Theologische Impulse P
Wenn die römische Kirche meint, durch das dem Petrus anvertraute „Amt der Schlüssel" seien die Ströme der Gnade in ihrer Hand monopolisiert, muss man ihr widersprechen. Nach Matth. 18 und Joh. 20 hat Jesus die entsprechende Vollmacht allen Jüngern gegeben. Dennoch erinnert das katholische Amtsverständnis an etwas Wichtiges: Die Quelle kirchlicher Ämter und Vollmachten können niemals die Menschen sein, denen kirchliches Handeln zugutekommt. Denn sonst wäre es die Gemeinde selbst, die sich Vergebung und Segen spendete. Weil das unmöglich ist, bleibt festzuhalten, dass jedes kirchliche Amt seinen Ursprung bei Christus hat.
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„Wenn nun der Papst uns zugeben würde, dass allein Gott aus bloßer Gnade durch Christum die Sünder gerecht mache, so wollten wir ihn nicht allein auf den Händen tragen, sondern ihm auch die Füße küssen. Weil wir dies aber nicht erlangen können, so sind wir wiederum in Gotte über alle Maßen stolz, und wollen weder allen Engeln im Himmel, noch dem Petrus oder dem Paulus, noch hundert Kaisern, noch tausend Päpsten, noch der ganzen Welt eines Fingers breit weichen. Fern sei hier alle Demut, weil sie uns unsere Ehre, Gott selbst, rauben wollen, der uns geschaffen und alles gegeben hat, Christum selbst, der uns erlöst hat durch sein Blut. Das soll die Summa dieser Sache sein: Wir sollen uns unsere Güter rauben lassen, unseren guten Namen, unser Leben und alles, was wir haben; (aber) dass man uns das Evangelium, den Glauben, Christum etc. nehme, das sollen wir nicht dulden, und verflucht sei die Demut, welche sich hier nachgiebig finden lässt. Hier soll ein jeglicher stolz und ganz hartnäckig sein, wenn er nicht Christum verleugnen will. Deshalb soll, ob Gott will, mein Kopf härter sein als der Kopf aller Menschen. Hier will ich hart sein und auch für hart gehalten werden; hier führe ich den Wahlspruch: „Ich weiche niemand“, und freue mich von Herzen, dass ich in dieser Sache aufrührisch und hartnäckig genannt werde. Hier bekenne ich öffentlich, dass ich hart sei und hart sein wolle, und nicht ein Haarbreit weichen werde.“ (Martin Luther)
Die Mystikerin Rabi’a wurde in einer Straße Basras gefragt, warum sie eine Fackel in der einen Hand, einen Eimer Wasser in der anderen trage, und sie antwortete: „Ich will Feuer ans Paradies legen und Wasser in die Hölle gießen, damit diese beiden Schleier verschwinden und es deutlich wird, wer Gott aus Liebe und nicht aus Höllenfurcht oder Hoffnung aufs Paradies anbetet.“ nach A. Schimmel
Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen. Friedrich Hölderlin
Niemand weiß soviel Schlechtes von uns wie wir selbst. Und trotzdem denkt niemand so gut von uns wie wir selbst. Franz Edler von Pernwald Schönthan
Sie sind immer eifrig beschäftigt, und sie wissen nicht, was sie tun. Sie pflegen ihre Gewohnheiten, und sie wissen nicht warum. Sie laufen ihr ganzes Leben lang, und sie kennen nicht den Weg. So sind die meisten Menschen. Mengtse
Darum, wenn ich sterbe ... und es findet jemand meinen Schädel, so predige es ihm dieser Schädel noch: Ich habe keine Augen, dennoch schaue ich Ihn; Ich habe kein Gehirn noch Verstand, dennoch umfasse ich Ihn; ich habe keine Lippen, dennoch küsse ich Ihn, ich habe keine Zunge, dennoch lobsinge ich Ihm mit euch allen, die ihr Seinen Namen anruft. Ich bin ein harter Schädel, dennoch bin ich ganz erweicht und zerschmolzen in Seiner Liebe; ich liege hier draußen auf dem Gottesacker, dennoch bin ich drinnen im Paradies! Alles Leiden ist vergessen! Das hat uns Seine große Liebe getan, da Er für uns Sein Kreuz trug und hinausging nach Golgatha. H. F. Kohlbrügge
Ich stieg auf einen Pflaumenbaum, um Trauben dort zu pflücken. Der Gartenmeister fragte mich: Was isst du meine Walnuss? Yunus
Julien Green wurde 1900 in Paris geboren und starb 1998 auch dort. Als Sohn amerikanischer Eltern lebte und schrieb er in zwei Welten, in Frankreich und in Amerika. Seine weltberühmten Romane haben alle nur ein Thema, das Dunkle und Böse im Menschen, ihre Erklärung und Überwindung. Sein Vermächtnis auf seiner Grabplatte lautet: „Wäre ich mutterseelenallein auf dieser Welt gewesen: Gott hätte seinen einzigen Sohn herabgesandt, damit er mich erlöse ... Aber wer, fragst du, hätte ihn dann ans Kreuz geheftet? Such nicht lange: Ich selber hätte das getan ... Und der Jünger, der ihn lieb hat? Das ist das Schmerzlichste an der Geschichte und zugleich das große Geheimnis! Du weißt es recht gut: Auch diesen Jünger findest du in mir.”
PASSIONszeit
1.
Glaube ist nichts, wofür wir uns souverän „entscheiden“ oder was wir „tun“ könnten. Er ist aber auch nichts, was mit uns oder an uns „getan wird“ wie an unbeteiligten Objekten. Sondern wie die Sonne mich schwitzen oder die Kälte mich frieren lässt, so lässt Gott mich glauben: Der Mensch ist dabei ganz beteiligt und bewegt. Aber wo die äußere Einwirkung fehlt, kann er nicht (schwitzen, frieren) glauben - und wo sie ist, kann er es nicht lassen.
2.
Ein Christ kann und muss zu seiner Erlösung keinen eigenen „Beitrag“ leisten. Und das ist ein Glück. Denn sonst bliebe immer ungewiss, ob er „genug getan“ hätte. Da aber die Erlösung in keiner Weise auf dem Tun des zu Erlösenden und ausschließlich auf dem Tun des Erlösers beruht, kann der Christ seines Heiles gewiss sein. Er soll zwar vieles tun zum Wohle seiner Mitmenschen, aber nichts soll er tun zu seiner eigenen Rettung. Denn was Christus für uns tat, war keine halbe Sache.
