Chemnitz - Kirche

 

VON DER CHRISTLICHEN KIRCHE. 

 

WO FINDET MAN DIE RECHTE CHRISTLICHE KIRCHE ALLHIE AUF ERDEN, ODER WOBEI KANN MAN ERKENNEN, WELCHES SIE SEI UND WO SIE SEI? 

Das rechte Merkzeichen der christlichen Kirche ist nicht dies, wo der größeste Haufe ist, Matth. 7. Luk. 7, auch nicht dies, wo die Gewaltigen, Weisesten und Stattlichsten sind, 1 Kor. 2. So sind auch nicht die allewege die rechte, wahre christliche Kirche, die den Titel und Namen führen, oder in den ordentlichen ministeriis sitzen, wie die Historien der Propheten, Christi und der Apostel ausweisen; wie auch das nicht genug ist, wenn man spricht: Die Alten habens so gehalten, Matth. 5. 15. Sondern da ist die rechte, wahre christliche Kirche allhie auf Erden, wo diese Merkzeichen gefunden werden: nämlich, da Gottes Wort ohne Verfälschung, lauter und rein gelehret wird, Joh. 10. Eph. 2 und 4. 2 Kor. 2. 2 Tim. 1, da durchs Wort und nach dem Worte Sünde gebunden und gelöset wird, Matth. 16. Joh. 20, da die Sakramente nach Gottes Ordnung und Einsetzung gehandelt werden, Matth. 28, und da Leute sind, die der Sakramente brauchen, Mark. 16. 1 Kor. 10 und 12, das Wort hören, Joh. 10, annehmen, 1 Thess. 1. 1 Kor. 15, bekennen, Matth. 10, demselbigen folgen, Joh. 10, und Gott also, wie das Wort lehret, anrufen, Luk. 19. 1 Kor. 1. Ps. 29. Und auf dies Fundament wird etwa Gold, etwa Stoppeln gebauet; wo aber das Fundament ist und bleibet, da hat Gott seine Kirche, 1 Kor. 3. 3 Reg. 19. 

 

SIND DENN DIE ALLE HEILIG UND SELIG, DIE SICH ÄUßERLICH ZU SOLCHER VERSAMMLUNG UND GEMEINSCHAFT HALTEN UND BEKENNEN? 

Nicht alle; denn sie sind nicht alle Täter und Bewahrer des Worts, die dasselbige hören, Luk. 8 und 11. Matth. 17, wie auch die Parabeln klärlich anzeigen, Matth. 13. 22. 

 

WARUM HEIßT ES DENN EINE HEILIGE CHRISTLICHE KIRCHE? 

Darum, dass in derselbigen Versammlung der H. Geist durchs Wort und die Sakramente kräftig ist und wirket, also, dass er beruft, erleuchtet, bekehret, heiliget und erhält diejenigen, die da selig werden, nämlich dass sie Buße tun, an Christum glauben und rechtschaffene Früchte der Buße schaffen Act. 26. 

 

KANN AUCH EINER SELIG WERDEN, DER NICHT EIN MITGLIED IST DER RECHTEN, WAHREN CHRISTLICHEN KIRCHE? 

Die Schrift braucht dies Gleichnis, dass die Kirche sei wie ein Körper, der viel Glieder hat, an welchem Christus das Haupt ist, welcher ist seines Leibes Heiland, also, dass von dem Haupte den Gliedern des Leibes mitgeteilet wird, was ihnen zur Seligkeit vonnöten ist, Eph. 1. 4 und 5. Kol. 2. 1 Kor. 12. Derhalben, wer nicht ein Mitglied ist des Leibes, da Christus das Haupt ist, der kann nicht selig werden. Denn die Seligkeit, so von Christo erworben, wird ausgeteilet und applizieret durch das ministerium des Evangelii, 2 Kor. 5, wie Paulus solche Ordnung Gottes fein zusammen fasset Röm. 8: Welche Gott zur Seligkeit verordnet hat, die beruft er und macht sie also erstlich gerecht, darnach heilig. Und im Symbolo (Anm.: dem apostolischen Glaubensbekenntnis) ists der Ursachen beides zusammen gesetzt: Eine christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen. Derhalben müssen die Leute dessen oft und mit Fleiß erinnert werden, dass sie von der falschen Kirche sich absondern, Ps. 1. 2. 6. 2 Kor. 6. Apoc. 18. Matth. 7. 16. Act. 20. Gal. 1. 1 Joh. 4, und zu dieser Versammlung sich halten und bekennen sollen, die die wahren Merkzeichen der rechten christlichen Kirche hat. Hebr. 10. Ps. 27. 42. 119 und Matth. 12: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich. 

