Theologische Impulse W

 

Wachheit

Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich Gottes bewusst, ihn denkt und empfindet, und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen. Johann Georg Hamann

 

WACHSAMKEIT

Erg.

 

Wachstum im Glauben

„Gott strebt danach, dass er sich uns völlig gebe. In gleicher Weise, wie wenn das Feuer das Holz in sich ziehen will und sich wiederum in das Holz; dann befindet es das Holz als ihm ungleich. Darum bedarf es der Zeit. Zuerst macht das Feuer das Holz warm und heiß; dann raucht es und kracht, weil das Holz ihm ungleich ist. Und je heißer das Holz dann wird, desto stiller und ruhiger wird es, und je gleicher das Holz dem Feuer ist, desto friedlicher ist es, bis es ganz und gar Feuer wird.“ (Meister Eckhart)

 

„Also ist dies Leben nicht eine Frommheit, sondern ein Frommwerden, nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden, nicht ein Wesen, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werdens aber; es ist noch nicht getan und geschehen, es ist aber im Gang und Schwang. Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg; es glühet und glimmt noch nicht alles, es reinigt sich aber alles.“ (Martin Luther)

 

WAGNIS DES GLAUBENS

1.

Gott ist als Bestandteil des Universums nicht auffind- und nicht nachweisbar, weil er kein Teil des Universums ist, sondern ihm als Schöpfer gegenübersteht (Man sucht ja auch nicht den Komponisten zwischen den Noten). Dass Gottes Existenz nicht „nachweisbar“ ist, muss den Gläubigen aber nicht verunsichern: Er bleibt in jedem Falle, was er ist. Auch ein Fisch, dem man bewiese, dass es das Meer nicht gibt, würde deswegen ja nicht zum Vogel.

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2.

Der menschliche Erkenntnisdrang steht der Welt gegenüber wie einem lückenhaften, deutungsbedürftigen Text. Denn der Bereich des „gesicherten Wissens“ ist nicht so groß, wie wir ihn gerne hätten. Da das Leben trotzdem Entscheidungen von uns verlangt, ist der Mensch gezwungen, sein Dasein zu „interpretieren“ und zu „deuten“. Wer dabei Gott außen vor lässt, handelt nicht „rationaler“ als der, der mit Gott rechnet. Denn Unglaube und Glaube müssen gleichermaßen „gewagt“ werden. Wohin der jeweilige Weg führt, erfährt nur der, der ihn geht.

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Wahn

Einen Wahn verlieren macht weiser als eine Wahrheit finden. Ludwig Börne

 

Wenn du an Verfolgungswahn leidest, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind. Unbekannt

 

WAHRE KIRCHE

Man kann einer Kirche angehören, ohne in Wahrheit ein Christ zu sein. Und viele folgern im Umkehrschluss, man könne auch Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören. Doch dieser Umkehrschluss ist falsch. Wer ernsthaft Christ sein will, kann die Gemeinschaft nicht ignorieren, zu der Christus seine Jünger verband. Christus macht die Seinen nicht zu Einzelkämpfern, sondern zu Gliedern seines Leibes. In der Trennung von den übrigen Gliedern erleiden sie darum dasselbe Schicksal, das ein Arm oder ein Bein erleidet, wenn es sich vom übrigen Organismus trennt.

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WAHRHAFTIGKEIT

Die Welt ist voller Täuschung und Lüge. Doch der Glaube befreit uns zu einer Ehrlichkeit, die nicht bloß in wahrheitsgemäßer Rede besteht, sondern in einer wahrhaftigen Lebenshaltung. Denn wer mit Gott im Reine ist, sich von ihm durchschaut und dennoch angenommen weiß – wozu müsste der sich noch verstellen? Verstellt er sich aber nicht, wer könnte ihn entlarven? Wer zu seinen Schwächen steht, weil er von Vergebung lebt, muss keine Enthüllung fürchten, muss auch nicht mehr prahlen und blenden, sondern ist dazu befreit, einfach der zu sein, der er ist.

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WAHRHEIT

1.

Es liegt im Wesen des Glaubens, dass er die Wahrheit (und die vorbehaltslose Suche danach) nicht fürchten muss, ja nicht einmal fürchten kann. Denn wenn Gott der Grund aller Wirklichkeit ist, dann kann, wer den Grund aller Wirklichkeit sucht, letztlich nichts anderes finden als Gott. Und ist Wahrheit Übereinstimmung mit Wirklichkeit, so wird sich am Ende der Glaube - die Übereinstimmung mit Gott - von selbst als die größte Wahrheit erweisen.

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2.

Die nichtchristlichen Religionen entspringen nicht einfach menschlicher Willkür und Phantasie, sondern auch sie verdanken sich dem Wirken und Sich-Bezeugen Gottes. Sie sind einem Christen darum nicht völlig fremd, sondern enthalten – unter vielen Irrtümern – manche sehr respektable Wahrheit, die man anerkennen sollte. Doch wieviel Wahrheit andere Religionen auch enthalten mögen, so fehlt ihnen ohne Christus doch der Zugang zu Gott, den sie haben müssten, um ihren Anhängern das Heil zu vermitteln. Sie kennen das Ziel. Aber sie erreichen es nicht.

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3.

„Wahr“ sind Aussagen, die das Wirkliche korrekt abbilden, indem sie auf der Ebene der Beschreibung dem beschriebenen Sachverhalt entsprechen. Doch Wahrheit nur zu kennen, heißt noch nicht „in der Wahrheit zu sein“. Dann erst ist ein Mensch „in der Wahrheit“, wenn er der Wirklichkeit Gottes nicht bloß mit Worten und Gedanken, sondern mit seiner Person ganz und gar entspricht, so dass sein Leben insgesamt eine einzige große Entsprechung zu Gott ist. Nur dieses „Leben in der Wahrheit“ ist das „wahre Leben“ – wie wir es an Christus sehen.

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4.

Wer die ihn umgebende Welt zutreffend erkennt, kann sich auf sie einstellen, während der, der über die Gegebenheiten schlecht informiert ist, wie blind durchs Leben stolpert. Auf das, was man falsch sieht, kann man nicht richtig reagieren! Darum ist die Wahrheit ein kostbares „Lebensmittel“. Und wer sie einem Mitmenschen verschweigt oder ihn bewusst täuscht, nimmt ihm die Möglichkeit, sich angemessen zu verhalten. Die Liebe zum Nächsten gebietet darum, die erkannte Wahrheit freigiebig mit ihm zu teilen.

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5.

Pilatus und die Wahrheit

Erg.

 

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„Weil wir nun den Geist und Brunnen der Wahrheit verlassen, und auf so viele Bücher fallen, auch ganz und gar vom Leben Christi abweichen, dass nichts mehr vom wahren Christentum fast übrig ist, denn der bloße Name, wie kann doch denn das wahre Licht bei uns bleiben? Und gehet uns wegen der vielen Bücher, wie St. Paulus spricht: 2 Tim. 3,7. Lernen immerdar und können nimmermehr zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn je mehr Bücher, je mehr Lernens. Und das heißt: immerdar Lernende. Nun aber ist die Wahrheit einig, und was einig ist, bedarf ja nicht vieler Bücher; und weil nun die Wahrheit einig ist, so muss auch zu dem einigen ein einiger Weg sein. Die einige Wahrheit aber ist Christus selbst, und er selbst ist auch der einige Weg dazu. Dieser einige Weg ist nun sein Leben, wer diesen Weg gehet, der kommt zu der einigen Wahrheit, d. i. zu Christo selbst, wie der Herr Christus, Joh. 14,6. spricht: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Da meldet der Herr, dass er selbst die Wahrheit sei, und sei der Weg dazu. Gingen wir nun diesen Weg, und folgten dem Herrn Christo im Leben nach, wir bedürften nicht viel Bücher und Wegweiser, und wäre uns das einige Leben Christi anstatt vieler tausend Bücher, und Christus, das ewige Licht, würde uns bald erleuchten, und im Glauben einig machen.“ (Johann Arndt)

 

„Wir leben in einer Zeit, in welcher man, wie der Apostel von den Irrlehrern sagt, immerdar lernt und doch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit kommen kann. Wir leben in einer Zeit der Gesinnung des Pilatus, welcher, als der Herr ihm bezeugte, dass er sei ein König der Wahrheit und sein Reich ein Reich der Wahrheit, spöttisch die Frage an den Herrn Christum richtete: „Was ist Wahrheit?“ – ohne aber eine Antwort abzuwarten. Der unselige Mensch dachte ohne Zweifel in seinem Herzen: „Die größten Geister haben schon Jahrtausende eine Antwort auf die Frage gesucht: Was ist Wahrheit? und haben sie nicht gefunden, und du armer Bettler, du elender Nazarener meinst, du seiest ein König der Wahrheit, und willst ein Reich stiften unwidersprechlicher, ewiger Wahrheit?“ Diese Verachtung der reinen Lehre, also der Wahrheit – denn reine Lehre ist eben nichts anderes als reines Wort Gottes, nicht etwa eine den Dogmatikern entsprechende Lehre, die angenommen worden ist von der Kirche – nein, absolut reine Lehre ist Gottes Wort – die Verachtung der reinen Lehre bezeugt es, dass wir in einer unaussprechlich traurigen Zeit leben. Denn wie spricht Gottes Wort selbst über Gottes Wort und reine Lehre? (…) Und was spricht unser lieber Herr Christus selbst? Er sagt Joh. 8,31.: „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger, und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Ist es nun nicht schrecklich, wenn jetzt die deutschen Theologen sagen: „Ach Wahrheit! Wir streben nach Wahrheit, aber nur ein hochmütiger, selbstzufriedener Mensch wird sagen, dass er sie habe!“ So weit sind wir jetzt gesunken, dass man so redet, während der Herr ausdrücklich sagt: „und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“.“ (C. F. W. Walther)

 

„Das Gebot der völligen Wahrhaftigkeit ist nur ein anderes Wort für die Ganzheit der Nachfolge. Nur wer ein in der Nachfolge Gebundener Jesu ist, steht in der völligen Wahrhaftigkeit. Er hat vor seinem Herrn nichts zu verbergen. Er lebt aufgedeckt vor ihm. Er ist von Jesus erkannt, in die Wahrheit gestellt. Er ist als Sünder vor Jesus offenbar. Nicht er hat sich Jesus offenbart, sondern als Jesus sich ihm offenbarte in seinem Ruf, da wusste er sich von Jesus in seiner Sünde offenbart. Völlige Wahrhaftigkeit gibt es nur aus der aufgedeckten Sünde heraus, die auch von Jesus vergeben ist. Wer im Bekenntnis seiner Sünde vor Jesus in der Wahrheit steht, der allein schämt sich nicht der Wahrheit, wo auch immer sie gesagt werden muss. Die Wahrhaftigkeit, die Jesus von seinem Jünger fordert, besteht in der Selbstverleugnung, die die Sünde nicht verdeckt. Es ist alles offenbar und licht (…). Es gibt keine Wahrheit Jesus gegenüber ohne Wahrheit den Menschen gegenüber. Die Lüge zerstört die Gemeinschaft. Wahrheit aber zerschneidet falsche Gemeinschaft und begründet echte Bruderschaft. Es gibt keine Nachfolge Jesu ohne das Leben in der aufgedeckten Wahrheit vor Gott und den Menschen.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Der Mensch kann die Wahrheit verkennen, verachten und aufhalten; aber wie umwegs oder verkehrt er es auch treibe, so irrt er sich nur, und mitten in solchem Treiben suchet und meinet er sie. Er kann ihr‘r nicht entbehren; und es ist nicht möglich, wenn sie ihm erscheint, dass er sein Haupt nicht vor ihr beuge. Irren ist menschlich, Andres! Aber die Wahrheit ist unschuldig. Sie ist immer bereit und immer wert und wird auch wohl am Ende recht behalten. Aber es macht Dir graue Haare, schreibst Du, unsern Herrn Christus verkannt und verachtet zu sehen. – Du liebe, gerechte Seele, mag es doch; wer sie um ihn trägt, der trägt mit Ehren graues Haar. Zwar seinetwegen brauchst Du Dir keine wachsen zu lassen. Er will wohl bleiben, was er ist. So viele ihrer die Wahrheit nicht erkennen und nutzen, die haben des freilich Schaden; aber was kann es ihr schaden, ob sie erkannt und genutzt wird oder nicht? Sie bedarf keines, und es ist die Größe und Herrlichkeit ihrer Natur, dass sie immer bereit ist, von Undank nicht ermüdet wird und wie die aufgehende Sonne mit den Wolken und Dünsten ringt, um sie zu reinigen und zu vergolden. Lass sie denn ringen, Andres; und brich Dir auch, um was Du nicht ändern kannst, das Herz nicht. Wer nicht an Christus glauben will, der muss sehen, wie er ohne ihn raten kann.“ (Matthias Claudius)

 

„Die Wahrheit währet lange. Die Zeit setzt sie auf die Probe, aber sie hält die Prüfung sehr gut aus. Wenn ich also die Wahrheit gesprochen habe und für jetzt deshalb leide, so muss ich zufrieden sein, zu warten. Wenn ich die Wahrheit Gottes glaube und mich bemühe, sie zu verkünden, so mag ich viel Widerstand finden, aber ich brauche mich nicht zu fürchten, denn zuletzt muss doch die Wahrheit obsiegen. Was für eine armselige Sache ist der zeitweilige Triumph der Falschheit! „Eine falsche Zunge währet nur einen Augenblick!“ Sie ist bloß ein Kürbis, der in einer Nacht aufwächst und in einer Nacht verdirbt; und je größer ihre Entwickelung, desto offenbarer ihr Hinwelken (…). O mein Herz, trage Sorge, dass du in allen Dingen auf Seiten der Wahrheit bist, sowohl in kleinen als in großen Dingen; aber besonders auf Seiten dessen, durch den Gnade und Wahrheit unter die Menschen gekommen ist!“ (Charles H. Spurgeon)

 

„So wie es ein Verbrechen ist, den Frieden zu stören, wo die Wahrheit herrscht, so ist es auch ein Verbrechen, im Frieden zu verharren, wenn man der Wahrheit Gewalt antut.“ (Blaise Pascal)

 

„Was will das neunte Gebot? Dass ich wider niemand falsches Zeugnis gebe, niemandes Worte verkehre, kein Nachredner und Lästerer sei, niemand ungehört und leicht verdammen helfe, sondern alle Lüge und Betrug als eigene Werke des Teufels bei schwerem Gotteszorn vermeide, in Gerichts- und allen anderen Handlungen die Wahrheit liebe, aufrichtig sage und bekenne sowie meines Nächsten Ehre und Ruf nach meinem Vermögen rette und fördere.“ (Heidelberger Katechismus)

 

„Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeint, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende Vollkommenheit besteht. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz... Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: wähle! Ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein.“

(Lessing)

 

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Besser ist, es gibt Skandal, als dass die Wahrheit zu kurz kommt. Gregor I

 

Das Vermögen, welches die Verbindung der Wahrheiten untereinander einsieht, heißt im eigentlichen Sinne die Vernunft. Leibniz

 

Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Die Fürsten hätten sich und ihren Völkern viel Unglück ersparen können, wenn sie die Hofnarren nicht abgeschafft hätten. Seit die Wahrheit nicht mehr sprechen darf, handelt sie. Ludwig Börne

 

Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt. G. Chr. Lichtenberg

 

Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht. Aus Ungarn

 

Die Wahrheit ist keine Dirne, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, dass selbst wer ihr alles opfert, noch nicht ihrer Gunst gewiss sein darf. Arthur Schopenhauer

 

Die Wahrheit ist zu schlau, um gefangen zu werden. Wilhelm Busch

 

Die Wahrheit kann warten: denn sie hat ein langes Leben vor sich. Arthur Schopenhauer

 

Die Wahrheit widerspricht unserer Natur, der Irrtum nicht, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde: die Wahrheit fordert, dass wir uns für beschränkt erkennen sollen, der Irrtum schmeichelt uns, wir seien auf ein- oder die andere Weise unbegrenzt. Goethe

 

Ein Irrtum ist umso gefährlicher, je mehr Wahrheit er enthält. Henri Frédéric Amiel

 

Einer alten Geschichte nach schrieb einst der Kapitän eines großen Schiffes in das Logbuch: „Der erste Steuermann war heute betrunken!” Als der Steuermann wieder nüchtern war und den Eintrag las, wurde er missmutig und traurig. Er bat den Kapitän, den Eintrag doch wieder zu streichen, da er vorher noch niemals betrunken war und es in Zukunft auch nicht wieder sein wolle. Aber der Kapitän blieb hart und meinte: „In dieses Logbuch schreiben wir immer die absolute Wahrheit!” In der nächsten Woche machte der erste Steuermann die Eintragung ins Logbuch und schrieb: „Heute war der Kapitän nüchtern!”