Patriotismus ist die Überzeugung, dass unser Vaterland allen anderen Ländern überlegen ist, weil wir darin geboren wurden. Arthur Schopenhauer
Pazifismus
Jesus schließt Gewalt nicht generell aus. Er verspricht sich aber auch nichts davon. Das, was er will, ist mit Gewalt weder zu fördern noch aufzuhalten. Doch was folgt daraus? Wer Gewalttäter nicht stoppt, obwohl er es könnte, wird mitschuldig an ihren Taten. Wer sie aber mit Gewalt unschädlich macht, gerät in den Widerspruch, dass er tötet, um Töten zu verhindern. Wir entrinnen diesem Dilemma nicht. Aber zumindest den Hass im Herzen müssen Christen überwinden. Feindesliebe ist die stete Bereitschaft, den Täter von seiner Tat zu unterscheiden, die Tat zu verdammen, den Täter aber möglichst zu gewinnen – und selbst im Kampf noch für ihn zu beten.
Sich schämen zu können, ist keine Schwäche, sondern ein Merkmal, das den Menschen vor allen Tieren auszeichnet. Es ist das Bewusstsein, nicht bloß Unrecht zu tun, sondern unrecht zu sein. Doch wer dies Peinliche vor Gott eingesteht, findet Erbarmen bei dem, der in einem Akt rührender Fürsorge schon Adam und Eva mit Kleidern versorgte. Gottes Gnade kann unsere seelische Blöße bedecken, wie ein Mantel unsere Nacktheit verhüllt. Und wo wir unsere Verkehrtheit selbst verwerfen, da verwirft Gott uns nicht, sondern gibt uns Würde zurück. Er vermag die Person anzunehmen, auch wenn ihre Fehler unannehmbar bleiben.
PERSON CHRISTI, ZWEI NATUREN CHRISTI
1.
Die Kirche entspricht dem Zeugnis der Bibel, indem sie Christus zugleich als „wahren Menschen“ und „wahren Gott“ bekennt. Wie sich beide „Naturen“ in der Person Christi vereinen konnten, übersteigt unseren Horizont. Aber wir vermögen einzusehen, dass diese Vereinigung nötig war: Wie eine Brücke auf beiden Ufern des Flusses aufruhen muss, um sie zu verbinden, so musste Christus ganz zu Gottes und ganz zu unserer Welt gehören, um zwischen Himmel und Erde eine Brücke schlagen zu können.
2.
Wie Gott Mensch wird – und dabei doch Gott bleibt –, ist schwer zu erklären. Denn immer scheint es, als müsse das Göttliche das Menschliche verdrängen oder das Menschliche das Göttliche ausschließen. Die Verbindung beider sprengt unser Vorstellungsvermögen. Aber: muss uns das wundern? Selbst die bewährte Einteilung der Himmelsrichtungen versagt in dem besonderen Fall, dass man am Nord- oder Südpol steht. Wenn wir also nicht begreifen, wie Gottes Wort Fleisch wird, besagt das weder etwas gegen die Menschwerdung Gottes noch gegen unseren Verstand, sondern besagt eben nur, dass die zwei nicht gut zusammenpassen.
Glaube ist ein Perspektivwechsel, bei dem das eigene Ich und Gott die Plätze tauschen. In der egozentrischen Verwirrung, die allen Sündern natürlich ist, sieht sich der Mensch als Mittelpunkt. Er nimmt an, die Bedeutung aller Dinge sei daran abzulesen, was sie ihm (!) bedeuten. „Glaube“ besteht aber darin, diesen Irrtum zu erkennen und „umzudenken“. Denn tatsächlich steht Gott im Zentrum – und das eigene Ich in der Peripherie. Bei Gott, nicht bei uns, laufen die Linien zusammen. Und für alles, was nicht selbst Gott ist, ist er der maßgebliche Bezugspunkt. Glaube ist die Summe der daraus zu ziehenden Konsequenzen.
Pessimisten sind die wahren Lebenskünstler, sie erleben dauernd angenehme Überraschungen. Marcel Proust
Als Christus sein Leben opferte, machte er allen weiteren Opfer- und Priester-dienst alttestamentlicher Art überflüssig. Indem er aber seine Jünger beauftragte, missionierend, taufend und lehrend sein Werk weiterzuführen, begründete er das kirchliche Amt. Grundsätzlich hat jeder Getaufte Anteil an diesem Amt und Auftrag. Um aber eine möglichst geordnete und qualifizierte Ausübung zu gewährleisten, überträgt die Kirche das geistliche Amt einzelnen, die dazu besonders geeignet und ausgebildet sind.
Was der Heilige Geist im Menschen bewirkt, ist verwirrend vielfältig – es geht aber alles auf einen großen Perspektivwechsel zurück: Das organisierende Zentrum des normalen Menschen liegt in seinem Bedürfnis, sich wunschgemäß in der Welt einzurichten. Das organisierende Zentrum des Christen liegt hingegen jenseits der eigenen Person in Gott. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes will er Gott-gemäß in der Welt sein. Und das verändert all sein Wahrnehmen, Bewerten und Handeln. Statt „autonom“ von und für sich selbst zu leben, möchte er „theonom“ von Gott und auf Gott hin leben. Durch Gottes Geist findet er seine Mitte – findet sie aber nicht in sich selbst, sondern in Gott.
„Pflicht“ bedeutet, dass wir etwas nicht unterlassen können, ohne uns einem Vorwurf auszusetzen. Und sie ist unbeliebt, weil wir es vorziehen, unsren Neigungen zu folgen. Doch die Pflicht, die uns Gott im Evangelium auferlegt, ist erstaunlicherweise in unsrem eigenen Interesse. Wir sollen nach dem Reich Gottes trachten, um in das Reich einzugehen, und sollen dem guten Hirten folgen, damit er uns schützen kann. Gott fordert nur das, was uns Gott näher bringt. Und so kommt das, was der Mensch will, und das, was er soll, vollkommen zur Deckung. Gottes Barmherzigkeit macht uns zur Pflicht, was wir uns bei klarem Verstand auch wünschen müssen. Und so soll uns das Beste auch immer das Liebste sein.
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Dein wahres Glück, o Menschenkind, o, glaube doch mitnichten, dass es erfüllte Wünsche sind: Es sind erfüllte Pflichten. Friedrich Karl von Gerok
Tue, was dir zukommt, Gott tut auch das Seinige. Pflanze, begieße, und du hast deine Pflicht getan. Gott wird Wachstum geben, wo er will, und will er etwa nicht, so geht dir nichts verloren. Es ist die Pflicht des Arztes, die Arzneimittel anzuwenden, aber es liegt nicht in seiner Hand, dass der Kranke auch genese.
