Lieder: Der Mensch
1.
O Schöpfer, welch ein Ebenbild
erschufst du dir aus Erde!
Wie stand dein erster Mensch so mild,
mit himmlischer Gebärde,
ganz ohne Sünd,
ein Gotteskind,
geschmückt mit deinem Siegel,
der Liebe reiner Spiegel!
2.
Dies war dein Bild. Vollkommenheit
hieß sein erhabner Adel;
er wusste nichts von Sterblichkeit
und nichts von Fluch und Tadel.
Kraft ohne Druck,
das war sein Schmuck,
sein Odem Lieb und Freude,
die Unschuld sein Geschmeide.
3.
Auf Lebenspfaden wolltest du
sanft seine Seele leiten
und höher führen immerzu
ins Licht der Ewigkeiten,
damit sie ganz
im hellsten Glanz
dein Wunderbild der Ehre
vor allen Himmeln wäre.
4.
Weh uns! wie kurz im Erdental
war dieses schöne Leben!
Wie ward des heilgen Bildes Strahl
von Finsternis umgeben!
Der Tod drang ein
in Mark und Bein;
der Vater kam zu Falle,
riss nach die Kinder alle.
5.
Drum siechen wir von Adam her,
drum sterben wir so frühe;
drum ist das Leben öd und schwer
und voller Sündenmühe;
drum fliehen wir,
o Gott, vor dir
und deines Zornes Drohen,
wie Adam einst geflohen.
6.
Drum ist kein Frieden im Gebein,
kein heitrer Blick nach oben;
stumm bleibt das Herz mit seiner Pein,
kann dich nicht kindlich loben;
und soll’s nun hin
zum Grabe ziehn,
so muss es sich verklagen
und im Gericht verzagen.
7.
O Jesu, Licht vom Anbeginn,
komm wieder in die Seele,
damit sie mit zerbrochnem Sinn
dir wieder sich vermähle!
Warst du ihr Licht
von Anfang nicht?
Ja komm, o Lebensquelle,
und mach uns wieder helle!
8.
Du wurdest Fleisch, o Gottessohn!
Wir könnten dich nicht fassen,
wenn du dich nicht vom Himmelsthron
zu uns herabgelassen.
Dein Geist und Tod
tilgt unsre Not;
in uns ist die Verwesung,
in dir ist die Genesung.
9.
Jauchzt ihm, ihr Stern am Himmelsrund!
Nun ist er unser Leben.
Frohlocke, Volk, dem neuen Bund,
und komm, dich ihm zu geben!
Ja, Christi Treu, die schafft uns neu
zu Gottes Ebenbilde.
Hilf uns, du ewge Milde!
A. Knapp +1864.
Mel. Was Gott tut, das etc.
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1.
Hilf Gott,
wie ist der Menschen Not
so groß;
wer kann es alls erzählen?
Ganz tot
liegt er, ohn allen Rat,
weislos;
erkennt auch nicht sein Elend.
Herz, Mut und Sinn
ist gar dahin,
verderbt mit allen Kräften,
weiß nicht, wo ers soll heften;
kennt nicht das Gut,
noch minder tut,
was Gott gefällt;
hat sich gestellt
wider allen Gottes Willen.
O Herre Gott,
Hilf uns diesen Jammer stillen.
2.
Nicht Rast
find er auf Erd; wie fast
er sucht,
kein Macht will ihn doch retten.
Sein Last
ihn als der Hellen Gast
verflucht;
ach Gott, hilf ihm aus Nöten.
Wir rufen all
aus dieser Qual
zu dir, dem höchsten Gute.
Du kannst uns geben Mute
zu deiner Gnad,
ehe kömmt der Tod,
der alls hin nimmt;
da nicht mehr ziemt,
deiner Gnaden Huld erwerben.
O Herre Gott,
lass uns nicht also verderben.
3.
Ach wie
war nu dein Zoren hie
so grimm,
da dein Wort lag verborgen.
Nu sie
wieder geben zu früh
ihr Stimm;
doch niemand will ihr sorgen.
Man hört sie wohl,
die Kirch ist voll;
noch will sie niemand maßen,
der Zorn ist allzu große.
Viel besser wär
gehört nimmer,
denn so man hört
und nicht nach fährt.
Ach es ist ein grausam Strafe.
O Herre Gott,
mach uns wieder neu geschaffen.
4.
Sieh an
durch deinen lieben Sohn
auf uns,
darin dein Wohlgefallen;
der schon
für uns hat gnug getan
umbsonst,
hat reichlich wöllen zahlen,
dass wir gefreit
von allem Leid
dein Gnaden möchten gnießen;
sein Blut soll uns entsprießen.
Lass zürnen nach,
richt nicht so jach;
vergiss der Schuld,
gib uns dein Huld.
Wir erkennen doch die Sunde.
O Herre Gott,
nimm uns an für deine Kinde.
5.
Dieweil
du hast so kurzer Eil
dein Wort
gesandt wieder auf Erden,
uns heil
von neu durchs Teufels Pfeil
ermordt;
gib, dass wir frömmer werden.
Es leit an dir,
das kennen wir;
mit uns ists gar verloren;
wir stehn in deinem Zoren.
Nicht sieh uns an,
noch unser Tun;
sieh an dein Wort,
der Gnaden Hort;
darumb es ist Mensch geworden.
O Herre Gott,
für uns lass es sein gestorben.
6.
Freu dich
mit großer Zuversicht,
sein Volk;
er wird dich nicht verschmähen.
Nur sich
wie du nicht gar vernichten
sollt
den Schatz, den er hat geben.
7.
Es ist sein Wort;
darauf steh hart;
es kann uns nicht ausweichen;
sein Kraft ist also reiche,
wem ers beschert,
da wirds gemehrt;
nur gleub daran,
lass Zweifel stan,
hoff auf den, der ist dort droben.
O Herre Gott,
von uns sei dir ewig Lobe.
Amen.
Paulus Speratus 1524.
(Übertragung nach Julius Mützell)
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1.
Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar;
der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.
2.
Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.
3.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
4.
Wir stolze Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
5.
Gott, lass dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs bauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
lass uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.
6.
Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
lass uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.
7.
So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch.
Matthias Claudius