Theologische Impulse N
Es ist nicht eine der geringsten Gnade auf Erden, treue Nachbarn zu haben. Martin Luther
Genug: das, was uns zufriedenstellen würde, wenn nicht die Nachbarn mehr hätten. Unbekannt
1.
Die Taufe begründet zwischen dem Christen und Jesus Christus eine enge Schicksalsgemeinschaft, die durch den Begriff der „Nachfolge“ charakterisiert wird: Die heutigen „Nachfolger“ und „Jünger“ Jesu teilen mit ihrem Herrn nicht mehr die staubigen Straßen Galiläas. Aber wie Christi Weg ins Leid führte, so bekommt auch der Christ sein Kreuz zu tragen. Und wie Christi Weg durchs Leid hindurch zum Triumph führte, so gewinnt auch der Christ Anteil an der Auferstehung.
2.
Ging Jesus seinen schweren Weg, damit wir ihn auch gehen? Oder ging er ihn stellvertretend für uns, damit wir das nicht müssen? Wohl folgt ein Jünger seinem Vorbild. Aber die Erlösten werden nicht zu Erlösern, wie der Lehrling einmal zum Meister wird. Der im Guten Vorangehende bahnt und ebnet für alle Nachfolgenden den Weg, so dass sie ihn in seinem „Windschatten“ bewältigen können. Jesus vertritt uns im Beseitigen der Hindernisse. Die Stellvertretung geht aber nicht so weit, dass er uns auch noch das Laufen abnähme!
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„Wenn die Heilige Schrift von der Nachfolge Jesu spricht, so verkündigt sie damit die Befreiung des Menschen von allen Menschensatzungen, von allem, was drückt, was belastet, was Sorge und Gewissensqual macht. In der Nachfolge kommen die Menschen aus dem harten Joch ihrer eigenen Gesetze unter das sanfte Joch Jesu Christi. Wird damit dem Ernst der Gebote Jesu Abbruch getan? Nein, vielmehr wird erst dort, wo das ganze Gebot Jesu, der Ruf in die uneingeschränkte Nachfolge bestehen bleibt, die volle Befreiung der Menschen zur Gemeinschaft Jesu möglich. Wer ungeteilt dem Gebote Jesu folgt, wer das Joch Jesu ohne Widerstreben auf sich ruhen lässt, dem wird die Last leicht, die er zu tragen hat, der empfängt in dem sanften Druck dieses Joches die Kraft, den rechten Weg ohne Ermatten zu gehen.“ (Dietrich Bonhoeffer)
Christus, unser König und Hoherpriester, hat uns vor Gott dem Vater zu Königen und Priestern gemacht. Wir sollen also über das Fleisch gebieten, über die Sünde herrschen, dem Teufel widerstehen, als Könige. Wir sollen unsere Leiber Gott zu einem geistlichen Opfer darbringen, als Priester. Wir nennen uns Christen nach Christus, es geziemt sich also, dass wir uns Christo als dem Haupte anpassen, uns demütig in seine Genossenschaft begeben, seine Herrschaft uns gefallen lassen, unser Heil einzig ihm befehlen; er ruft uns zu: „Ich bin der Weg“, also wollen wir seinem Beispiel nacheifern. „Ich bin die Wahrheit“, also wollen wir seinen Worten Glauben schenken. „Ich bin das Leben“, also wollen wir im Tode unsere Seelen ihm befehlen. Demselbigen sei Lob Ehr’ und Preis in ewige Zeiten. Amen.
(Joh. Ernst Gerhard)
Höre, was der Herr sagt: „Wenn mir einer dienen will, so folge er mir nach.“ Mit welcher Frucht, um welchen Lohn, für welchen Preis? – „Und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.“ – Wo wird es gut sein ohne ihn, oder wann kann es schlimm sein mit ihm? Höre es noch deutlicher: „Wer mir wird gedient haben, den wird mein Vater ehren.“ – Mit welch anderer Ehre, als dass der Diener bei seinem Sohne sei? Denn was Christus oben sagt: „Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein“, ist auch hier gesagt, wenn er spricht: „Mein Vater wird ihn ehren.“ Denn welch größere Ehre kann der angenommene Sohn empfangen, als dass er sei, wo der eingeborene Sohn ist, nicht in der Gottheit ihm gleichgemacht, sondern in der ewigen Glückseligkeit ihm zugesellt.
(Augustinus, gest. 430)
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Jesus Christus will nicht Bewunderer, sondern Nachfolger. Der Bewunderer ist die billige Volksausgabe des Nachfolgers. Sören Kierkegaard
Das Kreuz eines Christen besteht in dem Leid, das er bewusst in Kauf nimmt, weil es für die vollen Gemeinschaft mit Gott und zum Abbau seines „alten Menschen“ erforderlich ist. Gott schickt uns solches Kreuz zu Hilfe, denn alles, was uns von Adam her angeboren ist, muss in und an Christus sterben. Es ist gut gemeint! Und so können wir alles als „Kreuz“ ansehen, was geeignet ist, unsere Vermessenheit zu dämpfen, unseren Stolz zu brechen und unser Rühmen zu unterbinden. Das Kreuz verhilft uns (unter dem Anschein des Gegenteils) zum Leben. Doch – das Leid um des Leides willen zu suchen, ist keine fromme, sondern eine echt kranke Idee!
1.
Der christliche Glaube lehrt uns, am anderen Menschen nicht nur zwei, sondern drei „Schichten“ wahrzunehmen: Da ist die Maske, die er trägt (1). Und da ist der Sünder, der sich dahinter versteckt (2). Doch verborgen unter Schauspielerei und Schmutz ist der Mitmensch auch noch Gottes geliebtes Kind (3). Der Gläubige kann darum niemanden hassen. Er durchschaut zwar die Maske und lehnt die Sünde ab. Den Sünder aber versucht er zu lieben, wie Gott ihn liebt, damit der andere das Ebenbild Gottes werden kann, das zu sein er berufen ist.
2.
