Lieder: Christi Menschwerdung und Geburt

 

1. 

Nun jauchzet, all ihr Frommen,

in dieser Gnadenzeit,

weil unser Heil ist kommen,

der Herr der Herrlichkeit;

zwar ohne stolze Pracht,

doch mächtig, zu verheeren

und gänzlich zu zerstören

des Teufels Reich und Macht.

2. 

Kein Szepter, keine Krone

sucht er in dieser Welt;

im hohen Himmelsthrone

ist ihm sein Reich bestellt.

Er will hie seine Macht

und Majestät verhüllen,

bis er des Vaters Willen

im Leiden hat vollbracht.

3. 

Ihr Mächtigen auf Erden,

nehmt diesen König an,

wollt ihr beraten werden

und gehn die rechte Bahn,

die nach dem Himmel führt.

Denn wenn ihr ihn verachtet

und nur nach Hoheit trachtet,

des Höchsten Zorn euch rührt.

4. 

Ihr Armen und Elenden

in dieser bösen Zeit,

die ihr an allen Enden

müsst haben Angst und Leid,

seid dennoch wohlgemut,

lasst eure Lieder klingen,

dem König zu lobsingen,

der ist eur höchstes Gut.

5. 

Er wird nun bald erscheinen

in seiner Herrlichkeit,

der euer Leid und Weinen

verwandeln wird in Freud:

Er ists, der helfen kann;

macht eure Lampen fertig,

seid seiner stets gewärtig,

er ist schon auf der Bahn.

 

Mich. Schirmer +1673.

Mel. Aus meines Herzens Grunde.

 

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1.

Lobt Gott, ihr Christen allzugleich, 

in seinem höchsten Thron, 

der heut aufschleußt sein Himmelreich, 

und schenkt uns seinen Sohn.

2.

Er kömmt aus seines Vaters Schoß 

und wird ein Kindlein klein; 

er liegt dort elend, nackt und bloß 

in einem Krippelein.

3.

Er äußert sich all sein Gewalt, 

wird niedrig und gering, 

und nimmt an sich eins Knechts Gestalt, 

der Schöpfer aller Ding.

4.

Er liegt an seiner Mutter Brust, 

ihr Milch ist seine Speis, 

an dem die Engel sehn ihr Lust, 

denn er ist Davids Reis,

5.

Das aus seim Stamm entsprießen sollt 

in dieser letzten Zeit, 

durch welchen Gott aufrichten wollt 

sein Reich, die Christenheit.

6.

Er wechselt mit uns wunderlich, 

Fleisch und Blut nimmt er an, 

und gibt uns in seins Vaters Reich 

die klare Gottheit dran.

7.

Er wird ein Knecht und ich ein Herr, 

das mag ein Wechsel sein! 

Wie könnt es doch sein freundlicher, 

das Herze-Jesulein?

8.

Heut schleußt er wieder auf die Tür 

zum schönen Paradeis; 

der Cherub steht nicht mehr dafür. 

Gott sei Lob, Ehr und Preis.

 

Nikolaus Hermann, 1560.

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1.

Fröhlich soll mein Herze springen

Dieser Zeit, da vor Freud’

Alle Engel singen.

Hört, hört, wie mit vollen Chören

Alle Luft laute ruft:

„Christus ist geboren.“

2.

Heute geht aus seiner Kammer

Gottes Held, der die Welt

Reißt aus allem Jammer.

Gott wird Mensch, dir, Mensch, zugute,

Gottes Kind, das verbindt

Sich mit unserm Blute.

3.

Sollt uns Gott nun können hassen,

Der uns gibt, was er liebt

Über alle Maßen?

Gott gibt, unserm Leid zu wehren,

Seinen Sohn aus dem Thron

Seiner Macht und Ehren.

4.

Sollte von uns sein gekehret,

Der sein Reich und zugleich

Sich uns selbst verehret?

Sollt uns Gottes Sohn nicht lieben,

Der jetzt kommt, von uns nimmt,

Was uns will betrüben?

5.

Hätte vor dem Menschenorden

Unser Heil einen Greul,

Wär er nicht Mensch worden.

Hätt er Lust zu unserm Schaden,

Ei so würd unsre Bürd

Er nicht auf sich laden.

6.

Er nimmt auf sich, was auf Erden

Wir getan, gibt sich an,

Unser Lamm zu werden,

Unser Lamm, das für uns stirbet,

Und bei Gott für den Tod

Heil und Fried erwirbet.

7.

Nun, er liegt in seiner Krippen,

Ruft zu sich mich und dich,

Spricht mit süßen Lippen

„Lasset fahren, o lieben Brüder,

Was euch quält, was euch fehlt,

Ich bring alles wieder.“

8.