(Bernardus, gest. 1253)
Der Mensch ist sichtlich geschaffen, um zu denken. Dies ist seine ganze Würde und sein ganzes Verdienst; und seine ganze Pflicht ist es, richtig zu denken. Nun verlangt aber die Ordnung der Gedanken, dass man mit sich selbst, seinem Schöpfer und seinem Endzweck beginnt. Woran aber denkt die Welt? Daran niemals, sondern an Tanz, Lautenspiel, Gesang, Verseschmieden, Ringelstechen usw. und daran, sich zu schlagen, sich zum König zu machen, ohne darüber nachzudenken, was es bedeutet, König zu sein, und was, Mensch zu sein. Blaise Pascal
Die Pflicht gegen sich selbst besteht darin, dass der Mensch die Würde der Menschheit in seiner eigenen Person bewahre. Immanuel Kant
Du hörst auf, ein Kind zu sein, an dem Tage, da du das Wort Pflicht verstanden hast. Carmen Sylva
Du sollst nicht zu sein begehren, was du nicht bist, sondern nur einfach etwas von deiner Pflicht zu tun versuchen, Tag um Tag. Denn es ist viel schwerer, einen Tag in wahrhafter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Anfang bis Ende zu verleben, als ein Jahr in großen Absichten und hochfliegenden Plänen. Christian Morgenstern
Ich habe gelernt, ohne den Dank der Welt zu leben. Ich habe ihn erworben und verloren. Ich habe ihn wiedergewonnen; ich habe ihn wieder verloren. Ich mache mir gar nichts daraus; ich tue einfach meine Pflicht. Otto von Bismarck
Konfuzius sprach: „Dem Edlen ist die Pflicht die Richtschnur seines Verhaltens.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Konfuzius sprach: „Der Edle ist mit seinen Pflichten vertraut; der Gemeine sieht nur den eigenen Vorteil.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Lass dir an dem Bewusstsein genügen, deine Pflicht getan zu haben! Andere mögen es erkennen oder nicht. Christoph Martin Wieland
Meng Wu-bo fragte, welche Pflichten man gegenüber seinen Eltern habe. Konfuzius antwortete: „Man soll sich so verhalten, dass die Eltern nur dann Sorgen um die Kinder haben müssen, wenn sie krank sind.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz. Immanuel Kant
Wenn wir unsere Pflicht auch oft nur aus Angst und Trägheit tun, wollen wir dies doch als Charakterstärke anerkannt sehen. Rochefoucauld
Wer die Pflichten eines Vaters nicht erfüllen kann, hat kein Recht, es zu werden. Weder Armut noch Arbeit noch menschliche Rücksichten können ihn davon entbinden, seine Kinder zu ernähren und selber zu erziehen. Leser, du darfst mir hierin wahrlich Glauben schenken: Wer ein Herz hat und diese heiligen Pflichten versäumt, dem prophezeie ich, dass er einst bittere Tränen über seine Schuld vergießen und in alle Ewigkeit keinen Trost finden wird. Jean-Jacques Rousseau
Wie kann man sich selbst kennenlernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche, deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist. Goethe
Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu werden, sondern um unsere Pflicht zu erfüllen. Immanuel Kant
Phantasie ist ein Göttergeschenk, aber Mangel an Phantasie auch. Ich behaupte, ohne diesen Mangel würde die Menschheit den Mut zum Weiterexistieren längst verloren haben. Christian Morgenstern
Die Erfahrung hat gezeigt, dass es für die Philosophie keineswegs besonders schwierig ist, anzufangen. Weit entfernt; sie fängt ja mit nichts an und kann somit jederzeit anfangen. Was hingegen der Philosophie und den Philosophen schwerfällt, ist das Aufhören. Sören Kierkegaard
Studiere und raste nie!
Du kommst nicht weit mit Deinen Schlüssen.
Das ist das Ende der Philosophie,
zu wissen, dass wir glauben müssen. Emanuel Geibel
Wenig Philosophie entfernt von der Religion, viel Philosophie führt zu ihr zurück. Francis Bacon
Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu schmieden. Konfuzius
Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. Verfasser unbekannt
Staatliche Ordnung ist eine Einrichtung Gottes, der er die Aufgabe zugewiesen hat, durch Recht und Gesetz dem Bösen zu wehren und das Gute zu schützen. Wenn ein Staat diese Aufgabe erfüllt, erwächst ihm daraus die besondere Würde, Gottes Instrument zu sein. Wenn er das Böse aber duldet oder sogar fördert, zerstörte er die Ordnung, die allein ihn legitimieren könnte – und dann wird Widerstand zur Pflicht. Im Zweifelsfall muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen. Denn göttliches Recht wiegt in jedem Falle schwerer als menschliches.
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Der Politiker ist ein Mensch, der seine Anhänger dadurch an sich zu binden sucht, dass er sie im Zustand des Verärgertseins auf andere erhält. Unbekannt
Die Politik ist in der Demokratie die Kunst, das Volk glauben zu machen, dass es regiere. Louis Latzarus
Diejenigen, die zu klug sind, sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie selbst. Platon
Politik ist die Kunst, von den Reichen das Geld und von den Armen die Stimmen zu erhalten, beides unter dem Vorwand, die einen vor den anderen schützen zu wollen. Unbekannt
Gott will auf der Rankingliste unserer Prioritäten den ersten Platz einnehmen – oder keinen. Und wenn wir ihm statt der Hand nur den kleinen Finger reichen, lässt er uns stehen. Denn Gott ist „absolut“. Und das Absolute nur „relativ“ wichtig zu nehmen, wäre widersinnig. Der Mensch soll darum nicht umherschweifen wie ein herrenloser Köter, der jedem nachläuft und jede Hand schleckt, die ihn füttert, sondern soll in unbedingter Treue auf Gott fokussiert sein, um in Freuden, Nöten, Hoffnungen und Ängsten alles nur von ihm zu erwarten.
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Wer Gott um Seiner Wohltaten willen liebt, der ist ein Polytheist. Schibli
1.
Bei Gott funktioniert Demokratie andersherum. Denn er ist ein König, der sich sein Volk wählt. Und er tut es nicht, weil die Erwählten etwas Besonderes wären, sondern sie sind nur deshalb etwas Besonderes, weil Gott sie erwählt. Gottes Wahl gründet in nichts anderem als in Gottes Freiheit, so dass wir als Christen nicht sind, was wir sind, weil wir uns für Gott, sondern weil er sich für uns entschieden hat. Wir verdanken unseren Glauben seiner Zuwendung zu uns. Und das ist gut so. Denn was unsere zittrigen Hände nicht halten, können sie auch nicht fallenlassen!
