Theologische Impulse U

 

Übel

Unser Übel liegt in der Seele; die aber kann sich selbst nicht vermeiden. Charles de Montesquieu

 

Der Übel größtes ist der Zwang, an die äußern Dinge des Lebens, die der inneren Kraft dienen sollen, eben diese zu verplempern. Karl Kraus

 

Zwei Dinge sind sehr schwer fest zu erhalten: das Misstrauen dir selbst gegenüber, wenn alles gut zu gehen scheint, und das Vertrauen auf Gott, wenn alles übel zu gehen scheint. Johann Michael Sailer

 

Überlegenheit

Wer einem Kranken seine Ratschläge gibt, erwirbt sich ein Gefühl von Überlegenheit über ihn, sei es, dass sie angenommen oder dass sie verworfen werden. Deshalb hassen reizbare und stolze Kranke die Ratgeber noch mehr als ihre Krankheiten. Friedrich Nietzsche

 

Überlegung

Ein kluger Entschluss reift unverhofft, blitzschnell und ohne Erwägung, doch Dummheiten machen wir allzu oft nach reiflichster Überlegung. Oskar Blumenthal

 

ÜBERLIEFERUNG

Die Bibel ist das einzige Medium, das uns zuverlässig mit Gottes geschichtlicher Offenbarung in Jesus Christus verbindet. Sie ist darum der verbindliche „Originalton“, an dem sich alle späteren Interpretationen des Evangeliums und alle Gestalten kirchlichen Lebens messen lassen müssen. Dass Menschenhände das eine Wort Gottes niedergelegt haben, ändert daran nichts: Gott bleibt der „Autor“ hinter den biblischen Autoren, denn sie waren Instrumente seines Geistes.

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ÜBERWINDUNG

„Mehr und mehr erscheint mir die Überwindung als ein Kernstück des Glaubenslebens: Teilhaben, Teilnehmen an Gottes Gericht über einen selbst; Teilhaben, Teilnehmen an Gottes helfender, rettender Kraft, die sein Reich in das Reich der Sünde und des Todes einpflanzt: Überwindung also ist die eigentliche Heiligung (...) Ja, tragbar ist das irdische Leben dem Glauben erst als unausgesetzter Vorgang der Überwindung: als ständiges Kommen des Reiches Gottes in die eigene Verlorenheit.“

(Jochen Klepper)

 

Überzeugung

Der Glaube besteht darin, dem Ungewissen mit leidenschaftlicher Überzeugung anzuhangen. Sören Kierkegaard

 

Der Tolerante erlebt sich selbst als souverän; doch häufig ist die Toleranz die Tugend des Mannes, der keine Überzeugung hat. G. K. Chesterton

 

Gründe stammen aus Überzeugungen, nicht Überzeugungen aus Gründen. Sören Kierkegaard

 

Man überzeugt sich gewöhnlich besser mit den Gründen, die man selbst gefunden hat, als mit denjeni­gen, die anderen eingefallen sind. Blaise Pascal

 

UMKEHR, BUSSE

„Buße tun“ bedeutet nicht, eine verdiente Strafe zu erleiden, sondern den Richtungswechsel zu vollziehen, der uns diese Strafe erspart. Denn wo Buße ist, wird Glaube folgen. Der Glaube empfängt Vergebung. Und wer die hat, ist gerettet. Der Bußruf lädt also Gottes „verlorene Söhne“ zur Heimkehr ein. Und für jeden, der Satan durch die Lappen geht, feiert der Himmel eine Party. Ohne Buße geht’s aber nicht. Denn solange wir versuchen, uns zu rechtfertigen, wird Gott uns verdammen. Und erst wenn wir uns verdammen, wird er uns rechtfertigen.

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Umstände

Wenn du die Geschichte eines großen Verbrechers liest, so danke immer, ehe du ihn verdammst, dem gütigen Himmel, der dich mit deinem ehrlichen Gesicht nicht an den Anfang einer solchen Reihe von Umständen gestellt hat. G. Chr. Lichtenberg

 

Unbegreiflichkeit

Die Leute traktieren Gott, als wäre das unbegreifliche, gar nicht auszudenkende höchste Wesen nicht viel mehr als ihresgleichen. Er wird ihnen zu einer Phrase, zu einem bloßen Namen, wobei sie sich gar nichts denken. Wären sie aber durchdrungen von seiner Größe, sie würden verstummen und ihn vor Verehrung nicht nennen mögen. Goethe

 

UNBEGREIFLICHKEIT GOTTES

Was der Kirche heute fehlt, ist nicht die oft geforderte „Lässigkeit“, sondern eine neue Scheu vor dem Heiligen. Denn wo die Ehrfurcht fehlt, wird aus berechtigtem Gott-Vertrauen schnell eine plumpe Vertraulichkeit, die dem „Gegenüber“ des Glaubens nicht gerecht wird. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind wir tot. Gemessen an seiner Unendlichkeit sind wir eng. Gemessen an seiner Weisheit sind wir töricht. Das aber spüren und akzeptieren zu können, gehört zum Glauben unbedingt dazu. Denn nur wer bereit ist, die Schuhe auszuziehen, wird den Dornbusch brennen sehen.