 

Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht. Mark Twain

 

Einen Wahn verlieren macht weiser als eine Wahrheit finden. Ludwig Börne

 

Einige haben Genie zur Wahrheit; viele haben Talent zum Irren. Athenäum-Fragmente

 

Es ist derjenige am weitesten von der Wahrheit entfernt, der auf alles eine Antwort hat. Zhuangzi

 

Es ist nichts Helleres denn die Sonne, das ist die Schrift. Ist aber eine Wolke davorgetreten, so ist doch nichts anderes dahinter denn dieselbe helle Sonne. Ist ein dunkler Spruch in der Schrift, so zweifelt nur nicht, es ist gewisslich dieselbe Wahrheit dahinter, die am andern Ort klar ist, und wer das Dunkle nicht verstehen kann, der bleibt bei dem Lichten. Martin Luther

 

Es ist unmöglich, die Fackel der Wahrheit durchs Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen. G. Chr. Lichtenberg

 

Im Wein ist Wahrheit, und mit beiden pflegt man anzustoßen. Peter Sirius

 

Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist. Nicht an den Wahrheiten liegt es daher, wenn die Menschen noch so voller Unweisheit sind. Christian Morgenstern

 

Man darf sich nicht kränken, dass uns andere nicht die Wahrheit sagen, denn wir sagen sie uns oft selbst nicht. Rochefoucauld

 

Man sollte nie seine beste Hose anziehen, wenn man hingeht, um für Freiheit und Wahrheit zu kämpfen. Henrik Ibsen

 

Mit wem es in Wahrheit recht steht, dem ist es an al­len Stätten und unter allen Menschen recht. Mit wem es aber unrecht steht, für den ist es an allen Stätten und unter allen Leuten unrecht. Mit wem es recht steht, der hat Gott in Wahrheit bei sich. Wer aber Gott recht in Wahrheit hat, der hat ihn an allen Stätten und auf der Straße und bei allen Leuten ebenso wie in der Kirche oder in der Einsamkeit oder in der Klosterzelle. Meister Eckhart

 

Niemand ist weiter von der Wahrheit entfernt als der, der alle Antworten weiß. Chuangtse

 

Niemand stirbt jetzt an tödlichen Wahrheiten: es gibt zu viele Gegengifte. Friedrich Nietzsche

 

Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann gab er die weitere Suche auf. Mark Twain

 

Sich selbst kennen, heißt darauf merken, dass wir nicht von uns selbst sind, und die Wahrheit nicht in und an uns selbst haben, sondern dass wir sie woanders her empfangen müssen, dass wir sie zu Lehen tragen. Friedrich Heinrich Jacobi

 

So wie es ein Verbrechen ist, den Frieden zu stören, wo die Wahrheit herrscht, so ist es auch ein Verbrechen, im Frieden zu verharren, wenn man der Wahrheit Gewalt antut. Blaise Pascal

 

Um zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen suchen. Jean Paul

 

Unsere Feinde kommen in ihrem Urteil über uns der Wahrheit näher als wir selbst. Rochefoucauld

 

Wahr­heit wissen folgt ganz von selbst aus Wahrheit sein, nicht um­gekehrt; (...) Wahrheit sein ist eins mit Wahrheit wissen, und Chri­stus hätte die Wahrheit nie gewusst, wo er sie nicht gewesen wäre; und kein Mensch weiß mehr von der Wahrheit als was er von der Wahrheit ist. Sören Kierkegaard

 

Wenn an einer Wahrheit Ärgernis genommen wird, ist es nützlicher, das Ärgernis entstehen zu lassen, als auf die Wahrheit zu verzichten. Augustin

 

Wenn ich mit einem Fuß im Grabe stehe, werde ich die Wahrheit über die Frauen sagen. Ich werde sie sagen, in meinen Sarg springen, den Deckel über mich ziehen und rufen: „Jetzt macht, was ihr wollt!“ Tolstoi

 

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd. Chinesisches Sprichwort

 

Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht. Edith Stein

 

Wer nicht von Brosamen und Almosen, noch vom Raube zu leben, und für ein Schwert alles zu ent­behren weiß, ist nicht geschickt zum Dienst der Wahrheit; Der werde frühe! ein vernünftiger, brauch­barer, artiger Mann in der Welt, oder lerne Bück­linge machen und Teller lecken: so ist er für Hunger und Durst, für Galgen und Rad sein Leben lang sicher. Johann Georg Hamann

 

Wir suchen die Wahrheit, finden wollen wir sie aber nur dort, wo es uns beliebt. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Und die Wahrheit macht uns frei. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch. Johann Georg Hamann

 

Zwei Wahrheiten können sich nie widersprechen. Galileo Galilei

 

In einem dunklen Beichtstuhl hat ein Taschendieb dem Beichtvater die goldene Uhr während der Beichte aus der Tasche gezogen. Nachdem er sie eingesteckt hatte, beichtet er sogleich: „Ich habe eine goldene Uhr gestohlen.“ - „Die musst du zurückgeben, wenn du Vergebung erlangen willst“, sagt der Pfarrer. „Hier ist sie!“ antwortet der Dieb und reicht dem Pfarrer die goldene Uhr. Der aber wehrt ab. „Nein, nicht mir, dem Bestohlenen musst du sie zurückgeben!“ - „Ja, das habe ich doch versucht. Der will sie aber nicht haben!“ - „Ist das wirklich an dem?“ fragt der Beichtvater. „So wahr ich hier knie!“ kommt die Antwort zurück. „Dann darfst du sie auch behalten!“ sprach der Pfarrer und gab ihm die Absolution.

 

Wandern

Des dummen Wanderns ist's auf Erden schon genug: Bewahre mich, mein Gott, vor Seelenwanderung! Friedrich Haug

 

Ich danke meinem Gott, der gewollt hat, dass ich zeitlebens ein Mensch der Sehnsucht sein sollte. Ich preise dich, meinen Erretter, dass du mir auf der Erde kein Vaterland und keine Wohnung gegeben hast. Du hast mich vor der Torheit bewahrt, das Zufällige für das Wesentliche, den Weg für das Ziel, das Streben für die Ruhe, die Herberge für die Wohnung und die Wanderschaft für das Vaterland zu halten. J. A. Comenius

 

Wir sind in dieser Welt eilige Gäste. Wir sind hier bloß wie in einem Wirtshaus, wo man ein Glas Bier trinkt und dann wieder weiterwandert - heimwärts. Martin Luther

 

Wenn ein Mensch nicht im selben Takt geht wie alle anderen, beruht das vielleicht darauf, dass er einen anderen Trommler hört. Lass ihn wandern im Takt der Musik, die er hört. Henry David Thoreau

WARTEN, ERWARTUNG

Der Glaube ist ganzjährig voller Erwartung, er sitzt sozusagen „auf gepackten Koffern“ und freut sich auf den Tag, da der gottlose Zustand dieser Welt überwunden wird, weil entweder der Herr zu uns kommt – oder wir zu ihm. Auch der Herr will das. Denn der Wartende ist es dem Kommenden wert, dass er kommt. Und der Kommende ist es dem Wartenden wert, dass er wartet. Einer ist des andern Ziel. Und in der gedanklichen Vorwegnahme der noch nicht vollendeten Gemeinschaft bilden sie doch schon eine Gemeinschaft: Der Kommende ist dem Wartenden in seiner Erwartung gegenwärtig, wie auch der Wartende dem Kommenden als Ziel seines Laufes vor Augen steht. 

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WAS MAN NICHT VERLIEREN DARF

Alles kann man verlieren, aber den Willen muss man sich bewahren, Gott gegenüber redlich und wahrhaftig zu bleiben. Nicht so, als ob man je eine der Wahrheit Gottes entsprechende Haltung einnehmen könnte, aber doch so, dass man diese Haltung einzunehmen wünschte, wenn man’s denn könnte – damit, wenn von der eigenen Person auch sonst nichts bliebe, doch dieser Wunsch übrig bliebe, nicht aus der Gemeinschaft mit Gott herauszufallen. Wer sich in diesem Punkt Lauterkeit bewahrt, für den ist jeder andere Schaden durch Gottes Gnade heilbar. 

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WECHSEL UND TAUSCH

Die Bibel misst dem Glauben so große Bedeutung bei, weil er den Gläubigen und den, an den geglaubt wird, zu einer Einheit verbindet. Alles, was der Gläubige begangen hat, wird Christus zu Eigen. Alles aber, was Christus besitzt und vollbringt, wird dem Gläubigen zu Eigen. Wie bei einem armen Mädchen, das einen reichen Prinzen heiratet, ist diese Gütergemeinschaft für den Menschen höchst vorteilhaft: Er überlässt Christus seine Vergänglichkeit und Schuld und empfängt dafür Christi Ewigkeit und Gerechtigkeit.

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Weg

Besser auf dem richtigen Weg hinken, als festen Schrittes abseits zu wandeln! Augustin

 

Die Wege Gottes sind wie ein hebräisches Buch, das man nur von hinten lesen kann. Martin Luther

 

Ein Leben ohne Festlichkeiten ist ein langer Weg ohne Herbergen. Demokrit

 

Einst war Billy Graham zu einer Vortragswoche in einer amerikanischen Kleinstadt. Vor seiner Predigt am Abend wollte er noch einen Brief aufgeben und fragte auf der Straße einen Jungen nach dem Weg zum Postamt. Der Junge erklärte ihm den Weg, Billy Graham bedankte sich und fragte den Jungen dann: „Gehst du heute Abend auch in die Kirche? Dort möchte ich den Leuten den Weg zu Gott zeigen!” - „Ich glaube kaum”, sagte der Junge. „Sie wissen ja nicht einmal, wie man zum Postamt kommt!”

 

Gottes Wege sind dunkel, aber das Dunkel liegt nur in unseren Augen, nicht auf seinen Wegen. Matthias Claudius

 

Gottes Wege sind überall anzubeten, aber nicht überall zu ergründen. Ich bin des Vaters Kind, nicht sein Geheimrat. Gerhard Tersteegen

 

Ich danke meinem Gott, der gewollt hat, dass ich zeitlebens ein Mensch der Sehnsucht sein sollte. Ich preise dich, meinen Erretter, dass du mir auf der Erde kein Vaterland und keine Wohnung gegeben hast. Du hast mich vor der Torheit bewahrt, das Zufällige für das Wesentliche, den Weg für das Ziel, das Streben für die Ruhe, die Herberge für die Wohnung und die Wanderschaft für das Vaterland zu halten. J. A. Comenius

 

Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann gab er die weitere Suche auf. Mark Twain

 

Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg. Lao-tse

 

Sie sind immer eifrig beschäftigt, und sie wissen nicht, was sie tun. Sie pflegen ihre Gewohnheiten, und sie wissen nicht warum. Sie laufen ihr ganzes Leben lang, und sie kennen nicht den Weg. So sind die meisten Menschen. Mengtse

 

Weglaufen

Der Herr kann nicht nur schnell zu denen kommen, die ihn suchen, sondern er kann auch diejenigen einholen, die vor ihm weglaufen. C. H. Spurgeon

 

WEIHNACHTEN

1.

Selten wird der Maler zum Bild und der Töpfer zum Topf. Doch Gott wird Mensch. Der Schöpfer wird das, was er gemacht hat, damit, was er gemacht hat, nicht zugrunde geht. Er gibt der Menschheit nicht, was sie verdient, sondern gibt ihr – sich selbst. Er teilt sich der Menschheit mit, indem er ihr Leben mit ihr teilt. Er eignet sich ihr Elend an, um es zu überwinden. Er stellt sich zu den Verlorenen – und macht sie damit zu Gefundenen. Das Gewicht seiner Liebe zog Gott auf die Erde hinab! Er schlüpfte in unser Leben und durchlief all seine Stationen, um wieder herzustellen, was kaputt war und wiederzufinden, was verloren war.

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2.

Indem Gott Mensch wird, macht er unsere Probleme zu seinen. Er teilt unser Schicksal und beugt mit uns den Rücken unter die Last, die wir uns aufgeladen haben. Er stellt sich vor die, die für sich selbst nicht geradestehen können. Und er tut das in dem vollen Bewusstsein, dass er wenig später auf Golgatha den Kopf für uns hinhalten wird. Trotzdem kommt er hinein in unsere verfahrene Situation. Und man könnte denken, das sei tragisch für ihn. In Wahrheit aber ist es tragisch für die Situation. Denn sie kann nun nicht bleiben, wie sie ist. Wenn Christus unsere Not auf sich nimmt, ist das der Anfang vom Ende dieser Not.

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3.

Gott durchlief ein irdisches Leben, um an unseren Lasten teilzuhaben, sie mit uns zu tragen und für uns zu überwinden. Er ging in unseren Schuhen, machte unsere Not zu seiner Not und ersparte sich weder Blut noch Schweiß oder Tränen. Doch weil er unsere Lage teilt, ist sie nun nicht mehr aussichtslos. Christi Weg ist so mit unserem verschmolzen, dass sich seine Kraft über kurz oder lang gegen unsere Schwäche durchsetzen und seine Reinheit über unseren Schmutz siegen wird. Denn der Menschgewordene versenkt unsere Not tief hinein in seine Liebe.

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4.

Wie Gott Mensch wird – und dabei doch Gott bleibt –, ist schwer zu erklären. Denn immer scheint es, als müsse das Göttliche das Menschliche verdrängen oder das Menschliche das Göttliche ausschließen. Die Verbindung beider sprengt unser Vorstellungsvermögen. Aber: muss uns das wundern? Selbst die bewährte Einteilung der Himmelsrichtungen versagt in dem besonderen Fall, dass man am Nord- oder Südpol steht. Wenn wir also nicht begreifen, wie Gottes Wort Fleisch wird, besagt das weder etwas gegen die Menschwerdung Gottes noch gegen unseren Verstand, sondern besagt eben nur, dass die zwei nicht gut zusammenpassen.

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5.

Die Geburt Christi

Erg. 

6.

Volkszählung zu Bethlehem

Erg. 

7.

Krippe und Kreuz

Erg.

 

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„Es waren ein reicher Mann und eine reiche Frau. Da geschah der Frau ein Unfall, sodass sie ein Auge verlor; darüber war sie sehr traurig. Da kam der Mann zu ihr und sagte: »Herrin, warum seid Ihr so traurig? Ihr sollt nicht traurig sein, dass Ihr Euer Auge verloren habt.« Da sprach sie: »Herr, ich bin nicht traurig, weil ich ein Auge verloren habe, aber ich bin betrübt, weil ich glaube, Ihr werdet mich jetzt weniger lieb haben.« Da sagte er: »Herrin, ich habe Euch lieb.« Nicht lange danach stach er sich selbst ein Auge aus und kam zu der Frau und sprach: »Herrin, damit Ihr nun glaubt, dass ich Euch lieb habe, habe ich mich Euch gleich gemacht; ich habe nun auch nur noch ein Auge.« So ist der Mensch: der konnte kaum glauben, dass Gott ihn so lieb hatte, bis dass Gott sich selbst ein Auge ausstach und menschliche Natur annahm.“ (Meister Eckhart)

 

Wein

Ein Spötter soll dem Kirchenvater Hieronymus (347-420) einst vorgerechnet haben, dass Jesus auf der Hochzeit zu Kana über 300 Liter Wasser in allerbesten Wein verwandelt habe, obwohl die Hochzeitsgesellschaft schon ziemlich viel getrunken habe. Hämisch habe er dann den Kirchenlehrer gefragt, ob die Hochzeitsleute diese ungeheure Menge dann wohl ganz ausgetrunken haben. Worauf Hieronymus dem Spötter ganz ruhig geantwortet habe: „Nein, wir trinken bis heute noch davon!”

 

Eine Traube von Gott füllt alle Krüge mit Wein. Johann Georg Hamann

 

Im Wein ist Wahrheit, und mit beiden pflegt man anzustoßen. Peter Sirius

 

Wein gewinnt man nur, indem man die Trauben auspresst. Falls du eine schöne, runde Traube bleiben willst, musst du Gottes Hand ausweichen. Oswald Chambers

 

Wer zum Dienst Gottes hinzutritt, der wisse, dass er zur Kelter gekommen ist. Er wird bedrängt, zerstampft, niedergetreten, aber nicht, um in dieser Welt zugrunde zu gehen, sondern um hinüber zu fließen in die Weinkammern Gottes. Augustin

 

WEINBERG GOTTES

Von den bösen Weingärtnern

Erg.

 

Weinen

Christen, die nicht weinen und meinen, sie seien besonders glaubensstark, sollten sich nicht täuschen. Gott kann ihnen am Ziel nicht einmal die Tränen abwischen. Johann Albrecht Bengel

 

Ein Chassid tanzt lustig und singt dazu ein Lied: „Der Mensch ist aus Staub, und zu Staub wird er wieder werden.“ Ein Nachbar kommt herzu und wundert sich: „Darüber tanzt du? Das ist doch zum Weinen!“ Der Chassid erwidert: „Wieso zum Weinen? Wäre der Mensch aus Gold und würde zu Dreck - das wäre zum Weinen. Aber so: am Anfang Dreck, am Ende Dreck und in der Mitte ein wenig Schnaps - da soll man nicht tanzen?“

 

Shibli sah jemanden weinen, weil seine Geliebte gestorben war, und tadelte ihn: „O Tor, warum liebst du jemand, der sterben kann?“ nach A. Schimmel

 

Als du auf die Welt kamst, weintest du, und um dich herum freuten sich alle. Lebe so, dass, wenn du die Welt verlässt, alle weinen und du allein lächelst! Aus China

 

 

WEISHEIT, WEISER

1.

