unser Leben, ob wir gleich hinfahren, und unter der Erde verfaulen. Denn es heißt jetzt nicht mehr, denn ein Schlaf, und ist vor ihm nur um eine Nacht zu tun, dass er uns aus dem Schlaf erwecke.“ (Martin Luther)

 

Auferstehung der Toten

„Die Auferstehung der Toten besteht darin, dass derselbe Leib, den der Mensch hier auf Erden gehabt hat, der durch den Tod von der Seele geschieden, ins Grab gelegt und durch die Verwesung zerstört war, von dem Herrn Jesu Christo am Jüngsten Tage wieder lebendig gemacht wird.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Weil ich lebe, sollt ihr auch leben.“ Joh. 14,19. Jesus hat das Leben derer, die an ihn glauben, so gewiss gemacht wie sein eignes. So wahr das Haupt lebt, sollen die Glieder auch leben. Wenn Jesus nicht von den Toten erstanden ist, dann sind wir tot in unsren Sünden; aber da er erstanden ist, so sind alle Gläubigen in ihm erstanden. Sein Tod hat unsre Übertretungen hinweggetan und die Bande gelöst, die uns unter dem Todesurteil hielten. Seine Auferstehung beweiset unsre Rechtfertigung: wir sind freigesprochen und die Barmherzigkeit spricht: „So hat der Herr auch deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben.“ Jesus hat das Leben der Seinen so ewig gemacht wie sein eignes. Wie können sie sterben, so lange er lebt, da sie eins mit ihm sind? Weil er nicht mehr stirbt und der Tod keine Herrschaft mehr über ihn hat, so sollen sie nicht wieder zurückkehren zu den Gräbern ihrer alten Sünden, sondern mit dem Herrn in einem neuen Leben wandeln. O Gläubiger, wenn du unter großer Versuchung fürchtest, dass du eines dieser Tage durch die Hand des Feindes fallen wirst, so laß dies dich beruhigen. Du sollst niemals dein geistliches Leben verlieren, denn es ist mit Christo in Gott verborgen. Du zweifelst nicht an der Unsterblichkeit deines Herrn; deshalb denke nicht, dass er dich sterben lassen wird, da du eins mit ihm bist. Der Beweisgrund für dein Leben ist sein Leben, und um dieses kannst du keine Furcht haben, deshalb ruhe in deinem lebendigen Herrn.“ (Charles H. Spurgeon)

 

„Die Auferstehung ist etwas ganz Natürliches; es ist nicht erstaunenswerter, zweimal als einmal geboren zu werden.“

(Voltaire)

 

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Da man morgen mit den gleichen Eigenschaften auferstehen wird, möge Gott niemandem übles Wesen geben in der Welt, denn das wird für ihn nach dem Tode zu ernten sein, was er auf dem Felde dieser Welt gesät hat. Abdur Rahman

 

Uns wird das ewige Leben verheißen - aber uns, den Toten. Man verkündigt uns selige Auferstehung - inzwischen sind wir von Verwesung umgeben. Gerechte werden wir genannt - und doch wohnt in uns die Sünde. Wir hören von unaussprechlicher Seligkeit - inzwischen aber werden wir hier von unendlichem Elend erdrückt. Überfluss an allen Gütern wird uns verheißen - reich sind wir aber nur an Hunger und Durst. Was würde aus uns, wenn wir uns nicht auf die Hoffnung stemmten, und unser Sinn auf dem durch Gottes Wort und Geist erleuchteten Wege mitten durch die Finsternis hindurch über diese Welt hinauseilte! Johannes Calvin

 

Wir werden alle auferstehen, aber wir werden uns nicht alle freuen. Augustin

 

Hier ruht. Nahrung für die Würmer, der Körper von Benjamin Franklin, Buchdrucker, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus dem die Blätter gerissen sind und dessen Einband abgebraucht ist. Aber das Werk wird nicht verloren gehen, denn es wird wieder erscheinen, so hofft er, in einer neuen Auflage, durchgesehen und verbessert vom Verfasser. Grabinschrift von Benjamin Franklin, der gelernter Buchdrucker war

 

AUFERSTEHUNG, OSTERN

1.