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„Die vier Rabbiner, Asai, Elisa, Simon und Akiba, waren eifrig bemüht, Gott zu erkennen. Lange studierten sie mystische Schriften, um in Gottes Geheimnis einzudringen. Eines Tages aber gelang es ihnen und es tat sich ihnen das Tor des Paradieses auf. Gemeinsam schritten sie in den Himmel hinein und näherten sich der unbegreiflichen und furchtbaren Nähe Gottes. Als sie aber wiederkamen, war es schon Abend. Sie schritten riesengroß und dunkel aus der Glut des Westhimmels hervor in schwerem Schweigen. Die anderen Rabbiner aber, die ihnen neugierig entgegengingen, erschraken vor der Verstörung auf ihren Gesichtern. Rabbi Asai ging einfach schweigend in sein Haus und warf sich auf sein Lager, denn er konnte dem Zittern seiner Glieder nicht mehr Einhalt gebieten. Er kehrte sein bleiches Gesicht stumm zur Wand. Er verweigerte Speise und Trank. Sein Gesicht verfiel. Und seine erloschenen Augen harrten dem Tod entgegen. Da ging Rabbi Simon hinweg von seinem sterbenden Freund und sah sich um, und siehe: Die Welt hatte für ihn alles Maß verloren. Kein Ding stand mehr in einem Größenverhältnis zum andern. Alle Umrisse zerflossen und wälzten sich gegen ihn, wie um ihn auszulöschen. Zeit und Raum waren verschwunden, und alles stürzte in furchtbarer Gleichzeitigkeit und Allgegenwart gegen seine Augen. Da warf er sich zu Boden und hielt sich die Augen zu, aber er konnte sein Schauen nicht verhindern, und er schrie laut und schlug mit dem Kopf gegen die Steine, um den eindringenden Bildern einen Ausweg zu schaffen. Als aber die anderen Rabbiner auf sein entsetzliches Schreien hin herbeigeeilt kamen, da fanden sie ihn in Qualen des Wahnsinns. Da sprach Rabbi Elisa: „Uns ist das Maß genommen durch das Maßlose, das wir gesehen haben, und die Welt ist uns verwandelt. Alle Weisheit, der wir bisher unser Leben gewidmet haben, was ist sie anderes als ein vom großen Sinn abgesplittertes Stück Sinnlosigkeit, ein vom Ewigen abgebrochenes Stück Vergänglichkeit, eine vom Unendlichen abgetrennte Nichtigkeit! All unsere guten Werke, wiegen nicht mehr als ein Sandkorn. All unsere Frömmigkeit ist noch nicht mal eine halbe Stufe aufwärts zum Göttlichen. Was mühen wir uns so vergeblich unter der nutzlosen Last!“ Da trennte sich Elisa von den anderen Rabbinern und warf sich den Sünden der Welt und der Verzweiflung des Unglaubens in die Arme. Da erschraken die Verbliebenen und blickten auf Rabbi Akiba, ob sie wohl auch ihn auf so schreckliche Weise verlieren müssten. Und auch er verbarg sein verstörtes Gesicht in den Händen. Als er aber nach langer Zeit Herr über seine Gesichtszüge wurde und aufschaute, da sah er die Bestürzung um ihn her, und er sprach: „Weh uns! Wie tot sind wir, gemessen am Lebendigen! Wie eng sind wir, gemessen am Unendlichen! Wie töricht sind wir, gemessen an der ewigen Weisheit! Aber Gottes Hand ist über uns, und er hat uns diese Form gegeben. An uns ist’s, dass wir uns demütig fügen in unsere Gestalt und darin wirken.“ Und Rabbi Akiba stand entschlossen auf und ging ins Lehrhaus, um zu lehren Ewiges in den armen Formen der Erde. Und er wurde der größte Lehrer seines Zeitalters...“

 

Unbewusstes

Unbewusstes: du weißt dies, aber du weißt nicht, dass du es weißt. Augustin

 

UNDANK

Wer dankt, hat erkannt, dass ihm ein anderer etwas Gutes tat, zu dem er nicht verpflichtet gewesen wäre (1.) und wendet sich dieser Person mit einem positiven Gefühl der Verbundenheit zu (2.), um seiner Wertschätzung Ausdruck zu verleihen (3.). Wird allerdings eine Wohltat um des Dankes willen erwiesen, wird eine Gegenleistung erwartet, Abhängigkeit geschaffen oder Dankesschuld als Druckmittel missbraucht, so ist durch die manipulative Absicht alles verdorben. Gebe Gott, dass unser Bitten und Danken seine Unschuld zurückgewinnt!

