ANHANG

S. KIERKEGAARD’S FAMILIE UND PRIVATLEBEN.

 

Originalauszüge

aus einer nur als Manuskript gedruckten

und daher wenig bekannten

dänischen Schrift von Sören Kierkegaard’s Nichte,

Fräulein K. Lund.

 Übersetzt von Julie von Reincke.

 

( Hier nicht wiedergegeben: )

S. Kierkegaards Vater im Alter.

( Nach einer alten Photographie. )

 

1.

Obgleich ein ernster, beinah strenger Grundton in dem Kierkegaard’schen Vater-hause herrschte, habe ich doch noch den Eindruck, daß in demselben auch für jugendliche Lebhaftigkeit und Frische Raum war, ob auch von sinnigerer heimi-scherer Art, als man sie jetzt gewohnt ist; so stand denn dieses Haus auch einer gewissen altmodischen Gastfreiheit offen. Von den jungen Leuten, die Onkel Peter Kierkegaard besuchten, waren die meisten künftige Theologen. Eine richti-ge Pfarrfamilie war auch die Boesen’sche, die dort viel verkehrte. Großvaters Bekanntschaft mit Justizrat Boesen, dem Vater einer zahlreichen Kinderschar, von denen mehrere mit den Kierkegaard’schen Kindern gleichaltrig waren, stammte von der Brüdergemeinde her, deren Mitglieder beide Brüder Boesen waren.

Wenn ich an das Leben zurückdenke, das sich in Großvaters Hause regte, kommt es mir vor, wie wenn ich weit zurückgeführt werde von dem Strom der Zeit, an einen Ort, wohin nicht der entfernteste Laut aus unserer hastigen, eisen-bahnartigen Zeit drang. Nein, Hetze und Hast kannte man in diesem Hause nicht! Man bereitete sich im Gegenteil zu allem mit Muße und Gelassenheit vor; worauf Onkel Sörens neckische Bemerkung, daß man zu Hause das Weißbrot zur Ge-sellschaft 14 Tage vorher einkaufe, ihren Bezug haben mochte. Es wird auch erzählt, als Beispiel für die dort herrschende Gelassenheit und den konservativen Sinn, daß der Konfirmandenanzug für das nächstfolgende Kind zugleich mit dem Anzug des zum Pastor gehenden eingekauft und zugeschnitten wurde. Zur guten Ordnung, die in Großvater K. ihren Vertreter fand, gehörte es auch, daß die Söhne so viel als möglich verschiedene Lebensstellungen einnähmen; so daß nicht alle z. B. den Gelehrtenstand wählen durften, sondern der Eine Kaufmann, der Andere Seemann werden, der Dritte in ein Bankgeschäft eintreten mußte. Und hatte Großvater einmal eine Ansicht gewonnen, so war er auch der Mann, um sie durchzusetzen. Folglich, da Onkel Peter studierte, sollte und mußte Onkel Niels in den Handel eintreten, obgleich sein ganzer Sinn auf Bücher gerichtet war, was auch eine beständige Quelle des Kummers in seinem übrigens kurzen Leben war, da er sich dadurch nie auf dem richtigen Platz fühlte. Er starb 1832 in Nordamerika an einem typhösen Fieber, ein Jahr nachdem er das elterliche Haus verlassen hatte.

Die Töchter wurden in einem so altmodischen Hause auch nicht sehr bevorzugt. Nach Großvaters Ansicht brauchten die Mädchen nicht viel Gelehrsamkeit; dage-gen mußten sie früh angehalten werden, ihre „beleseneren“ Brüder zu bedienen und sich im Hause nützlich zu machen. Glücklicherweise waren beide Töchter, Petréa und Nicoline, so reich begabt und mit natürlicher Anmut ausgestattet, daß die möglichen Mängel in den Schulkenntnissen nie verspürt wurden.

 

2.