Weisheit ist zutreffende Erkenntnis, die der Person nicht äußerlich bleibt, sondern sie in Herz und Gemüt so erfüllt, dass es sich wie von selbst in einem der Erkenntnis entsprechenden Fühlen, Wollen und Verhalten niederschlägt. Allerdings bedarf diese formale Bestimmung einer inhaltlichen Ergänzung, weil Faktenwissen allein nicht weise macht. Es muss orientierendes Wissen um Werte, Pflichten und Ziele dazukommen, durch das der Mensch tugendhaft wird. Da das nicht ohne Gottesfurcht erlangt wird, ist diese der Anfang der Weisheit.

zum Text

2.

Kluge Menschen haben Gott gegenüber keinen Vorteil. Denn Gott wollte nicht, dass der Glaube ein Rätsel sei, das nur die Schlauen lösen, während die Dummen mal wieder „dumm“ dastehen. Deshalb hat Gott die Wahrheit des Glaubens nicht dem Menschengeist anvertraut, sondern seinem Heiligen Geist, der sie zugänglich machen oder verweigern kann. Gott liebt die Gescheiten nicht mehr als die Trottel, und teilt sich darum der Welt mit in einem Evangelium, dem menschliche Dummheit nichts abbrechen, und dem menschliche Weisheit nichts hinzuzufügen vermag.

zum Text

 

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„O wie ist das so eine große Weisheit, wenn ein Mensch sein eigenes Nichts erkennet. Der Mensch ist nichts, gleichwie ein Schatten nichts ist. Denn ein Schatten ist ein lebloses, totes, ohnmächtiges Ding, das keinen Leib, Leben, noch Bewegung von sich selbst hat, und vergehet, wenn die Sonne hinweg ist. Also auch der Mensch, wenn Gott das Licht des Lebens entziehet. Und dies ist ein Wunder, je näher die Sonne, desto kleiner der Schatten. Also, je näher Gott mit seinen Gaben, desto kleiner ein frommer, gottesfürchtiger Mensch ist in seinen Augen und vor der Welt. Und je weiter die Sonne von uns, desto größerer Schatten. Also je weiter der Mensch von Gott ist, desto größer er wird in seinem Herzen und innerlicher Hoffart.“ (Johann Arndt)

 

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Der Weise ist selten klug. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Die Menschen sind nicht weise, weil sie Erfahrungen machen, sondern weil sie aus ihren Erfahrungen lernen. Anonym

 

Dumme Gedanken hat jeder, aber der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch

 

Ein weiser Mann hatte den Rand seines Dorfes er­reicht und ließ sich unter einem Baum nieder, um dort die Nacht zu verbringen, als ein Dorfbewohner ange­rannt kam und sagte: „Der Stein! Der Stein! Gib mir den kostbaren Stein!“ „Welchen Stein?“, fragte der weise Mann. „Letzte Nacht erschien mir Gott Shiwa im Traum“, berichtete der Dörfler, „und sagte mir, ich würde bei Einbruch der Dunkelheit am Dorfrand einen weisen Mann finden, der mir einen kostbaren Stein geben würde, sodass ich für immer reich wäre.“ Der weise Mann durchwühlte seinen Sack und zog einen Stein heraus. „Wahrscheinlich meinte er diesen hier“, sagte er, als er dem Dörfler den Stein gab. „Ich fand ihn vor eini­gen Tagen auf einem Waldweg. Du kannst ihn natür­lich haben. Staunend betrachtete der Mann den Stein. Es war ein Diamant und sogar ziemlich groß. Er nahm den Diamanten und ging weg. Die ganze Nacht wälzte er sich im Bett und konnte nicht schlafen. Am nächsten Tag weckte er den weisen Mann bei Anbruch der Dämmerung und sagte: „Gib mir den Reichtum, der es dir ermöglicht, diesen Diamanten so leichten Herzens wegzugeben.“

 

Einen Wahn verlieren macht weiser als eine Wahrheit finden. Ludwig Börne

 

Es gibt etwas Weiseres in uns, als der Kopf ist: Instinkt, der aus dem tiefsten Grunde unsers Wesen kommt. Arthur Schopenhauer

 

Im Allgemeinen freilich haben die Weisen aller Zeiten immer dasselbe gesagt, und die Toren, d. h. die unermessliche Majorität aller Zeiten, haben immer dasselbe, nämlich das Gegenteil getan. Und so wird es denn auch ferner bleiben. Arthur Schopenhauer

 

Keine Frau kann aus einem Narren einen Weisen mache. Aber jede Frau kann aus einem Weisen einen Narren machen. Aus Argentinien

 

Während die Weisen grübeln, erobern die Dummen die Festung. Aus Jugoslawien

 

Weise Lebensführung gelingt keinem durch Zufall. Man muss, solange man lebt, lernen, wie man leben soll. Seneca

 

Wenig genügt, um den Weisen, und nichts, um den Toren glücklich zu machen. Deshalb sind fast alle Menschen unglücklich. Rochefoucauld

 

Wenn weise Männer nicht irrten, müssten die Narren verzweifeln. Goethe

 

Wer seine Grenzen kennt, ist schon ein halber Weiser. John Galsworthy

 

Wir sollten darauf achten, einer Erfahrung nur so viel Weisheit zu entnehmen, wie in ihr steckt – mehr nicht; damit wir nicht der Katze gleichen, die sich auf eine heiße Herdplatte setzte. Sie setzt sich nie wieder auf eine heiße Herdplatte – und das ist richtig; aber sie setzt sich auch nie wieder auf eine kalte. Mark Twain

 

Fan Chi wollte wissen, was sittliches Verhalten sei. Konfuzius antwortete: „Die Menschen lieben.“ Daraufhin fragte Fan Chi nach der Weisheit. Konfuzius sprach: „Weisheit heißt, die Menschen zu kennen.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

All unsere Weisheit, sofern sie wirklich den Namen Weisheit verdient und wahr und zuverlässig ist, umfasst im Grunde zweierlei: die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis. Johannes Calvin

 

Aus sich nichts machen und andere gern für besser und höher achten, als man selber sein mag – das ist große Weisheit und Vollkommenheit. Und sähst du einen andern öffentlich sündigen oder einen schweren Fall tun: So halte dich deshalb nicht für besser als ihn. Denn sieh: Du weißt ja nicht, wie lange du selbst noch im Guten feststehen wirst. Gebrechlich sind wir alle, aber gebrechlicher als du sei in deinen Augen keiner. Thomas von Kempen

 

Das ist der Weisheit Quintessenz, die viele zu freien hindert: Die Schönheit dauert einen Lenz, die Dummheit überwintert. Rudolf Presber

 

Einen mit Weisheit Gesalbten darf man nie warm werden lassen, sonst trieft er. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Gott verkauft Weisheit für Arbeit und Leiden. Aus der Ukraine

 

Gottes Ewigkeit ist Seine Länge, die Liebe Seine Breite, die Macht Seine Höhe und die Weisheit Seine Tiefe. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)

 

Ich schreibe mein ganzes Unglück der einen Ursache zu, dass ich gottlos gewesen bin. Ein Mensch, der die Verbindung mit Gott abgebrochen hat, kann keinen Segen empfangen. Alles Gerede davon, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, ist Spreu. Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst, das ist die ganze Weisheit. August Strindberg

 

In der Tat lässt sich die ganze Weisheit der Weltgeschichte in einen einzigen Satz zusammenfassen: Jeder Staat raubt, soviel er kann. Punktum. Mit Verdauungspausen und Ohnmachtsanfällen, welche man „Frieden“ nennt. Carl Spitteler

 

Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist. Nicht an den Wahrheiten liegt es daher, wenn die Menschen noch so voller Unweisheit sind. Christian Morgenstern

 

Manche verdanken den Büchern ihre Weisheit, manche ihre Torheit. Plinius der Ältere

 

So wie das Wasser die Höhe meidet und in die Tiefe fließt, so ist auch die Weisheit nur bei den Demütigen. Talmud

 

So wie die Saat nur aus dem Staube wächst, kann die Saat der Weisheit auch nur aus einem staubgleichen Herzen wachsen. Abu Talib al-Makki

 

Weisheit Gottes

„Die Weisheit Gottes ist die Eigenschaft, kraft deren er für die ganze Schöpfung das herrlichste Ziel gesetzt hat und dieses Ziel mit unfehlbaren und seiner Heiligkeit vollkommen entsprechenden Mitteln zu erreichen weiss.“ (Adolf Hoenecke)

 

Welt

„Wenn man das Leben der jetzigen Welt gegen Christi Lehre und Leben hält, so befindet sich augenscheinlich, dass das Leben des meisten Teils der Welt ganz wider Christum ist. Denn was ist der Menschen Leben jetzt anders, als Geiz, Sorge der Nahrung und Wucher, Fleischeslust, Augenlust, hoffärtiges Leben? Das ist das Meiste und Beste, so in der Welt ist; große Ehre auf Erden, großes Ansehen, großer Name, Ungehorsam, Zorn, Zank, Krieg, Uneinigkeit, Feindschaft, Rachgier in Worten und Werken, heimlicher Neid, Unversöhnlichkeit, Ungerechtigkeit, Unreinigkeit, Betrug, Falschheit, Verleumdung. Und in Summa, das ganze Leben der Weltkinder zu dieser Zeit ist nichts als Weltliebe, eigene Liebe, eigene Ehre, Eigennutz.“ (Johann Arndt)

 

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Der Herr Jesus kam nicht in die Welt, um Güte und Gerechtigkeit unter den Menschen zu suchen, sondern um Güte und Gerechtigkeit zu bringen und sie solchen Menschen zu verleihen, die keine haben. C. H. Spurgeon

 

Alle Menschen in der Welt streben nur nach Gut und Geld, und wenn sie es dann erwerben, legen sie sich hin und sterben. Verfasser unbekannt

 

Alle Schönheit dieser Welt, kann mein Herz niemals gewinnen. Sondern nur – ich weiß nicht was, was sich wohl noch einmal findet. Ward ein Mensch in seinem Willen, einmal nur von Gott berührt, nimmer kann ihn etwas stillen, als der Gott, den er gespürt. Johannes vom Kreuz

 

Alles auf der Welt hat sein zweites Gesicht: Die Natur, die Kultur, die Religion, die Kunst, die Politik, die Liebe, alles. Wer das nicht weiß, ist glücklich. Ich weiß es. Hermann Löns

 

Ausnahmen gibt es, ja, unbegreif­lich große, und die Unterschiede der Individualitäten sind enorm: aber, im ganzen genommen, liegt, wie längst gesagt ist, die Welt im argen: die Wilden fressen einander, und die Zahmen betrügen einander, und das nennt man den Lauf der Welt. Arthur Schopenhauer

 

Bevor du dich daran machst, die Welt zu verändern, gehe dreimal durch dein eigenes Haus. Chinesisches Sprichwort

 

Da man morgen mit den gleichen Eigenschaften auferstehen wird, möge Gott niemandem übles Wesen geben in der Welt, denn das wird für ihn nach dem Tode zu ernten sein, was er auf dem Felde dieser Welt gesät hat. Abdur Rahman

 

Das Letzte, was Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat, war nicht, die Welt zu retten, sondern der Welt zu sagen, dass sie schon gerettet ist. Oswald Chambers

 

Dass die Welt nicht vor ihrer Sünde erschrickt, sieht ihr ähnlich. Aber vor eben diesem Spiegelbild sollte sie erschrecken! Karl Kraus

 

Dass etwas so Augenfälliges wie die Eitelkeit der Welt so wenig bekannt ist, dass es seltsam und überraschend ist, wenn man sagt, es sei dumm, nach Größe zu streben. Das ist erstaunlich. Blaise Pascal

 

Dass uns Dinge begegnen, die uns lästig und durchaus zuwider sind, das ist für uns sehr gut. Denn sie treiben den Menschen, der aus seinem Herzen geflohen ist, wieder in sein Herz zurück, dass er es fühlen lerne: Ich bin hier nicht in meinem Vaterland, und dass er seine Hoffnung auf kein Gut dieser Welt gründe. Thomas von Kempen

 

Der Alte Fritz fragte bei einer Schulinspektion einen Jungen, wo Potsdam liege. „In Preußen, Majestät!” - „Und Preußen?” - „In Deutschland, Majestät!” - „Und Deutschland?” - „In Europa, Majestät!” - „Und Europa?” - „In der Welt, Majestät!” - „Und die Welt?” Der Junge stutzte einen Augenblick und sagte dann: „Die Welt liegt im Argen!”

 

Der heutige Zustand der Welt, das ganze Le­ben ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte, was rätst du? - ich würde antwor­ten: Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen. Gottes Wort kann so nicht ge­hört werden. Und wenn es unter der Anwen­dung lärmender Mittel geräuschvoll hinausge­rufen wird, dass es selbst im Lärm gehört wer­de, so ist es nicht mehr Gottes Wort. Darum schaffe Schweigen! Sören Kierkegaard

 

Der Kaufmann hat in der ganzen Welt dieselbe Religion. Heinrich Heine

 

Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Der Mensch ist nicht geboren, um auf dieser Schau­bühne der Eitelkeit ewige Hütten zu erbauen. Weil sein ganzes Leben ein weit edleres Ziel hat, wie schön stimmen dazu nicht alle die Verheerungen, die der Unbestand der Welt selbst in denjenigen Dingen blicken lässt, die uns die größte und wichtigste zu sein scheinen, um uns zu erinnern: dass die Güter der Erden unserm Triebe zur Glückseligkeit keine Ge­nugtuung verschaffen können! Immanuel Kant

 

Der Mensch ist sichtlich geschaffen, um zu denken. Dies ist seine ganze Würde und sein ganzes Ver­dienst; und seine ganze Pflicht ist es, richtig zu denken. Nun verlangt aber die Ordnung der Gedanken, dass man mit sich selbst, seinem Schöpfer und seinem Endzweck beginnt. Woran aber denkt die Welt? Daran niemals, sondern an Tanz, Lautenspiel, Gesang, Verseschmieden, Ringel­stechen usw. und daran, sich zu schlagen, sich zum Kö­nig zu machen, ohne darüber nachzudenken, was es be­deutet, König zu sein, und was, Mensch zu sein. Blaise Pascal

 

Der Mensch wird in der Welt nur das gewahr, was schon in ihm liegt; aber er braucht die Welt, um gewahr zu werden, was in ihm liegt; dazu aber sind Tätigkeit und Leiden nötig. Hugo von Hofmannsthal

 

Die beste Klasse der Menschen in dieser Welt ist die, welche sich nicht über die Niedrigen erhebt und sich nicht vor den Hohen erniedrigt. Ibn al-Muqaffa

 

Die eine Hälfte der Welt lacht über die andre, und Narren sind sie alle. Baltasar Gracián

 

Die Jungen glauben, mit ihnen beginnt die Welt; die Alten denken, mit ihnen hört sie auf - ich weiß nicht, was schlimmer ist. Friedrich Hebbel

 

Die Mathematik ist das Alphabet, mit dem Gott die Welt geschrieben hat. Galileo Galilei

 

Die Religion ist das Krankenhaus der Seelen, welche die Welt verwundet hat. Jean Antoine Petit-Senn

 

Die Welt besteht aus lauter Gelegenheiten zur Liebe. Sören Kierkegaard

 

Die Welt gehört denen, die sie haben wollen, und wird von jenen verschmäht, denen sie gehören sollte. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Die Welt ist eine Brücke, geht darüber, aber baut kein Haus auf ihr! Jesus zugeschrieben

 

Die Welt ist eine Bühne, aber die Rollen sind schlecht verteilt. Wilde

 

Die Welt ist eine Glocke, die einen Riss hat: sie klappert, aber klingt nicht. Goethe

 

Die Welt ist nur erträglich, weil der noch einmal wiederkommen wird, der sie überwand. Jochen Klepper

 

Die Welt ist vollkommen überall, wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. Friedrich von Schiller

 

Die Welt verheißt nur zeitliche und unbedeutende Güter und hat doch die eifrigsten Diener. Gott verheißt das allerhöchste und ewige Gut, und die Herzen der Menschen bleiben kalt und träge dabei. Die Unverständigen! Für nichtswürdige Dinge laufen sie sich müde, zanken und balgen sich auf niederträchtige Weise um ein Groschenstück, mühen und plagen sich Tag und Nacht, um irgendeine verheißene Kleinigkeit, ein täuschendes Nichts zu erhaschen. Aber, o Schande! Für ein Gut, das ewig währt, für eine Belohnung, die unschätzbar ist, für die höchste Ehre, für eine Herrlichkeit, die kein Ende nimmt, sich auch nur ein wenig zu bemühen, ach, dazu sind sie viel zu träge. Thomas von Kempen

 

Die Welt will, dass man ihr verantwortlich sei, nicht sich. Karl Kraus

 