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„So schändlich lebt keine Sau, wie die Welt lebt. Denn eine Sau kennt doch die Frau oder Magd, von der sie Treber, Kleie oder das Futter zu fressen kriegt, läuft ihr nach und schreit ihr nach. Aber die Welt kennt und achtet Gott gar nicht, der ihr so reichlich und überschwänglich Gutes tut, geschweige denn, dass sie ihm dafür danken und ihn loben würde!” (Martin Luther)

 

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Die Undankbarkeit ist das schändlichste Laster und die höchste Unehre gegenüber Gott. Von ihr ist die Erde voll bis an den Himmel. Martin Luther

 

Ich glaube, die beste Definition des Menschen lautet: undankbarer Zweibeiner. Dostojewski

 

Solange man noch etwas zu geben hat, findet man selten Undankbare. Rochefoucauld

 

UNERFORSCHLICHKEIT GOTTES

Es liegt in der Natur des Menschen, dass er die Dinge verstehen will. Er erkundet und untersucht seine Umwelt mit der Absicht, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. Doch wer sich in dieser Weise Gott zuwendet, stößt an Grenzen. Denn der „Untersuchungsgegenstand“ Gott erweist sich als lebendiges Gegenüber. Und je näher man ihm kommt, desto mehr kehrt sich das Verhältnis um: Gott wird nicht erforscht und hinterfragt, erforscht und hinterfragt aber uns. Glauben heißt, das zuzulassen – und zu erkennen, dass man von Gott erkannt ist.

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„Menschliche Vernunft und Natur kann Gott in seiner Majestät nicht begreifen, darum sollen wir nicht weiter suchen noch forschen, was Gottes Wille, Wesen und Natur sei, denn so fern er's uns befohlen hat. Sein Wort hat er uns gegeben, darin er reichlich offenbaret hat, was wir von ihm wissen, halten, glauben, und weß wir uns zu ihm versehen sollen: nach demselben sollen wir uns richten, so können wir nicht irren. Wer aber von Gottes Willen, Natur und Wesen Gedanken hat außer dem Wort, will‘s mit menschlicher Vernunft und Weisheit aussinnen, der macht ihm viel vergeblicher Unruhe und Arbeit, und fehlet weit; denn „die Welt“, spricht St. Paulus, „durch ihre Weisheit erkennet Gott nicht in seiner Weisheit“, 1 Kor. 1,21. Auch werden die nimmermehr lernen noch erkennen, wie Gott gegen ihnen gesinnet sei, die sich damit vergeblich bekümmern, ob sie versehen oder auserwählet seien. Welche nun in diese Gedanken geraten, denen gehet ein Feuer im Herzen an, das sie nicht löschen können, also, dass ihr Gewissen nicht zufrieden wird, und müssen endlich verzweifeln. Wer nun diesem Unglück und ewiger Gefahr entgehen will, der halte sich an das Wort, so wird er finden, dass unser lieber Gott einen starken, festen Grund gemacht und geleget, darauf wir sicher und gewiss fußen mögen, nämlich Jesum Christum, unsern Herrn, 1 Kor. 3,11., durch welchen allein, umsonst, durch kein ander Mittel, wir ins Himmelreich müssen kommen; denn er, und sonst niemand, „ist der Weg, die Wahrheit und das Leben“, Joh. 14,6. Sollen wir nun Gott in seinem göttlichen Wesen, und wie er gegen uns gesinnet ist, recht und wahrhaftig erkennen, so muss es durch sein Wort geschehen. Und eben darum hat Gott der Vater seinen eingebornen Sohn in die Welt gesandt, dass er sollte Mensch werden, aller Dinge uns gleich, doch ohne Sünde, unter uns wohnen, und des Vaters Herz und Willen uns offenbaren; wie ihn denn der Vater uns zum Lehrer geordnet und gesetzt hat, da er vom Himmel rufet: „Dies ist mein lieber Sohn, … den sollt ihr hören“, Matth. 17,5. Als wollte er sagen: Es ist vergebens und umsonst, was Menschen vornehmen, meine göttliche Majestät zu forschen; menschliche Vernunft und Weisheit kann mich nicht ergreifen, ich bin ihr viel zu hoch und groß. Nun, ich will mich klein genug machen, dass sie mich ergreifen und fassen kann: ich will ihr meinen eingebornen Sohn geben, und also geben, dass er soll ein Opfer, ja, eine Sünde und Fluch für sie werden, und soll mir hierin Gehorsam leisten bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuz. Das will ich hernach predigen lassen in aller Welt, und die daran glauben, sollen selig werden. Das meinet St. Paulus, da er spricht 1 Kor. 1,21.: „Weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben.“ Das heißet ja die göttliche Majestät klein und begreiflich werden, dass nun niemand billig klagen soll noch kann, er wisse nicht, wie er mit Gott daran sei, weß er sich zu ihm versehen solle. Aber die Welt ist blind und taub, die weder siehet noch höret, was Gott redet und tut durch seinen Sohn; darum wird er‘s auch von ihnen fordern, 5 Mos. 18,19. Man kann die schwere Anfechtung von der ewigen Versehung oder Auserwählung, die viel Leute hoch betrübet, nirgend besser suchen, ja, finden und verstehen, denn in den Wunden Christi, von welchem der Vater gesagt und uns befohlen hat: „Den sollt ihr hören“, Matth. 17,5. Der Vater in seiner göttlichen Majestät ist uns zu hoch und groß, dass wir ihn nicht ergreifen können, darum weiset er uns den richtigen Weg, darauf wir gewisslich zu ihm kommen mögen, nämlich Christum, und spricht: Glaubet ihr an den, und hänget euch an ihn; so wird sich‘s fein finden, wer ich bin, was mein Wesen und Wille ist. Das tun aber die Weisen, Mächtigen, Hochgelehrten, Heiligen und der größte Haufe durchaus in aller Welt nicht. Darum ist und bleibet ihnen Gott unbekannt, ob sie gleich viel Gedanken von ihm haben, disputieren und reden: denn es ist kurzum beschlossen, dass außer Christo Gott unbekannt und ungefasset will sein.“ (Martin Luther)

