Chemnitz - Jüngstes Gericht

 

VOM JÜNGSTEN GERICHT 

UND VOM FEGFEUER.

 

WAS IST DAS ENDE DES GLAUBENS UND DES UNGLAUBENS? 

Das Ende des Glaubens ist der Seelen Seligkeit, 1 Petr. 1, und das ewige Leben, Joh. 3; des Unglaubens Ende aber ist die ewige Verdammnis, Mark. 16, und das ewige Verderben, 1 Thess. 1. Und in diesem Leben sind wir wohl selig, aber in Hoffnung, Röm. 8. 2 Kor. 5; es wird aber beide des Glaubens und Unglaubens Ende gänzlich und vollkommen offenbaret werden zu der letzten Zeit, wenn Christus wird vom Himmel kommen zu richten, 1 Petr. 1. 2 Thess. 1. Alsdann werden die Gerechten gehen in das ewige Leben, die Ungerechten aber in die ewige Pein. Matth. 25. Joh. 5. 

 

WAS LEHRET DIE SCHRIFT VOM JÜNGSTEN TAGE UND GERICHTE? 

Sie lehret, dass diese Welt und ihr Wesen nicht ewig bleiben, sondern ein Ende nehmen werde, Matth. 24. 1 Kor. 7, dass die Himmel mit Krachen zergehen, die Elemente vor Hitze schmelzen und die Erde verbrennen werde, 2 Petr. 3, wenn des Menschen Sohn vom Himmel kommen wird mit offenbarlicher Kraft und Herrlichkeit, also dass Feuerflammen werden vor ihm her gehen. Matth. 24. 2 Thess. 1. Alsdann werden alle Toten mit ihren Leibern auferstehen, 1 Kor. 15, und darauf wird denn das Gericht gehalten werden, dass die Auserwählten dem Richter Christo zur Rechten und die Verfluchten zur Linken gestellet, und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber Übels getan haben, zur Auferstehung des Gerichts, wie das beschrieben wird Matth. 25. Joh. 5. Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, denn allein der Vater; und darum sollen wir wachen und beten, weil wir nicht wissen Stunde oder Zeit, in welcher der Herr kommen wird. Matth. 24.

 

WAS HATS DENN MITTLERWEILE FÜR EINEN STAND UND GELEGENHEIT VON DER ZEIT AN, WENN EIN MENSCH STIRBT, BIS AUF DEN JÜNGSTEN TAG? 

Was die Seele belanget, saget die Schrift, dass der Gerechten Seelen, wenn sie von dem Leibe durch den Tod abgeschieden, gesammelt werden zu ihrem Volk, Gen. 25. 35. 49, in das Bündlein der Lebendigen, 1 Reg. 25, in Gottes Hand, Sap. 3, in Abrahams Schoß, Luk. 16, also dass sie zu Hause kommen und bei dem Herrn Jesu Christo sind, Eccl. 12. 2 Kor. 5. Phil. 3, da sie im Paradies sind, Luk. 23, getröstet werden, Luk. 16, ruhen von ihrer Arbeit, Apoc. 14, und warten auf den fröhlichen jüngsten Tag, da sie vollkömmlich vollendet werden sollen. Apoc. 6. Hebr. 11. Aber von der Gottlosen Seelen zeuget die Schrift, wenn sie von dem Leibe abgeschieden, dass sie kommen an den Ort der Qual, da sie gepeiniget werden, Luk. 16, und müssen erwarten des schrecklichen Gerichts des ewigen Feuers, Hebr. 9. Matth. 25. 2 Petr. 2. Was aber den Leib anbelanget, beide der Gerechten und der Gottlosen, der schläft und ruhet im Grabe bis an den jüngsten Tag; alsdann wird auch der Leichnam durch die Stimme des Sohnes Gottes von den Toten auferwecket werden und wieder auferstehen. Und wenn also Leib und Seele wieder zusammen kömmt und vereinigt ist, wird das letzte Gericht gehalten, die Gerechten in das ewige Leben, die Gottlosen aber in die ewige Pein geweiset werden. Matth. 25. 

 

WAS LEHREN DENN DIE PAPISTEN VOM FEGEFEUER? 