Die Auferstehung ist keine geisterhafte Angelegenheit. Das neue Leben wird genauso eine leiblich-handfeste Seite haben, wie das alte. Und doch ist das neue kein zweiter Aufguss des alten, sondern beinhaltet einen qualitativen Sprung. Der aus dem Grab hervorgeht wird durchaus noch derselbe sein, den man hineingelegt hat – doch wie wir jetzt Adam gleichen, und in dieser Gleichheit das Unglück unseres Todes begründet liegt, so werden wir in der Auferstehung Jesus Christus gleichen, und in dieser Ähnlichkeit wird sich unsere neues Leben dokumentieren.

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2.

Das Leben ist ein Kampf, in dem sich der menschliche Wille zum Leben gegen den Tod zu behaupten sucht. Ob aber dies tägliche Ringen Sinn macht, hängt davon ab, ob es ein - aufs Ganze gesehen - gewinnbarer oder schon verlorener Kampf ist. Christen glauben Ersteres, denn die Auferstehung Christi ist der entscheidende Sieg, der den Ausgang des ganzen Krieges vorwegnimmt: Seither gewinnen die Mächte der Finsternis zwar noch einzelne Schlachten. Aber sie gewinnen nicht mehr den Krieg.

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3.

Dass Jesus auferstand, besagt nicht bloß, dass er eine bis heute lebendige Wirkungsgeschichte hat und „in uns weiterlebt“ – so als wäre unser Herz sein letzter Zufluchtsort. Sondern Auferstehung heißt umgekehrt, dass wir in ihm weiterleben. Nicht wir halten ihn lebendig, indem wir in seinem Sinne handeln und glauben, sondern er hält uns am Leben, indem er sein erlösendes Werk an uns tut. Jesus Christus ist nicht auf uns angewiesen, wir aber sind darauf angewiesen Glieder seines Leibes zu sein, denn nichts hat Zukunft, was nicht geborgen wäre in ihm.

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4.

Die moderne Infragestellung der Auferstehung Christi beruht im Wesentlichen auf weltanschaulichen und historisch-methodischen (Vor-) Urteilen, die diesen Vorgang von vornherein „undenkbar“ erscheinen lassen. Dagegen ist geltend zu machen, dass Gott kein Gefangener der von ihm geschaffenen Gesetzmäßigkeiten ist. Der Anstoß, den die Freiheit des Schöpfers unserem Denken bereitet, ist im biblischen Gottesbegriff selbst enthalten und könnte nur mit ihm gemein-sam beseitigt werden.

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5.

Man hat Christus nach allen Regeln der Kunst beseitigt. Doch der Tod wurde seiner nicht Herr. Gott bekannte sich zu seinem Sohn, indem er ihn auferweckte. Und aus der scheinbaren Niederlage des Kreuzes wurde so ein großer Sieg. Denn die Macht des Todes beruhte einzig und allein auf der Schuld des Menschen. Hat Christus aber stellvertretend für die Sünder ihre Strafe getragen, so ist damit ihre Rechnung beglichen, die Rechtsgrundlage des Todes entfallen – und infolgedessen wird Auferstehung nicht nur für Jesus möglich, sondern für alle, die zu ihm gehören. Das ist wunderbarer, großer Trost. Denn unter österlichem Vorzeichen stirbt nun nicht mehr der Christ, sondern, wenn’s zu Ende geht, stirbt nur noch sein Elend. 

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6.

Auferstehung meint mehr als nur die Wiederbelebung eines Verstorbenen. Sie lässt ihn nicht in sein altes, vergängliches Leben zurückkehren, sondern ist in dreifachem Sinne als „Aufhebung“ zu verstehen. Das Leben wird (1.) „aufgehoben“ im Sinne von „abgeschlossen, beendet, nicht fortgesetzt“, (2.) im Sinne von „bewahrt, geschützt, nicht preisgegeben“ und (3.) im Sinne von „hinaufgehoben auf ein höheres Niveau“. Alle drei Aspekte sind zu beachten, wenn man von Jesu Auferstehung spricht. Sie werden aber genauso unsere eigene Auferstehung prägen.

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7.

Es ist natürlich, dass wir dem Tod widerstreben, weil er uns aller Kraft entkleidet. Doch verkennen wir dabei, dass der Verfall des alten Menschen den Aufbau des neuen Menschen vorbereitet. Bevor ich ein neues Kleid anziehen kann, muss ich das alte ausziehen. Wer den Wandel scheut, kann nicht erneuert werden. Und wer nicht stirbt, kann nicht auferstehen. Das Irdische an uns muss untergehen, damit das Himmlische zum Zuge kommt. Und insofern liegt im Tod auch eine Verheißung: Näher am Tod ist für den Christen immer auch näher am Ziel.