2.
Gottes Ratschluss zur Erwählung ist keine so wackelige Sache, dass ihm der Mensch wieder aus den Händen rutschen könnte, wie dem Angler ein allzu glitschiger Fisch. Es ist undenkbar, dass Gottes Geist in jemandem echten Glauben wecken sollte, um ihn danach wieder gänzlich fallen zu lassen. Was Gott anfängt, bringt er auch zu Ende – und seine Zusagen täuschen niemanden. Menschen aber täuschen sich selbst. Und wenn ihr „Glaube“ nur eingebildet bzw. angemaßt war, gehen sie verloren. Doch erwählt waren sie dann nicht. Denn die, die Gott will, bekommt er auch. Und die er nicht bekommt, hat er sowenig gewollt wie sie ihn.
3.
Da Gott nicht einfach „alle“ erlöst, kann der Einzelne in quälende Zweifel geraten, ob die Zusagen des Evangeliums auch ihm persönlich gelten – oder vielleicht nur anderen. Wenn manche verworfen werden – wie weiß er, dass er zu den Erwählten gehört? Selbstbeobachtung führt garantiert nicht zum Ziel. Doch Gott hat Heilsmittel bereitgestellt, die uns seine Gnade verlässlich zueignen: Wer im Glauben am Abendmahl teilnimmt, darf seiner Erwählung unmittelbar gewiss sein. Und das nicht etwa, weil er „gut“, sondern weil Gottes Sakrament verlässlich ist. Die Heilsgewissheit, die es anderswo nicht gibt, findet man also am Altar.
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„Ich, Gottschalk, glaube, bekenne und bezeuge aus Gott Vater durch Gott Sohn in Gott, dem Hl. Geist, und versichere vor Gott und seinen Heiligen, dass die Prädestination eine doppelte ist, der Erwählten zur Ruhe und der Verworfenen zum Tod. Denn wie der unveränderliche Gott vor der Erschaffung der Welt alle seine Auserwählten aus purer Gnade zum ewigen Leben unverbrüchlich vorherbestimmte, so bestimmte derselbe unveränderliche Gott alle Verworfenen, die am Tage des Gerichts wegen ihrer eigenen Übeltaten verurteilt werden, durch sein gerechtes Gericht unverbrüchlich zum verdienten ewigen Tod vorher.“
(Gottschalk +869)
„Gott sagt zu dir: Siehe, da hast du meinen Sohn, den höre und nimm ihn an; wenn du das tust, so bist du jetzt schon deines Glaubens und deiner Seligkeit gewiss. Ja, sagst du, ich weiß aber nicht, ob ich im Glauben bleiben kann? Ei, so nimm doch gleichwohl die gegenwärtige Verheißung und Versehung an, und hüte dich, dass du nicht vorwitzig oder zu genau nach den heimlichen Ratschlüssen Gottes forschest. Wenn du an den geoffenbarten Gott glaubst und sein Wort annimmst, so wird dir allgemach auch der verborgene Gott geoffenbart werden. Denn ‘wer mich sieht’, spricht Christus Joh. 14,9., ‘der sieht den Vater.’ Wer aber den Sohn verwirft, der verliert mit dem geoffenbarten Gott auch den verborgenen Gott, der sich nicht geoffenbart hat. Wirst du aber mit starkem Glauben dem geoffenbarten Gott anhangen, also dass du in deinem Herzen gesinnet seiest, du wollest Christum nicht verlieren, wenn du auch sonst alles, was du hast, solltest beraubet werden, so bist du gewisslich versehen, und wirst den verborgenen Gott verstehen, ja, du verstehst ihn jetzt schon allbereit: wenn du den Sohn erkennst und seinen Willen, dass er sich dir offenbaren und dein Herr und Heiland sein wolle, so bist du dessen gewiss, dass Gott auch dein Herr und dein Vater sei.“
(Martin Luther)
Manchem erscheint seine Religion „zufällig“, weil er – anderswo geboren – etwas anderes glauben würde. Doch unterlaufen dabei mehrere Denkfehler. Der Betreffende wäre „woanders geboren“ gar nicht er selbst, sondern „ein anderer“. Und wenn dieser „andere“ etwas anderes glaubte – was besagt das schon? Im Übrigen handelt es sich um einen zirkulären Schluss: man hält die Religion für zufällig, weil man voraussetzt, die Geburt sei zufällig. Das ist aber eine ganz willkürliche, mit dem christlichen Schöpferglauben nicht vereinbare Unterstellung.
Christen erwarten das Heil von Gottes kommendem Reich. Doch ist dasselbe Heil auch schon hier und heute gegenwärtig und kann durchaus erfahren werden, weil das, was den kommenden Himmel ausmacht, die innig-versöhnte Übereinstimmung mit Gott ist. Und die beginnt nicht irgendwann „später“, sondern heute: wer im Glauben Christus „hat“, hat in und mit ihm auch schon das Heil, die Seligkeit und das Ewige Leben. Alles Wesentliche ist ihm mit dem Brot des Abendmahls in die Hand gedrückt – und er steht mit einem Bein bereits im Himmel.
1.
Gott macht kein folgenloses Gerede. Vielmehr hat sein Wort die Dynamik einer riesigen Meereswoge, die alles, was mit ihr schwimmt, bis zum Horizont davon trägt, und alles, was sich entgegenstellt, auf den Grund hinunterdrückt und unterpflügt. Denn das Evangelium kommt zu mir, damit sich durch seine Botschaft bei mir ereigne, wovon die Botschaft berichtet. Nehme ich das Wort auf, wird eben damit die Gnade zum Ereignis, lehne ich es ab, habe ich die Gnade abgelehnt. Denn da ist nicht einerseits die Gnade, und andererseits das Wort, das von ihr redet, sondern die Gnade ist im Wort enthalten, und das Wort in der Gnade.
2.
Es scheint oft, als sei unser Predigen „vergebliche Liebesmüh“, so dass ein ärgerlicher Prediger zuletzt denken mag: „Glaubt doch, was ihr wollt!“ Doch hat er dann seinen Auftrag missverstanden, der gar nicht darin besteht, „gut anzukommen“, sondern allein darin, Gottes Wort treu und verständlich weiterzugeben. Ob es dann bei den Hörern rettenden Glauben oder Verstockung wirkt, liegt in Gottes Hand. Sein Wort wirkt jederzeit, was es wirken will. Und es zu verkünden ist auch dann nicht vergeblich, wenn es auf massiven Widerstand trifft. Denn Gott sagt: „Wer es hört, der höre es; wer es lässt, der lasse es“ (Hes 3,27).
