Theologische Impulse C

 

CHAOS, CHAOSMÄCHTE

Gottes Schöpfungswerk vollzieht sich als ein fortschreitender Prozess, der die unkontrollierten Chaoskräfte des Anfangs nach und nach bändigt, kanalisiert und in dem Leben förderliche Strukturen überführt. Denn in einer regellosen Welt käme der Mensch nicht zurecht. Gott schafft weder Strukturen aus Beton, in denen alle Bewegung erstickt, noch schafft er blinden Drang, der alles, was entsteht, gleich wieder niederreißt. Der Schöpfer formt vielmehr das Formlose und verteidigt seine Schöpfung gegen die immer wieder einbrechenden Chaosmächte durch Ordnungsprozesse natürlicher, sozialer und individueller Art.

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Charakter

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal! Aus dem babylonischen Talmud

 

Alles, was man in dieser Zeit für seinen Charakter tun kann, ist, zu dokumentieren, dass man nicht zur Zeit gehört. Johann Gottfried Seume

 

Charakter ist das, was du im Dunklen bist. Dwight L. Moody

 

Charakter nennt man die Gebundenheit der Ansichten, durch Gewöhnung zum Instinkt geworden. Friedrich Nietzsche

 

Den Charakter eines Menschen erkennt man an den Scherzen, die er nicht übel nimmt. Christian Morgenstern

 

Der Charakter eines Menschen lässt sich leicht daran erkennen, wie er mit Leuten umgeht, die nichts für ihn tun können. Anonym

 

Der Charakter ist weiter nichts als eine langwierige Gewohnheit. Plutarch

 

Er hatte gar keinen Charakter, sondern wenn er einen haben wollte, so musste er immer erst einen annehmen. G. Chr. Lichtenberg

 

Glatte Worte und schmeichelnde Mienen vereinen sich selten mit einem anständigen Charakter. Konfuzius

 

Heucheln: dem Charakter ein sauberes Hemd überziehen. Bierce

 

Jedermann kann für die Leiden eines Freundes Mitgefühle aufbringen. Es bedarf aber eines wirklich edlen Charakters, um sich über die Erfolge eines Freundes zu freuen. Oscar Wilde

 

Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, dass man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein. Arthur Schopenhauer

 

Nach der Umgebung, in der man den größten Teil des Tages zubringt, richtet sich notwendig auch die Entwicklung des eigenen Charakters. Antiphon

 

Unser Glaube hängt mehr von unserem Charakter als von unserer Einsicht ab. Nicht alle, die sich über die Auguren lustig machen, haben mehr Geist als die, die an sie glauben. Luc de Clapier Vauvenargues

 

Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. Abraham Lincoln

 

Charm

Charme - das ist die Eigenschaft bei anderen, die uns zufriedener mit und selbst macht. Henri Frédéric Amiel

 

Christ, CHRIST-SEIN

1.

Man kann einer Kirche angehören, ohne in Wahrheit ein Christ zu sein. Und viele folgern im Umkehrschluss, man könne auch Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören. Doch dieser Umkehrschluss ist falsch. Wer ernsthaft Christ sein will, kann die Gemeinschaft nicht ignorieren, zu der Christus seine Jünger verband. Christus macht die Seinen nicht zu Einzelkämpfern, sondern zu Gliedern seines Leibes. In der Trennung von den übrigen Gliedern erleiden sie darum dasselbe Schicksal, das ein Arm oder ein Bein erleidet, wenn es sich vom übrigen Organismus trennt.

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2.

Eigentlich sollte man erwarten, dass ein Christ – mit Gottes Geist beschenkt – auch diesem Geist gemäß lebt. Doch tatsächlich sind Christen „Gerechte“ und „Sünder“ zugleich. „Gerechte“ sind sie nach Gottes Urteil, das ihnen dieselbe Gerechtigkeit zuerkennt wie Christus selbst, „Sünder“ sind sie aber ihrem eigenen Urteil und ihrem Verhalten nach. Denn die Gerechtigkeit eines Christen ist keine Eigenschaft seiner Person, sondern besteht ganz in der Nachsicht seines barmherzigen Gottes. Die Überbleibsel der Sünde bleiben trotzdem ein Ärgernis! Doch wo ein Christ nicht willentlich, sondern unwillentlich sündigt (aus Überforderung und mit sofortiger Reue), wird es ihn nicht gleich sein Seelenheil kosten. 

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3.

Christen „ticken“ anders, insofern ihr Denken nicht darauf zielt, das vergängliche Glück dieser Erde zu gewinnen, sondern im Konsens mit Gott seinem Willen zu dienen und (zeitlich wie ewig) mit ihm Gemeinschaft zu haben. Das „erkenntnisleitende Interesse“ besteht darin, nicht bloß der Wirklichkeit dieser Welt, sondern vor allem der Wirklichkeit Gottes denkend und handelnd gerecht zu werden. Seine Wirklichkeit ist nicht Endpunkt, sondern Ausgangspunkt des christlichen Denkens – und führt zu Folgerungen und Gewissheiten, zu denen atheistisches Denken nicht gelangen kann. Kein Ding ist wirklich erkannt und durchdacht, das wir nicht auf Gott bezogen und gemäß dieser Beziehung bewertet haben! 