Jesus hält sich nicht damit auf, was einer war, oder was er vorgibt zu sein, sondern konzentriert sich auf das, was der Mensch werden soll, weil jeder dazu bestimmt ist, ein Ebenbild Gottes zu sein. Nicht woher der Mensch kommt interessiert Jesus, sondern ob er mitgeht und unterwegs ist zum Reich Gottes. Und sein Gegenüber auf diesem Weg voranzubringen – eben das heißt für Jesus Nächstenliebe. Sie besteht nicht darin, einem das zu geben, was er wünscht, sondern das, was er nötig hat, um Gott näher zu kommen. Braucht‘s dafür Strenge, so ist Jesus streng. Und braucht‘s dafür Milde, so ist er mild.
3.
Es ist unvermeidlich, dass wir uns über die Worte und Taten anderer ein Urteil bilden. Doch darf das nicht auf lieblose Weise geschehen. Wir sollen immer zuerst vor der eigenen Tür kehren und uns über niemanden erheben, wir sollen nicht etwa den Menschen, sondern nur seine Taten verwerfen, sollen ihn nur in Liebe tadeln – und das auf so hilfreiche Weise, dass er es auch annehmen kann. Jesus fordert, dass wir kritisieren, ohne zu verletzen, aufdecken, ohne bloßzustellen und korrigieren, ohne zu belehren. Doch bleibt unsere Urteilskraft eine Gottesgabe. Und von ihr Gebrauch zu machen, ist unumgänglich.
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Wir müssen unseren Nächsten lieben - entweder weil er gut ist oder damit er gut werde. Augustin
Wo die Nächstenliebe nur darin besteht, nichts Böses zu tun, ist sie von der Faulheit kaum zu unterscheiden. Emil Gött
Pfarrer Johann Friedrich Flattich war eines der bekanntesten Originale der württembergischen Kirche. Zahlreiche Anekdoten erzählen von seiner Schlagfertigkeit. So hat Pfarrer Flattich eines Tages einem bettelnden Durchreisenden sein bestes Paar Strümpfe geschenkt. Ganz entrüstet meinte seine Frau, ein Paar schlechte Strümpfe hätten doch für den Bettler gereicht. Worauf Flattich nur sagte: „Schlechte hatte der Mann selber!”
Die Bibel gebietet uns, unsere Nächsten zu lieben und auch die Feinde zu lieben; wahrscheinlich deshalb, weil es in der Regel dieselben Leute sind. G. K. Chesterton
Tue nichts im Leben, was dir Angst machen muss, wenn es dein Nächster bemerkt. Epikur
Wenn Du willst, dass Dein Nächster an Gott glaubt, dann lass ihn sehen, was Gott aus Dir gemacht hat… Ralph Waldo Emerson
„Nichts macht einen Stoff so sehr und so gut fähig, Feuer zu werden, als ihn dem Feuer nahe zu bringen und ihn immer mehr von der Wärme durchdringen zu lassen. Dieser Stoff könnte noch so feucht sein, er könnte Stein oder Stahl sein – bleibt er nur in der Nähe des Feuers, so wirkt dies auf ihn ein und macht ihn sich ähnlich; oder aber es zieht ihn ganz in sich und verwandelt ihn in Feuer oder in einen entflammbaren Stoff. Ebenso kann ein Mensch noch so dem Bösen ergeben, noch so hart, noch so durchtränkt von Sünden, dem Schlechten zugeneigt sein – mag es sich nun um die Welt oder die Geschöpfe handeln –, wenn er sich diesem göttlichen Feuer oft, in ernster Andacht, in reiner Gesinnung nahen will und tun, was er von seiner Seite nur vermag, so wird er diesem Feuer nicht nahe bleiben, ohne dass sein trockenes, steinernes, stählernes Herz warm werde, weich, feurig und göttlich.“ (Johannes Tauler)
„Nie hat ein Mensch nach irgend etwas so sehr begehrt, wie Gott danach begehrt, den Menschen dahin zu bringen, dass er ihn erkenne. Gott ist allzeit bereit, wir aber sind sehr unbereit; Gott ist uns nahe, wir aber sind ihm sehr fern; Gott ist drinnen, wir aber sind draußen; Gott ist in uns daheim, wir aber sind in der Fremde.“ (Meister Eckhart)
„Der Mensch soll sich in keiner Weise je als fern von Gott ansehen, weder wegen eines Gebresten noch wegen einer Schwäche noch wegen irgend etwas sonst. Und wenn dich auch je deine großen Vergehen so weit abtreiben mögen, dass du dich nicht als Gott nahe ansehen könntest, so sollst du doch Gott als dir nahe annehmen. Denn darin liegt ein großes Übel, dass der Mensch sich Gott in die Ferne rückt; denn, ob der Mensch nun in der Ferne oder in der Nähe wandele: Gott geht nimmer in die Ferne, er bleibt beständig in der Nähe; und kann er nicht drinnen bleiben, so entfernt er sich doch nicht weiter als bis vor die Tür.“ (Meister Eckhart)
Die Naivität der Kinder ist nicht zu idealisieren oder zu fördern. Denn ein unrealistisches Bild vom „lieben Gott“ wird später auf dem Müllhaufen landen, auf dem schon das Einhorn und die Zahnfee liegen. Ein Vorbild sind Kinder aber, insofern sie mit dem Klein-Sein kein Problem haben, es normal finden, wenn vieles ihren Horizont übersteigt, und sich unbefangen auf ihre Eltern verlassen. Nicht das Defizitäre am Kind ist „vorbildlich“, sondern seine Bereitschaft, hinsichtlich seiner Defizite auf die guten Mächte zu vertrauen, die ihm überlegen sind!
1.
Mit Spott bringt man Autoritäten auf Distanz. Man macht lächerlich, um nicht ernst nehmen zu müssen. Und so witzelt mancher auch über Gott. Doch der nimmt es keineswegs „mit Humor“. Denn Gott kann im Leben des Menschen ein Gegenstand der Verehrung sein. Oder er kann ein Gegenstand der Belustigung sein. Er kann aber nicht beides zugleich sein. Wovor einer Ehrfurcht hat, darüber lacht er nicht. Und worüber er lacht, davor hat er keine Ehrfurcht. So lachen Gottes Kinder mit dem Vater, aber nicht über ihn. Sie freuen sich am Vater, aber nicht auf seine Kosten.