 

UNFREIER WILLE

Der Mensch kann tun, was er will, kann aber nicht wollen, was er wollen soll. Gefangen in der Dynamik der Sünde ist er wie ein Rad, das einen Abhang hinunterrollt, und aus eigener Kraft nicht die Richtung zu ändern vermag. Gottes gnädiges Erwählen ist darum nicht eine notwendige Bedingung der Erlösung (zu der die „freie“ Entscheidung des Menschen noch hinzutreten müsste), sondern sie ist die völlig hinreichende, keiner Ergänzung bedürftige Bedingung der Erlösung (aus der Kraft des Heiligen Geistes die positive Willensbewegung des Menschen resultiert).

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UNGENÜGEN AN DER WELT

1.

Alle Menschen hoffen und erstreben etwas, das sie erjagen wollen, um darin Glück und Frieden zu finden. Doch – ob sie’s wissen oder nicht: Eigentlich ist es immer Gott, den sie suchen. Denn was könnte in der Welt an Gutem enthalten sein, wenn nicht das, was der Schöpfer von seiner eigenen Herrlichkeit hineingelegt hat? Wenn ein Mensch also sucht, was ihm Erfüllung schenkt, sucht er eigentlich Gott – und schade ist es, wenn er sich mit dem irdischen Abglanz und Widerschein göttlicher Herrlichkeit zufrieden gibt, ohne ihren Ursprung zu suchen!

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2.

Für einen Christen ist der Tod der ultimative Ruhestand, den er bei Gott verbringen darf. Und das irdische Getümmel zu verlassen, in dem sich alle von Gier und Angst getrieben um ein bisschen Glück raufen, muss ihn nicht sehr betrüben. Denn er macht einen guten Tausch. Man nennt ihn „entschlafen“, aber in Wahrheit ist er aufgewacht. Man meint, er hätte alles verloren, dabei hat er alles gewonnen. Man weint um ihn, er aber hat gut lachen: Gott hat ihn aus der irdischen Bedrängnis herausgeholt und in die himmlische Freiheit entlassen. Und deshalb muss man ihn wahrlich nicht bedauern. Oder beweint man jemand, der das Ziel seines Weges glücklich erreicht hat? Gratuliert man ihm nicht eher?

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UNGLAUBE, FLUCHT VOR GOTT

1.

Gott kann nicht nur für seine Feinde schrecklich sein – manchmal ist er’s auch für seine Freunde. Darum ist es kein Wunder, dass ihm mancher aus dem Weg gehen oder vor ihm fliehen will. Doch ist das weder möglich noch sinnvoll. Denn je mehr einer sich Gott zu entziehen versucht, umso mehr entzieht er sich das, was er am dringendsten braucht. Es besteht keine Chance, dass er mit sich ins Reine kommt, wenn er sich nicht ehrlich macht vor Gott. Und im Grunde kann man ihm nichts Besseres wünschen, als dass er (wie Paulus) ein fröhlicher „Gefangener Jesu Christi“ wird.

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2.

Es scheint oft, als sei unser Predigen „vergebliche Liebesmüh“, so dass ein ärgerlicher Prediger zuletzt denken mag: „Glaubt doch, was ihr wollt!“ Doch hat er dann seinen Auftrag missverstanden, der gar nicht darin besteht, „gut anzukommen“, sondern allein darin, Gottes Wort treu und verständlich weiterzugeben. Ob es dann bei den Hörern rettenden Glauben oder Verstockung wirkt, liegt in Gottes Hand. Sein Wort wirkt jederzeit, was es wirken will. Und es zu verkünden ist auch dann nicht vergeblich, wenn es auf massiven Widerstand trifft. Denn Gott sagt: „Wer es hört, der höre es; wer es lässt, der lasse es“ (Hes 3,27).

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„Wer ungläubig ist, der bleibt im Fluch, und so er im Unglauben beharrt, ist ihm sein Teil bereit im Pfuhl, der brennt vom Schwefel und Pech, Offenb. 21,8. Joh. 3,36: „wer dem Sohn nicht glaubet, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibet über ihm“.“ (Nikolaus Hunnius)

 

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Ich glaube, dass die Selbstgerechtigkeit dein Verderben ist, und darum sage ich dir ganz offen und aufrichtig, dass du ebenso gut hoffen kannst, mit einem Luftballon in den Himmel zu fliegen, als durch deine guten Werke hineinzukommen. Ebenso gut könntest du in einem Sieb nach Ostindien fahren, als durch dein gutes Wesen in die Herrlichkeit zu gehen. Du könntest ebenso gut in Spinnweben deinem Fürsten dich vorstellen, als in deiner eigenen Gerechtigkeit dem König des Himmels. Fort mit deinen Lumpen, mit deinen zerfaulten, stinkenden Fetzen. Sie sind nur ein Mistbeet für das Unkraut des Unglaubens und Stolzes. Es ist in Gottes Augen nichts nütze. Warum willst du deinen Kopf so hoch tragen, dass man ihn abschneiden muss? C. H. Spurgeon

 

Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist, und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen, besser zu begreifen, was du Gott nennst. Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, heißt das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist. Leo Tolstoi

 

Ungleichheit

Gott ist es selber, der die Ungleichheit der Menschen durch die Ungleichheit der Gaben, die er einem jeden von uns von innen verliehen, gegründet. Johann Heinrich Pestalozzi

 

UNGLÜCK, GLÜCK

1.