Sie machen dreierlei Unterschied. Erstlich, dass etliche so rein, heilig und vollkommen seien, dass wenn sie sterben, von Mund auf gen Himmel fahren. Zum andern, dass etliche so gar böse und gottlos seien, dass sie bald in Abgrund der Hölle fahren. Zum dritten aber, dass etliche, ob sie wohl nicht ungläubig noch gar gottlos seien, weil sie aber von Sünden nicht gar rein, noch vollkömmlich für ihre Sünde genug getan haben, wenn sie von hinnen scheiden, dass dieselbigen ins Fegfeuer müssen, da die übrige Sünde durch dasselbige Feuer in ihnen ausgefeget und sie mit unsäglicher Pein den hinterstelligen Rest der Genugtuung für ihre Sünde bezahlen müssen; aus welchem Fegfeuer sie nach vollendeter solcher Ausfegung und Bezahlung erlöset werden und an den Ort der Seligen und Auserwählten kommen, doch also, dass durch Vigilien, Seelmessen, Begängnissen, Anniversarien und dergleichen Werk, so ihnen von den Lebendigen geschehen, sie desto eher und leichter aus dem Fegfeuer gefordert werden können. 

 

IST SOLCHE PAPISTISCHE LEHRE AUCH RECHT UND IN GOTTES WORT GEGRÜNDET? 

Nein, sondern es ist wider Gottes Wort; denn dasselbige saget erstlich, dass in diesem Leben und aus diesem Leben zwei Wege seien, da einer führet zum ewigen Leben, der andere zur ewigen Verdammnis. Matth. 7. Mark. 16. Joh. 3. Zum andern, dass im leiblichen Tode nur zweierlei Unterschied des Sterbens sei, eins sei im Tode der Gerechten, Num. 23, oder der Heiligen, Ps. 116, die in Christo sterben, 1 Thess. 4. Apoc. 14; das andere sei im Tode der Sünder, Ps. 34, die ohne Glauben in ihren Sünden sterben. Joh. 8. Zum dritten, nach dem Tode vor dem jüngsten Tage zeiget die Schrift nur zwei unterschiedene Örter, dahin die Abgestorbenen fahren. Einer ist ein Ort des Trostes der Seligen, der andere ein Ort der Qual der Verdammten, Luk. 16. Aber vom dritten oder Mittelwege und -Orte weiß die Schrift nichts, wie auch Augustinus saget lib. 5. Hypognost. Zum vierten zeuget die Schrift, dass die im Herrn sterben, von nun an selig oder in Ruhe sind, Apoc. 14, dass sie keine Qual rühre, Sap. 14, denn sie kommen nicht ins Gericht, sondern gehen aus dem Tode ins Leben, Joh. 5. Die aber nicht glauben, die sind schon gerichtet, dass sie das Leben nicht sehen werden. Joh. 3. Zum fünften, dass nach dem Tode bald die große Kluft befestigt werde, dass aus dem Orte der Qual niemand kann kommen an den Ort des Trostes, Luk. 16. Zum sechsten, dass die Zeit dieses Lebens sei die angenehme Zeit und der Tag des Heils, 2 Kor. 6; so lange, bis ans Ende heiße der Tag heute, Hebr. 3, da Buße noch statthabe, Luk. 16. Denn was auf Erden gelöset wird, soll im Himmel los sein, Matth. 16. 18. Dass aber nach diesem Leben noch Zeit sei zur Buße, Bekehrung und Versöhnung des Sünders, davon weiß die Schrift nichts, wie auch davon nicht, dass den Verstorbenen zu ihrer Seligkeit sollte behilflich sein, was andere in diesem Leben tun. Denn ein jeglicher wird dort empfangen, was er getan hat, da er im Leben gewesen ist. 2 Kor. 5. Hinc Cyprianus Tractatu 1. contra Demetr: Quando istinc egressum fuerit, nullus jam locus poenitentiae est; hic vita vel amittitur, vel tenetur. Ambrosius De bono mortis: Qui hic non acceperit remissionem peccatorum, illic non erit, ita autem non erit, quia non perveniet ad vitam aeternam. Vita enim aeterna remissio peccatorum est. Et allegat illud Davidis: Ut refrigerer, priusquam abeam, et amplius non ero (Anm.: daher sagt Cyprian Tract. 1. geg. Demetr.: Wenn man wird von hier ausgezogen sein, wird es keinen Ort der Buße mehr geben; hier wird das Leben entweder verloren oder behalten. Ambrosius, vom Gut des Todes: Wer hier nicht die Vergebung der Sünden empfangen hat, wird dort nicht sein, wird aber so nicht sein, weil er nicht kommen wird ins ewige Leben. Denn das ewige Leben ist die Vergebung der Sünden. Und er führt das Wort Davids an: dass ich mich erquicke, ehe denn ich hinfahre und nicht mehr hie sei). 