2.
Gottes Name ist an sich schon heilig. Die erste Bitte des Vaterunsers zielt aber darauf, dass er auch allseits als heilig erkannt, anerkannt und gepriesen werden soll. Das größte Hindernis ist dabei Gottes eigenes Volk, das ihm wenig Ehre macht. Doch Gott selbst wird für die Erfüllung dieser Bitte sorgen, indem er seinen Namen groß und herrlich macht im Erweis seiner Treue vor aller Augen. Gott wird sich als heilig erweisen, um seines Namens willen. Und eben diesen Moment, in dem die Wahrheit endgültig zu Tage tritt, sehnt der Beter des Vaterunsers herbei.
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„Was will das dritte Gebot? Dass wir nicht allein mit Fluchen oder mit falschen Eid, sondern auch mit unnötigem Schwören den Namen Gottes nicht lästern oder missbrauchen noch uns mit unserem Stillschweigen und Zusehen solcher schrecklichen Sünden teilhaftig machen; und in Summa, dass wir den heiligen Namen Gottes nicht anders als mit Furcht und Ehrerbietung gebrauchen, damit er von uns recht bekannt, angerufen und in allen unseren Worten und Werken gepriesen werde.“ (Heidelberger Katechismus)
Der Name ist heutzutage das einzige, welches die Menschen am Teufel nicht mögen. Friedrich Hebbel
Die Ärzte glauben, ihrem Patienten sehr viel genützt zu haben, wenn sie seiner Krankheit einen Namen geben. Immanuel Kant
Wäre der Tod nicht, es würde keiner das Leben schätzen. Man hätte vielleicht nicht einmal einen Namen dafür. Jakob Bosshart
Auf der Wiese der Hoffnung weiden viele Narren. Aus Russland
Der Mensch bleibt närrisch bis ins vierzigste Jahr. Wenn er dann anfängt, seine Narrheit zu erkennen, ist das Leben schon dahin. Martin Luther
Die eine Hälfte der Welt lacht über die andre, und Narren sind sie alle. Baltasar Gracián
Die Fürsten hätten sich und ihren Völkern viel Unglück ersparen können, wenn sie die Hofnarren nicht abgeschafft hätten. Seit die Wahrheit nicht mehr sprechen darf, handelt sie. Ludwig Börne
Es gibt ausgesuchte Narren, welche immer mit einem vollen Köcher von Bannflüchen und Machtsprüchen einhergehen, bereit, jeden niederzuschießen, der merken lässt, es gebe Dinge, worin ihr Urteil nicht in Betracht komme. Friedrich Nietzsche
Halbe Narren sind wir alle, ganze Narren sperrt man ein, aber die Dreiviertelnarren machen uns die größte Pein. Friedrich von Bodelschwingh
John Wesley (1703-1791), der bekannte englische Erweckungsprediger, hatte viele Freunde und Anhänger, aber auch viele Feinde und Gegner. Seine griffigen Predigten waren einigen Zeitgenossen zu direkt und unangenehm, denn John Wesley nannte die Sünde beim Namen und schonte die Sünder nicht. Als Wesley einmal auf einer schmalen Gasse unterwegs war, kam ihm ein Lord entgegen, der auf den Prediger Zorn hatte. Der Lord blieb direkt vor Wesley stehen und sagte scharf: „Ich gehe keinem Narren aus dem Weg!” Wesley ging betont freundlich zur Seite und sagte lächelnd: „Aber ich tue es gerne!”
Ein König gab seinem Hofnarren einen Narrenstab mit bunten Bändern und klingenden Schellen als Auszeichnung für seine gekonnte Unterhaltung. Den Narrenstab sollte er behalten, es sei denn, er fände eines Tages einen noch größeren Narren. Bald darauf kam der König zum Sterben. „Wohin gehst du?” fragte der Narr. „Weit fort von hier”, antwortete der König. „Wann kommst du wieder?”, fragte der Narr. „Niemals mehr!” - „Was nimmst du mit auf die weite Reise?”, fragte der Narr. „Nichts!” - „Wie hast du dich auf diese Reise vorbereitet?”, fragte der Narr. „Gar nicht!” Da legte der Narr seinen Narrenstab auf das Sterbebett des Königs und sagte: „Du gehst fort und kümmerst dich nicht darum, was werden soll. Nimm den Stab, ich habe einen größeren Narren gefunden, einen, der törichter ist, als ich es jemals gewesen bin!”
Keine Frau kann aus einem Narren einen Weisen mache. Aber jede Frau kann aus einem Weisen einen Narren machen. Aus Argentinien
Toren und gescheite Leute sind gleich unschädlich. Nur die Halbnarren und Halbweisen, das sind die Gefährlichsten. Goethe
Von zwei Narren hält der größere den kleineren für den größeren. Emil Gött
Wenn die Narren sind, die in ihrem Herzen das Dasein Gottes leugnen, so kommen mir die noch unsinniger vor, die es erst beweisen wollen. Johann Georg Hamann
Wenn weise Männer nicht irrten, müssten die Narren verzweifeln. Goethe
Wer erwartet, dass in der Welt die Teufel mit Hörnern und die Narren mit Schellen einhergehen, wird stets ihre Beute oder ihr Spiel sein. Arthur Schopenhauer
Wer es allen treffen will, ist ein Narr oder muss einer werden. Jeremias Gotthelf
Der Lebenslauf des Menschen besteht darin, dass er, von der Hoffnung genarrt, dem Tod in die Arme tanzt. Arthur Schopenhauer
Wenn du Paul den Peter rühmen hörst, so, wirst du finden, rühmt Peter den Paul wieder, und das heißen sie denn Freunde. Und ist oft zwischen ihnen weiter nichts, als dass einer den anderen kratzt, damit er ihn wieder kratze, und sie sich so einander wechselweise zu Narren haben. Denn, wie du siehst, ist hier, wie in vielen anderen Fällen, ein jeder von ihnen nur sein eigener Freund und nicht des anderen. Ich pflege solch Ding „Holunderfreundschaften“ zu nennen. Wenn du einen jungen Holunderzweig ansiehst, so sieht er fein stämmig und wohlgegründet aus; schneidest du ihn aber ab, so ist er inwendig hohl. Matthias Claudius
Jede Nation spottet über die anderen, und alle haben recht. Arthur Schopenhauer
Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen. Arthur Schopenhauer
1.