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„Christ ist der Mensch, der sein Heil, seine Rettung, seine Gerechtigkeit nicht mehr bei sich selbst sucht, sondern bei Jesus Christus allein. Er weiß, Gottes Wort in Jesus Christus spricht ihn schuldig, auch wenn er nichts von eigener Schuld spürt, und Gottes Wort in Jesus Christus spricht ihn frei und gerecht, auch wenn er nichts von eigener Gerechtigkeit fühlt. Der Christ lebt nicht mehr aus sich selbst, aus seiner eigenen Anklage und seiner eigenen Rechtfertigung, sondern aus Gottes Anklage und Gottes Rechtfertigung. Er lebt ganz aus Gottes Wort über ihn, in der gläubigen Unterwerfung unter Gottes Urteil, ob es ihn schuldig oder ob es ihn gerecht spricht. Tod und Leben des Christen liegen nicht in ihm selbst beschlossen, sondern er findet beides allein in dem Wort, das von außen auf ihn zukommt, in Gottes Wort an ihn (…..). Wird er gefragt: wo ist dein Heil, deine Seligkeit, deine Gerechtigkeit? so kann er niemals auf sich selbst zeigen, sondern er weist auf das Wort Gottes in Jesus Christus, das ihm Heil, Seligkeit, Gerechtigkeit zuspricht. Nach diesem Worte hält er Ausschau, wo er nur kann.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Das Hauptstück und Grund des Evangelii ist, dass du Christum zuvor, ehe du ihn zum Exempel fassest, aufnehmest und erkennest als eine Gabe und Geschenk, das dir von Gott gegeben und dein eigen sei, also dass wenn du ihm zusiehst oder hörst, dass er etwas tut oder leidet, dass du nicht zweifelst, er selbst, Christus, mit solchem Tun und Leiden sei dein, darauf du dich nicht weniger mögest verlassen, denn als hättest du es getan, ja, als wärest du derselbige Christus. Siehe, das heißt das Evangelion recht erkennet, das ist, die überschwängliche Güte Gottes, die kein Prophet, kein Apostel, kein Engel hat je mögen ausreden, kein Herz je genugsam verwundern und begreifen. Das ist das große Feuer der Liebe Gottes zu uns, davon wird das Herz und Gewissen froh, sicher und zufrieden; das heißt den christlichen Glauben predigen. Davon heißt solche Predigt Evangelion, das lautet auf Deutsch so viel als eine fröhliche, gute, tröstliche Botschaft, von welcher Botschaft die Apostel genennet werden zwölf Boten. Davon sagt Jesaias Kap. 9,6.: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Ist er uns gegeben, so muss er unser sein: so müssen wir uns auch sein annehmen, als des unsern. Und Röm. 8,32.: „Wie hat er uns nicht alle Dinge sollen geben mit seinem Sohn?“ Siehe, wenn du also Christum fassest als deine Gabe dir zu eigen gegeben, und zweifelst nicht daran, so bist du ein Christ; der Glaube erlöset dich von Sünden, Tod und Hölle, macht, dass du alle Dinge überwindest (…). Wenn du nun Christum also hast zum Grunde und Hauptgut deiner Seligkeit, dann folgt das andere Stück, dass du auch ihn zum Exempel fassest, ergebest dich auch also deinem Nächsten zu dienen, wie du siehst, dass er sich dir ergeben hat. Siehe, da geht denn Glaube und Liebe im Schwange, ist Gottes Gebot erfüllt, der Mensch fröhlich und unerschrocken zu tun und zu leiden alle Dinge.“ (Martin Luther)

 

„Das wahre Christentum besteht allein in reinem Glauben, in der Liebe und heiligen Leben. Die Heiligkeit aber des Lebens kommt aus wahrer Buße und Reue, und aus Erkenntnis seiner selbst, dass ein Mensch täglich seine Gebrechen erkennen lernet, und dieselbigen täglich bessert, und durch den Glauben der Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi teilhaftig wird, 1 Kor. 1,30.“ (Johann Arndt)

 

Alles und doch nichts. Ist der Mensch. Alles, weil er ein kurzer Begriff ist aller Kreaturen, und von allem etwas hat. Mit den Steinen hat er gemein, dass er etwas ist; mit den Bäumen und Kräutern, dass er wächst und zunimmt; mit den Tieren, dass er empfindlich ist sieht, hört, geht, steht, isst, trinkt; mit den Engeln, dass er Witz und Vernunft hat. Nichts ist er, weil er, was er ist, von Gottes Gnaden ist. Was ist der Schatten gegen den Körper? Nichts. Was er hat, ist nicht sein, sondern Gottes. Die Kleinodien sind nicht des Kästleins, sondern deß, der sie hineinlegt, und Macht hat, wieder heraus zu nehmen, wenn er will. Hat er Schönheit, sie ist nicht sein, sondern Gottes, und wie bald kann eine schöne Blume verwelken, eine schöne Haut verschrumpfen! So ist er doch nichts. Hat er Klugheit? Sie ist Gottes. Dem ist‘s gar leicht, einem Nebukadnezar, der sich brüstet, das vernünftige Herz zu nehmen, und ein viehisches wieder zu geben. Was er Gutes tut, ist nicht sein, sondern Gottes; er ist nur das Werkzeug, Gott ist der Meister. Nicht ich, sondern die Gnade Gottes in mir 1 Kor. 15,10. Alles und doch nichts ist ein wahrer Christ. Alles ist er, weil er sich täglich mehr und mehr bildet nach dem, der alles ist, und in dem er alles findet. Alles ist er, weil er allen alles ist, und sich in jedermanns Weise, so viel das Gewissen zulässt, schickt. Nichts ist er, weil er nichts von sich hält, ihm selbst nichts anmaßt, sondern in allen Dingen Gott die Ehre gibt.