3.
Das Gesetz stellt fest, dass der Mensch dem guten Willen Gottes zu entsprechen hat und anderenfalls mit Strafe rechnen muss. Das Evangelium hingegen lädt den Sünder ein, vor dem verdienten Gericht zu Jesus Christus zu fliehen, der mit offenen Armen bereit steht, um ihm seine Schuld abzunehmen. „In jeder Predigt müssen beide Lehren vorkommen. Wenn eine von beiden fehlt, so ist die andre falsch.“ Denn: „Ohne das Gesetz verstehen wir das Evangelium nicht und ohne das Evangelium hilft uns das Gesetz nichts.“ (C. F. W. Walther)
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„Was für eine Lehre oder Wort soll ein Prediger der Kirche vortragen? Er soll nicht seine Träume oder seines eigenen Herzens Gedanken und Gutdünken predigen, Jerem. 23; auch soll er nicht Menschen-Lehre und -Satzungen predigen, Jes. 29, Matth. 15.; sondern wer in der Kirche Gottes redet, der soll reden als Gottes Wort, 1 Petr. 4, auf dass es heiße: Posui verba mea in ore tuo („Ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt“) Jes. 59 …“ (Martin Chemnitz)
„Der Wert eines rechten Kirchendieners besteht lediglich darin, dass er recht predigen kann. Kann er das nicht, so gehört er nicht auf die Kanzel; die ist da zum Predigen. Die Predigt ist der Mittelpunkt eines jeden Gottesdienstes. Und was soll er denn durch die Predigt wirken? Bedenken Sie das: Er soll die sicheren Seelen aufschrecken aus ihrem Sündenschlaf; dann soll er die Aufgeschreckten zum Glauben bringen; dann soll er die Gläubigen zur Gewissheit ihres Gnadenstandes und ihrer Seligkeit bringen; die Gewissgewordenen soll er dann auch zur Heiligung bringen, und die Geheiligten soll er dann in ihrem heiligen, seligen Zustande stärken und bis an das Ende darin erhalten. O welch eine Aufgabe!“ (C.F.W. Walther)
Der Pfaff ist zänkisch. Lieber, beweis es. Er sticht und schilt immer. Mein, wo fühlst du die Stiche und wo tun sie dir wehe? Im Gewissen. Was kann der Pfaff dazu, dass dein Gewissen dich sticht und beißt; steht er doch auf der Kanzel und rührt dein Gewissen mit keinem Finger an. Der Prediger straft das Böse, kaum fällt das Wort ins Ohr, so ist alsbald dein Gewissen ein schneller Zeuge wider dich, klagt dich an, überweist und verdammt dich. Deß muss der arme Prediger Schuld tragen. Dein Herz zankt mit dir über deine Bosheit, so ist der Prediger zänkisch. Dein Herz will dir keinen Frieden lassen, ehe du Buße tust und dich bekehrst, so ist der Prediger friedhässig. Den Prediger willst du beschicken und stillen. Warum beschickst und stillst du dein Gewissen nicht? Ach! Dein eigen Gewissen ist der schärfste Bußprediger wider dich. Die Vorpredigten, die der Priester von der Kanzel hält, stechen lang so scharf nicht, als die Nachpredigten, die dein Gewissen in dir hält. Mein Christ, ich will dir einen guten Rat geben. Wenn du merkst, dass dein Herz auf den Prediger zürnt, so stell es vor, frag und sprich: Mein Herz, weißt du dich deß schuldig, das der Prediger gestraft hat? Sagt‘s nein, was zürnst du denn? (...). Sagt‘s ja, ei so zürne mit dir selbst, warum hast du Böses getan? Nicht, wer Böses straft, sondern wer Böses tut, hat Zorn verdient. Jener baut den Himmel, dieser die Hölle. Dank dem Prediger, der durch seinen Zorn in dir einen Zorn über deine Sünde erwecken will; damit du dem ewigen Zorn mögest entrinnen. Es ist ein Liebezorn, er meint‘s gut. Ich will der Wahrheit nimmer feind sein, weil sie mein bester Freund ist und mir zum Himmel hilft.
(Heinrich Müller)
Ratschläge an einen Prediger
„Mit herzlicher Freude und Liebe habe ich Ihren Brief gelesen und seit dieser Zeit nicht aufgehört, für Sie und Ihre Gemeinde zu beten. Wohl kenne ich die von Ihnen erwähnten Schwierigkeiten, ich habe sie selbst zu bekämpfen gehabt, weiß aber auch, dass sie nicht unüberwindlich sind. Und im Grunde sind es nie und nirgends die äußerlichen Verhältnisse, sondern immer die Herzen, die Schwierigkeiten machen. Ändern sich die Herzen, so ändern sich die Verhältnisse von selbst. Aber wie soll ich Ihnen Rat erteilen? Ich kann es nicht in einem Briefe, kann es überhaupt nicht nach einer Theorie. Ich bin den Theorien so durch und durch feind, dass ich glaube, dass alles verkehrt angefangen ist, was nach Theorien geschieht. Ich lasse nur eine Theorie gelten, die des Heiligen Geistes. Mit des Heiligen Geistes Kraft, akkurat nach dem Wort getrieben von der Liebe Christi, und dann ohne weiteres darauf und daran, und gesprochen, wie einem der Schnabel gewachsen ist, und getan, was man nicht lassen kann, und in jeder Seele eine Seele sehen, die Christus mit Blut erkauft hat und die ihm gehört und die man ihm wiedergewinnen muss, das, glaube ich, ist der frische Lebensweg. Predigen Sie rücksichtslos entschieden Gottes Wort, nehmen Sie keine Rücksichten, strafen Sie die Sünden und Gottlosigkeiten der Gutsbesitzer und Pächter, sie mögen da sein oder nicht, und beide mögen es übelnehmen oder nicht und annehmen oder nicht; nie kommt das Wort leer wieder zurück. Malen Sie Jesum Christum, und zwar dies vor allen Dingen, den Leuten vor Augen in seiner ganzen Kreuzesgestalt und Herrlichkeit, beten Sie in der Gemeinde brünstig um den Heiligen Geist. Machen Sie Ihre Predigten nicht, sondern erbeten Sie sich auf den Knien Ihre Predigten, und wenn alle Leute schlafen, dann ringen Sie noch auf den Knien mit dem Herrn um die Seelen der Menschen, und opfern Sie Zeit, Kraft, Bequemlichkeit, alles, alles dem Herrn und dem Seelenfrieden der Menschen. Das Wort Gottes aber, mag es Rechtfertigung aus dem Glauben oder Sonntagsheiligung, Evangelium oder Gesetz sein, predigen Sie ohne alle Rücksicht so, dass keine Hintertür offen bleibt, ohne Rücksicht auf die Folgen noch auf Missverständnis und dergleichen. Unter Gottes Wort muss sich alles beugen, und kein Verhältnis und keine Folgen dispensieren davon. Dabei bitte ich Sie, wandeln Sie heilig, predigen Sie kein Wort, das Sie nicht selber tun, meiden Sie gänzlich alles, was nach der Welt schmeckt oder riecht. Und nennen Sie alles beim rechten Namen, dass man es mit Händen greifen kann, was Sie meinen, so konkret wie möglich, dass es nicht über den Köpfen hingeht. Und bei den Krankenbetten und Hausbesuchen gar keine Theorie; was not ist, wird und muss der Herr dem Beter geben, und mit Gebet müssen Sie hingehen, dann macht sich alles von selbst oder vielmehr der Herr macht alles, und der macht’s allein gut, was man selbst macht ist alles dummes Zeug ... Gott befohlen, Sie lieber Mitstreiter.“
(Louis Harms)
1.
