Theologische Impulse I
An seinen Idealen zugrundegehen können heißt lebensfähig sein. Peter Altenberg
Toleranz ist ein Beweis des Misstrauens gegen ein eigenes Ideal. Nietzsche
Witz ist die plötzliche Hochzeit zweier Ideen, vor deren Verbindung keiner geglaubt hat, dass sie Beziehungen zueinander hätten. Unbekannt
IKARUS
Es kommt nicht darauf an, dass wir lange leben, sondern dass unser Leben den rechten Inhalt hat. Eva von Tiele-Winckler
Es ist nicht der Gläubige, der die Bibel deutet, sondern es ist die Bibel, die den Gläubigen deutet. Sie beschreibt nämlich den großen Zusammenhang, in den sein Dasein eingebettet ist, und verrät ihm die Intention seines Schöpfers: Gott will trennen, was heute noch verquickt ist, will die Sünde vernichten, die Person des Sünders aber retten. Wer davon hört, ist eingeladen, Gottes Unterscheidung im Blick auf sich selbst mit- und nachzuvollziehen. Insofern ist die Bibel kein Rätsel, das der Mensch lösen müsste, sondern der Mensch ist das Rätsel, dessen Lösung die Bibel verrät.
INkarnation
Der Schöpfer hat sich in Christus verleiblicht. Er mischte sich in seinem Wort unter die Geschöpfe. Er eignete sich die menschliche Natur an. Und seither verändert das Bei-Sein Christi unser Da-Sein – ohne dass wir den Vorgang je ganz begreifen könnten. Gott wollte von uns nicht mehr unterschieden sein, sondern wollte Mensch werden, damit wir Menschen durch die Vereinigung mit ihm gerettet würden. Wer aber sieht seine Herrlichkeit? Der Unglaube sieht vor lauter Fleisch kein göttliches Wort – das Menschliche an Christus verdeckt ihm die Gottheit. Der Glaube hingegen sieht in Marias Sohn zugleich den Gottessohn – und hat allen Grund zu jubeln, denn „Christus im Fleisch ist die Leiter zum Vater“ (Luther).
Die Bibel ist nicht „nur“ Menschenwort oder „nur“ Gotteswort, ist auch nicht teils das eine und teils das andere, sondern beides zugleich und beides in Gänze. Ein Widerspruch besteht aber nicht, weil „Gotteswort“ die Urheberschaft meint und „Menschenwort“ die Berichterstattung: Wenn das Wasser einer Quelle durch Leitungen transportiert wird, darf man es mit demselben Recht „Quellwasser“ nennen, wie man es auch „Leitungswasser“ nennt.
Es gibt etwas Weiseres in uns, als der Kopf ist: Instinkt, der aus dem tiefsten Grunde unsers Wesen kommt. Arthur Schopenhauer
Es ist ein glückliches Gefühl, für einen Hass, den wir bis dahin nur instinktmäßig nährten, plötzlich einen triftigen Grund zu erhalten. Karl Gutzkow
Instinkt ist Intelligenz, die unfähig ist, sich ihrer selbst bewusst zu werden. John Sterling
INSTRUMENTALISIERUNG DES GLAUBENS
Das Kennzeichen „echten“ Glaubens ist es, dass seine Gottesbeziehung nicht „Mittel zum Zweck“, sondern „Selbstzweck“ ist. Denn wer wirklich Gott sucht, der sucht ihn um seiner selbst willen. Wo man dagegen die Beziehung zu Gott „nutzen“ will, um das eigene Lebensgefühl zu steigern oder die Welt besser zu genießen, da wird alles falsch: Denn Gott ist das Ziel. Das irdische Leben ist nur der Weg. Und diese beiden Dinge nicht zu verwechseln, das ist das Kennzeichen „echten“ Glaubens.
Ein Werkzeug kann nicht seine eigene Tauglichkeit kritisieren: der Intellekt kann nicht selber seine Grenze, auch nicht sein Wohlgeratensein oder sein Missratensein bestimmen. Friedrich Nietzsche
Dem intellektuell hochstehenden Menschen gewährt … die Einsamkeit einen zwiefachen Vorteil: erstlich den, mit sich selber zu sein, und zweitens den, nicht mit andern zu sein. Arthur Schopenhauer
Die Intelligenz ist charakterisiert durch eine natürliche Unfähigkeit, das Leben zu begreifen. Henri Bergson
Instinkt ist Intelligenz, die unfähig ist, sich ihrer selbst bewusst zu werden. John Sterling
Intelligent und fleißig – gibt’s nicht. Intelligent und faul – bin ich selber. Dumm und faul – der ideale Diplomat. Dumm und fleißig – davor bewahre uns der Himmel! Charles-Maurice de Talleyrand-Perigord
Keiner kann über sich sehen. Hiermit will ich sagen: jeder sieht am andern nur so viel, als er selbst auch ist: denn er kann ihn nur nach Maßgabe seiner eigenen Intelligenz fassen und verstehen. Ist nun diese von der niedrigsten Art, so werden alle Geistesgaben, auch die größten, ihre Wirkung auf ihn verfehlen und er an dem Besitzer derselben nichts wahrnehmen, als bloß das Niedrigste in dessen Individualität, also nur dessen sämtliche Schwächen, Temperaments- und Charakterfehler. Daraus wird er für ihn zusammengesetzt sein. Die höheren geistigen Fähigkeiten desselben sind für ihn so wenig vorhanden, wie die Farbe für den Blinden. Denn alle Geister sind dem unsichtbar, der keinen hat… Arthur Schopenhauer
Niemand hat „Verdienste“, die Gott zu seinem Schuldner machten. Wenn aber trotzdem der Eindruck entsteht, es gehe in der Welt nicht „gerecht“ zu, liegt‘s daran, dass wir nicht beachten, in welcher Währung Gott „vergilt“. Tatsächlich wird jeder von dem ergriffen, wonach er greift. Der Böse verschreibt sich dem Bösen und hat seine Seele verkauft. Der Gute hingegen wird von selbst ein Teil der guten Mächte, denen er folgt. Die Hinwendung zu Gott lohnt sich durch die Teilhabe an ihm. Die Hinwendung zu Satan ebenso. Und so gesehen ist die Welt erschreckend gerecht!