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8.

Ostern ist nichts für sonnige Gemüter, die schon aus Naivität positiv denken, sondern ist für die Gebeugten, die täglich ihre Träume begraben, ihre Würde und ihre Liebe. Deren Problem ist nicht zuerst und nicht nur der leibliche Tod am Ende, sondern der tägliche Tod, der im Herzen stattfindet. Mephisto bricht ihre Hoffnung. Aber Christus bricht ihre Resignation. Denn Ostern ist die Renitenz des Allmächtigen gegen alles, was das Leben verneint. Es ist Gottes guter Wille, der sich da nicht beerdigen lässt, und der mit all dem Guten, das er einschließt, stets „unverloren“ ist und bleibt.

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9.

Mit dem Tod endet nur unseres Lebens erster Teil, denn nach der Auferstehung und dem Jüngsten Gericht werden die Gläubigen gereinigt, runderneuert und vollendet in Gottes Reich eingehen. „Herrlichkeit“ wird dafür ein viel zu kleines Wort sein! Doch sollte man sich den Himmel nicht zu sehr in Kategorien des Konsums vorstellen. Unsere Seligkeit wird nicht darin bestehen, dies und jenes zu genießen (im Sinne eines Schlaraffenlandes), sondern dass wir Gott schauen und Gott genießen. Seine Nähe wird uns beglücken und wir werden Gottes voll sein.

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10.

 

Wo sind die Verstorbenen zwischen dem Tag ihres Todes und dem Tag der Auferstehung und des Jüngsten Gerichts? Schlafen, wachen oder warten sie? Man darf annehmen, dass sie unmittelbar der ewigen Seligkeit oder der ewigen Verdammnis zugeordnet werden. Denn ihre Seelen werden nicht anders „bewahrt“ als in und bei Gott. Ihm, dem Ewigen, sind alle Punkte der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleich „aktuell“. Und für die Versterbenden gilt vermutlich das gleiche. Gott entnimmt sie dem Fluss der Zeit und versetzt sie in die Ewigkeit, wo der Jüngste Tag schon „heute“ ist. So gibt es für sie keinen Zwischenzustand, sondern sie sind bereits ohne zeitlichen Verzug im Himmel oder in der Hölle angekommen.

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11.

Josef von Arimathäa

Erg.

 

Auffallen

Auf einem Kostümfest hofft jeder der Auffallendste zu sein; aber es fällt nur der auf, der nicht kostümiert ist. Sollte das nicht einen Vergleich geben? Karl Kraus

 

Aufgaben

Wo Gott dich hingesät hat, da sollst du blühen. Afrikanisches Sprichwort

 

AUFKLÄRUNG

1.

Ein aufgeklärter Geist vermag sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Aber ist unser Verstand ein in jeder Hinsicht kompetenter Richter? Wo man selbst sich nicht auskennt, ist gerade das Vertrauen vernünftig. Und so ist es höchst „rational“, in göttlichen Dingen weniger der eigenen Vernunft als Gottes Geist zu vertrauen. Die „Aufklärung“ durch ihn ist nicht Werk, sondern Gnade. Denn sie ist ebenso wenig ein Resultat unserer gedanklichen Tätigkeit wie unsere Rechtfertigung ein Resultat unserer moralischen Bemühungen ist.

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2.

Die Aufklärung versprach, der Mensch würde besser, wenn er sich nur endlich frei seines Verstandes zu bedienen lernte – mit der Einsicht käme auch Tugend. Doch war das leider ein Irrtum. Denn die Vernunft lässt sich bereitwillig auch für Böses einspannen. Und da die Natur nichts fordert, bleibt als Ursprung der ethischen Forderung dann nur die Person des lebendigen Gottes übrig. Sein Wille ist tatsächlich die Quelle eines verpflichtenden Sollens. Wer ihn leugnet, ist aber auf schreckliche Weise frei. Denn „wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt“ (Dostojewski). 