Zwischen Schöpfung und Urknall besteht ebenso wenig eine Alternative wie zwischen göttlicher Fürsorge und menschlicher Selbsterhaltung. Unser „täglich Brot“ kommt vom Bäcker und kommt doch von Gott. Denn so wie wir für unsere Arbeit Werkzeuge benutzen, so bedient sich Gott der natürlichen und kulturellen Kräfte: Sie sind Instrumente in seiner Hand, die ohne ihn unser Leben so wenig erhalten könnten, wie ein Hammer ohne Tischler einen Nagel einzuschlagen vermag.
2.
Die Natur weiß nichts von ihrer Herrlichkeit und hat keine Sprache, um ihren Schöpfer dafür zu preisen. Der Mensch aber ist mit Bewusstsein, Sprache und Verstand auf Gott hin geschaffen. Und weil nur er die Möglichkeit hat, Gott angemessen zu danken, ist er auch dafür verantwortlich, dass es geschieht. Allein der Mensch als Ebenbild Gottes ist dem Schöpfer nah genug, um in eine bewusste Beziehung zu ihm zu treten. Und diese Gottesbeziehung macht darum den eigentlichen Sinn des menschlichen Lebens aus.
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„Ich fragte die Erde, und sie sprach: Ich bin‘s nicht. Alles, was auf ihr ist, bekannte dasselbe. Ich fragte das Meer und seine Abgründe und das Gewürm, das in ihm lebt, und sie antworteten: Nicht wir sind dein Gott, suche höher, über uns! Ich fragte die säuselnden Winde, und das ganze Reich der Luft mit all seinen Bewohnern gab zur Antwort: ... Ich bin nicht Gott. Ich fragte den Himmel, die Sonne, den Mond und die Sterne, und sie sagten: Auch wir sind’s nicht, der Gott, den du suchst. Und ich sprach zu all dem, was draußen vor den Türen meines Fleisches steht: So sagt mir doch von meinem Gott, wenn ihr’s denn nicht seid, sagt mir etwas von ihm. Sie aber riefen mit gewaltiger Stimme: Er hat uns geschaffen! Meine Frage aber, das war meine Betrachtung, und ihre Antwort war ihre Schönheit.“ (Augustin)
Die Natur ist ein Buch, ein Brief, eine Fabel, (im philosophischen Verstande) oder wie man sie nennen will. Gesetzt, wir kennen alle Buchstaben darin so gut wie möglich, wir können alle Wörter syllabieren und aussprechen, wir wissen sogar die Sprache, in der es geschrieben ist. – Ist das alles schon genug, ein Buch zu verstehen, darüber zu urteilen, einen Character davon oder einen Auszug zu machen? Es gehört also mehr dazu als Physik um die Natur auszulegen. Physik ist nichts als das A-B-C. Die Natur ist eine Aequation einer unbekannten Größe; ein hebräisch Wort, das mit bloßen Mitlautern geschrieben wird, zu dem der Verstand die Punkte setzen muss.
J. G. Hamann
Den allein weisen Gott in der Natur bloß bewundern, ist vielleicht eine ähnliche Beleidigung mit dem Schimpf, den man einem vernünftigen Mann erweist, dessen Wert nach seinem Rock der Pöbel schätzt.
J. G. Hamann
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Allerwärts klagt der Mensch Natur und Schicksal an, und sein Schicksal ist doch in der Regel nur Nachklang seines Charakters, seiner Leidenschaften, Fehler und Schwächen. Demokrit
Alles auf der Welt hat sein zweites Gesicht: Die Natur, die Kultur, die Religion, die Kunst, die Politik, die Liebe, alles. Wer das nicht weiß, ist glücklich. Ich weiß es. Hermann Löns
Da die Natur uns in jedem Zustand stets unglücklich macht, malen unsere Wünsche uns einen glücklichen Zustand aus, weil sie dem Zustand, in dem wir uns befinden, die Freuden des Zustandes hinzugesellen, in dem wir uns nicht befinden, und wenn wir diese Freuden erreichten, würden wir deshalb nicht glücklich sein, weil wir dann andere Wünsche hätten, die jenem neuen Zustand entsprächen. Blaise Pascal
Das Geheimnis der Medizin besteht darin, den Patienten abzulenken, während die Natur sich selbst hilft. Voltaire
Das Wunder ist nicht ein Widerspruch zu den Naturgesetzen, sondern ein Widerspruch zu dem, was wir von diesen Gesetzen wissen. Augustin
Die Natur hat Vollkommenheiten, um zu zeigen, dass sie das Abbild Gottes ist, und sie hat Mängel, um zu zeigen, dass sie nur sein Abbild ist. Blaise Pascal
Das Elend des Menschen liegt darin, dass er in der Gesellschaft Trost suchen muss gegen die Leiden, die ihm die Natur zufügt, und in der Natur Trost gegen die Leiden der Gesellschaft. Wie viele haben weder hier noch dort eine Erleichterung ihrer Schmerzen gefunden! Nicolas Chamfort
Die Wissenschaft ist darauf aus, die Sklaverei der Natur herbeizuführen. Nietzsche
Ein Säugling ist der Geist, Natur ist seine Amme. Sie nährt ihn, bis er fühlt, dass er von ihr nicht stamme. Friedrich Rückert
Ein scheinbarer Widerspruch gegen ein Naturgesetz ist nur die selten vorkommende Betätigung eines andern Naturgesetzes. Marie von Ebner-Eschenbach
Es liegt in der menschlichen Natur, vernünftig zu denken und unvernünftig zu handeln. Anatole France
Es scheint wirklich, als ob die Natur, um uns über unseren elenden und erbärmlichen Zustand zu trösten, uns den Eigendünkel zum Erbteil gegeben habe. Michel de Montaigne