(Heinrich Müller)

 

Den Menschen bringen wir mit zur Welt, den Christen legen wir an in der Taufe. Denn wie viel unser getauft sind, die haben Christum angezogen. Gal. 3,27. In der Vereinigung mit Christo besteht das Christentum. Der Glaube macht den wahren Christen, wenn er sich durch eine tröstliche Zuversicht und Zueignung in das Verdienst Christi einwickelt, wie der Leib ins Kleid, und sagt mit Paulo: Christus Jesus ist mir gemacht von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit, und zur Heiligkeit, und zur Erlösung 1 Kor. 1,30. Die Liebe beweist den Christen, wenn sie einher geht in dem edlen Leben Christi, wie der Mensch in seinem Kleide, und Christum gleichsam in sich selbst, als im Spiegel darstellet, rühmend mit Paulo: Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Die Geduld bewährt den Christen, indem sie Tod, Teufel, Welt und alles Unglück auf sich zustürmen lässt, die Stürme tapfer aushält und spricht: lasst mich jagen, plagen, schlagen. Wer meinen Leib will rühren, muss ja auch das Kleid rühren, damit der Leib bedeckt ist; wer mich treffen will, muss meinen Jesum auch treffen; fühl ich‘s, er fühlt‘s auch. Tut mir‘s wehe, ihm noch weher, er wird schon Hilfe schaffen.

(Heinrich Müller)

 

Des Herrn und auch Herren. Sagt Dr. Luther zu M. Röhren, als der von Herzen traurig war; ei seid getrost, Herr Magister: Wir sind des Herrn und auch Herren. Des Herrn, weil wir durch sein Blut zu seinem Dienst erkauft, ihm angehören, als Knechte ihrem Herrn. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn, wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Wir sind kein herrenloses Gesindel. Der Herr des Himmels und der Erde ist auch unser Herr. Übel geht‘s zu in einem Lande, das keinen Herrn hat, da tut jedermann, was ihm recht däucht Richt. 17,6. Da spricht man zum Armen und Elenden, bücke dich, dass wir überhin gehen, und lege deinen Rücken zur Erde, und sei wie eine Gasse, dass man überhin laufe Jes. 51,23. Lieber wollt ich tot sein, als eine Viertelstunde ein Christ leben, da Gott mein Herr nicht wär! Wie würden da die Teufel rumoren! Wie würde die Welt toben und mich lebendig verschlingen! Es würde mich Wasser ersäufen und Ströme allzuhoch über meine Seele gehen. Aber Gott Lob! ich habe einen allmächtigen Herrn, der mich schützen kann; einen allgegenwärtigen, der bei mir ist in aller meiner Not, auch wenn ich durch Feuer und Wasser gehe; einen allweisen, der Rat zu finden weiß, wenn alles verworren ist; einen gütigen, dem es eine Lust ist beispringen; einen wahrhaftigen, der seine Zusage hält; einen barmherzigen, dem das Herz brechen will, wenn er mich im Jammer sieht; auf diesen Herrn verlass ich mich, trotz Welt und Teufel. Auch selbst sind wir Herren, die wir Christen sind; wir herrschen durch die Sanftmut über unsern Zorn, durch die Demut über unsere Hoffart, durch Liebe und Wohltat über der Welt Hass und Feindschaft, durch Geduld und Freudigkeit über alle Unglück, durch Vergnüglichkeit über Geld und Gut, durch Verleugnung unser selbst über eigne Ehre, durch Verschmähung über alles Irdische, durch die Freundschaft Jesu über die Feindschaft der Welt, durch das Gebet über den Himmel. Wir herrschen im Tod mit der Unsterblichkeit, nach dem Tode mit dem Leben, über die Hölle mit der Seligkeit, über die Teufel mit der Kraft Gottes. Wer will uns Leid tun? Trotz, trotz, trotz Teufel, trotz allem Unglück! Hier fängt die Herrschaft an in der Schwachheit, dort wird sie ihre Vollkommenheit erreichen in der Herrlichkeit, wenn wir Könige sein werden vor unserm Gott immer und ewiglich. Hier leiden wir mit Christo, dort werden wir mit ihm herrschen. Ich will hier keinen andern Herrn erkennen, als meinen Jesum. Der mich versorgt und schützt, soll mich auch beherrschen. Deß Brot ich esse, deß Diener bin ich. Alles Andere soll mir dienen, nur meinem Jesu will ich dienen mit allem, was ich hab und bin. Dien ich ihm, er dient mir, herrscht er über mich, so herrscht er auch in und durch mich über Sünde, Tod, Teufel und Hölle. Das alles liegt unter meinen Füßen. Wie selig bin ich!

(Heinrich Müller)

 

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Der gesündeste Zustand eines Christen besteht darin, dass er allezeit leer ist im eigenen Ich und beständig von dem Herrn abhängig, dass er allezeit arm ist in der eigenen Seele und reich in Jesus. C. H. Spurgeon

 

Angenommen, du würdest verhaftet, weil du Christ bist – gäbe es genügend Beweise, dich zu überführen? Anonym

 

Christen, die nicht weinen und meinen, sie seien besonders glaubensstark, sollten sich nicht täuschen. Gott kann ihnen am Ziel nicht einmal die Tränen abwischen. Johann Albrecht Bengel

 

Das Christentum bedarf zuerst und vor allem dessen, dass ich lerne, wieso ich seiner bedarf. Sören Kierkegaard

 

Das ganze Leben eines Christen ist ein heiliges Heimweh. Augustin

 

