Ein Platz im Himmel
Kenne sie Voltaire, den Schriftsteller und großen Spötter? Als er einmal beim Preußenkönig Friedrich II. zu Gast war und mit dem Hof zu Tisch saß, meldete er sich zu Wort und erklärte sich bereit, seinen Platz im Himmel zu verkaufen, wenn ihm jemand dafür eine angemessene Summe bieten wollte. Ob er in diesem Moment nüchtern war oder nicht, ob er’s ernst meinte oder nur die Tischgesellschaft verblüffen wollte, ist nicht überliefert. Doch als ich davon las, schien es mir eine interessante Geschäftsidee zu sein. Denn wenn ich in der Zeitung inserierte, dass ich jedem, der mir seinen Platz im Himmel überschreibt, dafür 100,- Euro zahle – meinen sie nicht, dass sich zahlreiche Verkäufer fänden? Ich würde von Anbietern überrannt! Viele könnten sich vor Lachen kaum halten, würden gern ihre Unterschrift leisten und sich mit dem Geld einen schönen Tag machen! Ich hingegen – könnte ich nicht in Seniorenheimen und Krankenhäusern so manchen finden, der das dringende Bedürfnis verspürt, sich noch kurzfristig einen Platz im Himmel zu sichern? Und sollte denen ein Platz im Himmel nicht mehr wert sein als die 300,- Euro, die ich dafür verlangte? In Anbetracht dessen, dass Immobilien im Himmel die beste Lage haben und zeitlich unbegrenzt genutzt werden, wären weit höhere Gewinnmargen möglich! Allerdings: Schon damals bei Voltaire fiel auf, dass die Sache einen Haken hat. Denn an der höfischen Tafel saß auch ein kluger Geistlicher, der über Voltaires Angebot den Kopf schüttelte und antwortete: „Oh, oh, Monsieur, sie vergessen, dass sie in Preußen sind! Und nach preußischem Recht darf man nur das verkaufen, was man als rechtmäßigen Besitz ausweisen kann.“ Ich vermute, dass Voltaire an diesem Punkt nicht mehr grinste. Denn auch ihm muss eingeleuchtet haben, dass man nur verkaufen kann, was einem gehört – und dass einem Menschen, der auf Gottes Nähe so wenig Wert legt, dass er seinen Platz im Himmel verkaufen würde, ein solcher Platz gar nicht zusteht. Für Spötter und Heiden ist da kein Stuhl vorgesehen, der ihren Namen trüge. Eine solche Reservierung ist nie erfolgt. Und was man nicht besitzt, kann man auch nicht verkaufen. Jene hingegen, die Gottes Nähe ersehnen, und denen Gott, weil er ihren Glauben kennt, längst einen Ehrenplatz zugeordnet und gesichert hat – die werden ihren Platz im Himmel um kein Geld der Welt verkaufen. Da wären sie ja schön dumm. Und so bricht mein Geschäftsmodell leider in sich zusammen. Denn die, die ihren Platz leichten Herzens verkaufen würden, haben gar keinen. Und die, die einen haben, verkaufen ihn nicht. Schade eigentlich. Aber gerecht ist es schon...