Die Ironie des Schicksals, die zerreißend in das Spinnengewebe der Sterblichen greift und das Gefühl ihrer Sicherheit furchtbar verneint, wird im Empfänglichen Religion. Ernst Freiherr von Feuchtersleben
„Es ziehen immer drei Raubschiffe um uns herum. Erstens, unsere verderbte Natur, zum andern die Welt, drittens die falsche Lehre. Um dieser drei Stücke willen ist es fast gefährlich, in der Welt zu sein. Bei dem dritten Stück braucht der Satan Leute von großem Verstand und Fähigkeiten, deren Wort greift um sich wie der Krebs. Daher ist nun nötig, über dem Wort zu halten und zu beten, damit wir nicht einiger Leute Meinung annehmen, die da sagen: Es schadet nichts, dass man mit solchen Leuten umgeht. Dieser Wahn verderbt sehr viele. Es schadet ihr Umgang viel, es ist der Teufel drunter.“ (Martin Luther)
In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen, ist schon wieder ein Irrsinn für sich. Voltaire
Der Mensch ist lediglich ein Wesen voll natürlichen Irrtums, und dieser ist ohne die Gnade unüberwindlich. Blaise Pascal
Der modische Irrtum ist, dass wir durch Erziehung jemand etwas geben können, das wir nicht haben. G. K. Chesterton
Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinder, als der ohne Ziel umherirrt. G. E. Lessing
Die Irrtümer des Arztes sind mit Erde zugedeckt. Aus Polen
Die Wahrheit widerspricht unserer Natur, der Irrtum nicht, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde: die Wahrheit fordert, dass wir uns für beschränkt erkennen sollen, der Irrtum schmeichelt uns, wir seien auf ein- oder die andere Weise unbegrenzt. Goethe
Ein Irrtum ist umso gefährlicher, je mehr Wahrheit er enthält. Henri Frédéric Amiel
Einige haben Genie zur Wahrheit; viele haben Talent zum Irren. Athenäum-Fragmente
Es gibt nur einen angeborenen Irrtum, und der ist, dass wir da sind, um glücklich zu sein. Schopenhauer
Man kann studieren und sich tief in den Irrtum hineinstudieren. G. E. Lessing
Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. Verfasser unbekannt
Von hundert Männern, die sich in der Welt verirren, werden neunundneunzig durch Frauen gerettet, einer wird gerettet durch unmittelbare göttliche Gnade. Sören Kierkegaard
Von Thomas von Aquin, dem großen Kirchenlehrer des Mittelalters, wird erzählt, es sei leicht gewesen, ihm einen Bären aufzubinden, und so habe ein Mitbruder ihn überrascht, indem er plötzlich zum Himmel zeigte und rief: „Schau, da fliegt ein Ochse!“ Thomas drehte den Kopf in die angegebene Richtung und schaute, aber sein Mitbruder lachte: „Wie kannst Du nur glauben, dass ein Ochse wirklich fliegt?“ Thomas aber antwortete: „Mein Freund, ich glaube eher, dass ein Ochse fliegen kann, als dass ein Mitbruder mich in die Irre führt.“
Wenn einer, der mit Mühe kaum
gekrochen ist auf einen Baum,
schon meint, dass er ein Vogel wär,
so irrt sich der. Wilhelm Busch
Wenn weise Männer nicht irrten, müssten die Narren verzweifeln. Goethe
Ich kann nicht sagen – obgleich ich weiß, dass es eine viel großartigere Wirkung hätte –, dass ich da vor dem Ziel meines Lebens stand. Dies wäre doch etwas zu sehr übertrieben. Ich will lieber aufrichtig sein und geradeheraus erklären, dass wohl noch nie ein Mensch in so völligem Gegensatz zu dem Ziel seines Lebens stand wie ich bei dieser Gelegenheit. Die Gegend um den Nordpol – ach, ja, zum Kuckuck – der Nordpol selbst hatte es mir von Kindesbeinen an angetan, und nun befand ich mich am Südpol! Kann man sich etwas Entgegengesetzteres denken? Roald Amundsen, als er am Südpol stand
Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist, und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen, besser zu begreifen, was du Gott nennst. Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, heißt das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist. Leo Tolstoi
Das Verhältnis von jüdischem und christlichem Glauben lässt sich nicht als Ablösung oder Parallelität beschreiben, sondern mit Paulus dürfen wir erwarten, dass das alte und das neue Gottesvolk – zu einem Zeitpunkt, den Gott bestimmt – zusammenfinden. Wenn nämlich (1.) feststeht, dass Gott seine Verheißungen an das alte Gottesvolk nicht zurücknimmt (wenn er Israel also ganz gewiss erlösen wird), und (2.) feststeht, dass es für keinen Menschen eine andere Erlösung gibt als die, die durch Christus und in Christus geschieht, kann es nicht anders sein, als dass Israel eines Tages in ihm seinen Heiland erkennt.