Chemnitz - Ehe

 

VOM EHESTAND 

UND VON DER PRIESTER EHE.

 

WAS IST DER EHESTAND? 

Es ist ein guter, heiliger Stand, von Gott selbst im Paradies erstlich eingesetzet und nach dem Fall, auch nach der Sündflut, ja auch im Neuen Testament von Gott bestätiget, dass ein Mann und ein Weib zu ehelicher Beiwohnung ordentlicher Weise nach Gottes Einsetzung unzertrennlich zusammen gefüget werden, dass also das menschliche Geschlecht gemehret, Unzucht verhütet solle werden und eins dem Andern Liebe, Freundschaft, Dienst und Hilfe erzeigen solle, wie in der Haustafel, Eph. 5. Kol. 3. 1 Petr. 2 beide Mann und Weibe seine Lection vorschrieben wird. 

 

ISTS AUCH VOR GOTT EIN REINER, HEILIGER STAND? 

Alle andere Vermischung Mannes und Weibes außerhalb des Ehestandes hat Gott hart und ernstlich verboten und sind Sünden, die Gott in diesem Leben und in Ewigkeit strafen will, Gal. 5. Hebr. 13. Allein im Ehestande hat er solche eheliche Beiwohnung zugelassen, und ist derhalben nicht ein unreiner Stand, sondern von Gott also gesegnet, dass es unter den Gläubigen vor Gott ein ehrlicher, reiner, heiliger, keuscher, züchtiger Stand ist (denn diese Titel gibt die Schrift dem Ehestande Hebr. 13. 1 Thess. 4. 1 Tim. 2. Tit. 2.), in welchem fromme Christen mit gutem Gewissen leben, Gott anrufen, ihm dienen und selig werden können. 1 Tim. 2. 1 Kor. 7. 1 Petr. 2. Und derhalben soll auch derselbige Stand in Gottesfurcht und wahrer Anrufung angefangen und geführet werden. 

 

SIND DENN ALLE MENSCHEN BEI IHRER SELIGKEIT VERBUNDEN, DASS SIE MÜSSEN EHELICH WERDEN? 

Nein; denn Christus Matth. 19 nimmt davon aus erstlich, die von Natur oder sonst zum Ehestand untüchtig sind; zum andern, die von Gott die Gabe haben, dass sie sich enthalten und sonst keusch und züchtig leben können im Jungfrauenstande oder im Witwenstande. Und denen gibt Paulus den Rat, dass sie also bleiben, weil sie in solchem einsamen Stande weniger Trübsal haben und auch ohne viel äußerliche Hindernisse Gott dienen und heilig sein können am Leibe und am Geist. 1 Kor. 7. Da aber auch dieselbigen freien wollen, spricht Paulus, dass es ohne Sünde geschehe. Den Andern aber, die solche Gabe nicht haben, saget Paulus, sei der Ehestand, Unzucht zu vermeiden, geordnet und geboten, und sei besser freien, denn in Lüsten brennen. 

 

ISTS AUCH RECHT, DASS EINER, DER DIE GABE NICHT HAT, DEN EHESTAND VERLOBET ODER VERSCHWÖRET? 

Die Schrift saget: Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen. Das aber heißt Gott versuchen, wenn man die Mittel, die Gott etwas zu verhüten verordnet hat, nicht brauchen will, als den Ehestand, Unkeuschheit zu vermeiden. Und Christus sagt, es sei nicht allen gegeben, außer der Ehe keusch zu leben, so könne es auch niemand, denn es gegeben ist, Matth. 19. Und Paulus sagt 1 Tim. 4, dass es Teufelslehre sei, unter dem Schein der Heiligkeit verbieten ehelich zu werden, welches denn durch die vota oder Gelübde geschieht.

 

KANNS DIE HOHEIT UND HEILIGKEIT DES PREDIGTAMTS AUCH LEIDEN, DASS EIN PRIESTER EIN EHEWEIB HABE? 

Ja; denn es haben nicht allein die Priester im Alten Testament Eheweiber gehabt, sondern Paulus schreibet, dass im Neuen Testament zum Bischof und Ältesten erwählet solle werden, wo einer ist untadelig, eines Weibes Mann etc. 1 Tim. 3. Tit. 1. 

 

ES SAGEN ABER ETLICHE, PAULUS SEI ALLEGORICE (ANM.: BILDLICH) ZU VERSTEHEN, DASS EIN BISCHOF NUR EINE KIRCHE HABEN SOLLE, ODER DASS MAN WOHL MÖGE ZUM BISCHOF ERWÄHLEN, DER EINES WEIBES MANN GEWESEN SEI, NICHT ABER, DER EIN WEIB HABE. 

Paulus erkläret sich selber rund und klar, da er also verstehe eines Weibes Mann, der Kinder habe, der eigene Haushaltung mit Weib und Kindern habe. So haben auch von den Aposteln etliche Eheweiber gehabt, nicht allein zuvor, sondern haben dieselben auch in ihrem Predigtamt mit sich herumgeführet, 1 Kor. 9, wie Ignatius, Clemens bezeugen. Denn Paulus saget nicht: Der da gewesen ist, sondern: Der da ist eines Weibes Mann. Sonst würde folgen, dass es heißen müsste: Der nüchtern, lehrhaftig gewesen sei, aber nun nicht mehr. 