Ei, so kommt und lasst uns laufen,

Stellt euch ein, groß und klein,

Kommt mit großen Haufen.

Liebt den, der vor Liebe brennet,

Schaut den Stern, der uns gern

Licht und Labsal gönnet.

9.

Die ihr schwebt in großen Leiden,

Sehet, hier ist die Tür

Zu den wahren Freuden.

Fasst ihn wohl, er wird euch führen

An den Ort, da hinfort

Euch kein Kreuz wird rühren.

10.

Wer sich findt beschwert im Herzen,

Wer empfindt seine Sünd

Und Gewissensschmerzen,

Sei getrost! hier wird gefunden

Der in Eil machet heil

Die vergif’ten Wunden.

11.

Die ihr arm seid und elende,

Kommt herbei, füllet frei

Eures Glaubens Hände.

Hier sind alle guten Gaben,

Und das Gold, da ihr sollt

Euer Herz mit laben.

12.

Süßes Heil, lass dich umfangen,

Lass mich dir, meine Zier,

Unverrückt anhangen.

Du bist meines Lebens Leben;

Nun kann ich mich durch dich

Wohl zufrieden geben.

13.

Meine Schuld kann mich nicht drücken,

Denn du hast meine Last

All auf deinem Rücken.

Kein Fleck ist an mir zu finden,

Ich bin gar rein und klar

Aller meiner Sünden.

14.

Ich bin rein um deinetwillen,

Du gibst gnug Ehr und Schmuck,

Mich drin einzuhüllen.

Ich will dich ins Herze schließen;

O mein Ruhm, edle Blum,

Lass dich recht genießen!

15.

Ich will dich mit Fleiß bewahren,

Ich will dir leben hier,

Dir will ich abfahren.

Mit dir will ich endlich schweben

Voller Freud ohne Zeit

Dort im andern Leben.

 

Paul Gerhardt +1676.

Mel.: Warum sollt ich mich denn grämen.

 

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1.

Ich steh an deiner Krippen hier

O Jesulein, mein Leben,

Ich stehe, bring und schenke dir

Was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,

Herz, Seel und Mut, nimm alles hin,

Und lass dirs wohlgefallen.

2.

Du hast mit deiner Lieb erfüllt

Mein’ Adern und Geblüte,

Dein schöner Glanz, dein süßes Bild

Liegt mir stets im Gemüte,

Und wie mag es auch anders sein,

Wie könnt ich dich, mein Herzelein,

Aus meinem Herzen lassen?

3.

Da ich noch nicht geboren war,

Da bist du mir geboren,

Und hast mich dir zu eigen gar,

Eh ich dich kannt, erkoren.

Eh ich durch deine Hand gemacht,

Da hat dein Herze schon bedacht,

Wie du mein wolltest werden.

4.

Ich lag in tiefer Todesnacht,

Du wurdest meine Sonne,

Die Sonne, die mir zugebracht

Licht, Leben, Freud und Wonne.

O Sonne, die das werte Licht

Des Glaubens in mir zugericht’,

Wie schön sind deine Strahlen!

5.

Ich sehe dich mit Freuden an,

Und kann mich nicht satt sehen,

Und weil ich nun nicht weiter kann,

So tu ich was geschehen.

O dass mein Sinn ein Abgrund wär

Und meine Seel ein weites Meer,

Dass ich dich möchte fassen!

6.

Vergönne mir, o Jesulein,

Dass ich dein Mündlein küsse,

Das Mündlein, das den süßten Wein

Auch Milch und Honigflüsse

Weit übertrifft in seiner Kraft,

Es ist voll Labsal, Stärk und Saft,

Der Mark und Bein erquicket.

7.

Wenn oft mein Herz im Leibe weint

Und keinen Trost kann finden,

Da ruft mirs zu: Ich bin dein Freund,

Ein Tilger deiner Sünden:

Was trauerst du, mein Fleisch und Bein?

Du sollst ja guter Dinge sein,

Ich zahle deine Schulden.

8.

Wer ist der Meister, der allhier

Nach Würdigkeit ausstreichet

Die Händlein so das Kindlein mir

Anlachende zureichet!

Der Schnee ist hell, die Milch ist weiß,

Verlieren doch beid’ ihren Preis,

Wenn diese Händlein blicken.

9.

Wo nehm ich Weisheit und Verstand,

Mit Lobe zu erhöhen

Die Äuglein, die so unverwandt

Nach mir gerichtet stehen?

Der volle Mond ist schön und klar,

Schön ist der güldnen Sternen Schar,

Dies’ Äuglein sind viel schöner.

10.

O dass doch ein so lieber Stern

Soll in der Krippen liegen!

