Chemnitz - Hauptstücke

 

VON DEN HAUPTSTÜCKEN, 

DARIN DAS GANZE PREDIGTAMT 

UND DIE GANZE CHRISTLICHE LEHRE STEHET.

 

WAS FORDERT GOTT VON SEINEN KIRCHENDIENERN, WIE SIE MIT DER HAUSHALTUNG SEINER GEHEIMNISSE SOLLEN UMGEHEN? 

Paulus fassets kurz 1 Kor. 4: An den Haushaltern wird nicht mehr gesucht, denn dass sie treu erfunden werden, darauf sie auch Gott an jenem Tage richten wird. 

 

WORINNEN STEHET DENN SOLCHE TREUE? 

Sie begreift gar viel in sich. Denn wer in diesem Amte will treu erfunden werden, der muss erstlich fleißig lesen und studieren, dass er den Grund der reinen Lehre wohl verstehe und die Gabe habe, dass er deutlich und bescheidentlich die Lehre den Leuten könne vortragen. 1 Tim. 3 und 4. 2 Tim. 2 und 3. Denn wie kann der im Amte treu sein, der die Lehre selbst nicht gründlich verstehet, oder der sie nicht recht vortragen kann? Zum andern muss er nicht alleine insgemein hin von Gottes Wort etwas sagen, sondern muss es treulich meinen, mit allem Fleiß und Ernst sein Predigen dahin richten, dass die Zuhörer dadurch gebauet mögen werden. 1 Kor. 14. Eph. 4. Das aber geschieht, wenn das Amt also geführet und die Predigten gerichtet werden auf die Hauptstücke, welche die Schrift selbst anzeigt, nämlich entweder zur Lehre, oder zum Trost, oder zur Geduld, oder zur Warnung, oder zur Strafe, oder zur Besserung, oder zur Buße, oder zum Glauben, oder zur Gerechtigkeit, oder zu guten Werken. Röm. 15. 1 Kor. 10. 2 Tim. 3. Tit. 1. Act. 26; und Hesek. 34 wird gar schön beschrieben, wie das Hirtenamt in der Kirche soll treulich geführet werden, nämlich die Schafe weiden, das Verlorne wiedersuchen, das Verirrte wiederbringen, das Verwundete verbinden, des Schwachen warten, das Kranke heilen, zwischen Schafen und Böcken richten etc. Zum dritten muss ein Prediger nicht allein recht lehren, sondern die Treue, die er Gott und der Kirche schuldig ist, erfordert, dass er, wie Luther sagt, nicht alleine die Schäflein nähre, sondern auch dem Wolfe wehre, falsche Lehre nicht übertünche oder bemäntele, sondern strafe und davor die Schäflein warne, Hes. 13, Joh. 10, Matth. 7, Tit. 1, Act. 20; nicht dass er allerlei Disputationes auf die Kanzel bringe, sondern so viel zu seiner Zuhörer Warnung und Erbauung nutz und nötig ist. Zum vierten gehöret zu der Treue eines Predigers, dass er gedenke, er sei von Gott zum Wächter und Aufseher seiner Kirche gesetzet, auf dass, wenn er vernimmt und merkt, dass unter seinen Zuhörern welche vom Weg der Gerechten abgeirrt sind und auf dem Weg der Sünde irre gehen, dass er nicht ein blinder Wächter oder ein stummer Hund sei, Jes. 56, auch nicht den Gottlosen weiche Kissen unterlege, Hesek. 13, sondern getrost rufe und anhalte, Jes. 56, mit unterrichten, bitten, flehen, warnen, vermahnen, drohen, strafen, mit aller Geduld und Lehre, entweder mit Liebe und Sanftmut, oder mit der Schärfe und Ernst, Hes. 3, 33, Jes. 58, 2 Tim 4, Tit 2, 1 Kor. 4; denn sonst wird Gott das Blut der verlorenen Seelen von der Prediger Händen fordern, Hes. 3. Zum fünften muss er mit dem Leben unärgerlich und mit dem Wandel ein Vorbild der Herde sein. 1 Tim. 3. 1 Kor. 9. 1 Petr. 5. Nam sicut Augustinus dicit: Malus pastor quantum aedificat doctrina, tantum destruit vita, si modo aliquid aedificat, qui male vivit; frigide enim docet, qui doctrina, quam Dei loco docet, non afficitur, eamque non vivit (Anm.: Denn wie Augustinus sagt: „So viel ein böser Pastor durch die Lehre aufbaut, so viel reißt er durch das Leben nieder, wenn überhaupt der etwas aufbaut, welcher ein böses Leben führt; denn kalt lehrt, wer von der Lehre, die er an Gottes Statt vorträgt, nicht ergriffen wird und sie nicht im Leben übt“). Zum letzten, weil zu solchem hohen Amt niemand von ihm selber tüchtig ist und ohne Gottes Segen in dem Amt nichts Fruchtbarliches ausrichten kann, muss ein treuer Prediger fleißig beten und beten lassen für seine Person und Amt und für die ganze Kirche, wie Paulus in allen Episteln tut, und Samuel spricht 1 Reg. 12: „Es sei ferne von mir, mich also an dem Herrn zu versündigen, dass ich sollte ablassen für euch zu beten und euch zu lehren den guten und richtigen Weg. Dieses müssen die Prediger oft und fleißig erinnert werden, dass sie solche Treue in ihrem Amte beweisen und wissen, wenn sie das tun, dass ihre Arbeit nicht werde umsonst und verloren sein im Herrn, 1 Kor. 15, sondern werden also durch Gottes Gnade viel selig machen, 1 Tim. 4, oder doch ihre Seelen retten, Hes. 3; wo aber nicht, so werden sie dafür müssen dem Erzhirten antworten. 

 

WELCHE SIND DIE HAUPTSTÜCKE, IN WELCHE DIE GANZE LEHRE DES GÖTTLICHEN WORTS ODER DER HEILIGEN SCHRIFT ABGETEILET UND BEGRIFFEN WIRD? 

Christus fasset die ganze Summa also: Prediget Buße und Vergebung der Sünden in meinem Namen, Luk. 24; tut Buße und glaubet dem Evangelio, Mark. 1; prediget das Evangelium und taufet, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe, Matth. 28. Johannes fasset die Summa also: Tut Buße und glaubet an Christum, und bringet rechtschaffene Früchte der Buße, Matth. 3, Act. 19. Paulus fassets auch also Act. 20 und 26: Buße zu Gott, Glauben an Christum und rechtschaffene Werke der Buße. Item, die Summa stehet in Erkenntnis Gottes, seines Willens, Eph. 1, Kol. 1. Gottes Wille aber ist, dass wir uns sollen von Sünden bekehren, Hes. 18, an Christum glauben, Joh. 6, und heilig leben, 1 Thess. 4. Die Summa ist auch fein einfältig verfasset in den Hauptstücken des Katechismus und stehet in der Lehre des Evangelii.

 

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