Diese Welt ist eine Treppe; der eine steigt hinauf, der andere steigt hernieder. Katharina von Siena

 

Durch nichts in der Welt ist so viel Unsinn verhindert worden wie durch fehlendes Geld. Charles Maurice de Talleyrand

 

Eine der größten Leistungen der Vorsehung ist das Glück der Kinder. Wäre die Welt etwas Gutes, so müsste man die, welche nichts von ihr verstehen, am meisten beklagen. Antoine Rivarol

 

Es ist ein Tasten in der Welt, als wären wir alle abgestürzt und suchten in der Finsternis nach irgendeinem Stützpunkt zum Aufschwung. Carl Ludwig Schleich

 

Es ist Gott und aller Welt wirklich unmöglich zu ma­chen, dass der Mensch wahren Trost finde, der Trost sucht bei den Kreaturen. Wer aber das Göttliche liebte in der Kreatur und die Kreatur allein in Gott, der fände wahren, rechten und gleichen Trost an allen Orten. Meister Eckhart

 

Es stände besser um die Welt, wenn die Mühe, die man sich gibt, die subtilsten Moralgesetze auszuklügeln, an die Ausübung der einfachsten gewendet würde. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Für viele ist Gott kaum mehr als eine Berufungsinstanz gegen das Verdammungsurteil der Welt über ihr eigenes Versagen. William James

 

Ich habe gelernt, ohne den Dank der Welt zu leben. Ich habe ihn erworben und verloren. Ich habe ihn wiedergewonnen; ich habe ihn wieder verloren. Ich mache mir gar nichts daraus; ich tue einfach meine Pflicht. Otto von Bismarck

 

Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen. Friedrich Hölderlin

 

In der Welt ist's trübe, leuchten müssen wir – du in deiner Ecke, ich in meiner hier. Angelus Silesius

 

In dieser Welt gibt es nur zwei Tragödien. Die eine ist, nicht zu bekommen, was man möchte, und die andere ist, es zu bekommen. Oscar Wilde

 

In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen, ist schon wieder ein Irrsinn für sich. Voltaire

 

In einem Theater brach hinter den Kulissen Feuer aus. Der Pierrot trat an die Rampe, um das Publikum davon zu unterrichten. Man glaubte, es sei ein Witz und applaudierte. Er wiederholte seine Mitteilung; man jubelte noch mehr. So, denke ich mir, wird die Welt eines Tages untergehen. Sören Kierkegaard

 

Kann man die Welt nicht fromm machen, so tut man doch, was man kann. Martin Luther

 

Konfuzius sprach: „Der Edle hasst den Gedanken, die Welt zu verlassen, ohne etwas geleistet zu haben, was bleibender Anerkennung wert ist.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Die Welt ist voll von Gabeln, die sich über die Messer lustig machen. Rochefoucauld

 

Die Welt schuldet uns nichts – sie war vor uns da. Mark Twain

 

Niemand, der sein inneres Bewusstsein aufrichtig fragt, wird seine Rolle auf der Welt wiederholen wollen. Jonathan Swift

 

Ohne die jenseitige Welt ist die diesseitige Welt ein trostloses Rätsel. Johan August Strindberg

 

So ist die Welt in der Tat ein Labyrinth voller Irrungen, voll vergeblicher Mühe und voller Enttäuschungen, denn wir kennen das Nötige nicht, weil wir unsere Mühe auf die Erreichung des Unnötigen verwenden. Gott ruft uns in unserer Beschäftigung mit den vielerlei Dingen zur Besinnung auf das Wenige, was nötig ist, und zur Begegnung mit dem Einen, der gekommen ist, damit wir das Leben und volle Genüge haben! Johann Amos Comenius

 

So schändlich lebt keine Sau, wie die Welt lebt. Denn eine Sau kennt doch die Frau oder Magd, von der sie Treber, Kleie oder das Futter zu fressen kriegt, läuft ihr nach und schreit ihr nach. Aber die Welt kennt und achtet Gott gar nicht, der ihr so reichlich und überschwänglich Gutes tut, geschweige denn, dass sie ihm dafür danken und ihn loben würde! Martin Luther

 

Von hundert Männern, die sich in der Welt verirren, werden neunundneunzig durch Frauen gerettet, einer wird gerettet durch unmittelbare göttliche Gnade. Sören Kierkegaard

 

Welchen Sinn hat es, Menschen in die Welt zu setzen, ehe man geklärt hat, welchen Sinn es für Menschen hat, in der Welt zu sein? Man schiebt diesen Menschen nur ein Problem zu, das man sich selbst nicht getraut hat zu klären. Es ist, als würde ein Mensch auf die Frage „Wozu ist ein Hammer gut?“ antworten „Um Hämmer zu machen“ und auf die Frage „Und wozu sind dann diese Hämmer gut?“ antworten „Um weitere Hämmer zu machen“. G. K. Chesterton

 

Wer das Licht der Welt erblickt, wird das Dunkel schon noch kennenlernen. Joachim Ringelnatz

 

Wer erwartet, dass in der Welt die Teufel mit Hörnern und die Narren mit Schellen einhergehen, wird stets ihre Beute oder ihr Spiel sein. Arthur Schopenhauer

 

Wer in der wirklichen Welt arbeiten kann und in der idealen leben, der hat das Höchste erreicht. Ludwig Börne

 

Als du auf die Welt kamst, weintest du, und um dich herum freuten sich alle. Lebe so, dass, wenn du die Welt verlässt, alle weinen und du allein lächelst! Aus China

 

Wer zum Dienst Gottes hinzutritt, der wisse, dass er zur Kelter gekommen ist. Er wird bedrängt, zerstampft, niedergetreten, aber nicht, um in dieser Welt zugrunde zu gehen, sondern um hinüber zu fließen in die Weinkammern Gottes. Augustin

 

Wie ein Gesicht schön wird, dadurch, dass es Seele, so die Welt dadurch, dass sie einen Gott durchscheinen lässt. Friedrich Heinrich Jacobi

 

Wir sind in dieser Welt eilige Gäste. Wir sind hier bloß wie in einem Wirtshaus, wo man ein Glas Bier trinkt und dann wieder weiterwandert - heimwärts. Martin Luther

 

Wir sind nicht auf dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsere Schuldigkeit zu tun. Otto von Bismarck

 

Wir sind nicht umsonst in diese Welt gesetzt. Wir sollen reif werden für eine andere Welt. Matthias Claudius

 

WELT (IM ARGEN LIEGEND)

1.

Das Reich Gottes ist die versöhnte Gemeinschaft mit ihm, die verborgen im Glauben beginnt, die Gestalt gewinnt, wo man im Namen Christi zusammenkommt, und die sich einst sichtbar vollenden wird am Jüngsten Tag. Weil Christen davon schon gekostet haben, will ihnen die alte Welt nicht mehr schmecken, sondern sie wünschen, dass dies Schlechte schleunigst dem Besseren weichen möge. Sie distanzieren sich von der Welt, die vergeht, wenden sich dem Reich zu, dass mit Christus kommt – und schießen ihr Herz wie einen Pfeil in Gottes Zukunft hinein. 

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2.

Für einen Christen ist der Tod der ultimative Ruhestand, den er bei Gott verbringen darf. Und das irdische Getümmel zu verlassen, in dem sich alle von Gier und Angst getrieben um ein bisschen Glück raufen, muss ihn nicht sehr betrüben. Denn er macht einen guten Tausch. Man nennt ihn „entschlafen“, aber in Wahrheit ist er aufgewacht. Man meint, er hätte alles verloren, dabei hat er alles gewonnen. Man weint um ihn, er aber hat gut lachen: Gott hat ihn aus der irdischen Bedrängnis herausgeholt und in die himmlische Freiheit entlassen. Und deshalb muss man ihn wahrlich nicht bedauern. Oder beweint man jemand, der das Ziel seines Weges glücklich erreicht hat? Gratuliert man ihm nicht eher?

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WELT- U. SELBSTVERSTÄNDNIS

Der menschliche Erkenntnisdrang steht der Welt gegenüber wie einem lückenhaften, deutungsbedürftigen Text. Denn der Bereich des „gesicherten Wissens“ ist nicht so groß, wie wir ihn gerne hätten. Da das Leben trotzdem Entscheidungen von uns verlangt, ist der Mensch gezwungen, sein Dasein zu „interpretieren“ und zu „deuten“. Wer dabei Gott außen vor lässt, handelt nicht „rationaler“ als der, der mit Gott rechnet. Denn Unglaube und Glaube müssen gleichermaßen „gewagt“ werden. Wohin der jeweilige Weg führt, erfährt nur der, der ihn geht.

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WELTBILD

Das biblische und das moderne Weltbild widersprechen sich nur scheinbar, denn recht verstanden sind es bloß unterschiedliche Zugänge zu ein und derselben Wirklichkeit und einander ergänzende Perspektiven. Dementsprechend stehen auch Wunder nicht im Gegensatz zur Natur, sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir über die Natur wissen. Mögen sie im beschränkten Horizont des Menschen „unerklärlich“ scheinen, müssen sie deswegen doch nicht „widernatürlich“ sein. Vielleicht bedient sich Gott der Natur nur auf eine Weise, die wir nicht verstehen.

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WELTREGIMENT GOTTES

1.

Es könnte scheinen, Himmelfahrt sei ein Trauertag für die Jünger, weil Jesus von ihnen Abschied nimmt und sich entfernt. In Wahrheit aber ist Christus, nachdem er zum Himmel aufgefahren ist, seinen Jüngern näher als zuvor. Denn früher war er immer nur hier oder dort. Seit er „zur Rechten Gottes“ sitzt hat er Teil an Gottes Allgegenwart und übt die Herrschaft aus, die ihm der Vater übertragen hat. Ein schrecklicher Gedanke ist das für seine Feinde, Freude und Trost aber für alle Gläubigen.

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2.

Durch seine Himmelfahrt wird Christus weit über Freund und Feind erhoben und steigt hoch hinauf, um zur Rechten Gottes zu sitzen und künftig über alles zu herrschen. Antiautoritäre Affekte sind dabei aber ganz fehl am Platz. Denn – in wessen Händen wäre die Macht besser aufgehoben? Ein Verurteilter richtet nun über die Richter! Ein Knecht herrscht über die Herren! Ein Opfer entscheidet über die Täter! Christi Herrschaft raubt nur dem Satan seine Freiheit – den Christen ist sie aber ein inneres Fest. Denn wenn wir Christus gehören, gehören wir keinem anderen mehr. Und was an Karfreitag geschah, kehrt sich damit um: Die Welt wollte Gottes Sohn los werden – und befindet sich nun ganz in seiner Hand. 

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WELTSCHMERZ

Das menschliche Leben ist in weiten Teilen ein vergebliches Jagen nach vergänglichen Gütern von zweifelhaftem Wert. Doch für die Enttäuschung, die daraus resultiert, ist nicht die „Welt“ verantwortlich, sondern der Mensch, der in der Welt sucht, was nur bei Gott zu finden ist. Unseren Hunger nach Vollkommenheit, Verlässlichkeit, Wahrheit, Gerechtigkeit und Glück kann und soll die Welt nicht stillen. Das aber zu erkennen, sich von der Welt frei zu machen für Gott, und dann den Frieden nirgendwo anders zu suchen als in ihm – das ist Glaube.

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WELTUNTERGANG

Die Offenbarung des Johannes gilt als düstere Schrift. Dabei ist ihre Botschaft sehr tröstlich: Die Bedrängnisse der Endzeit sind zwar unvermeidlich, doch wer darin seinem Glauben treu bleibt, kann ebensowenig überwunden werden wie Christus selbst. Die kommenden Katastrophen stellen nicht etwa Gottes Plan in Frage, sondern führen nur dazu, dass er aufgeht. Und am Ende siegen mit Christus alle, die ihm treu geblieben sind. Wie die Welt einen Anfang hatte, wird sie auch ein Ende haben. Doch ist ihr Untergang nur der Übergang zum Reich Gottes. Und dem stetig näher zu kommen, kann ein Christ unmöglich bedauern. 

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WERBUNG

Werbung ist der eigennützige Versuch eines Verkäufers, in potentiellen Kunden Bedürfnisse zu wecken, die sie ohne Werbung wahrscheinlich nie gehabt hätten. Und sie ist darum dem christlichen Glauben wesensfremd. Jesus hat seinen Jüngern keine „Geschäftsidee“ vermittelt. Er brachte Wahrheit, nicht Wellness. Und sein Evangelium ist darum nicht mit der Logik von Angebot und Nachfrage zu erfassen. Wenn Kirche dennoch sich selbst oder das Evangelium „vermarkten“ will, dokumentiert und stiftet sie Verwirrung. Denn wer Evangelisation mit Kundengewinnung verwechselt, weckt dieses Missverständnis auch in denen, die er umwirbt.

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WerkE

„Ringet danach, dass ihr durch die enge Pforte eingeht; denn viele werden, das sage ich euch, danach trachten, wie sie hinein kommen, und werden es nicht können“ (Lk 13,24). Ei, warum nicht? Darum, weil sie nicht wissen, was die enge Pforte ist. Sie ist der Glaube, der den Menschen klein, ja, ganz zunichte macht, dass er an allen seinen Werken verzagen und nur an Gottes Gnade allein haften, darüber auch alle Dinge fahren lassen muss. Aber die Heiligen von der Art des Kain meinen, die enge Pforte seien die guten Werke; darum werden sie nicht klein, verzagen nicht an denselben, ja sie sammeln sie in großen Säcken, hängen sie sich um und wollen so hindurch. Und sie werden ebenso hindurch gehen, wie das Kamel mit seinem großen Höcker durch das Nadelöhr gehen kann.“ (Martin Luther)

 

„Weil der Mensch von Natur ist unter Gottes Zorn, so sind auch alle seine natürlichen Werke unter Gottes Zorn, er tue auch so hohe Werke vor der Welt, als er immer wolle, denn er kann außer der Gnade Gottes nichts tun, das Gott wohlgefalle; ist er aber in Gnaden, so sind alle seine Werke in Gnaden, und gefallen Gott wohl, denn Gottes Gnade wirket dieselben in ihm.“ (Johann Arndt)

 

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Das Gebet legt Gottes Werk in seine Hände und lässt es dort. E. M. Bounds

 

Deine Absicht erst gibt deinem Werke seinen Namen. Ambrosius

 

Der Künstler hat nicht dafür zu sorgen, dass sein Werk Anerkennung finde, sondern dafür, dass es sie verdiene. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Ein Kennzeichen dafür, dass man noch auf eigene Werke vertraut, ist, dass sich bei einem Fehltritt die Hoffnung vermindert. Ibn Ata Allah

 

Gott liebt nichts in uns als die Gutheit, die er in uns bewirkt. Ein Heiliger sagt: Es wird nichts gekrönt von Gott als sein eigenes Werk, das er in uns wirkt. Meister Eckhart

 

Ich glaube, dass die Selbstgerechtigkeit dein Verderben ist, und darum sage ich dir ganz offen und aufrichtig, dass du ebenso gut hoffen kannst, mit einem Luftballon in den Himmel zu fliegen, als durch deine guten Werke hineinzukommen. Ebenso gut könntest du in einem Sieb nach Ostindien fahren, als durch dein gutes Wesen in die Herrlichkeit zu gehen. Du könntest ebenso gut in Spinnweben deinem Fürsten dich vorstellen, als in deiner eigenen Gerechtigkeit dem König des Himmels. Fort mit deinen Lumpen, mit deinen zerfaulten, stinkenden Fetzen. Sie sind nur ein Mistbeet für das Unkraut des Unglaubens und Stolzes. Es ist in Gottes Augen nichts nütze. Warum willst du deinen Kopf so hoch tragen, dass man ihn abschneiden muss? C. H. Spurgeon

 

Künstler haben gewöhnlich die Meinung von uns, die wir von ihren Werken haben. G. Chr. Lichtenberg

 

WERKE, GUTE

Die guten Werke, die aus dem Glauben hervorgehen, sind in einer Hinsicht nicht notwendig und in einer anderen Hinsicht notwendig: (1. Satz) Nicht notwendig sind die Werke im Blick auf das Heil des Menschen, denn dafür sorgt Jesus Christus ganz allein. (2. Satz) Notwendig sind sie aber, insofern der Glaube gar nicht anders kann, als die Frucht guter Werke hervorzubringen. Beide Sätze sind richtig und wichtig! In Spannung treten sie aber nur, wenn man einen davon missversteht. 

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WERKGERECHTIGKEIT

Gute Werke sind nicht weniger gefährlich als schlechte. Denn wenn der Mensch sich auch nur halbwegs „gut“ vorkommt, beginnt er unweigerlich, sich selbst zu gefallen. Und je besser er sich fühlt, desto weniger fragt er nach Gottes Gnade. Er baut lieber auf das, was er selbst leistet, als auf das, was Christus für ihn tut. Und die Folgen sind fatal. Denn wer sich für gut hält, sucht nicht nach der Gnade, die schlechte Menschen retten kann. Christus gerät ihm aus dem Blick. Und weil er die Gnade nicht hat, nach der er nicht greift, geht er dann verloren: Bevor man seine Sünde loswerden kann, muss man sie als Last empfinden! Und wenn einen vermeintlich gute Werke daran hindern, sind sie eben darum schädlich. 