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Geduld, ihr Forscher! Die Aufklärung des Geheimnisses wird durch dieses selbst erfolgen. Karl Kraus

 

Aufrichtigkeit

Der Vortrag von Dingen, von denen wir vorhersehen, sie werden nicht gefallen, kann nur durch den größten Anschein von Aufrichtigkeit gemildert werden. Kardinal von Retz

 

Die Freunde nennen sich aufrichtig; die Feinde sind es: daher man ihren Tadel zur Selbsterkenntnis benutzen sollte, als eine bittere Arznei. Arthur Schopenhauer

 

Es gibt wenig aufrichtige Freunde – die Nachfrage ist auch gering. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Ich kann nicht sagen – obgleich ich weiß, dass es eine viel großartigere Wirkung hätte –, dass ich da vor dem Ziel meines Lebens stand. Dies wäre doch etwas zu sehr übertrieben. Ich will lieber aufrichtig sein und geradeheraus erklären, dass wohl noch nie ein Mensch in so völligem Gegensatz zu dem Ziel seines Lebens stand wie ich bei dieser Gelegenheit. Die Gegend um den Nord­pol – ach, ja, zum Kuckuck – der Nordpol selbst hatte es mir von Kindesbeinen an angetan, und nun befand ich mich am Südpol! Kann man sich etwas Entgegengesetzteres denken? Roald Amundsen, als er am Südpol stand

 

Niemand, der sein inneres Bewusstsein aufrichtig fragt, wird seine Rolle auf der Welt wiederholen wollen. Jonathan Swift

 

Unsere Aufrichtigkeit besteht zum größten Teil aus der Sucht, von sich selbst zu sprechen und unsere Fehler in dem Licht zu zeigen, in dem wir sie gesehen haben wollen. Rochefoucauld

 

Wir gestehen unsere Fehler ein, um durch unsere Aufrichtigkeit den Schaden zu beheben, den sie uns in der Meinung der Umwelt zugefügt haben. Rochefoucauld

 

AUFTRAG DER KIRCHE

Niemand braucht Kirche für das gesellige, soziale und kulturelle Programm, das andere Institutionen genauso bieten. Doch sie hat darin ihr Alleinstellungsmerkmal, dass sie Menschen das Wort Gottes seit 2000 Jahren so erfolgreich nahe bringt, dass Gottes Geist in ihnen ein inneres Glaubensleben weckt und verlorene Sünder in Kinder Gottes verwandelt. Die Aufgabe, die das Dasein der Kirche rechtfertigt, liegt also in der Rückführung der Seelen in die Gemeinschaft mit Gott. Und wo sie das vernachlässigt, steht sie da wie Jimmy Hendrix ohne Gitarre.

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Auge 

Erfahrung, nicht lesen und hören ist die Sache. Es ist nicht einerlei, ob eine Idee durch das Auge oder das Ohr in die Seele kommt. G. Chr. Lichtenberg

 

Ausgleich

Ein Mann kam zur Beichte und zog eine recht zuversichtliche Bilanz seines Lebens: „Ich habe viel geflucht“ sprach er, „habe dafür aber auch viel gebetet – das gleicht sich aus. Ich habe viel getrunken, aber auch oft gefastet – das gleicht sich ebenfalls aus. Ich habe viel gestohlen, aber auch viel verschenkt – das gleicht sich auch aus.“ „Mein Lieber“ unterbrach ihn der Beichtvater, „ihr Fall ist ganz einfach: Gott hat sie erschaffen, und der Teufel wird sie holen – das gleicht sich ebenfalls aus.“

 

AUSLEGUNG DER HL. SCHRIFT

1.

Der Glaube unterscheidet sich von anderen „Weltanschauungen“ dadurch, dass er sich nicht menschlichem Grübeln verdankt, sondern göttlicher Offenbarung. Er ist darum an das Dokument dieser Offenbarung – an die Heilige Schrift – bleibend gebunden. Die große Versuchung der Theologie besteht darin, sich die Heilige Schrift durch „kritische“ Begutachtung, Bewertung und Interpretation gefügig zu machen. Doch dem muss widerstanden werden: Denn nicht wir richten über Gottes Wort, sondern Gottes Wort richtet über uns.

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2.

