Chemnitz - Sakramente

 

VON DEN SAKRAMENTEN 

IM NEUEN TESTAMENT INSGEMEIN.

 

Was ein Sakrament heiße, definitio sumatur ex Examine D. Philippi (Anm.: die Bestimmung dessen, was ein Sakrament heiße, nehme man aus Herrn Philippus’ Examen).

 

WIE VIEL STÜCKE GEHÖREN ZU EINEM SAKRAMENT IM NEUEN TESTAMENT? 

Zwei: erstlich ein äußerlich, sichtbar Element, Zeichen, Ceremonie oder Handlung, von Christo durch ein sonderliches Wort und ausgedrückten Befehl im Neuen Testament verordnet, eingesetzet und der ganzen Kirche bis zum Ende der Welt zu brauchen befohlen. Zum andern, das Wort oder die Verheißung der Gnaden, nämlich, dass solche Sakramente von Christo der Meinung und zu dem Brauch eingesetzt seien, dass er durch dieselben als und durch ein äußerlich Mittel und Zeugnis einem jeden Gläubigen für seiner Person reichen, applizieren, übergeben, vergewissern und versiegeln will die Verheißung der Gnaden, die sonst im Evangelio allen insgemein angeboten und vorgetragen wird. 

 

WARUM HAT CHRISTUS NEBEN DEM WORT AUCH DIE SAKRAMENTE EINGESETZT? 

Unsern schwachen Glauben dadurch zu stärken und zu erhalten. Denn weil unser Herz an das bloße Wort allein sich schwerlich halten kann und, wenn es insgemein geprediget wird, so disputieret unser Gewissen allewege darüber, ob Gott auch mich damit meine, ob auch ich für meine Person mich des anzunehmen und zu trösten habe, – so hat Christus, der da reich ist an Barmherzigkeit, solche äußerliche, sichtliche Sakramente eingesetzt, in welchen und durch welche, als durch sichtliche, öffentliche Zeugnisse, er selbst mit uns handeln will, dass wir ein gewiss Siegel und Pfand haben sollen, dass er die Verheißung des Evangelii einem jeden für seine Person, der im Glauben solcher Sakramente braucht, wahrhaftig appliziere, vergewissere und versiegele. Und ist kein Zweifel, dass der Sohn Gottes dadurch kräftiglich in den Gläubigen wirke, den Glauben dadurch zu stärken und erhalten. Derhalben werden billig die Sakramentierer verworfen, so die Sakramente nur für äußerliche Zeichen halten, die allein etwas bedeuten und anzeigen.

 

IST UNSER GLAUBE AUCH ZUM SAKRAMENT VONNÖTEN? 

Was belanget die substantiam oder das Wesen der Sakramente, weil es Gottes Werke sind, so gibt oder nimmt Glaube oder Unglaube den Sakramenten nichts, weder derer, die sie reichen, oder die sie empfangen; denn unser Glaube machet kein Sakrament, sondern allein Gottes Ordnung und Kraft. Aber wenn man fraget, wie und welchen die Sakramente nützen, dass wir derselbigen Frucht, Nutz, Kraft und Wirkung zur Seligkeit bekommen, dazu ist der Glaube vonnöten, der solche Gnade ergreife und annehme, wie im Wort, also auch in den Sakramenten, wie die Schrift saget: Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig; wer aber nicht glaubet, der wird verdammt; item: Wer unwürdig isset, der isset ihm das Gericht.

 

WIE VIEL SIND DENN SOLCHER SAKRAMENTE IM NEUEN TESTAMENT? 

Eigentlich zu reden nur zwei, nämlich die heilige Taufe und das hochwürdige Sakrament des Herrn. Denn in diesen beiden sind die wesentlichen Stücke, so zu einem Sakrament gehören, als erstlich äußerliche Zeichen, von Christo selbst eingesetzet und befohlen; zum andern, die Verheißung der Gnade, dass dieselbige durch diese Sakramente den Gläubigen zugeeignet und versiegelt werden soll. 

 

IST DIE ABSOLUTION KEIN SAKRAMENT?

Eine Eigenschaft hat die Absolution wie die Sakramente, nämlich dass dadurch die gemeine Verheißung des Evangelii einem jeden Gläubigen insonderheit gereichet, zugeeignet und vergewissert wird; und in Betrachtung derselben Eigenschaft tun etliche nicht übel noch unrecht, dass sie die Absolution mit unter die sacramenta zählen. Weil aber gleichwohl kein äußerlich Zeichen von Christo zur Absolution verordnet und eingesetzt ist, so kann sie nicht eigentlich ein Sakrament genennet werden, wie die Taufe und das Abendmahl. Jedoch soll hier kein Wortgezänk angerichtet werden, wie die Apologia Confessionis Augustanae meldet. 