Hätte die Natur so viele Gesetze wie der Staat, Gott selbst könnte sie nicht regieren. Ludwig Börne
Ich will Menschen bilden, die mit ihren Füßen in Gottes Erde, in die Natur eingewurzelt stehen, deren Haupt bis in den Himmel ragt, und in demselben schauend liest, deren Herz beides, Erde und Himmel, das gestaltenreiche Leben der Erde und Natur und die Klarheit und den Frieden des Himmels, Gottes Erde und Gottes Himmel eint. Friedrich Wilhelm August Fröbel
Jeder Mensch ist ein neuer Versuch der Natur, über sich ins Reine zu kommen. Christian Morgenstern
Kenntnisse kann jedermann haben, aber die Kunst zu denken ist das seltenste Geschenk der Natur. Friedrich der Große
Manche Leute hängen wohl darum so an der Natur, weil sie als verzogene Kinder, sich vor dem Vater fürchten und zu der Mutter ihre Zuflucht nehmen. Novalis
Nirgends hat es die Natur besser mit uns gemeint: da sie ja wusste, zu welchen Leiden wir geboren werden, erfand sie zur Linderung der Unbill die Gewohnheit, die rasch das Allerschwerste alltäglich werden lässt. Seneca
Wer Gleichheit zu schaffen verstände, müsste der Natur Gewalt antun können. Marie von Ebner-Eschenbach
Wir sind so gern in der freien Natur, weil sie keine Meinung über uns hat. Friedrich Nietzsche
Wunder stehen nicht im Gegensatz zur Natur, sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir über die Natur wissen. Augustin
Oft wird das „natürliche“ Verhalten wie selbstverständlich als normal, gut und ethisch berechtigt angesehen. Doch muss einer Idealisierung der Natur widersprochen werden. Aus der Beschreibung eines „natürlichen“ Sachverhalts folgt weder, dass die Dinge so bleiben sollen, noch, dass sie geändert werden müssen. Und der gefallenen Schöpfung ist auch nicht mehr zu entnehmen, wie Gott sie ursprünglich gemeint hat. In ihr erscheint vieles „normal“, was keineswegs „gut“ ist. Und für ethische Klarheit sorgt dann nur Gottes Wort.
NATURGESETZE, NATURWISSENSCHAFT
1.
Das biblische und das moderne Weltbild widersprechen sich nur scheinbar, denn recht verstanden sind es bloß unterschiedliche Zugänge zu ein und derselben Wirklichkeit und einander ergänzende Perspektiven. Dementsprechend stehen auch Wunder nicht im Gegensatz zur Natur, sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir über die Natur wissen. Mögen sie im beschränkten Horizont des Menschen „unerklärlich“ scheinen, müssen sie deswegen doch nicht „widernatürlich“ sein. Vielleicht bedient sich Gott der Natur nur auf eine Weise, die wir nicht verstehen.
2.
Die Wundertaten Jesu laufen den uns bekannten Gesetzmäßigkeiten zuwider und irritieren uns darum. Doch gerade in der Irritation liegt ihre Botschaft: Wo Jesus Christus ins Spiel kommt, muss nicht alles bleiben, wie es immer war und der fatale Lauf der Welt ist nicht mehr unabänderlich. Krummes kann durch ihn gerade und Totes lebendig werden. Darum glauben Christen nicht unbedingt alle Mirakel der Vergangenheit - aber sie glauben, dass Gott jederzeit frei ist, unser Geschick zum Guten zu wenden.
3.
Urknall-Theorie und Schöpfungsglaube stehen nicht in Konkurrenz zueinander, weil einmal nach dem „wie“ der Weltenstehung gefragt wird, und einmal nach dem „warum“. Man darf hier Anfang und Grund nicht verwechseln, denn wer zurecht sagt, ein Theaterstück habe begonnen, als sich der Vorhang hob, wird doch nicht behaupten, das Theaterstück sei aufgeführt worden, weil sich der Vorhang hob. Die Frage, warum überhaupt etwas ist, wo doch auch nichts sein könnte, wird durch den Urknall nicht geklärt. Er ist ein Teil dieses Rätsels – und nicht die Lösung.
Kritiker des Glaubens unterstellen gern, Geschehnisse müssten entweder von Gott gewirkt sein (und hätten dann keine „natürlichen Ursachen“), oder sie hätten „natürliche Ursachen“ (und seien dann nicht von Gott gewirkt). Doch der Hinweis auf „natürliche Ursachen“ könnte Gottes Handeln nur ausschließen, wenn feststünde, dass Gott sie nicht als Instrumente mittelbaren Wirkens nutzt. Und dem steht das biblische Zeugnis entgegen: Gott kann ebenso gut innerhalb wie außerhalb der Naturordnung wirken. Die Folgerung, wo ein irdischer Kausalzusammenhang vorläge, sei (darum!) der Himmel nicht im Spiel, erweist sich damit als falsch.
1.
Neid ist der Hass auf das Gute, das mir ein anderer voraus hat. Denn der Neider denkt stets in Kategorien der Konkurrenz und empfindet darum den Vorteil eines anderen als Nachteil für sich selbst. Nur im Überbieten findet er Bestätigung. Doch warum sollte es uns freuen, im Wettkampf weniger begabte Menschen in den Schatten zu stellen? Die Liebe ist die beste Antwort auf allen Neid, weil sie nicht vergleicht – und statt dem anderen sein Gutes zu nehmen, dem, der nichts hat, Gutes schenken will. Gottes Liebe enthebt uns der Konkurrenz: Denn nicht Christen setzen ihre Geltung durch (mit Hilfe eigener Leistungen), sondern Christus setzt unsere Geltung durch (mit dem, was er am Kreuz für uns geleistet hat).
2.