 

ES IST ABER EIN HEILIGES, HOHES AMT, UND DER EHESTAND IST EIN FLEISCHLICHER STAND.

Es ist eine teuflische Lästerung, dass etliche Päpste sich nicht gescheuet haben auf den Ehestand zu deuten und zu ziehen die Sprüche Pauli: Die im Fleische sind, können Gott nicht gefallen; item: Wo ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben. Denn der Ehestand ist Gottes Ordnung, durch sein Wort und Segen geheiliget, Gen. 1. 9, daher Christus saget, dass Gott die Eheleute zusammen füge, Matth. 19, und Paulus spricht: Wer ein Weib nimmt, der sündiget nicht, 1 Kor. 7. Denn auch in ehelicher Beiwohnung ist Heiligung, Ehre und Keuschheit, 1 Tim. 2. 1 Thess. 4. Tit. 2, und 1 Petr. 2 werden die Weiber, so den Männern untertan sind, heilig genennet; und Hebr. 13: Die Ehe ist ehrlich bei allen, und das Ehebett unbeflecket. Ja auch die eheliche Beiwohnung eines gläubigen Weibes bei einem ungläubigen Manne ist heilig, 1 Kor. 7. Derhalben sind es Teufelslehren, die verbieten ehelich zu werden, 1 Tim. 4, denn auch in ehelicher Beiwohnung Christen können selig werden, 1 Tim. 2. Inde Canon 4. Concilii Gangrensis pie sancit: Si quis judicet esse discedendum a presbytero marito, quasi non oporteat eo ministrante participare oblatione, anathema sit (Anm.: daher bestimmt der 4. Canon des Concils von Gangra recht und wohl: Wer da urteilt, man müsse von einem verehelichten Priester weichen, als gebührte es sich nicht, wenn er amtierte, am h. Abendmahl teilzunehmen, der sei verflucht). 

 

PAULUS ABER SAGT GLEICHWOHL, ES SEI GUT KEIN WEIB BERÜHREN, ITEM: WER LEDIG IST, DER SORGET, WAS DEM HERRN ANGEHÖRET, ETC.; DERHALBEN SEI ES BESSER NICHT FREIEN, 1. KOR. 7.

Paulus erkläret sich deutlich, wie ers meine: nicht, dass freien böse und Sünde sei, sondern dass es dem Menschen gut sei um der gegenwärtigen Not willen. Denn den Eheleuten begegnet viel leibliche Trübsal, werden auch oft an dem, was dem Herrn angehöret, gehindert, dass es der Ursachen halben wohl besser wäre, wer im Predigtamt ist, dass er ledig bleiben könnte. Aber Paulus spricht: Solches sage ich nicht, dass ich euch einen Strick an den Hals werfen wollte; denn ein jeglicher hat seine eigene Gabe von Gott, einer sonst, der Andere so, und nach solcher Gabe soll ein jeglicher erwählen, was ihm gut möge sein, freien oder ledig bleiben. Und wer freiet, der sündiget nicht, kann auch wohl eines Bischofs Amt besitzen. 1 Kor. 7. 1 Tim. 3. Tit. 2. Auch hindert ehelich beiwohnen und Haushalten das nicht, was zum Kirchendienst gehöret, in denen, die gottselig und treu sind, wie so viel Exempel der Erzväter, Propheten, Zachariä des Priesters, der Apostel, Bischöfe und Märtyrer bezeugen. Und Paulus will einen solchen Bischof haben, der seinem eigenen Hause wohl vorstehe, 1 Tim. 3. Aber 1. Kor. 7 redet er davon, was gemeiniglich geschieht, wenn die Eheleute nicht gleich Christen, gottselig und getreu sind. 

 

KANN DENN KEINER EIN PFAFF SEIN, ER MUSS EIN WEIB HABEN? 

Wer die Gabe hat, ledig zu bleiben, der tut wohl und kann ohn geringer Beschwerung, sonderlich in Zeit der Verfolgung, des Predigtamts warten, 1 Kor. 7. Derhalben soll sich ein jeder prüfen und auch neben dem Gebet befleißigen, ob er ledig könne bleiben. Denn Christus lobet die willige Keuschheit derer, die sich selbst verschneiden um des Himmelreichs willen, Matth. 19. Er setzet aber dabei, dass solches nicht allein durch Beten und Befleißen zuwege bracht werde; denn er spricht: Das Wort fasset nicht jedermann, sondern denen es gegeben ist. Wer es fassen kann, der fasse es. Wem nun die Gabe von Gott gegeben ist, der brauche sie zur Förderung des Himmelreichs. Wer aber die Gabe nicht hat, dem saget Paulus: Hurerei zu vermeiden habe ein jeglicher sein eigen Weib; item: So sie sich nicht enthalten, so laß sie freien. Es ist besser freien, denn Brunst leiden. Und wer freiet, der sündiget nicht, sondern kann auch wohl ein Bischof sein. 1 Kor. 7. Tit. 2. 

 

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