Mutter hatte drei Brüder, von denen Peter, später Bischof in Aalborg, der älteste war, darnach kam Niels, welcher in jungen Jahren in Amerika starb. Und zuletzt der später so bekannte Schriftsteller Sören Kierkegaard, damals nicht viel mehr als ein Knabe von schmächtigem und zartem Äußeren, der in einem rotkohl-farbigen Anzuge herumlief und vom Vater wegen der frühzeitig entwickelten Neigung zu satirischen Bemerkungen gewöhnlich „die Gabel“ genannt wurde. Großvater und Großmutter Kierkegaard hatten außer den hier erwähnten noch zwei Kinder gehabt. Das älteste, eine Tochter, war erwachsen gestorben, an welcher Krankheit bin ich mir nicht bewußt gehört zu haben. Das jüngere, ein halberwachsener kräftiger Knabe, starb dagegen infolge eines Schlages auf den Kopf, welchen er beim Spielen in der Schule erhalten hatte. Von der ganzen blühenden Schar überlebten nur Onkel Peter und Onkel Sören ihren alten Vater. Großmutter mag gestorben sein bald nachdem, in kurzen Zwischenräumen, die Töchter und Onkel Niels hinweggerafft waren.

Großmutter war Großvaters zweite Frau. Seine erste Frau, Christine Nielsdatter Róyen, starb kinderlos 1796. Unser aller Großmutter Anna war eine geborene Lund, aber mit Vaters Familie dieses Namens nicht verwandt. Ich erinnere mich ihrer gar nicht; aber in der Familie wurde von ihr gesprochen, wie von einer vor-trefflichen kleinen Frau mit gleichmäßigem und vergnügtem Sinn. Der Söhne Entwicklung ging über ihren Kopf hinweg und in ihrem bekümmerten Herzen betrachtete sie diesen hohen Geistesflug wie eine Flucht aus jener Stätte, wo sie sich heimisch fühlte und wo sie so gerne auch ihre Kinder behalten hätte. Darum war sie nie so sehr in ihrem Elemente, als wenn eine kleine Unpäßlichkeit die Knaben unter ihr Regiment zurückzwang. Besonders zufrieden war sie, wenn sie sie stille zu Bett bringen konnte; denn dann schwang sie in Frieden ihr Szepter und hegte und pflegte sie wie die Henne ihre Küchlein. Auch die Großkinder fühl-ten sich wohl in ihrer mütterlichen Liebe. Die kleine gebeugte Gestalt brauchte oft nur auf der Türschwelle des Kinderzimmers zu erscheinen, da verstummte das Weinen und Schreien und der Widerspenstige schlummerte bald darauf süß in ihrer sanften Umarmung.

 

 3.

Großvater überlebte mindestens um 4 Jahre alle diese Todesfälle, und wir Kinder besuchten ihn oft, besonders nachdem wir in Vaters Haus auf dem Gammel Torv eingezogen waren, während Großvater auf dem Nytorv, zwischen der Apotheke und dem Rathause, sein altes Haus bewohnte, wo später eine Gedenktafel an Onkel Sören angebracht wurde.