 

WARUM SOLL MAN NICHT SIEBEN SAKRAMENTE ZÄHLEN, WIE MAN IM PAPSTTUM HÄLT?

Darum: denn es mangelt an den wesentlichen Stücken, so zu einem Sakrament gehören. Als der Ehestand ist von Gott eingesetzt und verordnet, aber er hat aus Gottes Befehl kein solch äußerlich Zeichen, wie zu einem Sakrament gehöret; auch ist der Ehestand nicht ein solch Mittel, dadurch die Verheißung der Seligkeit applizieret wird, und Paulus Eph. 5 heißet den Ehestand nicht ein solch Sakrament, wie die Taufe und Abendmahl sind, sondern ein Geheimnis, aber in Christo und seiner Gemeine. 

 

DIE APOSTEL HABEN JA DIE HÄNDE AUFGELEGT, UND IST DER HEILIGE GEIST AUF DIE GLÄUBIGEN GEFALLEN, ACT. 8 UND 19. WARUM SOLLTE DENN DIE FIRMUNG NICHT EIN SAKRAMENT SEIN, WEIL SIE HAT EIN ÄUßERLICH ZEICHEN UND DIE VERHEIßUNG DES GEISTES?

Die Apostel haben unter anderen Gaben, Wunderzeichen zu tun, auch dies gehabt, dass durch Auflegung der Hände, wie die Kranken sind gesund worden, Mark. 16, also auch der Heilige Geist mit äußerlichen, sichtlichen Gaben, als mit Zungen reden, sich hat bei den Gläubigen erzeiget, Act. 8. Aber das ist temporale (Anm.: zeitweilig) gewesen. Wir haben aber in Gottes Wort keinen Befehl, dass wir solches nachtun sollen, auch keine Verheißung, dass durch Auflegung unserer Hände Gott den Heiligen Geist geben wolle. So hat der papistische Chresam (Anm.: Salbung) viel weniger Gottes Wort, Befehl oder Verheißung. 

 

WARUM IST DIE PRIESTERWEIHE KEIN SAKRAMENT? HABEN DOCH DIE APOSTEL DEN PREDIGERN DIE HÄNDE AUFGELEGET, UND DADURCH SIND GABEN GEGEBEN WORDEN, 1 TIM. 4. 2 TIM. 1. 

Dass ordentlicher Beruf und Ordination der Prediger Gottes Wort und Verheißung des göttlichen Segens habe, ist wahr, und ist ein herrlicher, nötiger Trost. Aber die Verheißung hat die Ordination nicht, dass wer da will Gottes Gnade und der Seligkeit teilhaftig werden, dass der müsste Priester werden. Denn auch derer viele, die geweissaget haben, werden an jenem Tage hören: Ich kenne euch nicht, Matth. 7. So hat das Handauflegen keinen ausdrücklichen Befehl in Gottes Wort, sondern die Apostel habens als ein frei Mittelding um des Gebets willen gebraucht. Die Schmierung aber in der papistischen Priesterweihe hat weder Befehl noch Exempel der Schrift des Neuen Testaments, sondern ist wider Gottes Wort eine Wiedereinführung der levitischen Ceremonien. Weils nun der Priesterweihe mangelt beide an Element und Promission (Anm.: Verheißung), ists kein recht Sakrament. 

 

WIE ABER MIT DER LETZTEN ÖLUNG? DA HAT JA DAS, ELEMENT GOTTES WORT, MARK. 6. JAC. 5, UND STEHET DABEI DIE VERHEIßUNG VON VERGEBUNG DER SÜNDE. JAK. 5. 

Die Apostel und andere in der ersten Kirche haben die Gaben gehabt, durch Mirakel (Anm.: Wunder) gesund zu machen, 1 Kor. 12, und dazu haben sie gebraucht zu Zeiten Auflegung der Hände, Mark. 16, zu Zeiten Salbung mit Öl, Mark. 6. Weil aber neben andern Mirakeln auch dies, nachdem das Evangelium gnugsam bestätiget war, aufgehöret, haben wir in Gottes Wort davon weder Befehl, noch Verheißung; und Jakobus gibt Vergebung der Sünden nicht der Ölung, sondern dem Gebet des Glaubens. Auch ölen die Papisten nicht, die sie verhoffen gesund zu machen, sondern die sterben wollen, und solches der Meinung, dass durch solche Ölung ihnen ihre Sünden vergeben sollen werden, welches nicht allein ohne, sondern wider Gottes Wort ist. 

 

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