Der Mensch empfindet Glück, wenn er bekommt, was er will, und vermeiden kann, was er vermeiden möchte. Anderenfalls machen ihn die Ferne des Geliebten und die Gegenwart des Gehassten unglücklich. Nun gibt es Strategien, um die Situation mit den eigenen Wünschen in Einklang zu bringen. Doch soll man sich als Christ vor allem damit beschäftigen, seine Wünsche mit dem Willen Gottes in Einklang zu bringen – und alles andere von Christus erwarten, der uns ein Glück höherer Ordnung zuteilwerden lässt: In Wahrheit ist nur „unglücklich“ zu nennen, wer Gottes Liebe entbehrt. Und davor ist man als Christ sicher.

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2.

Gott scheint Glück und Unglück wahllos unter den Menschen zu verteilen, so dass zwischen Gläubigen und Ungläubigen zunächst kein Unterschied zu erkennen ist. Doch vermag nur der Gläubige, sich „alle Dinge zum Besten dienen zu lassen“: Der Glaube versteht es, durch jedes Geschick Gott näher zu kommen, während der Unglaube von jedem Geschick unseligen Gebrauch macht. Darum ist keine Sache so gut oder so schlecht, dass sie dem Ungläubigen nicht schadete. Und keine ist so gut oder so schlecht, dass sie dem Gläubigen nicht nützen könnte.

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Da die Natur uns in jedem Zustand stets un­glücklich macht, malen unsere Wünsche uns einen glück­lichen Zustand aus, weil sie dem Zustand, in dem wir uns befinden, die Freuden des Zustandes hinzugesellen, in dem wir uns nicht befinden, und wenn wir diese Freuden erreichten, würden wir deshalb nicht glücklich sein, weil wir dann andere Wünsche hätten, die jenem neuen Zustand entsprächen. Blaise Pascal

 

Das Glück ist eine leichte Dirne und weilt nicht gern am selben Ort; sie streicht das Haar dir von der Stirne und küsst dich rasch und flattert fort. Frau Unglück hat im Gegenteile dich liebefest ans Herz gedrückt; sie sagt, sie habe keine Eile, setzt sich zu dir ans Bett und strickt. Heinrich Heine

 

Das größte häusliche Unglück, das einem Manne begegnen kann, ist, wenn seine Frau einmal gegen ihn recht hat, nachdem er es ihr abgestritten. Dieses einzige kleine Recht dient ihr wie ein Fläschchen Rosenöl; damit macht sie zwanzig Jahre alle ihr Geräte und Gerede wohlriechend. Ludwig Börne

 

Das Unglück ist, dass jeder denkt, der andere ist wie er, und dabei übersieht, dass es auch anständige Menschen gibt. Heinrich Zille

 

Das Unglück selbst unserer besten Freunde hat stets auch Seiten, die uns nicht missfallen. Rochefoucauld

 

Der Glückliche bedarf des Glaubens, um nicht übermütig zu werden, der Nichtglückliche aber als Halt und der Unglückliche, um nicht zu unterliegen. Wilhelm Friedrich von Humboldt

 

Der Mensch ist weder Tier noch Engel, und das Unglück will, dass, wer einen Engel aus ihm machen will, ein Tier aus ihm macht. Platon

 

Die Fürsten hätten sich und ihren Völkern viel Unglück ersparen können, wenn sie die Hofnarren nicht abgeschafft hätten. Seit die Wahrheit nicht mehr sprechen darf, handelt sie. Ludwig Börne

 

Eine Parabel aus China erzählt von einem armen Bauern, der einen kleinen Acker mit einem alten, müden Pferd bestellte und mehr schlecht als recht mit seinem einzigen Sohn davon lebte. Eines Tages lief ihm sein Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten ihn wegen seines Unglücks. Der Bauer blieb ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?” In der nächsten Woche kam das Pferd zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen und gratulierten ihm zu seinem großen Glück. Der Bauer antwortete bedächtig: „Woher wisst ihr, dass es Glück ist?” Der Sohn fing die Pferde ein, nahm sich das wildeste und ritt darauf los. Aber das wilde Pferd warf ihn ab, und der Sohn brach sich ein Bein. Alle Nachbarn kamen und jammerten über das Unglück. Der Bauer blieb wieder ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es ein Unglück ist?” Bald darauf brach ein Krieg aus, und alle jungen Männer mussten zur Armee. Nur der Sohn mit seinem gebrochenen Bein durfte zu Hause bleiben.