 

ES SAGT ABER GLEICHWOHL DIE SCHRIFT APOC. 12, DASS NICHTS UNREINES IN HIMMEL GEHE, UND GOTT IST NICHT ALLEIN BARMHERZIG, SONDERN AUCH GERECHT, DER FÜR DIE SÜNDE WILL BEZAHLET SEIN. 

Das ist alles wahr: Wenn aber die Reinigkeit, Genugtuung und Bezahlung auf uns stünde, so würde kein Mensch in Ewigkeit selig. Derohalben hat Gott seinen Sohn zum Mittler und Erlöser gesandt, der ist die Genugtuung für unsere Sünde, Röm. 3. 1 Joh. 2; des Blut reiniget uns von aller Sünde, 1 Joh. 1; der hat uns gereiniget durch die Taufe, Eph. 5; durch den Glauben an ihn werden die Herzen gereinigt, Act. 15, wenn unsere Kleider im Blute des Lammes gewaschen werden, Apoc. 12, unsere Gewissen damit besprenget und abgewaschen werden, Ps. 51. 1 Petr. 1. Hebr. 10; dass wir also durch ihn und in ihm heilig, unsträflich und ohne Tadel sind, Kol. 1. Joh. 2. Und solche Wohltaten des Sohnes Gottes werden verdunkelt und verkleinert durch die Lehre von dem Fegefeuer. 

 

ES SAGET ABER PAULUS 1 KOR. 3: ER WIRD SELIG, SO DOCH ALS DURCHS FEUER. 

Diesen Spruch Pauli hat keiner von den Ältesten vom Fegfeuer verstanden. Auch dürfen Augustinus und Gregorius darauf das Fegfeuer nicht gründen; denn sie sagen, man könne es verstehen vom Feuer der Trübsal in diesem Leben. Und weil Paulus saget, dass eines jeglichen Werke durch das Feuer bewähret werden, so müssten alle Heiligen ins Fegfeuer, welches die Papisten selbst nicht nachgeben. Was aber Paulus Meinung sei, gibt der Text klar; denn er redet von Predigern und von Zuhörern, da das Fundament recht und rein ist und bleibet; was ein jeder auf das Fundament für Lehre und für Opiniones aufbaue, dass solches alles durch das Feuer der Anfechtung, Trübsal und Verfolgung probieret werde, in welchem Feuer etliches bestehe, etliches als untüchtig und unnütze verbrennet werde; doch also, wenn das Fundament recht und rein ist, dass es an der Seligkeit unschädlich sei. Denn weil es alles geistlich ist in demselbigen Text, Gold, Silber, Holz, Heu etc., so kann auch ignis (Anm.: das Feuer) da nicht materialis (Anm.: leiblich) sein, wie die Papisten im Fegfeuer dichten. 

 

CHRISTUS ABER SAGET MATTH. 12, DASS ETLICHE SÜNDEN WEDER IN DIESER NOCH IN JENER WELT VERGEBEN WERDEN. 

Christus erkläret diesen Spruch selber Mark. 3: Er hat keine Vergebung ewiglich, sondern ist schuldig des ewigen Gerichts. Das ist, die Sünde in den H. Geist wird gestraft hie zeitlich und dort ewiglich, da sonst viel Sünden in diesem Leben nicht gestraft werden. 

 

MACCABÄUS ABER HAT FÜR DER VERSTORBENEN SÜNDE GEOPFERT, 2 MACC. 12. 

Die Bücher der Maccabäer gehören nicht unter die Hauptbücher der Schrift, daraus man Artikel des Glaubens probieren und gründen könne. So ist sonst in der ganzen Schrift, die doch sehr viel von Opfern redet, kein Befehl, auch kein Exempel, für die Verstorbenen zu opfern. Derhalben hat Maccabäus solches nicht aus Gottes Befehl, sondern aus eignem Gutdünken getan, welches doch Gott ausdrücklich verboten hat, Deut. 12. Auch gedenkt Maccabäus keines Feuers, auch keiner Qual der Verstorbenen, daraus sie sollten erlöset werden. 