Der Marquis d’Argens, der Freund Friedrichs des Großen, und der Präsident d’Eguilles waren Brüder, und beide schlechte Christen. Sie hatten einen sehr frommen Bruder, über den sie sich gern lustig machten. Als sie eines Tages wieder bei diesem Thema waren und sich einigten, dass die Sinnesart des Bruders nur ein Zeichen von Einfalt sein könne, sagte der Marquis nach einigem Nachdenken zu dem Präsidenten: „Nun machen wir uns hier über ihn lustig, aber ich muss dir gestehen, wenn ich einem von euch beiden einen Wertgegenstand zum Aufheben geben wollte – dich würde ich nicht wählen!“ Euthymius Haas

 

Die sich dem Abendmahl fernhalten, die sind nicht Christen. Martin Luther

 

Ein Mann hatte stets etwas an der Kirche und den Christen herumzumäkeln. Eines Tages machte sich der Nörgler gegenüber dem Pfarrer Luft und sprach: „Seit zweitausend Jahren gibt es das Christentum. Ich sehe aber nicht, dass es die Menschen besser gemacht hätte!“ Der Pfarrer erwiderte gelassen: „Seit zwei Milliarden Jahren gibt es Wasser. Aber schauen Sie sich mal Ihren Hals an!“

 

Ein Schwarzer begleitete einst seinen weißen Herrn auf die Entenjagd. Er war Christ. Beide kamen bei der Gelegenheit auf Glaubensfragen zu sprechen. Der Herr sagte: „Ich begreife nicht, was du immer von Sünde und Anfechtung und Teufel zu reden hast. Ich spüre nichts von Anfechtung. Mich lässt der Teufel in Ruhe. Noch nie hat er mich gestört oder angegriffen.“ Da antwortete der Schwarze: „Das will ich dir erklären. Wenn wir auf der Entenjagd sind, und du hast geschossen, dann fallen einige Enten tot hin. Die lasse ich liegen. Einige aber flattern angeschossen weg und suchen zu entkommen. Denen laufe ich mit meiner langen Stange nach und schlage sie tot. Du bist eine Ente, die der Teufel schon totgeschossen hat. Dich lässt er liegen. Er weiß schon, dass er dich kriegt. Ich bin wie eine angeschossene Ente, die ihm gern entfliehen möchte. Darum ist er mit seiner langen Stange hinter mir her und sucht mich zu erschlagen.“

 

Es ist eines Christen unwürdig, in einem Zustand leben zu wollen, in dem er nicht sterben möchte. Sophronius Eusebius Hieronymus

 

Ich habe nichts und bin nichts, als dass ich mich beinahe rühmen kann, ein Christ zu sein. Martin Luther

 

In diesen zwei Stücken besteht das ganze christliche Leben: Glaube an Gott und hilf deinem Nächsten! Martin Luther

 

Man kann einen Christen ohne Gebet ebenso wenig finden wie einen lebendigen Menschen ohne Puls, welcher niemals still steht, sich reget und immerdar für sich schlägt, wenn auch der Mensch schläft oder anderes tut, sodass er sein nicht gewahr wird. Martin Luther

 

Man soll ein schlichtes christliches Leben führen und es nicht auf ein besonderes Tun abgesehen haben. Nur ei­nes soll man von Gott empfangen, und was einem dann zufällt, das nehme man als sein Bestes und sei ohne alle Befürchtung, dass man durch dieses Einverständnis an irgendetwas gehindert werde. Meister Eckhart

 

Nur der Christ kann ganz in der Gegenwart leben. Denn die Vergangenheit ist ihm durchgestrichen, und die Zukunft ist ihm gewiss. Jochen Klepper

 

Viel Sonderbares, viel Beklagenswertes, viel Empörendes ist über das Christentum gesagt worden; aber das Dümm­ste, was man jemals gesagt hat, ist, es sei bis zu einem gewissen Grade wahr. Sören Kierkegaard

 

CHRISTENHEIT

Die Christenheit ist Gottes „geistliches Haus“, erbaut aus „lebendigen Steinen“. Und der einzelne Christ, der sich selbst als einen Stein zum großen Dom beiträgt, gewinnt dadurch Anteil an dem, was den Dom von einem Steinhaufen qualitativ unterscheidet. Es adelt die Steine, dass der Dom ihrer bedarf, um zu sein! So wie sie das Haus Gottes bilden, ohne deswegen selbst Gott zu sein (so wie sie das Heilige umhüllen, ohne sich selbst mit dem Heiligen zu verwechseln), so dürfen Christen in der gemeinsamen Ausrichtung auf Gott bei ihm, in ihm und um ihn sein. 

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CHRISTENTUM UND JUDENTUM

Das Verhältnis von jüdischem und christlichem Glauben lässt sich nicht als Ablösung oder Parallelität beschreiben, sondern mit Paulus dürfen wir erwarten, dass das alte und das neue Gottesvolk – zu einem Zeitpunkt, den Gott bestimmt – zusammenfinden. Wenn nämlich (1.) feststeht, dass Gott seine Verheißungen an das alte Gottesvolk nicht zurücknimmt (wenn er Israel also ganz gewiss erlösen wird), und (2.) feststeht, dass es für keinen Menschen eine andere Erlösung gibt als die, die durch Christus und in Christus geschieht, kann es nicht anders sein, als dass Israel eines Tages in ihm seinen Heiland erkennt.