Die wittembergisch Nachtigall
2.
Martin Luther predigend
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„Das heil. Predigtamt ist ein solcher von Gott verordneter Stand, in welchem er etliche gewisse Personen aus den Menschen dazu gesetzt hat, dass sie mit göttlicher Autorität als Botschafter an seiner Statt ihres Herrn Wort andern vortragen, die Sakramente ihnen reichen, sie also zu Christo führen und zum ewigen Leben erbauen sollen.“ (Nikolaus Hunnius)
„Was ist das Predigtamt für ein Amt? Es ist nicht eine weltliche Herrschaft, zeitliche, politische Händel zu regieren, Luk. 22. 2 Tim. 2. Auch ist es nicht eine geistliche Herrschaft mit voller Macht, eigens Gefallens über die Kirchen zu herrschen. 2 Kor. 1, 1 Pet. 5 Es ist auch nicht ein Gewerbe oder Hantierung, Gewinnes halben, 1 Tim. 3 und 6, 1 Petr. 5; sondern es ist ein geistlich Amt zum Dienst der Kirchen, von Gott gestiftet und verordnet, 2 Kor. 14, also dass Prediger sind und sein sollen Gottes Diener im Reiche Christi und Haushalter der Geheimnisse Gottes, 1 Kor. 4 Kol. 1, welchen durch ordentlichen Beruf von Gott auferlegt und befohlen ist das Amt, die Gemeine Gottes zu weiden mit der reinen Lehre des göttlichen Worts, Act. 6. und 20, Eph. 3. und 4, mit Handlung und Verreichung der Sakramente, Matth. 28. 1 Kor. 11 mit rechtschaffenem Brauch der Kirchenschlüssel, Sünde zu lösen und Sünde zu binden ingemein und insonderheit, Matth. 16, Joh. 20, und das alles nach gewissem gemessenem Befehl, welchen der Erzhirt in seinem Wort zur Instruktion vorgeschrieben hat. Matth. 28.“ (Martin Chemnitz)
„…was das Predigtamt für Früchte und Wirkung gebe. Das zeigen die Namen an, welche es führt, als: dass die Lehrer sind Gottes Haushalter (1 Kor. 4,1.); Knechte (Röm. 1,1); Diener (Röm. 15,16.); Ackerleute (1 Kor. 3,6.); Bauleute (1 Kor. 3,10.); Hirten (Ephes. 4,11.); Erntearbeiter (Matth. 9,38.); Botschafter (2 Kor. 5,20.). Wie nun in der Haushaltung solche Ämter nicht ohne besondern großen Nutzen sind, wo anders die dazu bestellten ihrem Herrn gebührliche Treue erweisen; gleich also wo die ins Predigtamt verordneten sich treulich verhalten, da kann ihr Amt und Verrichtung nicht umsonst und vergeblich sein. Und es hat sich befunden, dass durch der Apostel Verrichtungen das Evangelium von Christo in aller Welt gepflanzt (Kol. 1,23.) und unzählig viel Menschen zu ihrer ewigen Wohlfahrt sind befördert worden. Welches mit Beschreibung des Berufs Sct. Pauli schön zusammengefasst wird, Ap. Gesch. 26,17.18: „ich will dich erretten von den Heiden, unter welche ich dich jetzt sende, aufzutun ihre Augen, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, zu empfahen Vergebung der Sünde und das Erbe samt denen, die geheiliget werden durch den Glauben an mich“. Und von Timothei Amt spricht der Apostel: „wo du solches tust, wirst du dich selbst selig machen, und die dich hören“, 1 Tim. 4,16.“ (Nikolaus Hunnius)
„Ich fürchte, es gibt etliche, die predigen mit der Absicht, die Leute zu amüsieren, und solange die Menschen in Haufen zusammenströmen und ihre Ohren gekitzelt werden und sie erfreut über das Gehörte nach Hause gehen können, ist der Redner zufrieden, faltet die Hände und geht selbstzufrieden heim. Aber Paulus war nicht darauf aus, den Menschen zu gefallen und große Massen an sich zu locken. Wenn er sie nicht retten konnte, hielt er es für unnütz, ihr Interesse zu wecken. Wenn die Wahrheit nicht die Herzen durchbohrte, das Leben veränderte und neue Menschen aus ihnen wurden, ging Paulus nach Hause und weinte: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden?“ Nun seht, Brüder, wenn ich, oder ihr, oder einer von uns, oder wir alle unsere Tage nur damit verbracht haben, die Leute zu amüsieren, sie zu erziehen oder ihnen Moral beizubringen, dann werden wir an dem letzten, großen Tag traurig dastehen und werden nur einen elenden Bericht abliefern können; denn welchen Nutzen bringt es, einen Menschen ausgebildet zu haben, wenn er in die Verdammnis kommen wird? Oder welchen Dienst haben wir ihm mit unserer Unterhaltung erwiesen, wenn die Posaune erschallt, wenn Himmel und Erde erschüttert werden und der Abgrund seinen feurigen Rachen aufreißt und die unerretteten Seelen verschlingt? Was hilft es, die Moral eines Menschen zu heben, solange er noch an der linken Seite des Richters steht und das „Gehet von mir, Verfluchte!“ zu erwarten hat?“ (Charles H. Spurgeon)