 

Eben das ist das Unglück, dass die Leute durch das Glück glücklich werden wollen und nicht durch ein Leben, bei dem der Segen Gottes ist. Jeremias Gotthelf

 

Ich halte Dich für unglücklich, weil Du niemals unglücklich warst. Ohne auf Widerstand zu stoßen, bist Du durchs Leben geschritten. Niemand kann beurteilen, was in Deinen Kräften steht, nicht einmal Du selbst. Seneca an Lucilius

 

Ich schreibe mein ganzes Unglück der einen Ursache zu, dass ich gottlos gewesen bin. Ein Mensch, der die Verbindung mit Gott abgebrochen hat, kann keinen Segen empfangen. Alles Gerede davon, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, ist Spreu. Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst, das ist die ganze Weisheit. August Strindberg

 

Man tröstet sich oft im Unglück durch das Vergnügen, unglücklich zu erscheinen. Rochefoucauld

 

Mein ganzes Leben über kannte ich keinen Menschen, der eines andern Unglück nicht mit wahrhaftig christlicher Fassung ertragen hätte. Alexander Pope

 

Ob es ein Unglück war, weißt du erst fünf Jahre später. aus Frankreich

 

Um nicht sehr unglücklich zu werden, ist das sicherste Mittel, dass man nicht verlange, sehr glücklich zu sein. Arthur Schopenhauer

 

Unbedacht redende Leute behaupten, glücklich seien alle, die lebten, wie es sie gelüste. Das ist freilich falsch. Denn Schlechtes zu begehren, ist selbst schon größtes Unglück. Cicero

 

Unglück hat mich gelehrt, Unglücklichen Hilfe zu leisten. Vergil

 

Unglückliches Geschick der Menschen! Kaum ist der Geist zu seiner Reife gelangt, beginnt der Körper zu welken. Charles Baron de Montesquieu

 

Welch ein Segen ist jene Gabe, die Gabe des Schlafes! Gott lässt es nicht zu, dass wir auf lange Zeit ohne Unterbrechung unglücklich sind; er gibt uns die Prüfungen Stück für Stück; er nimmt uns dann und wann aus dieser Welt und gibt uns einen Ferientag wie Schulkindern in einem unbekannten und geheimnisvollen Land. John Henry Newman

 

Wen Glück und Unglück nicht auf die Probe gestellt haben, der stirbt wie ein Reichssoldat, der nie den Feind gesehen hat. Friedrich Maximilian Klinger

 

Wenig genügt, um den Weisen, und nichts, um den Toren glücklich zu machen. Deshalb sind fast alle Menschen unglücklich. Rochefoucauld

 

Wir die nichts verdienen als Zorn und das Unglück, wornach wir ringen, murren mit Gott, warum er uns nicht eher helfen will, uns, die nicht wollen geholfen seyn. Johann Georg Hamann

 

Wir halten oft manchen Menschen wegen seiner Mängel und Fehler für unglücklich, ich aber sage, dass derjenige der unglücklichste Mensch ist, welchem kein Mensch gefällt. Abraham a Santa Clara

 

Zum Segen des Glücks bekennen sich nur die Unglücklichen; die Glücklichen führen alle ihre Erfolge auf Klugheit und Tüchtigkeit zurück. Jonathan Swift

 

Wenn alle Menschen ihr Missgeschick auf einen einzigen großen Haufen legten, von dem sich jeder den gleichen Anteil zu nehmen hätte - die meisten Menschen wären froh, wenn sie ihren eigenen Beitrag zurückbekommen und verschwinden könnten. Sokrates

 

Unmöglich

Es ist Gott und aller Welt wirklich unmöglich zu ma­chen, dass der Mensch wahren Trost finde, der Trost sucht bei den Kreaturen. Wer aber das Göttliche liebte in der Kreatur und die Kreatur allein in Gott, der fände wahren, rechten und gleichen Trost an allen Orten. Meister Eckhart

 

Es ist unmöglich, dass ein Mensch in die Sonne schaut, ohne dass sein Angesicht hell wird. Friedrich von Bodelschwingh

 

Es ist unmöglich, die Fackel der Wahrheit durchs Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen. G. Chr. Lichtenberg

 

Rein durch das Leben zu gehen ist unmöglich. Aber sich zu reinigen ist möglich und höchstes Ziel. Jakob Bosshart

 

Unrecht

Es schadet nichts, wenn einem Unrecht geschieht. Man muss es nur vergessen können. Konfuzius

 

Mit Geduld Unrecht zu ertragen, das einem anderen zugefügt wird, ist ein Zeichen der Unvollkommenheit und sogar von wirklicher Sünde. Thomas von Aquin

 

Schreibe in Sand, was dir an Unrecht widerfährt, meißle in Stein, was dir an Wohltaten zuteil wird. Benjamin Franklin

 

Unruhe

„Es gibt nichts Flüchtigeres, als das Herz des natürlichen Menschen. Es ist eitel, unstet und unbeständig; es kann in sich nicht stillstehen, sondern schneller als alle Schnelligkeit zerteilt es sich ins Unendliche und läuft nach allen Seiten auseinander. Bei der Arbeit bleibt es gedrückt, nach der Ruhe leer; es ist uneins in sich, flieht sich, wechselt die Pläne, ändert die Entschlüsse, baut auf, reißt nieder, baut das Niedergerissene neu auf, vertauscht das eine immer wieder mit dem andern, weil es will und auch nicht will, und bleibt daher niemals in demselben Zustande. Von einem Gedanken geht es schnell zum andern über, um vielleicht durch die Menge der Gegenstände satt zu werden, an deren Beschaffenheit es sich nicht sättigen kann. So elend ist ein Herz, das Gott nicht gefunden hat.“