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Christi Ämter

„Das prophetische Amt Jesu Christi besteht darin, dass er aus dem Rate der heiligen Trinität den göttlichen Willen über unsere Erlösung aufs vollkommenste mitgeteilt hat.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Das Wesen (forma) des hohepriesterlichen Amtes Jesu Christi besteht darin, dass der Herr durch vollkommene Erfüllung des Gesetzes, sowie durch vollkommene Büßung aller unserer Schuld für alle Sünder vollkommene Genugtuung leistet, und auf Grund seiner Genugtuung auch für alle Sünder bei Gott Fürbitte tut.“ (Adolf Hoenecke)

„Das königliche Amt Christi besteht darin, dass Christus als Gottmensch und nach beiden Naturen alles im Himmel und auf Erden regiert.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Christi erstes Geschäft ist das, den Menschen den göttlichen Ratschluss der Erlösung, welcher jetzt vollzogen werden soll, zu verkündigen, und dieselben zur Annahme des ihnen gebotenen Heiles zu bewegen. Damit übt Christus prophetische Tätigkeit, denn der Propheten Geschäft war es, zu lehren und den Willen Gottes zu verkünden. Vermöge der höheren Würde und Kraft, welche Christo, als dem Gott-Menschen zukommt, vollzieht er aber sein Geschäft auf eine viel vollkommnere und wirksamere Weise als alle ihm vorangehenden Propheten. Dasselbe hört auch nicht auf mit seinem Weggang von der Erde, vielmehr hat Christus durch Einsetzung des hl. Lehramtes Sorge dafür getragen, dass es auch ferner, und zwar mit gleichem Erfolg geübt werde, denn er hat dem Worte und den Sakramenten, durch welche das Lehramt ausgerichtet wird, die gleiche ihm selbst vermöge seiner göttlichen Natur einwohnende Kraft und Wirksamkeit beigegeben und er ist sonach auch nach seinem Hingang in ihnen und durch sie immer noch wirksam. Sein Lehrgeschäft ist darum als ein noch stets fortgehendes zu betrachten, und es ist nur zu unterscheiden zwischen der unmittelbaren und mittelbaren Ausübung desselben.“ (Heinrich Schmid)

 

„Die Verkündigung des göttlichen Ratschlusses von der Erlösung der Menschen ist nicht das einzige Geschäft Christi, das andere ist das, die Erlösung selbst, und die Versöhnung mit Gott, zu Stande zu bringen. Christus übt damit ein priesterliches Geschäft, denn der Priester Amt ist es, durch Opfer, welche sie darbringen, Gott zu versöhnen, und die Schuld, welche die Menschen auf sich geladen haben, damit abzutragen. Jedoch bringt Christus nicht gleich den Priestern des alten Bundes Fremdes zum Opfer, sondern sich selbst daher er Priester und Opfer in einer Person ist.“ (Heinrich Schmid)

 

„Demselben, der der Welt Gottes gnädigen Ratschluss der Erlösung verkündigt, und die Erlösung selbst vollbringt, ist auch die Herrschaft über die Welt gegeben und indem er diese ausübt, übt er ein königliches Geschäft. Diese königliche Würde gebührt ihm als Gott von Ewigkeit her: mit dem Momente seiner Menschwerdung nimmt aber auch seine menschliche Natur an derselben Teil, und ist er daher König und Herr der Welt in demselben Sinne und Umfang, wie es Gott ist. Doch hat er hier auf Erden seine königliche Herrschaft nicht ihrem vollen Umfange nach ausgeübt, sondern vielmehr, so lange er noch im Stande der Erniedrigung war, auf den Gebrauch und die Ausübung derselben dem größten Teile nach verzichtet und ist er erst von dem Momente seiner Erhöhung an in den vollen Genuss der königlichen Herrschaft eingetreten. – Indem aber so Christus König und Herr der Welt ist, erstreckt sich seine Herrschaft über alles, was in der Welt ist und die Welt angeht, und kommt ihm gleich sehr die Erhaltung und Regierung der Welt im allgemeinen als die Erhaltung und Regierung der Kirche im besonderen zu.“ (Heinrich Schmid)

 

CHRISTI BRAUT, DIE KIRCHE

Im Neuen Testament ist es ein geläufiges Bild für das Reich Gottes, dass der Bräutigam (Jesus Christus) kommt, um seine Braut (die Kirche) zur Hochzeit zu führen. Er hat sich selbst für sie dahingegeben, damit sie ohne „Flecken oder Runzel“ sei, herrlich, heilig und untadelig (Eph 5). Und die Kirche sollte ihn darum voller Freude, Treue und Hingabe erwarten. Wo sie aber gar nicht einer bildhübschen, jugendfrischen Braut ähnelt, sondern einem alten Weib mit zwielichtiger Vergangenheit, entsteht ein Problem. Denn eines Tages wird der Bräutigam in der Tür stehen und wird nach der Kirche fragen, seiner geliebten „Gemeinschaft der Heiligen“.

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CHRISTI FRIEDE

Wahrer Friede resultiert nicht daraus, dass (auf dem Wege der Weltverbesserung) alle irdischen Bedürfnisse gestillt werden. Und er folgt auch nicht daraus, dass man (auf dem Wege des Verzichts) diese Bedürfnisse zum Schweigen bringt. Sondern nur dort stellt sich Friede ein, wo Menschen ihre Erwartungen auf Gott hin ausrichten, und von ihm selbst in den Frieden Gottes einbezogen werden. Das geschieht durch Christus. Und als Nebeneffekt der durch ihn geheilten Gottesbeziehung wird dann auch friedfertiges Leben möglich. 