Solche Schüssel, solche Decke, wie die Schafe sind, so muss auch der Hirte sein. Dass geizige stolze Zuhörer einen geizigen stolzen Pfarrer wählen, ist kein Wunder. Solche Schüsseln, solche Decken. Wer lässt zu kupfernen Schüsseln eine güldene Decke machen? Wie schickt sich ein demütiger Priester bei hochmütigen, ein frommer bei gottlosen, ein vergnüglicher bei geizigen Zuhörern? Er ist Gold, sie sind Kupfer; lehrt er, sie gehorchen nicht; führt er, sie folgen nicht; straft er, sie zürnen; zeigt er den Weg zum Himmel, sie gehen den Weg zur Hölle. Gleich liebt sich. Was kann für Erbauung sein, wo keine Liebe ist unter Hirten und Schafen? Was kann für Liebe sein, wo keine Gleichheit ist, weder im Sinn noch Sitten? Wie wohl tust du, Weltkind, wenn du liebst, was dich lieben kann und dich gesellst zu deines Gleichen! Ist der Priester deiner Art, so macht er’s mit, wie du es machst. Du wucherst, raubst, stiehlst, geizest, schindest, schabest, er auch und noch viel besser als du; du hilfst dem Armen aus dem Sattel, er schlägt ihn gar zu Boden; du scherst das Schaf, er schindet‘s; du nimmst Milch und Wolle, er Fleisch und Fell; du dienst dem Bauch, er gar dem Baal; du kannst wohl fressen und saufen, er kann dir‘s meisterlich zuvor tun; du kränkst die Unschuldigen mit deiner Zunge, er tötet sie gar; weil er’s denn macht wie du, bleibst du in deinen Sünden von ihm ungestraft. Frisst doch ein Rabe dem andern kein Auge. Wie kann er dich beschuldigen, deß er selbst schuldig ist? Sein eigen Gewissen würde wider ihn zeugen, und sein eigen Maul ihn verdammen. Ist das nicht ein herrlich Leben? Tun was gelüstet und keine Einrede haben? Ja, freilich ja. Aber was folgt darauf? Dein Hirte stirbt in Sünden, du auch; dein Hirte fährt zum Teufel, du mit. Gleiches Leben, gleicher Lohn, gleiche Brüder gleiche Kappen. Gott täte ja unrecht, wenn er in der Ewigkeit trennen sollte, die sich in der Zeit mit einander verbunden haben. Wie wohl hast du gesorgt für deine Seele! Das ist Gottes Gerechtigkeit, die muss man preisen. Denn wie du willst, so geschieht dir.
(Heinrich Müller)
Ab und zu. Das ist dein Amt, der du ein Bote Christi bist. Löset sie ab und führet sie zu mir, spricht Christus zu seinen Jüngern, da sie ihm die Eselin samt dem Füllen holen müssen. Die Seelen müssen mit Christo vereinigt werden in der Zeit, sollen sie mit ihm vereinigt sein in der Ewigkeit. Soll das Band mit Christo geknüpft, muss zuvor das Band mit der Welt gelöst werden. Erst ab, darnach zu, von der Welt getrennt, mit Christo verbunden. Was ist denn dein Amt, du Diener Gottes? Du hast vor dir die Herzen der Menschen als ein weiches Wachs; kannst ein- und ausbilden, was du willst. Siehe zu, dass du die Welt aus-, Jesum einpredigst, die Welt leid, Jesum lieb, jene bitter, diesen süß machst. Beschaue deine Zuhörer; wie manchen Esel findest du darunter! Ein Esel ist der Sündenknecht, der aus den Wegen Gottes einen Austritt nach dem andern tut und zum Guten träg ist. Was tut der? Er eilt zur Sündenkrippe, sucht in der Sünde seine Lust und Vergnügung, bindet sich fest an mit den falschen Hoffnungsstricken, hat Lust zu sündigen, weil er aus der Sünde Nutzen, Ruhm und Ergötzung hofft; mit den langen Lebensstricken, hält sich auf im Sündendienst, weil er sich ein langes Leben einbildet, und die Buße bis ins Alter verschiebt; mit den göttlichen Gnadenstricken, meint, es habe keine Not, Gott sei barmherzig. Das siehst du und lässt ihn stehen. Solltest du ihm nicht durch scharfe Gesetzpredigten die Sündenkrippe leid machen und die losen Stricke, die ihm endlich zu Höllenstricken werden, zerreißen? Ach ja, dein Jesus sagt, löse ihn ab. Solltest du ihn nicht, wenn sein Herz vor Leid zerrissen, durch süße evangelische Trostpredigten zu Christo führen? Ach ja, dein Jesus sagt, führ ihn zu mir. Ein Esel ist das Weltkind, geht einher unter der Last vieler weltlichen Lüste und Sorgen, sucht seine Ersättigung in der Weltkrippe, angebunden mit den Stricken der Augenlust, Fleischeslust, und des hoffärtigen Lebens. Löse ihn ab durch Vorstellung der Eitelkeit und Mühe, des Jammers und Betruges, so im Irdischen ist; führe ihn zu Jesu und gib ihm zu erkennen, wie freundlich der Herr ist. Ein Tröpflein der Süße Jesu wird ihm die Welt bald bitter machen. Führe ihn hinzu durch heilsamen Unterricht, die Lehre baut viel; durch heiligen Vortritt, das Leben baut noch mehr; durch brünstige Fürbitte, das Gebet baut am allermeisten. Das heißt dann aus der Hölle in den Himmel. Hirt und Schäflein beide selig. Gott helfe doch!
(Heinrich Müller)
„Ein gelehrter Mann, der einst Sabbatgast an Rabbi Baruchs Tisch war, sagte zu ihm: „Lasst uns nun Worte der Lehre hören, Rabbi, ihr redet so schön!“ „Ehe, dass ich schön rede“, antwortete der Rabbi, „möge ich stumm werden!“
(Martin Buber)
Heutzutage kennen die Leute vor allem den Preis und nicht den Wert. Oscar Wilde
Es gibt Leute, die zahlen für Geld jeden Preis. Arthur Schopenhauer
Als Christus sein Leben opferte, machte er allen weiteren Opfer- und Priester-dienst alttestamentlicher Art überflüssig. Indem er aber seine Jünger beauftragte, missionierend, taufend und lehrend sein Werk weiterzuführen, begründete er das kirchliche Amt. Grundsätzlich hat jeder Getaufte Anteil an diesem Amt und Auftrag. Um aber eine möglichst geordnete und qualifizierte Ausübung zu gewährleisten, überträgt die Kirche das geistliche Amt einzelnen, die dazu besonders geeignet und ausgebildet sind.