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Wert

Wer Ziele verfolgt und auf einen Gegenstand trifft, der diese Ziele fördern kann, spricht ihm „Wert“ zu. Weil aber ein anderer Betrachter dasselbe Ding nicht brauchen kann, gilt das Werturteil des ersten nur relativ und verrät mehr über seine subjektiven Bedürfnisse als über den Gegenstand. Gibt es also keinen „objektiven Wert“? Doch. Denn tatsächlich ist Gott die Person, an deren Absichten sich aller Wert bemisst. Und alles ist genau so viel wert, wie Gott davon hält. Denn sein Wille ist „maßgeblich“ im strikten Sinne des Wortes. Er setzt Werte, wo vorher keine waren. So gibt es tatsächlich keinen „Wert an sich“. Es gibt ihn nur in Bezug auf eine wertschätzende Person. Das sind aber nicht wir, sondern die maßgebliche Person ist Gott. 

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Den Wert von Menschen und Diamanten kann man erst erkennen, wenn man sie aus der Fassung bringt. Orientalische Lebensweisheit

 

Ein jeder ist soviel wert, als die Dinge wert sind, um die es ihm ernst ist. Mark Aurel

 

Glück? Sollst du Glück haben? Wünsche ich dir auch nur eine Spur von Glück – wenn sie nicht deinen Wert erhöhte? Wert wünsche ich dir. Christian Morgenstern

 

Gott ist so groß, dass er es wohl wert ist, ihn sein Leben lang zu suchen. Therese von Avila

 

Wenn dem Menschen nicht immer etwas teurer ist als das Leben, so ist das Leben nicht viel wert. Johann Gottfried Seume

 

Heutzutage kennen die Leute vor allem den Preis und nicht den Wert. Oscar Wilde

 

Kein Ding ist auf der Welt so hoch und wert zu achten als Menschen, die mit Fleiß nach keiner Hoheit trachten. Angelus Silesius

 

Konfuzius sprach: „Der Edle hasst den Gedanken, die Welt zu verlassen, ohne etwas geleistet zu haben, was bleibender Anerkennung wert ist.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Meistens belehrt uns erst der Verlust über den Wert der Dinge. Arthur Schopenhauer

 

Wir schwachen Menschen finden das nur des Erlangens wert, wonach wir viele streben sehen! Karl Gutzkow

 

WESEN DES MENSCHEN

1.

Der Mensch ist dazu bestimmt, Gottes Ebenbild zu sein. Doch ist dies nicht als „Gottähnlichkeit“ misszuverstehen. Gemeint ist vielmehr eine gegenbildliche Entsprechung wie sie zwischen Siegelring und Siegelabdruck besteht: Der Mensch ist bestimmt, zu empfangen, wo Gott schenkt, zu gehorchen, wo Gott befiehlt, zu folgen, wo Gott ruft. Bisher verfehlen alle Menschen dieses Ziel, bis auf einen: Jesus Christus ist das wahre Ebenbild Gottes und dadurch der Maßstab des wahrhaft Menschlichen.% zum Text

2.

Meine eigene Wirklichkeit erfahre ich durch meine Wirkung auf andere. Wer ich bin, entnehme ich dem, was ich für sie bin. Doch das eigentlich maßgebliche Gegenüber des Menschen ist Gott. Nur sein Urteil kann uns selig machen oder verdammen. Er ist der wahre Bezugspunkt unserer Existenz. Und so ist für die Definition des Menschen gar nicht maßgeblich, was ihn vom Tier unterscheidet, sondern was ihn mit Gott verbindet: Es ist das verborgene Wesen des Menschen, dass er – von Anfang an auf Gott bezogen – sich nicht anders als in und durch Christus auf Gott hin vollendet.

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WESEN GOTTES

1.

Die wichtigsten Eigenschaften Gottes sind: Von-sich-selbst-sein, Unveränderlichkeit, Unermesslichkeit, Ewigkeit, Allgegenwart, Lebendigkeit, Vollkommenheit, Unbegreiflichkeit, Allwissenheit, Allmacht, Weisheit, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte. Es ist aber zu beachten, dass Eigenschaftsbegriffe nicht in derselben Weise auf Gott angewandt werden können wie auf Menschen oder Dinge, denn Gott ist immer größer als alles, was in menschlichen Worten eingefangen und ausgesagt werden kann.

zum Text 

2.

„Gott ist die Liebe“, aber er ist nicht „lieb“ im harmlosen Sinne. Denn Gottes Liebe ist die kraftvoll-entschlossene Weise, in der Gott das Dasein seiner Geschöpfe bejaht. Wo dieses Dasein bedroht und gefährdet wird, dort schließt Gottes Liebe (wie alle wirkliche Liebe) Zorn und Konfliktbereitschaft nicht aus, sondern ein: Gerade weil Gott Liebe ist, kann er nicht immer „lieb“ sein. Und er verlangt es auch nicht von uns.

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3.

Einen Gott, der jedem jederzeit gnädig wäre, finden wir weder in der Welt noch in der Bibel. Denn in manchen Dingen hat er sich festgelegt. Und in anderen nicht. Der „verborgene Gott“ ist er in all den Bereichen, in denen er uns nichts versprochen hat. Der „offenbare Gott“ ist er in den Bereichen, in denen ihn seine neutestamentlichen Zusagen binden. Und wer nur eine Seite kennt, weiß zu wenig. Gottes Liebe ist kein pauschales Angebot, sondern ein konkretes. Und je nachdem, wie man an ihn herantritt, wird man ihn auch unterschiedlich erleben. 

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4.

Die Frage, wie Gott zu einem Menschen steht, ist unlöslich damit verbunden, wie dieser Mensch zu Gott steht. Darum sagt Luther „wie du glaubst, so hast du“. Glaubst du Gott seine Gnade, so stehst du auch in seiner Gnade. Doch glaubst du ihm seine Gnade nicht, so hast du sie auch nicht. Denn sie gilt nur dem, der dankbar nach ihr greift und damit anerkennt, dass er sie nötig hat. Misstraut ein Mensch hingegen Gottes Milde, so übt Gott auch keine Milde – sondern den unversöhnlichen Gott, an den er glaubt, den hat er dann auch auf dem Hals.

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Wichtig

Es ist nicht wichtig, ob der Mensch vom Affen abstammt; viel wichtiger ist, dass er nicht wieder dorthin zurückkehrt. Richard Wagner

 

Es ist vielleicht wichtiger, das Leben zu vertiefen, als es zu verlängern und auszudehnen. Carl Ludwig Schleich

 

Gewiss ist es fast noch wichtiger, wie der Mensch das Schicksal nimmt, als wie es ist. Wilhelm Freiherr von Humboldt

 

Kein Mensch ist so wichtig wie er sich nimmt. Immanuel Kant

 

Neuigkeiten! Um wieviel wichtiger wäre es, das kennenzulernen, was nie alt gewesen! Henry David Thoreau

 

WIDERSTAND

Staatliche Ordnung ist eine Einrichtung Gottes, der er die Aufgabe zugewiesen hat, durch Recht und Gesetz dem Bösen zu wehren und das Gute zu schützen. Wenn ein Staat diese Aufgabe erfüllt, erwächst ihm daraus die besondere Würde, Gottes Instrument zu sein. Wenn er das Böse aber duldet oder sogar fördert, zerstörte er die Ordnung, die allein ihn legitimieren könnte – und dann wird Widerstand zur Pflicht. Im Zweifelsfall muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen. Denn göttliches Recht wiegt in jedem Falle schwerer als menschliches.

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Ich halte Dich für unglücklich, weil Du niemals unglücklich warst. Ohne auf Widerstand zu stoßen, bist Du durchs Leben geschritten. Niemand kann beurteilen, was in Deinen Kräften steht, nicht einmal Du selbst. Seneca an Lucilius

 

Was dem Herzen widerstrebt, lässt der Kopf nicht ein. Arthur Schopenhauer

 

Was tut die Blume wohl mit Gott? Sie lässt sich Gott gefallen. In der Blume, als Blume träumt er seinen schönsten Traum, da widerstrebt ihm nichts. Christian Morgenstern

 

WIEDERBRINGUNG ALLER

Die Lehre von der „Allversöhnung“ ist heute verbreitet, obwohl sie im Neuen Testament keine Grundlage hat. Jesus rechnet damit, dass Sünder, die nicht im Glauben das Heil ergreifen, auf ewig vom Heil ausgeschlossen bleiben und verloren gehen. In der bewussten Trennung von Gott liegt ihre Schuld – und zugleich ihre angemessene Strafe. Wer aber will sich anmaßen, darüber mehr zu wissen als Gottes Sohn? Die Hölle, von der er spricht, verschwindet nicht, bloß weil wir uns weigern, an sie zu glauben. Trösten wir uns also nicht mit Ausflüchten wie der Allversöhnungslehre, sondern ergreifen wir die konkrete Hilfe, die Christus bietet.

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Wiedergeburt

„Die Wiedergeburt ist derjenige Akt des Heil. Geistes, da er einen geistlich toten Menschen geistlich lebendig macht, indem er denselben durch das Sakrament der Taufe oder durch das Wort des Evangeliums mit dem seligmachenden Glauben beschenkt.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Die bekehrten Menschen gebiert Gott von neuem nicht durch wesentliche Veränderung ihrer Natur, sondern durch Ertötung der sündlichen Art und ihrer bösen Werke, auch durch Erweckung aller menschlichen Kräfte zu heiligen Werken und einem neuen Leben.“ (Nikolaus Hunnius)

 

„Die neue Geburt ist ein Werk Gottes des heiligen Geistes, dadurch ein Mensch aus einem Kinde des Zorns und Verdammnis ein Kind der Gnaden und Seligkeit wird; aus einem Sünder ein Gerechter durch den Glauben, Wort und Sakrament; dadurch auch unser Herz, Sinn und Gemüt, Verstand, Willen und Affekten erneuert, erleuchtet, geheiliget werden in und nach Christo Jesu, zu einer neuen Kreatur. Denn die neue Geburt begreift zwei Hauptwohltaten in sich, die Rechtfertigung und die Heiligung oder Erneuerung, Tit. 3,5.“ (Johann Arndt)

 

„Durch diese herzliche Zuversicht und herzliches Vertrauen gibt der Mensch Gott sein Herz ganz und gar, ruhet allein in Gott, lässt sich ihm, hanget ihm allein an, vereiniget sich mit Gott, wird teilhaftig alles deß, was Gottes und Christi ist, wird ein Geist mit Gott, empfängt aus ihm neue Kräfte, neues Leben, neuen Trost, Friede und Freude, Ruhe der Seele, Gerechtigkeit und Heiligkeit, und also wird der Mensch aus Gott durch den Glauben neu geboren. Denn wo der wahre Glaube ist, da ist Christus mit aller seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Erlösung, Verdienst, Gnade, Vergebung der Sünden, Kindschaft Gottes, Erbschaft des ewigen Lebens. Das ist die neue Geburt, die da kommt aus dem Glauben an Christum. Daher die Epistel an die Hebr. am 11,1. den Glauben eine Substanz nennet, oder eine ungezweifelte, wahrhaftige Zuversicht der Dinge, die man hoffet, und eine Überzeugung deß, so man nicht siehet. Denn der Trost des lebendigen Glaubens wird dermaßen im Herzen kräftig, dass er das Herz überzeuget, indem man das himmlische Gut empfindet in der Seele, nämlich Ruhe und Frieden in Gott, so gewiss und wahrhaftig, dass man auch darauf sterben kann mit freudigem Herzen. Das ist die Stärke im Geist an dem inwendigen Menschen, und die Freudigkeit des Glaubens, das ist die Freudigkeit in Gott, und die ganz ungezweifelte Gewissheit.“ (Johann Arndt)

 

WIEDERKUNFT CHRISTI

1.

Jesus Christus wird am Jüngsten Tag unser Richter sein. Und damit ist das Amt auf die denkbar beste Weise besetzt. Denn wer könnte unser Dasein gerechter beurteilen als der, der Not und Versuchung mit uns teilte? Wer könnte ein kompetenterer Richter sein als der, der den Willen Gottes nicht nur verkündet, sondern auch vorgelebt und ohne Sünde erfüllt hat? Welcher Richter könnte uns lieber sein als der, der sich selbst opferte, um unseren Freispruch zu erwirken? Wenn er als Richter zugleich unser Verteidiger sein will, kann uns kein Ankläger verdammen!

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2.

Der Glaube ist ganzjährig voller Erwartung, er sitzt sozusagen „auf gepackten Koffern“ und freut sich auf den Tag, da der gottlose Zustand dieser Welt überwunden wird, weil entweder der Herr zu uns kommt – oder wir zu ihm. Auch der Herr will das. Denn der Wartende ist es dem Kommenden wert, dass er kommt. Und der Kommende ist es dem Wartenden wert, dass er wartet. Einer ist des andern Ziel. Und in der gedanklichen Vorwegnahme der noch nicht vollendeten Gemeinschaft bilden sie doch schon eine Gemeinschaft: Der Kommende ist dem Wartenden in seiner Erwartung gegenwärtig, wie auch der Wartende dem Kommenden als Ziel seines Laufes vor Augen steht. 

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3.

Wir stehen zwischen „Ankunft“ und „Wiederkunft“ Christi, weil das Reich Gottes ein Prozess ist, der Zeit braucht. Christus vergleicht es mit dem Ackerbau, dem Fischfang, dem Backen mit Sauerteig oder dem Heranwachsen eines Senfkorns zum Baum. Und was er auf Erden angestoßen hat, ist offenbar von derselben Art – so dass die „Aussaat“ des Evangeliums und die „Ernte“ nicht auf einem Tag liegen können. In der Zwischenzeit wirkt vieles „unfertig“. Doch wenn Christus wiederkehrt, wird er die Spreu vom Weizen trennen und den guten Ertrag einfahren. Die Widersprüche der Gegenwart erklären sich aus der Spannung von „schon“ und „noch-nicht“ im laufenden Prozess. Doch Christus bringt ihn wunschgemäß zu Ende.

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„Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, zu richten die Lebenden und die Toten? Dass ich in aller Trübsal und Verfolgung mit aufgerichtetem Haupt eben des Richters, der sich zuvor dem Gericht Gottes für mich dargestellt und allen Fluch von mir weggenommen hat, aus dem Himmel sicher bin, dass er alle seine und meine Feinde in die ewige Verdammnis werfe, mich aber und alle Auserwählten zu sich in die himmlische Freude und Herrlichkeit nehme.“ (Heidelberger Katechismus)

 

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Es passierte im vergangenen Jahrhundert irgendwo im Mittelwesten der USA. Das Parlament eines Bundesstaates dort hielt eine Sitzung ab. Als es sich unter den Abgeordneten herumsprach und es auch alle merkten, dass eine Sonnenfinsternis eintrat, drohte Panikstimmung auszubrechen. Der Abgeordnete, der gerade am Rednerpult stand, rettete die Lage, indem er sagte: „Meine Herren! Es geht nun um zwei Fragen – beide mit der gleichen Antwort. Entweder kommt der Herr, dann soll er uns bei der Arbeit finden, oder er kommt nicht, dann haben wir keinen Grund unsere Arbeit zu unterbrechen!“

 

Die Welt ist nur erträglich, weil der noch einmal wiederkommen wird, der sie überwand. Jochen Klepper

 

Wille

Aller Eigensinn beruht darauf, dass der Wille sich an die Stelle der Erkenntnis gedrängt hat. Arthur Schopenhauer

 

Ein Mensch soll gar nichts suchen, weder Verstehen noch Wissen noch Innigkeit noch Andacht noch Ruhe, sondern allein Gottes Willen. Wenn einer einzig Gottes Willen sucht, dann soll er, was ihm daraus zufließt oder geoffenbart wird, als Gabe Gottes empfangen. Dann ist einer recht daran. Meister Eckhart

 

Wer an die Freiheit des menschlichen Willens glaubt, hat nie geliebt und nie gehasst. Marie von Ebner-Eschenbach

 

So steht es mit dem, dem Gottes Wille gefällt: Alles, was Gott ihm zukommen lässt, sei es Krankheit oder Ar­mut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgend­etwas anderes. Nun sagt ihr gerne: „Woher weiß ich denn, ob es Gottes Wille ist?“ Ich antworte: Wäre es bloß für einen Augenblick nicht Gottes Wille, so wäre es auch nicht. Schmeckte dir nun der Wille Gottes, so wärst du recht wie im Himmelreich, was dir auch ge­schehe oder nicht geschehe. Meister Eckhart

 

Wenn manchen Leuten etwas zu erleiden oder zu tun zufällt, so sagen sie: „Wüsste ich, dass es Gottes Wille wäre, so wollte ich's gern leiden oder tun“. Bei Gott! Es ist eine wunderliche Frage, wenn ein kranker Mensch fragt, ob es Gottes Wille sei, dass er krank sei. Er soll des gewiss sein, dass es Gottes Wille ist, wenn er krank ist. So ist es auch in anderen Dingen. Darum soll ein Mensch jegliches, was ihm zufällt. auf lautere und einfältige Weise von Gott hinnehmen. Meister Eckhart

 

Wollte ich mich einem Menschen beliebt machen und wollte ich dem allein gefallen, so wollte ich alles, was dem Menschen gefällig wäre und wodurch ich ihm wohlgefiele, lieber als irgend etwas anderes. Und wäre es so, dass ich ihm besser gefiele in einem schlichten Kleide als in Samt, so besteht kein Zweifel darüber: ich trüge das schlichte Kleid lieber als irgendein anderes Kleid. So auch steht es mit einem, dem Gottes Wille gefällt: alles, was ihm Gott zuteilt, sei's Krankheit oder Armut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgend etwas anderes. Eben weil Gott es will, darum schmeckt es ihm besser als irgend etwas anderes. Meister Eckhart

 

WILLE GOTTES

Wir bitten nicht „dein Wille geschehe“, weil Gott derzeit nur den Himmel regierte. Nein: Gottes Wille geschieht auch auf der Erde. Doch bitten wir, dass Gottes Wille auch auf Erden in der milden und heilvollen Weise geschehen möge, wie er jetzt schon im Himmel geschieht. Noch zwingt die menschliche Bosheit Gott, gegen seinen eigentlichen Willen hart zu sein. Noch sträubt sich die Erde und beugt sich seiner Hand nur unwillig und unter Schmerzen. Wenn aber Gottes Reich anbricht, wird diesbezüglich zwischen Himmel und Erde kein Unterschied mehr sein.