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CHRISTI HEILSWERK

Das Heilswerk Jesu Christi umfasst seinen gesamten Lebensweg und hat mehrere Dimensionen, die eng miteinander verknüpft sind: (1.) wird er Mensch, um den Verlorenen hilfreich nahe zu kommen, (2.) offenbart er ihnen die Liebe Gottes, (3.) verbindet er sich unlöslich mit den Gläubigen, (4.) stirbt er stellvertretend für sie am Kreuz, (5.) sühnte er durch sein Opfer ihre Schuld, (6.) zahlt er das Lösegeld, um sie von allen Mächten freizukaufen, und (7.) überwindet er in der Auferstehung all ihre Feinde. Ja: „Christus erkennen bedeutet, seine Wohl-taten zu erkennen!“

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CHRISTI HERRSCHAFT

1.

Durch seine Himmelfahrt wird Christus weit über Freund und Feind erhoben und steigt hoch hinauf, um zur Rechten Gottes zu sitzen und künftig über alles zu herrschen. Antiautoritäre Affekte sind dabei aber ganz fehl am Platz. Denn – in wessen Händen wäre die Macht besser aufgehoben? Ein Verurteilter richtet nun über die Richter! Ein Knecht herrscht über die Herren! Ein Opfer entscheidet über die Täter! Christi Herrschaft raubt nur dem Satan seine Freiheit – den Christen ist sie aber ein inneres Fest. Denn wenn wir Christus gehören, gehören wir keinem anderen mehr. Und was an Karfreitag geschah, kehrt sich damit um: Die Welt wollte Gottes Sohn los werden – und befindet sich nun ganz in seiner Hand. 

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2.

Es könnte scheinen, Himmelfahrt sei ein Trauertag für die Jünger, weil Jesus von ihnen Abschied nimmt und sich entfernt. In Wahrheit aber ist Christus, nachdem er zum Himmel aufgefahren ist, seinen Jüngern näher als zuvor. Denn früher war er immer nur hier oder dort. Seit er „zur Rechten Gottes“ sitzt hat er Teil an Gottes Allgegenwart und übt die Herrschaft aus, die ihm der Vater übertragen hat. Ein schrecklicher Gedanke ist das für seine Feinde, Freude und Trost aber für alle Gläubigen.

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Christi HINGABE

Zur Hingabe gibt es keine echte Alternative. Denn wer nie für etwas „brennt“, verpasst sein Leben. Doch liegt darin das Geheimnis der Hingabe, dass wir an dem, wofür wir uns hingeben, nicht anders teilhaben als durch Opfer und Schmerz. Und Christus ist das beste Beispiel. Er nahm den Kreuzestod auf sich, damit wir neues Leben empfingen. Er lieferte sich aus, um uns zu schützen. Und in diesem Engagement Christi offenbart sich das Wesen Gottes. Sind wir aber sein Ziel – wäre es da nicht angemessen, Gottes Hingabe mit gleicher Hingabe zu beantworten? In der Tat. Wir sollen unser Dasein nicht banalisieren, indem wir Banales ins Zentrum stellen, sondern sollen unser Leben an Gott verlieren, um es auf ewig zu gewinnen.

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CHRISTI HÖLLENFAHRT

Die Hölle, die Menschen einander auf Erden bereiten, stellt alles in den Schatten, was man früher als „jenseitige“ Hölle erwartete. Und so wird eine alte Lehre neu bedeutsam: Christus ist nach seinem Tod hinabgefahren an den Ort der Verdammten, um auch ihr Bruder zu werden, ihre Verdammnis mit ihnen zu tragen und ihnen das Evangelium zu verkünden. Wenn aber der Arm der Liebe Gottes bis in die Hölle hinabreicht, ist das der Anfang vom Ende der Hölle. Denn Christus ist des Teufels Teufel.

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CHRISTI KAMPF UND SIEG

Das Leben ist ein Kampf, in dem sich der menschliche Wille zum Leben gegen den Tod zu behaupten sucht. Ob aber dies tägliche Ringen Sinn macht, hängt davon ab, ob es ein - aufs Ganze gesehen - gewinnbarer oder schon verlorener Kampf ist. Christen glauben Ersteres, denn die Auferstehung Christi ist der entscheidende Sieg, der den Ausgang des ganzen Krieges vorwegnimmt: Seither gewinnen die Mächte der Finsternis zwar noch einzelne Schlachten. Aber sie gewinnen nicht mehr den Krieg.

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CHRISTI KREUZ

„Wer Verlangen hat nach der ewigen Seligkeit und den Namen Christi liebt, wer Weisheit und Verstand erlangen, in Glück und Unglück wohl bestehen und seinen Weg mit Frieden wandeln will, der komme herzu und betrachte mit mir das Kreuz Jesu Christi; denn Christi Leiden ist die beste Zuflucht in allen Anfechtungen und die einzige Arznei wider die Sünde. Herzu und säume dich nicht, o meine Seele, denn hier ist Ruhe für die Armen und Friede für die Elenden, hier ist Trost für die Erschrockenen und Hilfe für die Zerknirschten. Es tobe die Welt, es zage das Fleisch, es wüte der Teufel: ich werde dennoch bleiben, denn in den Wunden Christi will ich mich bergen.“

(Martin Moller)

 

CHRISTI LEIB

In dem Brot, das Jesus mit seinen Jüngern teilt, ist er selbst enthalten. Die Jünger aber, die damit Christus aufnehmen in die eigene Person, verwandeln sich ihrerseits in Glieder seines Leibes. Indem sie seinen Leib aufnehmen in sich, werden sie aufgenommen in ihn. Durch das Abendmahl existiert Christus als Gemeinde – während die Gemeinde von dem und für den lebt, an dem sie teilhat. Nichts davon ist „metaphorisch“ oder „bildlich“ gemeint. Denn Brot und Wein sind nicht verweisende Zeichen für eine Wirklichkeit, die man sich erst noch „hinzudenken“ müsste, sondern in und mit den Gaben wird leiblich-konkret gegeben, was ohne diese leiblichen Mittel nicht in derselben Weise gegeben werden kann. 