Kain und Abel
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„Wenn wir die Gottlosen glücklich sehen, so sind wir geneigt, sie zu beneiden. Wenn ihre geräuschvolle Fröhlichkeit uns zu Ohren dringt und unser eignes Herz schwer ist, so denken wir halbwegs, dass sie besser daran seien, als wir. Dies ist töricht und sündlich. Wenn wir sie besser kennten und besonders, wenn wir an ihr Ende gedächten, so würden wir sie bemitleiden. Das Gegenmittel gegen den Neid liegt darin, dass wir in einem beständigen Gefühl der göttlichen Gegenwart leben, Gott verehren und Gemeinschaft mit ihm haben den ganzen Tag lang, wie lang der Tag auch scheinen mag. Wahre Religion hebt die Seele in eine höhere Region empor, wo das Urteil klarer wird und die Wünsche erhabener. Je mehr vom Himmel in unsrem Leben ist, desto weniger werden wir von der Erde begehren. Die Furcht Gottes treibt den Neid gegen Menschen aus. Der Todesstreich des Neides ist eine ruhige Betrachtung der Zukunft. Der Reichtum und die Ehre der Gottlosen sind eitles Gepränge. Dieser pomphafte Schein funkelt eine Stunde lang und erlischt alsdann. Ist der wohlhabende Sünder um seines Wohlergehens willen besser daran, wenn das Gericht ihn ereilt? Das Ende des Gottesfürchtigen ist Friede und Seligkeit, und niemand kann ihm seine Freude rauben; möge er deshalb den Neid fahren lassen und voll ruhiger Zufriedenheit sein.“ (Charles H. Spurgeon)
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Andere neidlos Erfolge erringen sehen, nach denen man selbst strebt, ist Größe. Marie von Ebner-Eschenbach
Der Hang der menschlichen Natur zu Neid und Missgunst ist so groß, dass man sich über die Vorzüge, die andere besitzen, mehr betrübt als über seine eigenen freut. Plutarch
Eine junge Zahnreihe aber neidlos anzusehen, das ist die größte Prüfung mir, dem Alten. Goethe
Gerechtigkeit entspringt dem Neide; denn ihr oberster Satz ist: Allen das Gleiche. Walther Rathenau
Ich beneide alle Leute darum, nicht ich zu sein. Fernando Pessoa
Wer tugendhaft lebt, wird geehrt, aber er wird nicht beneidet. Aus Persien
NEUe Offenbarungen?
Gottes Offenbarung ist mit dem Neue Testament abgeschlossen, und Propheten gibt es seitdem nicht mehr, denn „das Wort ward Fleisch“: Christus ist das Wort Gottes in Person. Und die damit gegebene Selbstmitteilung Gottes kann weder ergänzt noch überboten werden. Es gibt da nichts mehr zu „enthüllen“, weil Christus nichts zu sagen vergaß. Und so beschränkt sich das Amt christlicher Prediger und Lehrer darauf, das in Christus Offenbarte freudig zu bezeugen und zu entfalten. Angeblich „Erleuchtete“ hingegen, die sich anmaßen, die Gemeinde über die biblische Offenbarung „hinauszuführen“, verdienen kein Gehör: „Gottes Geist gibt keine neuen Offenbarungen, aber er erklärt die vorhandenen“ (Spurgeon).
Ist Glaube ein „Vertrag“ mit Gott? Nicht im dem Sinne, dass Inhalte und Bedingungen des Bundes frei ausgehandelt würden. Die Partner sind nicht auf Augenhöhe. Und doch ist der „neue Bund“ in Christus ein Verhältnis wechselseitiger Loyalität und Treue, das klare Zusagen und Pflichten einschließt. Nichts daran ist verdient, der Glaubensbund wird gnadenhaft gewährt! Doch kann ihn verspielen, wer die Gemeinschaft nicht pflegt. Christ-Sein ist also etwas viel Konkreteres und Verbindlicheres als nur ein wenig Moral und diffuse religiöse Gefühle!
1.
Oft wird gesagt, das Neue Testament zeige nicht den „historischen Jesus“, sondern nur den „geglaubten Christus“. Doch wie sollten beide unterscheidbar sein? Weder kann man den Evangelisten aus ihren eigenen Schriften (!) beweisen, dass sie sich mit ihrer Christologie zu Unrecht auf Jesus berufen, noch kann man aus ihren eigenen Schriften (!) beweisen, dass sie es zu Recht tun. Wir haben keinen Zugang zu einem „historischen Jesus“, brauchen aber auch keinen. Denn der Jesus, den die Christenheit kennt und braucht, ist der biblische Christus.
2.
Die verbreitete Ansicht, der Gott des Alten Testaments sei ganz „anders“ als der des Neuen, ist falsch. Denn hier wie dort erwählt Gott Menschen zu seinem Volk und schließt voller Gnade einen Bund mit ihnen. Und hier wie dort gilt, dass jene, die außerhalb des Bundes stehen, unter dem Fluch bleiben, der mit Adams Sünde begann. Der Unterschied der Testamente liegt darin, dass Jesu die Zugangsbedingungen ermäßigt: Der neue Bund steht auch Heiden und Gescheiterten offen. Aber wie Gottes Gnade dabei ungeahnte Formen annimmt, so auch sein Gericht (Offb. des Joh.!). Beide Züge treten im NT stärker hervor. Gott aber bleibt ganz derselbe.
Es gibt verschiedene Arten der Neugier; eine aus Eigennutz, um zu erfahren, was uns nützen könnte; und eine aus Hochmut, um mehr zu wissen als andere. Rochefoucauld
Neugier ist nur Eitelkeit. Meistens will man etwas nur wissen, um darüber reden zu können, andernfalls würde man nicht über das Meer fahren, wenn man nichts davon erzählen möchte und es aus bloßer Schaulust täte, ohne die Hoffnung, jemals davon etwas mitteilen zu können. Blaise Pascal
Neuigkeiten! Um wieviel wichtiger wäre es, das kennenzulernen, was nie alt gewesen! Henry David Thoreau
NEUSCHÖPFUNG VON HIMMEL UND ERDE
1.
Den Himmel zu ersehnen bedeutet keineswegs, in fromme Luftschlösser zu fliehen, aufs „Jenseits“ zu vertrösten und der alten Erde die Treue aufzukündigen. Denn der Himmel ist nichts anderes als die durch Gottes Gegenwart gesundete Erde. Er ist keine Alternative zur Schöpfung, sondern die herrliche Zukunft, die sie haben wird: Wenn Gott sein Werk gegen den Widerstand des Bösen vollenden will und es in seiner Allmacht auch vollenden kann, so folgt zwingend, dass er es vollenden wird.
2.