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„Mir kam neulich der Gedanke: Wollte Gott nicht wie ich, so wollte ich doch wie er. Manche Leute wollen in allen Dingen ihren eigenen Willen haben; das ist böse, es steckt ein Makel darin. Die anderen sind ein wenig besser: die wollen wohl, was Gott will, und gegen seinen Willen wollen sie nichts; wären sie aber krank, so wollten sie wohl, es möchte Gottes Wille sein, dass sie gesund wären. So wollten also diese Leute lieber, dass Gott nach ihrem Willen wollte, als dass sie nach seinem Willen wollten. Man muss es hingehen lassen, es ist aber das Rechte nicht. Die Gerechten haben überhaupt keinen Willen; was Gott will, das gilt ihnen alles gleich, wie groß das Ungemach auch sei.“ (Meister Eckhart)

 

„Ein guter Mensch kann der nicht sein, der nicht will, was Gott in jedem besondern Falle will, denn es ist unmöglich, dass Gott irgend etwas denn Gutes wolle; und insonderheit gerade darin und dadurch, dass es Gott will, wird es und ist es notwendig gut und zugleich das Beste. Und darum lehrte unser Herr die Apostel und uns in ihnen und beten wir alle Tage darum, dass Gottes Wille geschehe. Und doch, wenn Gottes Wille kommt und geschieht, so klagen wir (…). Ein guter Mensch soll darin Gott vertrauen, ihm glauben und gewiss sein und ihn als so gut kennen, dass es Gott und seiner Güte und Liebe unmöglich ist zuzulassen, dass dem Menschen irgendein Leiden oder Leid zustoße, ohne dass er entweder dem Menschen größeres Leid dadurch verhüten oder ihn auch auf Erden schon stärker trösten oder etwas Besseres davon und daraus machen wolle, worin Gottes Ehre umfassender und stärker in Erscheinung träte. Doch, wie dem auch sei: deshalb allein, weil es Gottes Wille ist, dass es geschehe, soll des guten Menschen Wille so ganz und gar mit Gottes Willen eins und geeint sein, dass der Mensch mit Gott dasselbe wolle, selbst wenn es sein Schaden und gar seine Verdammnis wäre.“ (Meister Eckhart)

 

Ich will nicht. Sprichst du. Ich auch nicht, sprech ich. Wie stehen wir mit einander? Sind wir Freunde oder Feinde? Du willst nicht, was ich will, ich will nicht, was du willst. Wir sind Feinde. Du willst nicht, was ich nicht will, ich will nicht, was du nicht willst. Wir sind Freunde. Will und will nicht macht alle Freund- und Feindschaft in der Welt. Du klagst über Feinde. Wer ist denn dein Feind? Der nicht will wie du willst? Die Feindschaft ist bald zu heben. Spricht dein Nachbar: Ich will nicht, wie du willst, antworte du: So will ich, wie du willst; da seid ihr Freunde. Am Willen liegt alles. Wenn mein und dein Wille ein Wille ist, sind wir die besten Freunde. Ist‘s Werk gut? gib deinen, ich gebe meinen; ist‘s bös? brich deinen, ich breche meinen Willen. Wir sind Freunde. Aber kein Ding lässt sich so übel bezwingen als der Wille. Dass ich meinen in deinen, und du deinen in meinen Willen lassest, ist schier so schwer, wie dass Himmel Erde, und Erde Himmel werde, nichts ist unbiegsamer im Menschen, als der Wille, der doch alles biegt. Doch wenn mein und dein Wille mit Gottes Willen ein Wille sind, so können sie auch in Gott miteinander ein Wille sein; wie wenn zwei Wachsklümplein im Feuer zerschmelzen und zusammen fließen, so wird ein Klümplein daraus. Dahin lass uns beide trachten, dass unser Wille mit Gottes Willen vereinigt werde, er ist ja unser Vater, wir sind seine Kinder; des Vaters Wille soll auch des Kindes Wille sein. Er ist unser Herr, wir sind seine Diener; der Knecht muss nicht nach seinem, sondern nach des Herrn Willen leben. Lass uns beide leben, wie Gott will, so sind wir in Gott eins. Du willst, was Gott will, ich will, was Gott will, mein und dein Wille ist in Gott ein Wille.

(Heinrich Müller)

 

WILLE UND GLAUBE

Obwohl die verschiedensten Anteile unserer Person am Glauben beteiligt sind (Wille, Gefühl, Erfahrung, Vernunft, etc.), lässt sich der Glaube weder auf eine noch auf die Gesamtheit dieser Funktionen zurückführen. Glaube ist vielmehr eine facettenreiche Reflektion göttlichen Lichtes: Wie ein Spiegel Licht nicht erzeugen, sondern nur reflektieren kann, so kann unsere Seele das Licht des Evangeliums nicht erzeugen, sondern nur reflektieren – und eben diese Reflektion nennen wir „Glaube“.

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WILLENSFREIHEIT

1.

Der Mensch kann tun, was er will, kann aber nicht wollen, was er wollen soll. Gefangen in der Dynamik der Sünde ist er wie ein Rad, das einen Abhang hinunterrollt, und aus eigener Kraft nicht die Richtung zu ändern vermag. Gottes gnädiges Erwählen ist darum nicht eine notwendige Bedingung der Erlösung (zu der die „freie“ Entscheidung des Menschen noch hinzutreten müsste), sondern sie ist die völlig hinreichende, keiner Ergänzung bedürftige Bedingung der Erlösung (aus der Kraft des Heiligen Geistes die positive Willensbewegung des Menschen resultiert).

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2.

Wer als Sünder geboren wird, hat keine andere Wahl, als zu sündigen. Doch kann uns das nicht entschuldigen, weil wir keineswegs widerwillig, sondern willig sündigen. Wir handeln „selbstbestimmt“, insofern wir Anderes und Besseres tun könnten, wenn wir nur wollten. Was uns am Gut-Sein hindert ist also nicht, dass wir nicht Gut-Sein „könnten“ (obwohl wir es wollen), sondern am Gut-Sein hindert uns nur, dass wir es nicht wollen (obwohl wir wissen, dass wir es wollen sollten). Der Mensch sündigt demnach aus freien Stücken. Und mehr braucht man nicht, um für die Folgen verantwortlich zu sein.

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„Was belanget weltliche und äußerliche Sachen, Zucht und Ehrbarkeit, kann und vermag der Mensch etwas mit seinen natürlichen Kräften … Was aber belanget geistliche Sachen und Händel, als, was zur ganzen Bekehrung des Menschen gehöret, Buße, Glauben, neuen Gehorsam und was dem anhängig ist, anzufangen, zuwege zu bringen, zu tun und verrichten, rechtschaffen und also, wie Gottes Wort dasselbige fordert, da hat der natürliche Mensch von ihm selbst aus der ersten Geburt, wie er ist ohne Erneuerung des H. Geistes, gar keine Kräfte und Vermögen zu, ja ist demselbigen entgegen und zuwider.“ (Martin Chemnitz)

 

„In seinem Stand der Unschuld besaß der Mensch die Freiheit und Kraft, das zu wollen und zu tun, was gut und wohlgefällig vor Gott ist; dies jedoch veränderlich, sodass die Möglichkeit gegeben war, auch davon abzufallen. Durch seinen Fall in den Stand der Sünde hat der Mensch alle mit seiner Erlösung verbundene Fähigkeit verloren, das geistlich Gute zu wollen. Deshalb ist der natürliche, völlig von diesem Guten abgewandte, in Sünden tote Mensch unfähig, sich durch eigene Kraft selbst zu bekehren oder sich selbst darauf vorzubereiten.“ (Westminster Bekenntnis)

 

„Vom freien Willen wird gelehrt, dass der Mensch in gewisser Weise einen freien Willen hat, nämlich äußerlich ehrbar zu leben und unter den Dingen zu wählen, die [dem Urteil] der Vernunft zugänglich sind. Aber der Mensch vermag nicht, ohne die Gnade, Hilfe und das Wirken des Heiligen Geistes Gott wohlgefällig zu werden, Gott von Herzen zu fürchten oder zu glauben und die angeborenen bösen Lüste aus dem Herzen zu werfen. Solches geschieht vielmehr durch den Heiligen Geist, der durch Gottes Wort gegeben wird.“ (Confessio Augustana)

 

„Wenn Gott vorhergewusst hat, dass Judas der Verräter sein werde, so wurde Judas mit Notwendigkeit der Verräter, und es war nicht in der Hand des Judas oder irgend einer Kreatur, es anders zu machen oder den Willen zu ändern, wiewohl er dies, indem er es wollte, nicht gezwungen tat, aber jenes Wollen war das Werk Gottes, welches seine Allmacht bewegte, wie auch alles Andere. Denn es steht unüberwindlich und deutlich der Spruch da (Hebr. 6,18.): „Gott lügt nicht“ und fehlt auch nicht. Hier sind nicht dunkle oder zweifelhafte Worte, wenngleich die gelehrtesten Männer aller Jahrhunderte allesamt blind sein sollten, so dass sie anders hielten und sagten. Und solltest du auch viele Ausflüchte machen, so wird doch dein und aller Gewissen, überführt, gezwungen so zu sagen: Wenn Gott nicht fehlt in dem, was er vorherweiß, so ist es notwendig, dass gerade das Vorhergewusste geschehe, denn wer könnte sonst seinen Verheißungen glauben, wer seine Drohungen fürchten, wenn nicht notwendiger Weise folgt, was er verheißt oder droht, oder wie sollte er verheißen oder drohen, wenn sein Vorherwissen trügt oder durch unsere Veränderlichkeit gehindert werden kann? Es verstopft dieses überaus helle Licht der gewissen Wahrheit völlig den Mund aller, löst alle Fragen auf und hat den Sieg erlangt wider alle spitzfindigen Ausflüchte. Wir wissen freilich, dass das Vorherwissen der Menschen irrt, wir wissen, dass eine Sonnenfinsternis nicht um deß willen kommt, weil man sie vorherweiß, sondern dass man sie darum vorherweiß, weil sie kommen wird. Was haben wir mit diesem Vorherwissen zu tun? Wir disputieren von dem Vorherwissen Gottes; wenn du diesem nicht zuschreibst, dass das Vorhergewusste notwendig gewirkt werde, so hast du schon den Glauben und die Furcht Gottes weggenommen, hast alle göttlichen Verheißungen und Drohungen wankend gemacht und sogar die Gottheit selbst geleugnet.“ (Martin Luther)

 

„Denn man soll frei daran verzweifeln, dass jemand einen guten Willen, gute Meinung, guten Vorsatz habe oder machen möge. Denn, wie oben gesagt, da ist allererst ein guter Wille, da kein Wille ist. Denn wo kein Wille ist, da ist allein Gottes Wille, der allerbeste. Darum wissen solche Kläffer viel, was böser oder guter Wille ist, und fahren frei einhin, und machen, dass wir mit dem Munde sprechen: „Dein Wille geschehe“; mit dem Herzen aber: „Mein Wille geschehe“, und also Gott und uns selbst spotten. So spricht man: Ei, hat uns doch Gott einen freien Willen gegeben. Antwort: Ja, freilich hat er dir einen freien Willen gegeben; warum willst du ihn denn machen zu einem eigenen Willen, und lässt ihn nicht frei bleiben? Wenn du damit tust, was du willst, so ist er nicht frei, sondern dein eigen. Gott aber hat dir, noch niemand einen eigenen Willen gegeben; denn der eigene Wille kommt vom Teufel und Adam, die haben ihren freien Willen, von Gott empfangen, ihnen selbst zu eigen gemacht. Denn ein freier Wille ist, der nichts Eigenes will, sondern allein auf Gottes Willen schauet, dadurch er denn auch frei bleibt, nirgend anhangend oder anklebend.“ (Martin Luther)

 

WIRKLICHKEIT UND SCHEIN

Gott ist das Sein in allem Seienden, denn die Dinge dieser Welt, die uns so ungemein wirklich vorkommen, sind es nur, insoweit sie an Gottes Wirklichkeit teilhaben. Wir alle sind nur in dieser abgeleiteten Weise „wirklich“ und sind es nur, weil Gott als Grund und Quelle des Seins uns Sein verleiht. Gott verhält sich zu uns, wie der Filmprojektor zu den flackernden Bildern, die er an die Wand wirft. Er ist die Realität, die uns zu flüchtigem Leben erweckt. Darum ist nichts da, ohne dass Gott darin ist, und nichts bleibt, wenn nicht Gott darin bleibt.

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WIRTSCHAFT

Die Welt mit all ihren Gütern und Kreaturen ist Eigentum des Schöpfers. Menschen hingegen sind Gäste auf Gottes Grund und Boden. Sie „besitzen“ Güter nur in dem uneigentlichen Sinne, dass Gott ihnen erlaubt, Nutznießer zu sein. Er will aber, dass alle (!) Gäste seines Tisches auskömmlich versorgt werden. Und dieser Absicht hat all unser Wirtschaften zu folgen. D.h.: Wer die Güter der Erde zusammenrafft und anhäuft, um sie für sich zu „bunkern“, entzieht sie ihrer Bestimmung und ist (wenn nicht vor der Justiz, so doch zumindest vor Gott) ein Dieb.