Meditationes (Augustini)

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

Gott gibt auch ohne unser Bitten in großer Milde und Geduld. Und doch folgt daraus nicht, das Bitten sei entbehrlich, denn es lehrt uns die Gott entsprechende Haltung. In jeder Bitte steckt das Eingeständnis, dass ich nicht fordern kann. Und die Zumutung darin darf man nicht übersehen – täglich bitten heißt zugeben, dass man nicht bloß vorübergehend abhängig ist, sondern prinzipiell! Aber das ist in Wahrheit kein Unglück. Denn Gott kennt unsere Bedürfnisse. Wir dürfen nach ihm schreien wie der Säugling nach der Mutter Brust – und werden nicht vergessen. 

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UNSICHTBARE KIRCHE

Man kann einer Kirche angehören, ohne in Wahrheit ein Christ zu sein. Und viele folgern im Umkehrschluss, man könne auch Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören. Doch dieser Umkehrschluss ist falsch. Wer ernsthaft Christ sein will, kann die Gemeinschaft nicht ignorieren, zu der Christus seine Jünger verband. Christus macht die Seinen nicht zu Einzelkämpfern, sondern zu Gliedern seines Leibes. In der Trennung von den übrigen Gliedern erleiden sie darum dasselbe Schicksal, das ein Arm oder ein Bein erleidet, wenn es sich vom übrigen Organismus trennt.

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UNSICHTBARE WELT

Engel sind geistige, unsichtbare Wesen, die Gott geschaffen und mit großer Vollkommenheit, Weisheit und Heiligkeit ausgestattet hat, damit sie ihm dienen, die Gläubigen vor Unheil bewahren, und der ewigen Seligkeit teilhaftig werden. Sie verbinden Himmel und Erde, wollen aber nie mehr sein als Boten Gottes. Es ist darum falsch, sie zu einem Gegenstand religiöser Hingabe zu machen, wie es z.B. in der Esoterik geschieht. Auch der verbreitete Engelskitsch und die barocken Putti sind abzulehnen, denn die biblischen Engel sind niemals „niedlich“, sondern sind mächtige Streiter in unermüdlichem Dienst für das Volk Gottes. 

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UNSTERBLICHKEIT

Die menschliche Seele verdankt ihre Unsterblichkeit nicht einem eigenen Beharrungsvermögen, durch das sie „unzerstörbar“ wäre, sondern verdankt sie allein der Treue und Beharrlichkeit Gottes, der die Toten nicht vergisst und aus der Beziehung zu ihm nicht entlässt. Es irren darum auch jene, die meinen, mit ihrem Tod sei „alles aus“. Gott hat nicht vor, sie aus ihrer Verantwortung ins Dunkel des Nicht-Seins entwischen zu lassen. Mancher wird sich wünschen, er könnte sich die Bettdecke des Todes über beide Ohren ziehen. Aber es wird keinem gelingen.

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Wenn wir Menschen ein angeborenes Verlangen nach Unsterblichkeit haben, so ist es klar, dass wir in unsrer jetzigen Lage nicht sind, wo wir sein sollten. Wir zappeln auf dem Trocknen, und es muss irgendwo ein Ozean für uns sein. Matthias Claudius

 

Unterwürfig

Diogenes lebte als Philosoph ein einfaches Leben. Eines Abends saß er vor seiner Tonne und aß zum Abendbrot Linsen. Sein Philosophenkollege Aristippos, der am Hofe ein angenehmes Leben führte, weil er dem König nach dem Munde redete, sagte zu Diogenes: „Wenn du lernen könntest, dem König gegenüber unterwürfig zu sein, müsstest du nicht solchen Abfall wie Linsen essen.” Darauf entgegnete Diogenes: „Wenn du lernen könntest, mit Linsen auszukommen, brauchtest du nicht dem König zu schmeicheln!“

 

UNVERÄNDERLICHKEIT GOTTES

Weil Gott keine Schwankungen kennt, ist auch sein Wille unveränderlich in dem, was er von uns fordert. Seine Ansprüche sind nicht wandelbar oder verhandelbar. Und das ist schrecklich für alle, die sich ihm sinnlos widersetzen. Gott hat immer den längeren Atem! Für die Gläubigen ist es aber sehr tröstlich, weil Gott das, was sie auf fehlbare und schwankende Weise wollen, auf unveränderliche und eindeutige Weise will. Niemand hat die Macht, den Unveränderlichen zu ändern, ihn vom Wege abzubringen oder sein barmherziges Werk an uns zu hindern.