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CHRISTI PERSON

Die Kirche entspricht dem Zeugnis der Bibel, indem sie Christus zugleich als „wahren Menschen“ und „wahren Gott“ bekennt. Wie sich beide „Naturen“ in der Person Christi vereinen konnten, übersteigt unseren Horizont. Aber wir vermögen einzusehen, dass diese Vereinigung nötig war: Wie eine Brücke auf beiden Ufern des Flusses aufruhen muss, um sie zu verbinden, so musste Christus ganz zu Gottes und ganz zu unserer Welt gehören, um zwischen Himmel und Erde eine Brücke schlagen zu können.

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CHRISTI Sündlosigkeit

 

Wer annimmt, das Sünder-Sein gehörte zur Natur des Menschen, verstrickt sich in absurde Konsequenzen. Denn unter dieser Voraussetzung wäre weder die Menschwerdung Christi denkbar noch die Erlösung des Menschen, jeder Bußruf wäre sinnlos, Nächstenliebe unmöglich und alle Bosheit entschuldigt. Tatsächlich liegt unser Wesen in dem Guten, das sich Gott bei der Erschaffung des Menschen gedacht hat – und dessen wahre Gestalt am sündlosen Leben Jesu abzulesen ist. Er ist der neue Adam, in dem das geschädigte Menschenwesen erneuert wird. Und das ist eine gute Nachricht. Denn so sind wir zwar faktisch Sünder, sind es aber nicht notwendig oder „von Natur“, weil Mensch-Sein und Sünder-Sein nicht dasselbe ist. 

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CHRISTI WIEDERKUNFT

1.

Jesus Christus wird am Jüngsten Tag unser Richter sein. Und damit ist das Amt auf die denkbar beste Weise besetzt. Denn wer könnte unser Dasein gerechter beurteilen als der, der Not und Versuchung mit uns teilte? Wer könnte ein kompetenterer Richter sein als der, der den Willen Gottes nicht nur verkündet, sondern auch vorgelebt und ohne Sünde erfüllt hat? Welcher Richter könnte uns lieber sein als der, der sich selbst opferte, um unseren Freispruch zu erwirken? Wenn er als Richter zugleich unser Verteidiger sein will, kann uns kein Ankläger verdammen!

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2.

Wir stehen zwischen „Ankunft“ und „Wiederkunft“ Christi, weil das Reich Gottes ein Prozess ist, der Zeit braucht. Christus vergleicht es mit dem Ackerbau, dem Fischfang, dem Backen mit Sauerteig oder dem Heranwachsen eines Senfkorns zum Baum. Und was er auf Erden angestoßen hat, ist offenbar von derselben Art – so dass die „Aussaat“ des Evangeliums und die „Ernte“ nicht auf einem Tag liegen können. In der Zwischenzeit wirkt vieles „unfertig“. Doch wenn Christus wiederkehrt, wird er die Spreu vom Weizen trennen und den guten Ertrag einfahren. Die Widersprüche der Gegenwart erklären sich aus der Spannung von „schon“ und „noch-nicht“ im laufenden Prozess. Doch Christus bringt ihn wunschgemäß zu Ende.

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CHRISTLICHE FREIHEIT

Die Freiheit, die Christus schenkt, besteht darin, dass er uns auf eine tiefe und endgültige Weise von der Sorge um uns selbst und um das Gelingen unseres Lebens befreit. Er steht für uns ein und bindet uns an seine Person. Eben diese Bindung macht aber unsere Freiheit aus, weil sie es erlaubt, unser zentrales Lebensproblem in Christi Hände abzugeben. Gibt es auch noch genug zu tun, so können und müssen wir doch für das Heil unserer Seele nichts mehr tun. Von dem Fluch, ungenügend zu sein, sind wir gänzlich befreit, weil Christus in uns ist, der allem genügt.

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CHRISTLICHE GEMEINSCHAFT

Christ-Sein funktioniert nicht ohne Gemeinde, weil sich ein Christ das befreiende Wort, von dem sein Glaube lebt, nicht selber sagen kann. Keiner kann sich selbst taufen, segnen, mahnen, trösten, sich selbst vergeben oder sich das Abendmahl reichen. Darum braucht jeder Christ die Glaubensgeschwister als Trä­ger und Verkünder des göttlichen Heilswortes. Christliche Gemeinschaft verdankt sich diesem Wort, das Wort aber verdankt sich nicht der Gemeinschaft, sondern dem, der’s geredet hat. Wo diese Glaubensgemeinschaft aber fehlt, lässt sie sich durch nichts ersetzen.

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CHRISTLICHE WerTE

Wer Ziele verfolgt und auf einen Gegenstand trifft, der diese Ziele fördern kann, spricht ihm „Wert“ zu. Weil aber ein anderer Betrachter dasselbe Ding nicht brauchen kann, gilt das Werturteil des ersten nur relativ und verrät mehr über seine subjektiven Bedürfnisse als über den Gegenstand. Gibt es also keinen „objektiven Wert“? Doch. Denn tatsächlich ist Gott die Person, an deren Absichten sich aller Wert bemisst. Und alles ist genau so viel wert, wie Gott davon hält. Denn sein Wille ist „maßgeblich“ im strikten Sinne des Wortes. Er setzt Werte, wo vorher keine waren. So gibt es tatsächlich keinen „Wert an sich“. Es gibt ihn nur in Bezug auf eine wertschätzende Person. Das sind aber nicht wir, sondern die maßgebliche Person ist Gott. 