 

ES HABEN ABER DIE HEILIGEN VÄTER DAS FEGFEUER FÜR EINEN ARTIKEL DES GLAUBENS GEHALTEN. 

Die Patres können ohne Gottes Wort keinen Artikel des Glaubens machen. Auch wird den Vätern solches ungütlich aufgedichtet. Denn die Graeci (Anm.: Griechen) haben nie, auch jetzund nicht, das Fegfeuer gehalten. Augustinus disputieret wohl davon, aber er setzet es nicht für einen Artikel des Glaubens, sondern lässt es im Zweifel hängen, obs so sei oder nicht. Im Enchir. cap. 69, ad Dulc. quaest. 1, de civit. libr. 21. cap. 26. 

 

ERKLÄRUNG EINIGER BEZEICHNUNGEN 

BIBLISCHER BÜCHER.

 

Act. = Acta Apostolorum, die Apostelgeschichte. 

Apoc. = Apocalypsis, die Offenbarung Johannis. 

Deut. = Deuteronomium, das 5. Buch Mose. 

Eccl. = Ecclesiastes, der Prediger Salomon. 

Exod. = Exodus, das 2. Buch Mose. 

Gen. = Genesis, das 1. Buch Mose. 

Levit. = Leviticus, das 3. Buch Mose. 

Num. = Numeri, das 4. Buch Mose. 

Prov. = Proverbia, die Sprüche Salomos. 

1 Reg. = I. Regum, das 1. Buch Samuelis. 

2 Reg. = II. Regum, das 2. Buch Samuelis. 

3 Reg. = III. Regum, das 1. Buch von den Königen. 

4 Reg. = IV. Regum, das 2. Buch von den Königen. 

Sap. = Sapientia, die Weisheit Salomos. 

Thren. = Threni, die Klagelieder Jeremias.

 

DRUCKBERICHTIGUNGEN. 

 

Seite 29 lies: quae ipse a Deo didicerit. – S. 30 lies: Haec dicit Dominus. – S. 31 lies: examiniert statt examieret. – S. 35 Zeile 8 von oben lies: 2 Tim. 3 – S. 47 lies: primas adumbrationes. – S. 51 lies: Examine statt Fxamine. – S. 61 lies: proprie loquendo. – S. 64 lies: Hiob 30 anstatt Joh 30. – S. 78 Zeile 18 von oben lies: Evangelium anstatt Gesetz. – S. 104 unten lies: electionem anstatt eclectionem. – S. 105 Zeile 3 von oben lies: und statt nun. – S. 117 Zeile 12 von unten lies: vor anstatt von. 

 

INHALTSVERZEICHNIS.

 

Vorwort des Herausgebers Seite 3 

Vorrede 5 

Vom Predigtamt 10

Vom göttlichen ordentlichen Beruf rechtschaffener Prediger 12

Was eines Predigers Amt sei 28 

Von Gottes Wort 30 

Von der heiligen Schrift 32 

Vom rechten alten Glauben 34 

Von den Hauptstücken, darin das ganze Predigtamt 

und die ganze christliche Lehre stehet 38 

Von Gott 42 

Von dem Wörtlein Buße 

und woraus dieselbe solle geprediget werden 42 

Von dem Gesetze Gottes insgemein 44 

Von dem Gesetze der Zehn Gebote 51 

Von der Sünde 56 

De contritione, das ist, von Reue und Leid über die Sünde, 

welches man auch gemeinlich Buße nennet 70 

Vom freien Willen, das ist, 

von des Menschen Kräften und Vermögen 73 

Vom Evangelio 77 

Von der Rechtfertigung 83 

Vom Glauben 87 

Von der ewigen Versehung oder Wahl Gottes zur Seligkeit 101 

Von guten Werken 120 

Vom Unterschied peccati mortalis et venialis, das man in 

gemeinem Gebrauch heißt Todsünde und tägliche Sünde 132 

Von der Sünde wider den Heiligen Geist 137 

Von den Sakramenten im Neuen Testament insgemein 143 

Von der Taufe 148 

Vom Abendmahl des Herrn 162 

Von der Beichte und Absolution 182 

Von rechtem, wahrem Gebet 190 

Von Anrufung der Heiligen 200 

Vom Ehestand und von der Priester Ehe 205 

Von der christlichen Kirche 210 

Vom jüngsten Gericht und vom Fegfeuer 215 

Erklärung einiger Bezeichnungen biblischer Bücher 222 

Druckberichtigungen 222