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„Wenn wir von Gott die Unveränderlichkeit aussagen, so behaupten wir damit, dass Gottes Wesen samt allen darin begriffenen Vollkommenheiten ewig eins und dasselbe und sich selbst gleich bleibe, und dass jeder Wechsel des Seins, Wollens und Denkens in Gott ausgeschlossen sei.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Der Mensch denkt sich Gott so, wie er ihn sich wünscht; aber Gott bleibt immer so, wie er ist.“ (Franziskus von Assisi)

 

UNVERMEIDLICHKEIT EINES GLAUBENS

Menschen, die jede religiöse Wirklichkeit leugnen, „glauben“ auch etwas. Denn sie vertreten eine Überzeugung, die sich nicht als zwingend demonstrieren lässt. Sie leben und handeln auf der Grundlage weltanschaulicher Voraussetzungen, deren Richtigkeit rein rational nicht nachzuweisen ist. Und sie tun damit genau das, was religiöse Menschen auch tun. Denn das Vertrauen, das sie Gott entziehen, müssen sie anderen Instanzen schenken. Das ist ein großes Wagnis. Und so halten sich nicht-religiöse Menschen keineswegs allein an „Fakten“, sondern an ihre – durchaus nicht zwingende – Interpretation der Fakten. 

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Unvollkommen

 

Dass wir unvollkommen sind, wenn wir dies erkennen, kann man solch Erkenntnis schon eine Beßrung nennen. Friedrich Logau

 

Unwissenheit

Der Mensch lernt, solange er lebt, und stirbt doch unwissend. Aus Jugoslawien

 

Der Mensch, der von inwendigen Dingen nichts gewöhnt ist, der weiß nicht, was Gott ist. Wie ein Mann, der Wein in seinem Keller hat und hätte davon noch nichts getrunken oder versucht. Der weiß nicht, dass sein Wein gut ist. So steht es auch mit Leuten, die in Unwissenheit leben: die wissen nicht, was Gott ist, und doch glauben und wähnen sie zu leben. Meister Eckhart

 

Der Wissende weiß und erkundigt sich, aber der Unwissende weiß nicht einmal, wonach er sich erkundigen soll Aus Indien

 

Nur wenn dein Wissen von dir selber dich befreit, ist dein Erkennen besser als Unwissenheit. Dschelal ed-din Rumi

 

URKNALL

Urknall-Theorie und Schöpfungsglaube stehen nicht in Konkurrenz zueinander, weil einmal nach dem „wie“ der Weltenstehung gefragt wird, und einmal nach dem „warum“. Man darf hier Anfang und Grund nicht verwechseln, denn wer zurecht sagt, ein Theaterstück habe begonnen, als sich der Vorhang hob, wird doch nicht behaupten, das Theaterstück sei aufgeführt worden, weil sich der Vorhang hob. Die Frage, warum überhaupt etwas ist, wo doch auch nichts sein könnte, wird durch den Urknall nicht geklärt. Er ist ein Teil dieses Rätsels – und nicht die Lösung.

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Urteil

Es gibt ausgesuchte Narren, welche immer mit einem vollen Köcher von Bannflüchen und Machtsprüchen einhergehen, bereit, jeden niederzuschießen, der merken lässt, es gebe Dinge, worin ihr Urteil nicht in Betracht komme. Friedrich Nietzsche

 

Es gibt nur wenige Dinge, die wir ganz richtig zu beurteilen vermögen, weil wir an den meisten auf die eine oder andere Art allzu persönlichen Anteil nehmen. Michel de Montaigne

 

Fremde Fehler beurteilen wir als Staatsanwälte, die eigenen als Verteidiger. Aus Brasilien

 

Ich halte Dich für unglücklich, weil Du niemals unglücklich warst. Ohne auf Widerstand zu stoßen, bist Du durchs Leben geschritten. Niemand kann beurteilen, was in Deinen Kräften steht, nicht einmal Du selbst. Seneca an Lucilius

 

Man soll einen Menschen nicht nach seinen Vorzügen beurteilen, sondern nach der Art, wie er sie gebraucht. Rochefoucauld

 

Um einen Staat zu beurteilen, muss man sich seine Gefängnisse von innen ansehen. Tolstoi

 

Unsere Feinde kommen in ihrem Urteil über uns der Wahrheit näher als wir selbst. Rochefoucauld

 

Wir beurteilen uns danach, was wir uns zutrauen. Andere beurteilen wir danach, was sie bereits geleistet haben. G. K. Chesterton

 

Beurteile einen Menschen nicht nur danach, was er erreicht hat, sondern auch danach, wohin er unterwegs ist. Ernst Reinhardt

 

URTEILEN ÜBER ANDERE

Es ist unvermeidlich, dass wir uns über die Worte und Taten anderer ein Urteil bilden. Doch darf das nicht auf lieblose Weise geschehen. Wir sollen immer zuerst vor der eigenen Tür kehren und uns über niemanden erheben, wir sollen nicht etwa den Menschen, sondern nur seine Taten verwerfen, sollen ihn nur in Liebe tadeln – und das auf so hilfreiche Weise, dass er es auch annehmen kann. Jesus fordert, dass wir kritisieren, ohne zu verletzen, aufdecken, ohne bloßzustellen und korrigieren, ohne zu belehren. Doch bleibt unsere Urteilskraft eine Gottesgabe. Und von ihr Gebrauch zu machen, ist unumgänglich.

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