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CHRISTLICHEs DENKEN

Christen „ticken“ anders, insofern ihr Denken nicht darauf zielt, das vergängliche Glück dieser Erde zu gewinnen, sondern im Konsens mit Gott seinem Willen zu dienen und (zeitlich wie ewig) mit ihm Gemeinschaft zu haben. Das „erkenntnisleitende Interesse“ besteht darin, nicht bloß der Wirklichkeit dieser Welt, sondern vor allem der Wirklichkeit Gottes denkend und handelnd gerecht zu werden. Seine Wirklichkeit ist nicht Endpunkt, sondern Ausgangspunkt des christlichen Denkens – und führt zu Folgerungen und Gewissheiten, zu denen atheistisches Denken nicht gelangen kann. Kein Ding ist wirklich erkannt und durchdacht, das wir nicht auf Gott bezogen und gemäß dieser Beziehung bewertet haben! 

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CHRISTOPHERUS

Erg.

 

CHRISTUS ALS ARZT U. APOTHEKER

Erg.

 

CHRISTUS ALS DIE WAHRHEIT

„Wahr“ sind Aussagen, die das Wirkliche korrekt abbilden, indem sie auf der Ebene der Beschreibung dem beschriebenen Sachverhalt entsprechen. Doch Wahrheit nur zu kennen, heißt noch nicht „in der Wahrheit zu sein“. Dann erst ist ein Mensch „in der Wahrheit“, wenn er der Wirklichkeit Gottes nicht bloß mit Worten und Gedanken, sondern mit seiner Person ganz und gar entspricht, so dass sein Leben insgesamt eine einzige große Entsprechung zu Gott ist. Nur dieses „Leben in der Wahrheit“ ist das „wahre Leben“ – wie wir es an Christus sehen.

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CHRISTUS ALS RICHTER

Jesus Christus wird am Jüngsten Tag unser Richter sein. Und damit ist das Amt auf die denkbar beste Weise besetzt. Denn wer könnte unser Dasein gerechter beurteilen als der, der Not und Versuchung mit uns teilte? Wer könnte ein kompetenterer Richter sein als der, der den Willen Gottes nicht nur verkündet, sondern auch vorgelebt und ohne Sünde erfüllt hat? Welcher Richter könnte uns lieber sein als der, der sich selbst opferte, um unseren Freispruch zu erwirken? Wenn er als Richter zugleich unser Verteidiger sein will, kann uns kein Ankläger verdammen!

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CHRISTUS DER HERR

1.

Der Sünder in uns will (pubertär und bockig) sein eigener Herr sein. Und so bedarf es von Gottes Seite eines großen Aufwands, unseren törichten Widerstand zu brechen und unser „Herr zu werden“. Doch auf dieses „Herr-Sein“ Christi zielt Gottes gesamter Heilsplan. Wer von der Sünde überwunden wird, ist der Sünde Knecht – zu seinem Nachteil. Und wer von Christus überwunden wird, ist Christi Knecht – zu seinem Vorteil. Eine dritte Möglichkeit gibt es aber nicht. Daher ist es widersinnig, sich einer Herrschaft entziehen zu wollen, ohne die wir nicht bestehen können.

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2.

Durch seine Himmelfahrt wird Christus weit über Freund und Feind erhoben und steigt hoch hinauf, um zur Rechten Gottes zu sitzen und künftig über alles zu herrschen. Antiautoritäre Affekte sind dabei aber ganz fehl am Platz. Denn – in wessen Händen wäre die Macht besser aufgehoben? Ein Verurteilter richtet nun über die Richter! Ein Knecht herrscht über die Herren! Ein Opfer entscheidet über die Täter! Christi Herrschaft raubt nur dem Satan seine Freiheit – den Christen ist sie aber ein inneres Fest. Denn wenn wir Christus gehören, gehören wir keinem anderen mehr. Und was an Karfreitag geschah, kehrt sich damit um: Die Welt wollte Gottes Sohn los werden – und befindet sich nun ganz in seiner Hand. 

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CHRISTUS DES GESETZES ENDE?

Die Gnade Jesu Christi entmachtet das Gesetz als „Strafordnung“, die dem Sünder zum Verhängnis wird. Doch als Gottes gute Weisung bleibt das Gesetz in Kraft und dient der Christenheit als „Riegel“, „Spiegel“ und „Regel“. Durch Christi Opfer am Kreuz ist das Zeremonial- und Ritualgesetz des Alten Testaments obsolet geworden. Und Christi Lehre hat auch die Reinheits- und Speisegebote antiquiert. Doch das in den Zehn Geboten konzentrierte Moralgesetz bleibt in Geltung. So muss einer, um Christ zu sein, nicht erst Jude werden – muss sich aber dem beugen, was der Schöpfer (nicht speziell den Juden, sondern) allen Menschen geboten hat. 

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COOLNESS

Gottvertrauen hat nichts zu tun mit der Gelassenheit der Naiven oder der Unerschütterlichkeit der Gefühlskalten, es ist weder Coolness noch stoische Ruhe, sondern die Kunst, Freud und Leid gleichmütig in Empfang zu nehmen, weil der Absender in jedem Falle Gott ist. Einem Christen kann in seinem Leben nichts widerfahren, als nur, was der barmherzige Vater ihm zugedacht hat. Darum ist all seine Sorge umfangen von einer großen Sorglosigkeit, und all seine Furcht begrenzt von einer tiefen Furchtlosigkeit.

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