 

WER IST DAS HAUPT DER CHRISTLICHEN KIRCHE? 

Die wahre christliche Kirche hat nur ein einiges Haupt, welches ist allein Christus, Eph. 1. 4 und 5. Kol. 2. Denn wiewohl unter den Gliedern der christlichen Kirche eine gewisse Maß und Ordnung ist, Eph. 4, so sinds doch alle Mitglieder eines Leibes, und hat derer keins die Eigenschaft oder das Amt, so zum Haupt der Kirche gehöret. Eph. 1. 4 und 5. Kol. 2. 

 

HAT DIE CHRISTLICHE KIRCHE AUCH MACHT, GOTTES WORT ZU ÄNDERN ODER NEUE ARTIKEL DES GLAUBENS ZU MACHEN? 

In keinem Wege; denn sie ist auf Gottes Wort gegründet, Eph. 2, und an dasselbige gebunden, Matth. 28. Joh. 10 und 14, und wenn sie von demselbigen abweicht, so ist sie nicht mehr die christliche Kirche, Joh. 10. Gal. 1. Denn die Kirche soll nicht über Christum herrschen, sondern ihm untertan sein. Eph. 5. 

 

WARUM WIRDS ECCLESIA CATHOLICA (ANM.: KATHOLISCHE, D. I. ALLGEMEINE KIRCHE) GENENNET? 

Erstlich darum, dass sie nicht an sonderliche Statt und Örter gebunden, sondern hin und wider in der Welt zerstreuet ist. Zum andern, dass Gott zu allen Zeiten bis ans Ende der Welt eine christliche Kirche auf Erden habe. Zum dritten, dass sie nicht an gewisser Menschen Person, sondern allein an ihr einiges Haupt Christum und sein Haupt gebunden sei, also, da gleich Zeit, Ort und Personen unterschieden und weit von einander seien, dass es gleichwohl ein corpus (Anm.: Körper) sei unter einem Haupt, das ist eine Gemeine der Heiligen. Zum vierten, dass zu wahrer Einigkeit der Kirche nicht vonnöten sei, dass es in äußerlicher Ordnung, so von Menschen gestiftet, allenthalben gleich und auf eine Weise gehalten müsse werden, sondern dass ein Fundament sei, 1 Kor. 3, ein Glaube, eine Taufe, Eph. 4, und Summa, was das catholicum sei, wird im Symbolo Nicaeno fein explizieret: Credo unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam (Anm.: ich glaube eine einige, heilige, allgemeine und apostolische Kirche). 

 

WARUM WIRD DIE CHRISTLICHE KIRCHE MIT GESETZT UNTER DIE ARTIKEL DES GLAUBENS? 

Nicht darum, dass wir an die Kirche, wie an Gott, glauben, oder die Kirche über Gott und sein Wort setzen sollen, sondern darum, dass wir aus Gottes Verheißung gewiss sind, obgleich die Kirche in diesem Leben in großer Schwachheit und von aller Welt verlassen ist, auch über das der Teufel, Welt und Fleisch dieselbige schwache, verlassene Kirche mit List und Gewalt sich unterstehen zu vertilgen und auszurotten, dass dennoch Gott seine Kirche wider alle Pforten der Hölle auf Erden erhalten werde und wolle, Matth. 16, also dass sein Wort und Sakramente, auch seine Auserwählten bis zum Ende der Welt bleiben und erhalten sollen werden. Matth. 28. 1 Kor. 11. Matth. 24. 1 Thess. 4. Warum aber die christliche Kirche unter dem Kreuz sei und was sie für Trost unterm Kreuz habe, und was von etlichen andern Artikeln mehr nach Notdurft und Gelegenheit zu examinieren wäre, soll aus anderen libellis (Anm.: Büchlein) genommen werden. Item, was die Lehre von Kirchenceremonien anlanget, ist dieselbe in den Kirchenordnungen erkläret und sollen die Pastores auch darin examinieret werden, dass sie rechten Verstand davon haben und das Volk davon recht berichten können. Es sollen auch die Superintendenten in examine mit den Pastoribus Unterredung haben, was die Agenda anlanget, ob und wie sie solche Ceremonien halten. Auch soll im examine der Eheordnung halben mit den Pastoribus Unterredung gehalten werden, dass sie dieselbige notwendig, wie in der Kirchenordnung eingeleibet, verstehen mögen. Letztlich sollen im examine zum Schluss die Pastores zu treuem Fleiß in ihrem Amte und zum christlichen, unärgerlichen Wandel mit allem Ernste vermahnet und, was daran gelegen, fleißig aus Grund der Schrift erinnert werden. 

 

- Fortsetzung -