Die Bibel leiht sich ihre Autorität weder von der Vernunft noch von der Wissenschaft, sondern ist selbst in der Lage, ihre Botschaft Geltung zu verschaffen, indem sie den Leser berührt, ihn wandelt und zum Glauben überführt, niederschmettert und tröstet. Wer diese Erfahrung aber macht – wie könnte der noch zweifeln, dass diese Worte Gottes eigene Worte sind? Keiner glaubt der Bibel, weil man ihm vorher ihre göttliche Herkunft bewiesen hätte. Sondern umgekehrt: Weil die Schrift uns zu Gott neu in Beziehung gesetzt hat, darum glauben wir ihr.

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“Ich lese die Bibel, wie ich meinen Apfelbaum ernte: Ich schüttle ihn, und was runterkommt und reif ist, das nehme ich. Das andere lasse ich noch hängen. Wenn ich eine Stelle der Bibel nicht verstehe, ziehe ich den Hut und geh vorüber.” (Martin Luther)

 

„Die Lehre, welche in unsern Kirchen gelehrt wird, ist in dem geschriebenen Worte Gottes enthalten, nämlich in den Büchern des Alten und Neuen Testamentes. Auf diese Bücher, welche von Alters her als kanonisch betrachtet sind, stützen wir uns und behaupten, dass Alles, was dem Menschen zu seiner Seligkeit zu glauben notwendig ist, in ihnen ausgesprochen ist, die Auslegung derselben bekennen wir, kommt weder einem Privatmanne, noch einer öffentlichen Person zu, noch auch irgend einer besonderen Kirche, welche persönliche oder örtliche Vorzüge und Vorrechte vor den anderen hätte, sondern sie gebührt allein dem heiligen Geiste, durch welchen auch die Schrift geschrieben ist. Wenn daher Streit entsteht wegen des rechten Verständnisses einer Stelle oder eines Ausspruchs der Schrift oder wegen der Abschaffung eines Missbrauches in der Kirche Gottes, so müssen wir nicht sowohl darauf sehen, was Menschen vor uns gelehrt oder getan haben, sondern auf das, was der Heilige Geist in dem Ganzen der Schrift einmütig redet, und auf das, was Jesus Christus selbst getan und zu tun befohlen hat.“ (Schottisches Glaubensbekenntnis)

 

„Die unfehlbare Regel der Schriftauslegung ist die Schrift selbst. Deswegen muss, wenn eine Frage über die wahre und volle Bedeutung einer Schriftstelle vorliegt (die nur einen Wortsinn zulässt), das mit Hilfe anderer Stellen, wo deutlicher davon die Rede ist, erforscht und erkannt werden. Der oberste Richter, von dem alle Religionsstreitigkeiten entschieden werden und alle Konzilsbeschlüsse, Meinungen von Kirchenvätern, Menschenlehren und einzelne Geister geprüft werden müssen und bei dessen Urteil wir Ruhe finden sollen, kann kein anderer sein als der Heilige Geist, der in der Schrift spricht.“ (Westminster Bekenntnis)

 

„Darin stimmen alle rechtschaffenen, heiligen Bücher überein, dass sie allesamt Christus predigen und treiben. Das ist auch der rechte Prüfstein, alle Bücher zu beurteilen, wenn man siehet, ob sie Christus treiben oder nicht. Sintemal alle Schrift Christus zeiget, Röm. 3,22ff., und Paulus nichts als Christus wissen will, 1. Kor. 2,2. Was Christus nicht lehret, das ist nicht apostolisch, wenn‘s gleich Petrus oder Paulus lehret; umgekehrt, was Christus predigt, das ist apostolisch, wenn‘s gleich Judas, Hannas, Pilatus und Herodes täte.“ (Martin Luther)

 

Ausschuss

Ein Kamel ist ein Pferd, das von einem Ausschuss entworfen wurde. Aus England

 

AUS-SEIN-AUF

Es scheint normal, dass Menschen ständig etwas begehren und auf etwas aus sind. Doch dürfen wir uns von unerfüllten Wünschen nicht beherrschen lassen. Denn (1.) währt die Freude über Erreichtes immer nur kurz. (2.) verhindert ständiges Begehren die dankbare Würdigung des Gegebenen. (3.) Bringt uns ungestilltes Begehren in Versuchung, uns das Begehrte, wenn wir‘s anders nicht haben können, auf unrechtmäßigem Wege zu verschaffen. Und (4.) verdrängt das Begehren irdischer Güter das Streben nach Gott und seinem Reich, das viel wichtiger wäre. 

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AUTONOMIE

1.

