Chemnitz - Gottes Wort

 

 VON GOTTES WORT.

 

WAS FÜR EINE LEHRE ODER WORT SOLL EIN PREDIGER DER KIRCHE VORTRAGEN? 

Er soll nicht seine Träume oder seines eigenen Herzens Gedanken und Gutdünken predigen, Jerem. 23; auch soll er nicht Menschen-Lehre und -Satzungen predigen, Jes. 29, Matth. 15.; sondern wer in der Kirche Gottes redet, der soll reden als Gottes Wort, 1 Petr. 4, auf dass es heiße: Posui verba mea in ore tuo (Anm.: „Ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt“) Jes. 59, und wie Augustinus saget, dass es nicht heiße: Haec ego dico, haec tu dicis, haec ille dicit, sed: Haec dicit Dominus, etc. (Anm.: „So spreche ich, so sprichst du, so spricht er, sondern: So spricht der Herr u.s.w.“). 

 

WAS IST DENN GOTTES WORT? 

Es ist die heimliche, verborgene Weisheit Gottes, 1 Kor. 2, darin Gott sein Wesen und Willen durch’s Wort uns armen Menschen offenbaret, so viel uns zu wissen in diesem Leben dazu vonnöten ist, dass wir unsere Not und Elend, darein wir durch die Sünde geraten, erkennen, item, wie uns daraus geholfen werde, wie wir Gott recht erkennen und ehren, uns auch gottseliglich verhalten sollen, und was nach diesem Leben folgen werde etc. 

 

KANN EIN MENSCH VON NATUR AUS SEINER EIGENEN VERNUNFT SOLCHES NICHT VERSTEHEN? 

Wie jetzund die Natur durch die Sünde verdorben ist, weiß und verstehet sie davon nicht gründliches oder gewisses, 1 Kor. 1 und 2; denn in diesen Sachen ist die Vernunft nicht alleine blind, sondern eitel Finsternisse, Joh. 1, Eph. 5. Sie hat wohl eine dunkle Erkenntnis, gleichwie im Traum, dass Gott sei, und dass er solle geehret werden. Aber wer derselbige Gott sei, und wie er wolle geehret sein, davon weiß die Vernunft nichts; ja wenn sie ihren klugen Gedanken folget, so richtet sie nur greuliche Abgötterei an, Röm. 1. Also vom Gesetz hat die Vernunft nur ein Stücklein, was belanget etliche weltliche und äußerliche Laster und Tugenden. Aber von der rechten Grundsuppe der Sünden und vom wahren Gottesdienst weiß die Vernunft lauter nichts, Röm. 1 und 7, und die ganze Lehre des Evangelii ist ein Geheimnis, der Vernunft unbekannt und verborgen, 1 Kor. 1. Sondern Gott hat aus großen Gnaden durch sein eigenes sonderliches Wort, das er selbst zum Teil ohne Mittel, zum Teil durch Mittel gegeben, solches seiner Kirche geoffenbart. Und dass wir an solchem seinem Wort nicht zweifeln dürfen, hat er dasselbige mit herrlichen Zeugnissen und großen Wundertaten bestätiget.

 

SOLLTE DENN NICHT EIN JEDER IN SEINER RELIGION UND GLAUBEN OHNE GOTTES WORT, WENN ER’S GUT MEINET, SELIG WERDEN? 

Gott heißt allein sein Wort ein Wort des Lebens, Joh. 6, Phil. 2, und der Seligkeit, Act. 13, das unsere Seelen selig machen kann, Jak. 1, Röm. 1, Luk. 11. Von allen andern Secten aber ohne und außer Gottes Wort steht das Urteil Gottes Eph. 2, dass sie seien ohne Gott, ohne Christo, ohne Verheißung und Hoffnung. Denn wer den Sohn nicht ehret, der ehret auch den Vater nicht, Joh. 5, und wer an den Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, Joh. 3; denn es ist kein ander Fundament der Seligkeit, ohne allein Jesus Christus, 1 Kor. 2. Denselbigen aber offenbaret nicht Fleisch und Blut, sondern der Vater im Wort und durchs Wort. Matth. 16. Gal. 1.

 

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