Mit dem Tod endet nur unseres Lebens erster Teil, denn nach der Auferstehung und dem Jüngsten Gericht werden die Gläubigen gereinigt, runderneuert und vollendet in Gottes Reich eingehen. „Herrlichkeit“ wird dafür ein viel zu kleines Wort sein! Doch sollte man sich den Himmel nicht zu sehr in Kategorien des Konsums vorstellen. Unsere Seligkeit wird nicht darin bestehen, dies und jenes zu genießen (im Sinne eines Schlaraffenlandes), sondern dass wir Gott schauen und Gott genießen. Seine Nähe wird uns beglücken und wir werden Gottes voll sein.
Einerseits gilt, dass (von sich aus) überhaupt kein Mensch glauben „kann“, und andererseits, dass es (mit Gottes Hilfe) sehr wohl jeder „kann“. Denn Glaube ist nicht unser Werk, sondern Gottes Werk in uns. Er ist keine menschliche Möglichkeit, sondern eine Beziehung, die Gott gewährt. Wer den Glauben ersehnt, muss darum aber nicht untätig bleiben: Er kann Gott darum bitten und viele konkrete Dinge tun, die förderlich sind und eine Verheißung haben. Unmögliches wird dabei nicht gefordert. Denn das, was Gott vom Menschen erwartet, kann er. Und das, was er nicht kann, ist sowieso Gottes Werk.
Christlicher Glaube ist von Religion zu unterscheiden, denn Religion ist oft nur ein eigenmächtiger Versuch des Menschen, seine Beziehung zu Gott auf vorteilhafte Weise in den Griff zu bekommen. Man will Gott durch Wohlverhalten, Riten, Beschwörungen und Opfer lenken, besänftigen und bändigen. Christlicher Glaube aber erkennt, dass so etwas Gott gegenüber nicht funktioniert. Nicht der Mensch bemächtigt sich Gottes, sondern Gott des Menschen. Der religiöse Mensch möchte Kontrolle gewinnen, doch der Gläubige überlässt sie dem, an den er glaubt.
„Dreißig Speichen treffen sich in einer Nabe: Auf dem Nichts daran (dem leeren Raum) beruht des Wagens Brauchbarkeit. Man bildet Ton und macht daraus Gefäße: Auf dem Nichts daran beruht des Gefäßes Brauchbarkeit. Man durchbricht die Wand mit Türen und Fenstern, damit ein Haus entstehe: Auf dem Nichts daran beruht des Hauses Brauchbarkeit. Darum: Das Sein gibt Besitz, das Nichtsein Brauchbarkeit.“
(Tao te king)
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Gottes Natur ist, dass er aus nichts etwas macht. Darum, wer noch nicht nichts ist, aus dem kann Gott auch nichts machen. Martin Luther
Ich bin nur ein schlichtes einfältiges Werkzeug. Gott tue und mache, was er will. Was er will, das will ich auch; und was er nicht will, das will ich auch nicht. Will er, dass ich es soll wissen, so will ich es wissen; will er aber nicht, so will ich auch nicht. Ich will nichts und tot sein, auf dass er in mir lebe und wirke, was er will. Jakob Böhme
Ich habe nichts und bin nichts, als dass ich mich beinahe rühmen kann, ein Christ zu sein. Martin Luther
Jedenfalls ist es besser, ein eckiges Etwas zu sein als ein rundes Nichts. Friedrich Hebbel
Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild: Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht Sein Stündchen auf der Bühn und dann nicht mehr vernommen wird. Ein Märchen ist’s, erzählt Von einem Dummkopf, voller Klang und Wut, Das nichts bedeutet. Shakespeare
Die Welt schuldet uns nichts – sie war vor uns da. Mark Twain
Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken, alles vergeht, Gott bleibt derselbe. Geduld erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Gott nur genügt. Teresa von Avila
Solltest du all das vergessen, was hier gesagt wurde, so behalte nur die beiden kleinen Punkte, und du wirst zum inneren Leben gelangen. Erstens: Sei ganz und gar klein, inwendig und nach außen bis in den Grund, nicht nur deinen Worten nach und deinem Aussehen, sondern in Wahrheit in all deinem Verstehen. Sei ein Nichts in deinem Grunde und in deinen Augen, ohne jegliche beschönigende Auslegung. Zweitens: Habe eine wahre Liebe zu Gott, nicht das, was wir nach Art der Sinne Liebe nennen, sondern in wesentlicher Weise, ein allerinnigstes Gottlieben. Diese Liebe ist nicht dieses einfache äußere und sinnenhafte Gottlieben, das was man so gewöhnlich unter Gott im Sinn zu haben versteht, sondern ein anschauendes Lieben mit dem Gemüt, ein strebendes Lieben, wie einer es besitzt, dem als Wettläufer oder als Schütze ein Ziel vorschwebt. Johannes Tauler
Ton knetend formt man Gefäße. Doch erst ihr Hohlraum, das Nichts, ermöglicht die Füllung. Das Sichtbare, das Seiende, gibt dem Werk die Form. Das Unsichtbare, das Nichts, gibt ihm Wesen und Sinn. Laotse
Was tut die Blume wohl mit Gott? Sie lässt sich Gott gefallen. In der Blume, als Blume träumt er seinen schönsten Traum, da widerstrebt ihm nichts. Christian Morgenstern
Wer nichts Gutes tut, tut schon Böses genug. Sprichwort
Schwachköpfe kehren auch aus Niederlagen ruhmvoll heim. Michel de Montaigne
Über Jahrzehnte gelang es dem französischen König Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, sein Territorium zu vergrößern, bis er im Spanischem Erbfolgekrieg einer Koalition aus fast allen europäischen Mächten gegenüberstand. Nach der vernichtenden Niederlage seiner Truppen in der Schlacht von Ramillies, die zum Rückzug der Franzosen aus den Niederlanden führte, sagte der König: „Ja, hat denn Gott alles vergessen, was ich für ihn getan habe?“
Gottes Wort geht in seinen Warnungen und Verheißungen den Ereignissen voraus, von denen es spricht. Es nützt darum nur dem, der es Gott (gegen den aktuellen Augenschein) glaubt. Das den Ereignissen vorgreifende Wort trennt also jene, denen es nützt (weil sie Gott „beim Wort“ nehmen), von jenen, denen Gottes Wort auch gar nicht nützen will (weil sie’s für Geschwätz halten). Jene, die Gott nicht trauen, ignorieren seine Ansagen und tun gar nichts, bis es zu spät ist. Die anderen aber nehmen seine Botschaft ernst, ergreifen entsprechende Maßnahmen und werden durch ihren Glauben gerettet.