Die Abhängigkeit von anderen birgt das Risiko, enttäuscht zu werden. Darum strebt der Mensch nach Unabhängigkeit: Er versucht, die Rahmenbedingungen seines Lebens der eigenen Kontrolle zu unterwerfen. Doch gelingt es nie, alle Fremdbestimmung abzuschütteln. Und es muss auch nicht gelingen. Denn nur Gott ist wirklich „autonom“. Und der Glaube kann uns lehren, die Abhängigkeit von ihm nicht als Unglück, sondern als Glück zu betrachten: Wirklich „frei“ ist nämlich nur der, der nicht in sich selbst, sondern in Gott ruht.

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2.

Alles, was am Menschen herrlich sein kann, ist ihm gerade so geliehen, wie dem Mond sein Glanz geliehen ist von der Sonne. Auch der Mensch ist ein Klumpen aus Staub, der am schönsten erscheint, wenn er Gottes Macht und Güte reflektiert. Aber sollte man das beklagen und versuchen, selbst zur Sonne zu werden? Nein! Gott gebührt die Ehre. Und ein Leben lang unter seinem Glanz zu liegen als Projektionsfläche für Gottes Licht, das ist schön, ist gar nicht übel – und für einen Haufen Staub auch durchaus genug.

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3.

Man hört oft, nur selbstbestimmtes Leben sei menschenwürdig. Doch ist das ein Irrtum. Denn einerseits gibt es viel fremdbestimmtes Leben, das in Würde gelebt wird. Und andererseits kann man gerade durch Selbstbestimmung seine Würde verlieren. Richtiger ist es darum, den Zusammenhang von „Wert“ und „Würde“ zu sehen, denn „würdigen“ bedeutet, jedes Ding mit der seinem Wert entsprechenden „Wertschätzung“ zu behandeln. Zu würdigenden Wert hat der Mensch aber nicht durch seine vermeintliche Autonomie, sondern durch seinen Schöpfer, der ihn dazu beruft, Gottes geliebtes Kind zu sein.

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AUTONOMIE UND GEHORSAM

Glaubens-Gehorsam kennt keinen Gegensatz von „heteronom“ und „autonom“, sondern ist Selbstbestimmung zur Fremdbestimmung, denn er besteht in dem seltsamen Eigensinn, unbedingt mit dem, an den man glaubt, „eines Sinnes“ sein zu wollen. Der Gehorchende lehnt es ab, durch abweichendes Wollen die ihm so kostbare Gemeinschaft in Frage zu stellen. Vielmehr ist es seine Entscheidung, das Entscheiden dem Herrn zu überlassen. Der Jünger sieht in diesem Gehorsam nichts anderes als die höchste Betätigung seiner Freiheit. Und sich von Christus bestimmen zu lassen, hält er für die ihm gemäße Form der Selbstbestimmung. 

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Autorität

Wer behauptet, keine Autorität gelten lassen zu wollen, nimmt immer seine eigene aus. Peter Sirius

 

AUTORITÄT DER BIBEL

1.

Die Bibel leiht sich ihre Autorität weder von der Vernunft noch von der Wissenschaft, sondern ist selbst in der Lage, ihre Botschaft Geltung zu verschaffen, indem sie den Leser berührt, ihn wandelt und zum Glauben überführt, niederschmettert und tröstet. Wer diese Erfahrung aber macht – wie könnte der noch zweifeln, dass diese Worte Gottes eigene Worte sind? Keiner glaubt der Bibel, weil man ihm vorher ihre göttliche Herkunft bewiesen hätte. Sondern umgekehrt: Weil die Schrift uns zu Gott neu in Beziehung gesetzt hat, darum glauben wir ihr.

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2.

Der Glaube unterscheidet sich von anderen „Weltanschauungen“ dadurch, dass er sich nicht menschlichem Grübeln verdankt, sondern göttlicher Offenbarung. Er ist darum an das Dokument dieser Offenbarung – an die Heilige Schrift – bleibend gebunden. Die große Versuchung der Theologie besteht darin, sich die Heilige Schrift durch „kritische“ Begutachtung, Bewertung und Interpretation gefügig zu machen. Doch dem muss widerstanden werden: Denn nicht wir richten über Gottes Wort, sondern Gottes Wort richtet über uns.

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3.

Blinde Blindenführer

Erg.