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Wissen

„Laß ab von allzugroßer Wissbegierde, denn es ist viel Zerstreuung und Betrug dabei. Die viel wissen, wollen gern glänzen und für Weise gehalten werden. Es gibt viele Dinge, deren Kenntnis der Seele wenig oder nichts frommt. Und sehr töricht ist derjenige, welcher nach andern Dingen trachtet, als denen, die zu seinem Heile dienen. Viele Worte sättigen die Seele nicht, aber ein gottseliges Leben erquicket das Gemüt und ein reines Gewissen verleiht große Zuversicht auf Gott. Je größer und gründlicher dein Wissen ist, desto strenger wirst du darnach gerichtet werden, wenn du nicht um so heiliger gelebt hast. Darum erhebe dich nicht wegen irgend einer Kunst oder Wissenschaft, sondern fürchte dich vielmehr der dir verliehenen Einsicht wegen. Wenn es dir scheint, du wissest viel und verstehest es gut genug; so sollst du doch wissen, dass es noch viel mehr Dinge gibt, die du nicht weißt. Tue nicht groß mit dem Wissen, sondern bekenne lieber deine Unwissenheit. - Was willst du dich über einen Andern erheben, da es so Viele gibt, die gelehrter und im Gesetz erfahrener sind, als du? Wenn du aber etwas Nützliches wissen und lernen willst, so lerne, gern unbekannt bleiben und für nichts gehalten werden.“ (Thomas von Kempen)

 

„Was nützt es dir, über die Dreieinigkeit hochgelehrt streiten zu können, wenn du die Demut nicht hast, ohne die du der Dreieinigkeit nur missfällst?“ (Thomas von Kempen)

 

„Je mehr du weißt und je besser du’s einsiehst, desto strenger wirst du darüber gerichtet werden, wenn du nicht um so viel heiliger gelebt hast, als deine Einsicht besser war. Darum trag du den Kopf deshalb nicht höher, weil du irgendeine Kunst oder Wissenschaft besitzt. Eben dies, dass dir soviel Erkenntnis gegeben ist, soll dich mehr furchtsam als stolz machen. Denn sie ist’s eben, die dich verdammt, wenn du nicht heiliger lebst als andere, die deine Erkenntnis nicht haben.“ (Thomas von Kempen)

 

Viel Wissens, wenig Gewissens. Sind zwei gute Freunde, und wohnen gemeiniglich bei einander. Du rühmst dich deiner großen Wissenschaft. Die Teufel wissen mehr als du, und müssen doch ewig in der Hölle brennen. Was nützt dein Vielwissen, wenn kein Gewissen dabei ist? Weißt du nicht, was Christus sagt: Der Knecht, der des Herrn Willen weiß und tut ihn nicht, wird viel Streiche empfangen? Du hast die Schrift studiert, aber hast du auch den innern geheimen Verstand gefasst? Was nützt sie im Gehirn und auf der Zunge, wenn sie nicht im Herzen ist? Die Liebe übertrifft das Wissen. Liebe bessert, Wissen bläht auf 1 Kor. 8,1. Wie das Wasser die Kraft des Weins dämpft, dass er nicht trunken mache; so muss die Liebe das Wissen bezwingen, dass es nicht aufblähe. Keine Wissenschaft bessert ohne Liebe. Wie die Speise den Leib nicht ernährt, wenn sie nicht durch die natürliche Hitze verdauet wird, so nützt keine Wissenschaft, wenn sie nicht das Feuer der göttlichen Liebe in sich hat. Ach, was erhebst du dich deiner Wissenschaft halber? Eine kleine Krankheit kann dein Haupt schwächen, deinen Verstand brechen, dein Gedächtnis verderben. Was brüstest du dich? Wie viel du immer weißt, ist doch alle deine Wissenschaft nur Stück- und Kinderwerk, 1 Kor. 13,9., und wo bleibt deine Wissenschaft nach dem Tode? Wie bald wird ihrer vergessen? Wer sich einbildet, er wisse was, der weiß noch nicht, was er wissen soll. Nichts wissen, ist das höchste Wissen. Du weißt alles. Kennst du auch dich selbst? Je mehr du dich bemühst, die Dinge zu wissen, die außer dir sind, je mehr vergisst du dein selbst, und deines inwendigen Grundes. Du weißt alles. Kennst du Gott auch? Alle Weisheit außer Gott ist Torheit, denn sie führt von der wahren Weisheit ab. Fürchte Gott. Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang. Siehe zu, dass du hie mit Gott vereinigt werdest durch den Glauben, so wirst du dermaleinst in Gott alles sehen und verstehen. Wie du ohne die Sonne die Sonne nicht sehen, und ohne Wasser auf dem Wasser nicht fahren; so kannst du Gott ohne Gott nicht erkennen. Drum bitte ihn, dass er dich erleuchte. Lass die Kreatur dir ein Spiegel sein, darin du Gott beschaust. Er ist aller Dinge Ursprung, und in ihm ist alles Gut unendlich besser, als in allen Dingen. Was du Gutes weißt, das übe; Wissenschaft ohne Tat ist eine Wolke ohne Regen, ein Baum ohne Frucht. Ich will allezeit dafür halten, dass ich nichts weiß, auch nichts begehren zu wissen, als nur Jesum den Gekreuzigten. So weiß ich genug, ob ich gleich sonst nichts wüsste.

(Heinrich Müller)

 

* – * – * – * – * – * – * – * – *

 

Konfuzius sprach: „Zi-lu, ich lehre dich das richtige Verhältnis zum Wissen! Sei dir bewusst, was du weißt. Was du hingegen nicht weißt, das gib zu. Das ist das richtige Verhältnis zum Wissen.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

WISSEN UND WEISHEIT

Weisheit ist zutreffende Erkenntnis, die der Person nicht äußerlich bleibt, sondern sie in Herz und Gemüt so erfüllt, dass es sich wie von selbst in einem der Erkenntnis entsprechenden Fühlen, Wollen und Verhalten niederschlägt. Allerdings bedarf diese formale Bestimmung einer inhaltlichen Ergänzung, weil Faktenwissen allein nicht weise macht. Es muss orientierendes Wissen um Werte, Pflichten und Ziele dazukommen, durch das der Mensch tugendhaft wird. Da das nicht ohne Gottesfurcht erlangt wird, ist diese der Anfang der Weisheit.

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WISSENSCHAFT

1.

Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.

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2.

Es liegt im Wesen des Glaubens, dass er die Wahrheit (und die vorbehaltslose Suche danach) nicht fürchten muss, ja nicht einmal fürchten kann. Denn wenn Gott der Grund aller Wirklichkeit ist, dann kann, wer den Grund aller Wirklichkeit sucht, letztlich nichts anderes finden als Gott. Und ist Wahrheit Übereinstimmung mit Wirklichkeit, so wird sich am Ende der Glaube - die Übereinstimmung mit Gott - von selbst als die größte Wahrheit erweisen.

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* – * – * – * – * – * – * – * – *

 

Das ist die Summe und der Kern alles dessen, was uns die Gnade lehrt: die Sinne bezähmen, das eitle Wohlgefallen verschmähen, sich nicht selbst zur Schau stellen, vielmehr alles, was des Lobes und der Bewunderung wert sein mag, mit dem Schleier der Bescheidenheit und Einfachheit verhüllen, in allen Dingen und allen Wissenschaften nichts anderes suchen, als dass Gott dadurch in allem gelobt und verherrlicht und der sinkenden Menschheit unter die Arme gegriffen werde. Thomas von Kempen

 

Die Wissenschaft ist darauf aus, die Sklaverei der Natur herbeizuführen. Nietzsche

 

Je mehr du weißt und je besser du’s einsiehst, desto strenger wirst du darüber gerichtet werden, wenn du nicht um so viel heiliger gelebt hast, als deine Einsicht besser war. Darum trag du den Kopf deshalb nicht höher, weil du irgendeine Kunst oder Wissenschaft besitzt. Eben dies, dass dir soviel Erkenntnis gegeben ist, soll dich mehr furchtsam als stolz machen. Denn sie ist’s eben, die dich verdammt, wenn du nicht heiliger lebst als andere, die deine Erkenntnis nicht haben. Thomas von Kempen

 

WITZ

Mit Spott bringt man Autoritäten auf Distanz. Man macht lächerlich, um nicht ernst nehmen zu müssen. Und so witzelt mancher auch über Gott. Doch der nimmt es keineswegs „mit Humor“. Denn Gott kann im Leben des Menschen ein Gegenstand der Verehrung sein. Oder er kann ein Gegenstand der Belustigung sein. Er kann aber nicht beides zugleich sein. Wovor einer Ehrfurcht hat, darüber lacht er nicht. Und worüber er lacht, davor hat er keine Ehrfurcht. So lachen Gottes Kinder mit dem Vater, aber nicht über ihn. Sie freuen sich am Vater, aber nicht auf seine Kosten. 

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Witz ist die plötzliche Hochzeit zweier Ideen, vor deren Verbindung keiner geglaubt hat, dass sie Beziehungen zueinander hätten. Unbekannt

 

Wort

Zi-lu sprach zu Konfuzius: „Wenn Euch der Herrscher des Staates Wei die Regierung anvertraute - was würdet Ihr zuerst tun?“ Der Meister antwortete: „Unbedingt die Namen richtigstellen.“ Darauf Zi-lu: „Damit würdet Ihr beginnen? Das ist doch abwegig. Warum eine solche Richtigstellung der Namen?“ Der Meister entgegnete: „Wie ungebildet du doch bist, Zi-lu! Der Edle ist vorsichtig und zurückhaltend, wenn es um Dinge geht, die er nicht kennt. Stimmen die Namen und Begriffe nicht, so ist die Sprache konfus. Ist die Sprache konfus, so entstehen Unordnung und Misserfolg. Gibt es Unordnung und Misserfolg, so geraten Anstand und gute Sitten in Verfall. Sind Anstand und gute Sitten in Frage gestellt, so gibt es keine gerechten Strafen mehr. Gibt es keine gerechten Strafen mehr, so weiß das Volk nicht, was es tun und was es lassen soll. Darum muss der Edle die Begriffe und Namen korrekt benutzen und auch richtig danach handeln können. Er geht mit seinen Worten niemals leichtfertig um.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Alle wollen Frieden haben, aber das, was allein wahren Frieden schaffen kann, das wollen nicht alle. Gottes Friede kehrt bei denen ein, die demütig und sanftmütig und es von ganzem Herzen sind. Gottes Friede wohnt da, wo viel Geduld wohnt. Gottes Friede bleibt da, wo man sein Wort gern hört und treu befolgt. Thomas von Kempen

 

Das ist der größte Zorn Gottes, wenn er das Wort wegnimmt und zulässt, dass die Menschen es verachten. Martin Luther

 

Der heutige Zustand der Welt, das ganze Le­ben ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte, was rätst du? - ich würde antwor­ten: Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen. Gottes Wort kann so nicht ge­hört werden. Und wenn es unter der Anwen­dung lärmender Mittel geräuschvoll hinausge­rufen wird, dass es selbst im Lärm gehört wer­de, so ist es nicht mehr Gottes Wort. Darum schaffe Schweigen! Sören Kierkegaard

 

Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation. Jean Paul

 

Die Tat legt das Wort aus. Martin Luther

 

Du bist ein Held in Worten; aber redlich fand ich keinen noch, der blendend über alles sprach. Sophokles

 

Es ist mit Gottes Wort nicht zu scherzen. Kannst du es nicht verstehen, so ziehe den Hut vor ihm ab. Martin Luther

 

Für eine gelungene Rede gebrauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge. Arthur Schopenhauer

 

Glatte Worte und schmeichelnde Mienen vereinen sich selten mit einem anständigen Charakter. Konfuzius

 

Gott macht niemals sein Wort passend für mich. Er macht mich passend für sein Wort. Oswald Chambers

 

Konfuzius sprach: „Der Edle schämt sich, wenn seine Worte seine Taten übertreffen.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Konfuzius sprach: „Triffst du einen Menschen, mit dem zu reden sich lohnt, und du redest nicht mit ihm, so hast du einen Menschen verfehlt. Triffst du einen Menschen, mit dem zu reden sich nicht lohnt, und du redest mit ihm, so hast du deine Worte vergeudet. Der Weise verfehlt weder einen Menschen, noch vergeudet er seine Worte.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Konfuzius sprach: „Wer in seinen Worten nicht maßvoll ist, von dem ist kaum zu erwarten, dass er handelt, wie er spricht.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Manches Gebet erstickt unter einer Bettdecke von Worten. C. H. Spurgeon

 

Verkündige das Evangelium. Wenn nötig, nimm Worte dazu. Franz von Assisi

 

Wer die heiligen Worte hütet, wird von ihnen behütet. Thomas von Aquin

 

WORT GOTTES

1.

Die Bibel ist nicht „nur“ Menschenwort oder „nur“ Gotteswort, ist auch nicht teils das eine und teils das andere, sondern beides zugleich und beides in Gänze. Ein Widerspruch besteht aber nicht, weil „Gotteswort“ die Urheberschaft meint und „Menschenwort“ die Berichterstattung: Wenn das Wasser einer Quelle durch Leitungen transportiert wird, darf man es mit demselben Recht „Quellwasser“ nennen, wie man es auch „Leitungswasser“ nennt.

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2.

Das biblische Wort ist nicht Gottes Wort allein, denn niedergeschrieben haben es Menschen. Das biblische Wort ist aber auch nicht allein Menschenwort, denn Menschen finden sich darin seit Jahrhunderten von Gott angeredet. Die Bibel ist demnach Gotteswort und Menschenwort zugleich – und ähnelt darin dem, von dem sie berichtet. Denn Jesus Christus war auch Mensch und Gott zugleich, ohne dass seine menschliche Natur die göttliche aufgehoben hätte (oder umgekehrt).

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3.

Die Bibel leiht sich ihre Autorität weder von der Vernunft noch von der Wissenschaft, sondern ist selbst in der Lage, ihre Botschaft Geltung zu verschaffen, indem sie den Leser berührt, ihn wandelt und zum Glauben überführt, niederschmettert und tröstet. Wer diese Erfahrung aber macht – wie könnte der noch zweifeln, dass diese Worte Gottes eigene Worte sind? Keiner glaubt der Bibel, weil man ihm vorher ihre göttliche Herkunft bewiesen hätte. Sondern umgekehrt: Weil die Schrift uns zu Gott neu in Beziehung gesetzt hat, darum glauben wir ihr.

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4.

Die Bibel ist das einzige Medium, das uns zuverlässig mit Gottes geschichtlicher Offenbarung in Jesus Christus verbindet. Sie ist darum der verbindliche „Originalton“, an dem sich alle späteren Interpretationen des Evangeliums und alle Gestalten kirchlichen Lebens messen lassen müssen. Dass Menschenhände das eine Wort Gottes niedergelegt haben, ändert daran nichts: Gott bleibt der „Autor“ hinter den biblischen Autoren, denn sie waren Instrumente seines Geistes.

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5.

Gott macht kein folgenloses Gerede. Vielmehr hat sein Wort die Dynamik einer riesigen Meereswoge, die alles, was mit ihr schwimmt, bis zum Horizont davon trägt, und alles, was sich entgegenstellt, auf den Grund hinunterdrückt und unterpflügt. Denn das Evangelium kommt zu mir, damit sich durch seine Botschaft bei mir ereigne, wovon die Botschaft berichtet. Nehme ich das Wort auf, wird eben damit die Gnade zum Ereignis, lehne ich es ab, habe ich die Gnade abgelehnt. Denn da ist nicht einerseits die Gnade, und andererseits das Wort, das von ihr redet, sondern die Gnade ist im Wort enthalten, und das Wort in der Gnade.

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6.

Blinde Blindenführer

Erg. 

7.

Mit hörenden Ohren nicht hören

Erg.

 

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„Wer nicht die Heilige Schrift hat, muss sich mit seinen Gedanken begnügen. Wer keinen Kalk hat, mauert mit Dreck.“ (Martin Luther)

 

„Was ist die heilige Schrift? Sie ist das Wort Gottes, welches auf den Antrieb des heiligen Geistes von den Propheten und Aposteln niedergeschrieben ist und uns von dem Wesen und dem Willen Gottes unterweiset.“ (Leonhard Hutter)

 

„Was ist denn Gottes Wort? Es ist die heimliche, verborgene Weisheit Gottes, 1 Kor. 2, darin Gott sein Wesen und Willen durch’s Wort uns armen Menschen offenbaret, so viel uns zu wissen in diesem Leben dazu vonnöten ist, dass wir unsere Not und Elend, darein wir durch die Sünde geraten, erkennen, item, wie uns daraus geholfen werde, wie wir Gott recht erkennen und ehren, uns auch gottseliglich verhalten sollen, und was nach diesem Leben folgen werde etc.“ (Martin Chemnitz)

 

„Gottes Wort vereiniget uns mit Gott, vermählet unsere Seele mit Christo durch den Glauben, machet unser Herz zur Wohnung, Tempel und Werkstatt des heil. Geistes, mehret den Glauben, entzündet die Liebe, stärket die Hoffnung, gebieret Geduld, machet kräftig das Gebet, erwecket die Andacht, lindert die Trübsal, heilet die geistlichen Schmerzen, tröstet die Traurigkeit, besänftigt die Betrübnis erweichet die Härtigkeit des Herzens, bewegt zum Mitleiden, verschmähet der Welt Eitelkeit, wirket Demut, entdecket dem Menschen seine eigene Schwachheit, streitet wider die Anfechtung, offenbaret göttliche Geheimnisse, preiset die Werke Gottes, mildert das menschliche Elend, bessert das ganze Leben, locket herzu die heiligen Engel, gibt einen Vorgeschmack des ewigen Lebens, und gibt das Geleit ins ewige Vaterland.“ (Johann Arndt)

 

„Von Gott heißt, das nach seinem Wort und Gebot durch uns geschieht. Ohne Gott heißt, das außer seinem Wort und Gebot durch uns selber geschieht. Denn wir nun so oft gelehrt haben, dass wir nichts tun sollen, wir haben denn gewiss Gottes Wort dazu, und Gott selber auch nichts mit uns zu tun hat, noch wir mit ihm, ohne das einige Mittel, welches ist sein Wort, wodurch wir seinen Willen erkennen und uns darnach zu richten haben. Wer einen Gott hat ohne sein Wort, der hat keinen Gott, denn der rechte Gott hat unser Leben, Wesen, Stand, Amt, Reden, Tun, Lassen, Leiden und alles in sein Wort gefasst, und uns vorgebildet, dass wir außer seinem Wort nichts suchen, noch wissen dürfen noch sollen, auch von Gott selbst nicht, denn er will von uns außer seinem Wort mit unserm Dichten und Nachdenken unbegriffen, ungesucht, ungefunden sein, wie Salomo sagt, Sprichw. 25,27.: „Wer die Majestät erforschet, den wird sie unterdrücken.“ Darum gebührt uns nicht, zu tun noch zu urteilen nach dem heimlichen Rat und Willen seiner Majestät, sondern alles und allein nach dem öffentlichen Rat und Willen seines Worts.“ (Martin Luther)

 