Gott will auf der Rankingliste unserer Prioritäten den ersten Platz einnehmen – oder keinen. Und wenn wir ihm statt der Hand nur den kleinen Finger reichen, lässt er uns stehen. Denn Gott ist „absolut“. Und das Absolute nur „relativ“ wichtig zu nehmen, wäre widersinnig. Der Mensch soll darum nicht umherschweifen wie ein herrenloser Köter, der jedem nachläuft und jede Hand schleckt, die ihn füttert, sondern soll in unbedingter Treue auf Gott fokussiert sein, um in Freuden, Nöten, Hoffnungen und Ängsten alles nur von ihm zu erwarten.
Wenn deine Probleme zu klein sind, um darüber zu beten, sind sie auch zu klein, um sich darüber zu sorgen. Anonym
1.
Gottes Offenbarung ist mit dem Neue Testament abgeschlossen, und Propheten gibt es seitdem nicht mehr, denn „das Wort ward Fleisch“: Christus ist das Wort Gottes in Person. Und die damit gegebene Selbstmitteilung Gottes kann weder ergänzt noch überboten werden. Es gibt da nichts mehr zu „enthüllen“, weil Christus nichts zu sagen vergaß. Und so beschränkt sich das Amt christlicher Prediger und Lehrer darauf, das in Christus Offenbarte freudig zu bezeugen und zu entfalten. Angeblich „Erleuchtete“ hingegen, die sich anmaßen, die Gemeinde über die biblische Offenbarung „hinauszuführen“, verdienen kein Gehör: „Gottes Geist gibt keine neuen Offenbarungen, aber er erklärt die vorhandenen“ (Spurgeon).
2.
Jeremia
3.
Mit hörenden Ohren nicht hören
Gott „prüft“ Menschen. Doch wozu ist das nötig, wenn der Allwissende das Ergebnis doch schon kennt? Gott weiß von vornherein, was in einem Menschen steckt – aber der Mensch weiß es nicht. Und er würde ohne Versuchungen nicht erfahren, was da alles in seinem Herzen wohnt. Gott aber will uns die Augen öffnen. Und dafür sind die Versuchungen gut, die nicht ihn, sondern uns klüger machen, unsere besten und schlimmsten Möglichkeiten offenbaren und erst damit vertiefte Selbsterkenntnis und vertieften Glauben möglich machen.
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„Und will dasselbe dritte Teil durchs Feuer führen und läutern, wie man Silber läutert, und fegen, wie man Gold feget. Die werden dann meinen Namen anrufen, und ich will sie erhören. Ich will sagen: Es ist mein Volk, und sie werden sagen: Herr, mein Gott.“ Sach. 13,9. Die Gnade verwandelt uns in kostbares Metall, und dann kommen Feuer und Schmelzofen als notwendige Folge. Erschrecken wir davor? Wollten wir lieber für wertlos geachtet werden, um Ruhe zu genießen wie die Steine des Feldes? Dies hieße das schlechtere Teil wählen, wie Esau das Linsengericht nehmen und das Erbteil des Bundes aufgeben. Nein, Herr, wir wollen mit Freuden in den Schmelzofen geworfen werden, lieber, als von deinem Angesicht verworfen sein! Das Feuer läutert nur, es zerstört nicht. Wir sollen durch das Feuer geführt, nicht darin gelassen werden. Der Herr schützt die Seinen wie Silber, und deshalb gibt er sich Mühe, sie von den Schlacken zu reinigen. Wenn wir weise sind, werden wir den Läuterungsprozess eher willkommen heißen, als ihn abwehren. Unser Gebet wird mehr sein, dass wir von dem schlechten Zusatz befreit, als dass wir aus dem Schmelztiegel genommen werden mögen. O Herr, du prüfst uns in der Tat! Wir sind fast aufgelöst durch den Grimm der Flammen. Doch dies ist dein Weg, und dein Weg ist der beste. Erhalte uns in der Prüfung und vollende den Prozess unsrer Läuterung, und wir wollen dein sein in alle Ewigkeit.“ (Charles H. Spurgeon)
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Der Glaube muss geprüft werden, weil er nur durch Konflikte in einen persönlichen Besitz verwandelt werden kann. Oswald Chambers
Ein Rabbi sagte: Der Töpfer prüft nicht gesprungene Krüge. Er kann nämlich kein einziges Mal schlagen, ohne sie zu zerbrechen. Was aber prüft er? Starke Krüge! Sogar, wenn er öfter schlägt, zerbricht er sie nicht. So der Heilige, gelobt sei er: Er versucht nicht die Frevler, sondern die Gerechten.
Konfuzius sprach: „Sieh, welche Mittel ein Mensch verwendet, um seine Ziele zu erreichen; betrachte die Beweggründe, die sein Handeln bestimmen; prüfe, worin seine Seele Ruhe findet und was ihn bewegt. Wie kann ein Mensch da noch sein Wesen verbergen? Wie kann ein Mensch da noch sein Wesen verbergen?“ „Gespräche“ des Konfuzius
Konfuzius sprach: „Wo die Menge hasst, prüfe, warum sie hasst! Wo die Menge liebt, prüfe, warum sie liebt!“ „Gespräche“ des Konfuzius
Ein Schüler fragte den Baalschem: „Wie geht das zu, dass einer, der an Gott hängt und sich ihm nah weiß, zuweilen eine Unterbrechung und Entfernung erfährt?“ Der Baalschem erklärt: „Wenn ein Vater seinen kleinen Sohn will gehen lehren, stellt der ihn erst vor sich hin und hält die eigenen Hände zu beiden Seiten ihm nah, dass er nicht falle, und so geht der Knabe zwischen den Vaterhänden auf den Vater zu. Sowie er aber zum Vater herankommt, rückt er um ein weniges ab und hält die Hände weiter auseinander, und so fort, dass das Kind gehen lerne.“
Oft wird der Eindruck erweckt, psychologische und theologische Erklärungsmuster stünden sich als Alternativen gegenüber. Man unterstellt, dass dort, wo „Natur“ wirkt, nicht „Gott“ wirken könne – und umgekehrt. Doch für den Glaubenden ist es selbstverständlich, dass Gott natürliche Prozesse in seinen Dienst nimmt. Wie Brot ein Produkt des Bäckers und ein Geschenk Gottes sein kann, kann Glaube ein psychischer Prozess und eine Wirkung des Heiligen Geistes sein, ohne dass diese beiden Dimensionen derselben Sache einander stören müssten.