1.
Was mit Gottes Wort nicht übereinstimmt, ist weder zu predigen noch zu glauben. Denn die Kirche als Gemeinschaft der von Christus in die Nachfolge Berufenen wird allein durch sein Wort geschaffen, erneuert und „in der Spur“ gehalten. Kirche will von Gott nichts lehren, als nur das, was er selbst durch sein Wort hat wissen lassen – in trüberen Quellen fischt sie nicht. Und wo dieses „Schriftprinzip“ in Geltung steht, schützt es sowohl die Verkündigung der Kirche als auch den Glauben des Einzelnen vor Fehlentwicklungen aller Art. Wo es hingegen mehr Anspruch als Wirklichkeit ist, folgen zwangsläufig geistliche Krisen.
2.
Der Glaube unterscheidet sich von anderen „Weltanschauungen“ dadurch, dass er sich nicht menschlichem Grübeln verdankt, sondern göttlicher Offenbarung. Er ist darum an das Dokument dieser Offenbarung – an die Heilige Schrift – bleibend gebunden. Die große Versuchung der Theologie besteht darin, sich die Heilige Schrift durch „kritische“ Begutachtung, Bewertung und Interpretation gefügig zu machen. Doch dem muss widerstanden werden: Denn nicht wir richten über Gottes Wort, sondern Gottes Wort richtet über uns.
Arbeit befreit uns von drei Übeln: Langeweile, Laster und Not. Voltaire
Auf der Bühne spielt einer den Fürsten, ein anderer den Rat, ein dritter den Diener, oder den Soldaten, oder den General usf. Aber diese Unterschiede sind bloß im Äußeren vorhanden, im Innern, als Kern einer solchen Erscheinung, steckt bei allen dasselbe: ein armer Komödiant mit seiner Plage und Not. Im Leben ist es auch so. Arthur Schopenhauer
Freunde in der Not wären selten? Im Gegenteil! Kaum hat man mit einem Freundschaft gemacht, so ist er auch schon in der Not und will Geld geliehen haben. Arthur Schopenhauer
Hab ich Lieb, so hab ich Not.
Meid ich Lieb, so bin ich tot.
Nun eh ich Lieb um Leid wollt lan,
eh will ich Lieb in Leiden han. Dichter unbekannt
In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod. Friedrich Freiherr von Logau
Manche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens. So halten‘s alle jene Leute, die Gott um äußeren Reichtums oder inneren Trostes willen lieben; die aber lieben Gott nicht recht, sondern sie lieben ihren Eigennutz. Ja, ich sage bei der Wahrheit: Alles, worauf du dein Streben richtest, was nicht Gott in sich selbst ist, das kann niemals so gut sein, dass es dir nicht ein Hindernis für die höchste Wahrheit ist. Meister Eckhart
Lerne zuhören, und Du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die dummes Zeug reden. Platon
Menschen verlieren wie Nägel ihren Nutzen, wenn sie anfangen, sich zu verbiegen. Walter Savage Landor
Nutze die Talente, die Du hast. Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. Henry van Dyke
Wenn der Mensch seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllt, ist es, als ob du ein Schwert aus feinstem indischen Stahl, wie man es in königlichen Schatzkammern findet, brächtest und es dann zu einem Schlachtermesser machtest, um angefaultes Rindfleisch damit zu schneiden, und dann sagtest: „Ich lasse dies Schwert nicht müßig herumhängen; ich benutze es für etwas Nützliches!“ Oder als ob du einen goldenen Kessel brächtest und Rettich darin kochtest, wo man für ein einziges Körnchen seines Goldes hundert Töpfe kaufen könnte; oder als ob du einen juwelenbesetzten Dolch als Nagel für einen Kürbis oder einen kaputten Krug verwendetest: „Doch, ich nutze ihn ja gut, ich hänge meinen Kürbis dran auf. Ich lasse den Dolch ja nicht nutzlos herumliegen!“ Wäre das nicht beklagenswert und lächerlich? Rumi
Wir tadeln an anderen nur die Fehler, von welchen wir keinen Nutzen ziehen. Alexandre Dumas
Ein jeder preist nur, was ihm nützt. Karl Wilhelm Ramler
Es darf nicht jeder das tun, worin er Recht hat, sondern er muss darauf sehen, was seinem Bruder nützlich und förderlich ist. Martin Luther
In die einsame, stille, freie Gottheit trage deinen unnützen, hässlichen Seelengrund, der überwachsen ist mit Unkraut, ledig alles Guten, und voll der wilden Tiere. Gott entgegen trage deine Finsternis, die allen Lichtes entbehrt, und lass ihn dich erleuchten. Johannes Tauler
Man muss beten, als ob alles Arbeiten nichts nützt und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützt. Martin Luther
Man nützt und versteht nur solche Lebensregeln, von denen man die Erfahrungen, worauf sie ruhen, so durchgemacht, dass man die Regeln hätte selber geben können. Jean Paul
Nur wenige sind verständig genug, den Tadel, der ihnen nützt, dem Lob vorzuziehen, das ihnen schadet. Rochefoucauld
Was nützt der beste Wind, wenn man nicht weiß, wohin man segeln will. Seneca
Was nützt es dir, über die Dreieinigkeit hochgelehrt streiten zu können, wenn du die Demut nicht hast, ohne die du der Dreieinigkeit nur missfällst? Thomas von Kempen
Wenn an einer Wahrheit Ärgernis genommen wird, ist es nützlicher, das Ärgernis entstehen zu lassen, als auf die Wahrheit zu verzichten. Augustin
Wer regiert, soll nicht denken: Land und Leute sind mein. Ich will machen, wie es mir gefällt. Sondern so: Ich gehöre dem Land und den Leuten. Ich soll es machen, wie es ihnen nützlich und gut ist. Martin Luther