„Wie wir glauben und bekennen, dass die Schriften Gottes hinreichend sind, um die Menschen Gottes zu belehren und vollkommen zu machen, so behaupten und bekennen wir auch, dass die Autorität derselben von Gott sei und weder von einem Menschen noch von einem Engel abhängt. Wir bezeugen daher, dass diejenigen, welche vorgeben, die Schrift habe keine Autorität, sondern das, was von der Kirche angenommen sei, Gott lästern und die wahre Kirche beleidigen, welche immer nur hört auf die Stimme ihres eigenen Bräutigams und Hirten und ihr allein gehorcht; aber sich nicht anmaßt, seine Herrin zu sein.“ (John Knox)

 

„Wir glauben, lehren und bekennen, dass die einzige Regel und Richtschnur, nach welcher alle Lehren und alle Lehrer gerichtet und beurteilt werden sollen, allein die prophetischen und apostolischen Schriften des Alten und Neuen Testamentes sind.“ (Konkordienformel)

 

„Die Heil. Schrift oder die einzige Erkenntnisquelle der Religion, Theologie und Dogmatik ist nichts anders als das Wort Gottes, das unter Eingebung des Heil. Geistes durch die Propheten, Evangelisten und Apostel schriftlich niedergelegt ist, damit die Sünder aus demselben die Erkenntnis zum ewigen Leben gewinnen sollen.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Gott wollte, dass seine Offenbarung schriftlich aufgezeichnet würde, damit dieselbe für alle Zeiten rein und lauter erhalten werde: darum hat er sie niedergelegt in hl. Schrift A. und N. Testaments. Dieselbe wird daher definiert als das schriftlich aufgezeichnete Wort Gottes (…). Zwischen ihr und dem Worte Gottes ist dann kein realer Unterschied mehr, da sie nichts anderes mehr enthält, als eben dieses Wort Gottes, welches auch mündlich verkündigt wurde, und zugleich dieses Wort Gottes ganz und vollständig, so dass jetzt außerhalb ihrer kein Wort Gottes mehr zu finden ist. – Indem aber die hl. Schrift Gottes Wort ist, unterscheidet sie sich dadurch von allen anderen Büchern, denn sie ist damit ihrem ganzen Sinn und Inhalt nach durchaus göttlich: das aber ist sie dadurch, dass sie von Gott den Propheten und Aposteln ist eingegeben worden. Gott also ist ihr Urheber (causa principalis), und Propheten und Apostel sind nur die causa instrumentalis, deren sich Gott bei Anfertigung derselben bediente. Wir haben darnach die Entstehung der hl. Schrift einer besonderen Wirkung Gottes zuzuschreiben, vermöge welcher er die Propheten und Apostel zu Anfertigung hl. Schrift antrieb, und ihnen das zu Schreibende nach Form und Inhalt eingab. Diese Wirkung Gottes, durch welche die hl. Schrift entstanden ist, nennen wir Inspiration.“ (Heinrich Schmid)

 

„Wenn die hl. Schrift wirklich Gottes Wort ist, so folgt daraus, dass wir ihr zu unbedingtem Glauben und Gehorsam verpflichtet sind: wenn sie allein Gottes Wort ist, und es außer ihr keine Quelle der Wahrheit gibt, so muss sie dieselbe vollkommen enthalten und muss sie deutlich genug sein, damit wir aus ihr die Wahrheit wirklich schöpfen können: wenn sie endlich als Gottes Wort das einzige Mittel ist, durch welches wir zum Glauben gelangen können, so muss sie auch mächtig genug sein, diesen Glauben in uns zu wirken.“ (Heinrich Schmid)

 

„Das Wort ist unendlich mächtiger als das Schwert, und wer es zu führen weiß in starker, weiser Hand, ist mächtiger als der mächtigste aller Könige. Wenn die Hand erstirbt, die das Schwert geführt, wird das Schwert mit der Hand begraben, und wie die Hand in Staub zerfällt, so wird vom Rost das Schwert verzehrt. Aber wenn im Tode der Mund sich schließt, aus dem das Wort gegangen, bleibt frei und lebendig das Wort; über dasselbe hat der Tod keine Macht, ins Grab kann es nicht verschlossen werden, und wie man die Knechte Gottes schlagen mag in Banden und Ketten, frei bleibt das Wort Gottes, welches aus ihrem Munde gegangen.“

(Jeremias Gotthelf)

 

WORT UND GLAUBE

1.

Manchmal wird behauptet, es käme beim Glauben vor allem auf die Hingabe an, während der geglaubte Inhalt nicht so wichtig sei. Aber kann man sich von Herzen hingeben, ohne zu wissen an wen? Kann man rückhaltlos vertrauen, ohne zu wissen auf was? Das ist unmöglich, denn so wenig wie ein Verliebter kann der Gläubige seine Ergriffenheit trennen von dem, was ihn ergriffen hat. Wir fürchten, vertrauen und lieben Gott, weil er ist, wie er ist. Wäre er aber anders (oder hätten wir keine Ahnung wie er ist), wäre das unmöglich, denn der Glauben ist lediglich ein Reflex, der widerspiegelt, wie Gott uns in seiner Offenbarung gegenübertritt.

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2.

Glaube besteht nicht im „Hören auf das eigene Herz“, sondern im Hören auf Gottes Wort. Und er macht ernst damit, dass alles in Wahrheit nur ist, was es in Gottes Augen ist. Nichts wird in seinem Wesen erkannt, wenn man es nicht zu Gott in Relation setzt. Und alles, was man aus dieser Relation löst, wird notwendig missverstanden. Darum ist Glaube ist ein Verfahren der Meinungsbildung, das dem Anschein gerade nicht vertraut, sondern jedes Ding im Lichte des Evangeliums betrachtet, um es dann so zu bewerten, wie es sich in diesem Licht darstellt.

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WUNDER

1.

Das biblische und das moderne Weltbild widersprechen sich nur scheinbar, denn recht verstanden sind es bloß unterschiedliche Zugänge zu ein und derselben Wirklichkeit und einander ergänzende Perspektiven. Dementsprechend stehen auch Wunder nicht im Gegensatz zur Natur, sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir über die Natur wissen. Mögen sie im beschränkten Horizont des Menschen „unerklärlich“ scheinen, müssen sie deswegen doch nicht „widernatürlich“ sein. Vielleicht bedient sich Gott der Natur nur auf eine Weise, die wir nicht verstehen.

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2.

Die Wundertaten Jesu laufen den uns bekannten Gesetzmäßigkeiten zuwider und irritieren uns darum. Doch gerade in der Irritation liegt ihre Botschaft: Wo Jesus Christus ins Spiel kommt, muss nicht alles bleiben, wie es immer war und der fatale Lauf der Welt ist nicht mehr unabänderlich. Krummes kann durch ihn gerade und Totes lebendig werden. Darum glauben Christen nicht unbedingt alle Mirakel der Vergangenheit - aber sie glauben, dass Gott jederzeit frei ist, unser Geschick zum Guten zu wenden.

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3.

Ins Zentrum seiner Verkündigung hat Jesus das Reich Gottes gestellt. Er predigt vom Reich, weil es nahe herbei gekommen ist. Er erzählt davon in höchst dynamischen Gleichnissen. Und er fordert von seinen Jüngern, für das Kommende radikal offen und bereit zu sein. Jesus knüpft die Nähe des Reiches unmittelbar an seine Person. Seine Wunder machen anschaulich, welche Freiheit damit anbricht. Die Bergpredigt zieht die ethischen Konsequenzen. Und auch das Kreuz Christi ist direkt auf das Reich bezogen, weil es Sündern den Zugang ermöglicht.

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„Mögen andere die göttliche Macht bewundern, die göttliche Gnade ist noch viel mehr zu bewundern, wenngleich in Gott die Macht und die Barmherzigkeit einander die Waage halten, nämlich beide unendlich sind. Mögen andere die Schöpfung bewundern, mir gefällt es mehr die Erlösung zu bewundern, wenngleich sowohl die Schöpfung als die Erlösung die Tat einer unendlichen Macht ist. Groß ist es, den Menschen, der nichts verdient hat, weil er noch nicht einmal da ist, zu schaffen; größer scheint es noch zu sein, den Menschen, der sich versündigt hat, zu erlösen und die Genugtuung der Schuld auf sich zu nehmen. Wundernswert ist es, dass unser Fleisch und unsere Gebeine uns von Gott gebildet sind; wundernswerter noch ist es, dass Gott selbst Fleisch von unserm Fleische, und Bein von unsern Gebeinen werden wollte Eph. 5,30. O meine Seele, danke deinem Gott, der dich geschaffen hat, da du noch nicht warest, der dich erlöst hat, da du durch die Sünde verdammt warest, der dir, weil du Christo durch den Glauben anhängest, himmlische Freuden bereitet hat!“ (Johann Gerhard)

 

„Wer ein Axiom zu beweisen sucht, verliert sich in Unsinn; darum sollen wir nie versuchen, das Dasein Gottes zu beweisen. Wer das Selbstverständliche in einem Axiom nicht begreifen kann, gehört zu den Menschenkindern, denen das Begreifen schwer fällt. Diese Unbegabten soll man beklagen, aber nicht strafen. Will man nun eine Definition von Gott geben, so sagt man zuerst: Er ist allmächtig. Daraus folgt, dass er die Gesetze aufheben kann, die er gegeben hat. Da wir aber nicht alle seine Gesetze kennen, wissen wir nicht, wann er ein für uns unbekanntes Gesetz anwendet oder ein für uns bekanntes aufhebt. Was wir Wunder nennen, kann also nach strengen Gesetzen zustande kommen, die wir nicht kennen. Wir müssen darum ungewöhnlichen oder unerklärlichen Ereignissen gegenüber zusehen, dass wir keine Fehlschlüsse machen. Die ziehen uns das Lächeln und die Geringschätzung der Mitmenschen zu, denen das Begreifen leicht wird.“

(August Strindberg)

 

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Das Wunder ist nicht ein Widerspruch zu den Naturgesetzen, sondern ein Widerspruch zu dem, was wir von diesen Gesetzen wissen. Augustin

 

Er wunderte sich, dass den Katzen gerade an der Stelle zwei Löcher in den Pelz geschnitten wären, wo sie die Augen hätten. G. Chr. Lichtenberg

 

Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden, auch erwärmt sie es nicht so sehr. Darum willst du auch erleuchtet und warm werden durch das Evangelium, göttliche Gnade und Wunder sehen, dass dein Herz entbrannt, erleuchtet und fröhlich werde, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kann, da wirst du finden Wunder über Wunder! Martin Luther

 

Vielleicht ist die Kunst, die mit Geistesstärke Wunder tun will, wie sie nur, zu seinem Zwecke, der alte Meister vermag, am Ende die beschämteste unter allen menschlichen Künsten. Vielleicht war solche Überhebung gar nicht Kunst. Karl Kraus

 

Wunsch

Willst du ein aufrechtes Herz haben? Tue du, was Gott will, und wolle nicht, dass Gott tue, was du willst. Augustinus

 

Der Wunsch, klug zu sein, hindert uns oft, es zu werden. Rochefoucauld

 

Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden. Marie von Ebner-Eschenbach

 

Da die Natur uns in jedem Zustand stets un­glücklich macht, malen unsere Wünsche uns einen glück­lichen Zustand aus, weil sie dem Zustand, in dem wir uns befinden, die Freuden des Zustandes hinzugesellen, in dem wir uns nicht befinden, und wenn wir diese Freuden erreichten, würden wir deshalb nicht glücklich sein, weil wir dann andere Wünsche hätten, die jenem neuen Zustand entsprächen. Blaise Pascal

 

Dein wahres Glück, o Menschenkind, o, glaube doch mitnichten, dass es erfüllte Wünsche sind: Es sind erfüllte Pflichten. Friedrich Karl von Gerok

 

Der Mensch denkt sich Gott so, wie er ihn sich wünscht; aber Gott bleibt immer so, wie er ist. Franziskus von Assisi

 

Der Mensch wünscht immer, besser als jeder andere zu sein, nur nicht besser als sein Sohn. Aus Jugoslawien

 

Die große Frage, die niemals beantwortet worden ist und die ich trotz dreißig Jahre langer Erforschung der Frauenseele auch nicht beantworten konnte, lautet: Was wünscht sich eine Frau? Sigmund Freud

 

Es ist einfach falsch, unter Glückseligkeit sich die Erfüllung aller Wünsche vorzustellen. Leo Tolstoi

 

Glück? Sollst du Glück haben? Wünsche ich dir auch nur eine Spur von Glück – wenn sie nicht deinen Wert erhöhte? Wert wünsche ich dir. Christian Morgenstern

 

Keiner von euch ist wirklich gläubig, solange er nicht für seinen Bruder das gleiche wünscht wie für sich selbst. Muhammad

 

Konfuzius sprach: „Reichtum und Ansehen - das wünschen sich die Menschen. Kann man jedoch nicht auf anständige Weise dazu gelangen, dann soll man sich weder um das eine noch um das andere bemühen.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Nicht wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm. Seneca

 

Wie glücklich und klug ist doch der Mensch, der keine andere Sorge kennt, als zu leben, wie er im Tod wünschen wird, gelebt zu haben! Thomas von Kempen

 

WÜNSCHE, UNERFÜLLTE

Es scheint normal, dass Menschen ständig etwas begehren und auf etwas aus sind. Doch dürfen wir uns von unerfüllten Wünschen nicht beherrschen lassen. Denn (1.) währt die Freude über Erreichtes immer nur kurz. (2.) verhindert ständiges Begehren die dankbare Würdigung des Gegebenen. (3.) Bringt uns ungestilltes Begehren in Versuchung, uns das Begehrte, wenn wir‘s anders nicht haben können, auf unrechtmäßigem Wege zu verschaffen. Und (4.) verdrängt das Begehren irdischer Güter das Streben nach Gott und seinem Reich, das viel wichtiger wäre. 

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WÜRDE DES MENSCHEN

Man hört oft, nur selbstbestimmtes Leben sei menschenwürdig. Doch ist das ein Irrtum. Denn einerseits gibt es viel fremdbestimmtes Leben, das in Würde gelebt wird. Und andererseits kann man gerade durch Selbstbestimmung seine Würde verlieren. Richtiger ist es darum, den Zusammenhang von „Wert“ und „Würde“ zu sehen, denn „würdigen“ bedeutet, jedes Ding mit der seinem Wert entsprechenden „Wertschätzung“ zu behandeln. Zu würdigenden Wert hat der Mensch aber nicht durch seine vermeintliche Autonomie, sondern durch seinen Schöpfer, der ihn dazu beruft, Gottes geliebtes Kind zu sein.

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Das ist ein Jagen auf dieser Erden

nach Rang und Würden und gleißendem Schein.

Im hitzigen Fieber, etwas zu werden,

versäumen die Toren, etwas zu sein. Oskar Blumenthal

 

Der Mensch ist sichtlich geschaffen, um zu denken. Dies ist seine ganze Würde und sein ganzes Ver­dienst; und seine ganze Pflicht ist es, richtig zu denken. Nun verlangt aber die Ordnung der Gedanken, dass man mit sich selbst, seinem Schöpfer und seinem Endzweck beginnt. Woran aber denkt die Welt? Daran niemals, sondern an Tanz, Lautenspiel, Gesang, Verseschmieden, Ringel­stechen usw. und daran, sich zu schlagen, sich zum Kö­nig zu machen, ohne darüber nachzudenken, was es be­deutet, König zu sein, und was, Mensch zu sein. Blaise Pascal

 

Die Pflicht gegen sich selbst besteht darin, dass der Mensch die Würde der Menschheit in seiner eigenen Person bewahre. Immanuel Kant

 

Konfuzius sprach: „Der Edle ist voll Würde, aber er ist nicht hochmütig. Der Gemeine hingegen ist hochmütig, aber er hat keine Würde.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Konfuzius sprach: „Es bekümmert mich nicht, dass ich ohne Amt und Würden bin. Ich sorge mich vielmehr, dass es mir an Fähigkeiten und eigenem Vermögen mangelt. Auch betrübt es mich nicht, unbekannt zu sein. Es geht mir nur darum, würdig zu sein, dass man mich kennt.“ „Gespräche“ des Konfuzius

 

Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr noch durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß. Anonym

 

WÜRDE, RESPEKT, EHRE

Der Begriff „Ehre“ beschreibt die persönliche Integrität einer Person, deren Verhalten übereinstimmt mit den von ihr erhobenen Ansprüchen, den von ihr anerkannten Werten und den von ihr gegebenen Zusagen. Weil Gott aber sagt, was er denkt, tut, was er sagt, und hält, was er verspricht, ist er der Inbegriff der Ehre. Gott stimmt mit sich selbst ganz und gar überein. Er kennt kein Abweichen von Sein und Schein, Pflicht und Wirklichkeit. Und darum ist es recht und billig, nicht den fehlbaren Geschöpfen, sondern allein dem Schöpfer die ihm gebührende Ehre zu geben – und sie vor aller Welt zu bezeugen.

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Wut

Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend sein auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer. Aristoteles

 

Sei nicht wütend, dass du andere nicht so machen kannst, wie du sie gerne hättest, denn du kannst dich selbst nicht so machen, wie du sein möchtest. Thomas von Kempen