Für edle Kinder großer Herrn

Gehören güldne Wiegen:

Ach! Heu und Stroh ist viel zu schlecht;

Samt, Seiden, Purpur wären recht,

Des Kindlein drauf zu legen.

11.

Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu,

Ich will mir Blumen holen, 

Dass meines Heilands Lager sei

Auf Rosen und Violen,

Mit Tulpen, Nelken, Rosmarin

Aus frischen Gärten will ich ihn

Von oben her bestreuen.

12.

Zur Seiten will ich hier und dar

Viel weiße Lilien stecken,

Die sollen seiner Äuglein Paar

Im Schlafe sanft bedecken.

Doch liebt vielleicht das dürre Gras

Dir, Kindlein, mehr denn alles das,

Was ich hier nenn und denke.

13.

Du fragest nicht nach Lust der Welt,

Noch nach des Leibes Freuden:

Du hast dich bei uns eingestellt,

An unsrer Statt zu leiden,

Suchst meiner Seelen Trost und Freud

Durch allerhand Beschwerlichkeit,

Das will ich dir nicht wehren.

14.

Eins aber, hoff ich, wirst du mir,

Mein Heiland, nicht versagen,

Dass ich dich möge für und für

In, bei und an mir tragen.

So lass mich doch dein Kripplein sein,

Komm, komm und lege bei mir ein

Dich und all deine Freuden.

15.

Zwar soll ich denken, wie gering

Ich dich bewirten werde:

Du bist der Schöpfer aller Ding,

Ich bin nur Staub und Erde.

Doch bist du so ein lieber Gast,

Dass du noch nie verschmähet hast

Den, der dich gerne siehet.

 

Paul Gerhardt +1676.

Mel.: Nun freut euch, lieben Christen gemein.

 

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1. 

Dies ist die Nacht, da mir erschienen

des großen Gottes Freundlichkeit;

das Kind, dem alle Engel dienen,

bringt Licht in meine Dunkelheit:

und dieses Welt- und Himmelslicht

weicht hunderttausend Sonnen nicht.

2. 

Lass dich erleuchten, meine Seele,

versäume nicht den Gnadenschein;

der Glanz in dieser kleinen Höhle

streckt sich in alle Welt hinein:

er treibet weg der Höllen Macht,

der Sünden und des Kreuzes Nacht.

3. 

In diesem Lichte kannst du sehen

das Licht der klaren Seligkeit;

wenn Sonne, Mond und Stern vergehen,

ja durch die ganze Ewigkeit

wird dieses Licht mit seinem Schein

dein Himmel und dein alles sein.

4. 

Lass nur indessen helle scheinen

dein Glaubens- und dein Liebeslicht!

mit Gott musst du es treulich meinen,

sonst hilft dir diese Sonne nicht;

willst du genießen diesen Schein,

so darfst du nicht mehr dunkel sein.

5. 

Drum, Jesu, schöne Weihnachtssonne,

bestrahle mich mit deiner Gunst;

dein Licht sei meine Weihnachtswonne,

und lehre mich die Weihnachtskunst,

wie ich im Lichte wandeln soll

und sei des Weihnachtsglanzes voll.

 

C. F. Nachtenhöfer +1685.

Mel. O dass ich tausend etc.

 

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1.

Wer warst du, Herr, vor dieser Nacht?

Der Engel Lob ward dir gebracht.

Bei Gott warst du vor aller Zeit.

Du warst der Glanz der Herrlichkeit.

Beschlossen war in dir, was lebt.

Geschaffen ward durch dich, was webt.

Himmel und Erde ward durch dich gemacht.

Gott selbst warst du vor dieser Nacht.

2.

Wer war ich, Herr, vor dieser Nacht?

Des sei in Scham und Schmerz gedacht!

Denn ich war Fleisch und ganz verderbt,

verloren und des Heils enterbt.

Erloschen war mir alles Licht.

Verfallen war ich dem Gericht.

Ich, dem Gott Heil und Gnade zugedacht,

war Finsternis und Tod und Nacht!

3.

Wer wardst du, Herr, in dieser Nacht?

Du, dem der Engel Mund gelacht,

dem nichts an Ruhm und Preis gefehlt,

hast meine Strafe dir erwählt.

Du wardst ein Kind im armen Stall

und sühntest für der Menschheit Fall.

Du, Herr, in deiner Himmel höchster Pracht

wardst ein Gefährte meiner Nacht!

4.

Wer ward ich, Herr, in dieser Nacht?

Herz, halte still und poche sacht!

In Gottes Sohn ward ich sein Kind.

Gott ward als Vater mir gesinnt.

Noch weiß ich nicht: Was werd‘ ich sein?

Ich spüre nur den hellen Schein!

Den hast du mir in dieser heil’gen Nacht

an deiner Krippe, Herr, entfacht!

 

Jochen Klepper