Sehr lebhaft erinnere ich mich Großvaters alt-ehrwürdiger Gestalt, in dem langen staubfarbigen Rock, die Beinkleider in die engen Stiefelschafte gesteckt, einen soliden Stock mit goldenem Knopf in der Hand und, was nicht zum wenigsten uns Kinder interessierte – mit Taschen voll Pfefferkuchen! Er war kräftig gebaut, seine Gesichtszüge waren fest und geschlossen, die Haltung des Kopfes etwas vorge-beugt, während die Augen einen Ausdruck hatten, als ob sie noch träumend über die jütländische Heide ausschauten, dahin, wo er als Kind seine Schafe gehütet hatte! Doch ging sein Träumen jetzt gewiß weit über die engen Grenzen dieser Erde hinaus, um seiner Sehnsucht Ziel zu erreichen, der Ewigkeit Land, wonach der Greis mit seiner Seele ganzem Verlangen trachtete! Es war wie ein stilles Heimweh, das ihn beherrschte und besonders seine letzten Tage zu einer Pilger-schaft im fremden Lande machte. Doch darf daraus keineswegs der Schluß gemacht werden, als ob seine Persönlichkeit einen traurigen oder kränklichen Eindruck gemacht hätte; dazu war seine Rede zu lebhaft und klar, sein ganzes Auftreten zu kräftig. Eher konnte seine Ruhe im Kummer diejenigen verwundern, denen sein Gedankengang unbekannt war. Oder er konnte vielleicht weniger teilnehmend erscheinen, denn er hatte sich gewöhnt des Lebens Sorge und Kummer mit andern Augen zu betrachten, als die weltlich gesinnteren Naturen. Zugleich war er aber stets bereit mit Rat und Tat zu helfen, wo er nur irgend konnte. Als er, bald nach einander, seine beiden geliebten Töchter verlor, beugte er wohl sein altes graues Haupt noch tiefer, aber dennoch faltete er seine Hände und „lobte Gott, der es gegeben und genommen hatte“. Und da die Flammen sein Haus einschlossen und er eben so plötzlich wie unerwartet vor dieses Schauspiel gestellt wurde, legte er mit derselben Ruhe sein zeitliches Wohler-gehen in Gottes Hände, indem er beinah mit feierlicher Freudigkeit hinging, um das anzuordnen, was noch angeordnet werden konnte. Dagegen ließ er sich zuweilen von kleinen Widerwärtigkeiten überraschen, so daß die Schwermut seiner Natur offenbar wurde. Schwermut war wohl recht eigentlich sein tägliches Kreuz. Großvater hatte sich in seinem 40. Jahr aus dem Geschäft zurückgezo-gen und brachte seitdem seine Zeit meist mit philosophischen Studien zu. Besonders viel las er den deutschen Philosophen Chr. Wolff und da er in allem sehr gründlich war, ja beinahe peinlich genau und eindringend, so werden sich seine Beschäftigungen bestimmt nicht auf der Oberfläche gehalten haben. Wie es ihm, dem armen Bauernknaben, der mit leeren Händen herüberkam, geglückt war, ein für seine Zeit ansehnliches Vermögen zu erwerben, würde mir unbegreif-lich sein, wenn ich die Sache nicht näher kennen würde. Finanzielles Talent konnte ich ihm nicht zutrauen, während seine Ehrlichkeit von beinah zu ängstli-cher Gewissenhaftigkeit war. Ordnung und Mäßigkeit, wenn auch letztere an die äußerste Bedürfnislosigkeit und Abhärtung grenzte, waren auch nicht Erklärungs-grund genug. Es gehörte Glück, ein sonderbares Glück dazu, das für die meisten andern Unglück und Ruin war; und es kam mit den im Januar 1813 erlassenen Verordnungen, die mit einem Schlage manchen reichen Mann zum Bettler und sein Besitztum in Wertpapieren und Geld zu unwirklichen Größen machte! Die königlichen Obligationen waren die einzigen Wertpapiere, die dem allgemeinen Zusammensturz entgingen, und zu den Glücklichen, die in deren Besitz waren, gehörte auch Großvater. Damit entging er nicht nur dem Verluste seines kleinen Vermögens, sondern sah es sogar anwachsen in demselben Maße, wie alles um ihn herum sank, während die in den folgenden Jahren stets steigenden Kon-junkturen das Werk vollendeten. Man brauchte damals nichts anderes zu tun, als stille zu sitzen und das festzuhalten, was man einmal hatte, damit ein Vermögen von selbst wachse.

 

4.

Wenn wir, Kinder beider Familien, von der Köbmagergade und vom Gammel Torv, einen Abend bei Großvater zubrachten, war immer das Fest und die Freude groß. Ein langer, nach altem Brauch wohlbesetzter, Tisch erwartete uns, und darnach verschiedene Gesellschafts- und Kartenspiele wie „Schwarzer Peter“ und „Halb Zwölf“. Allerdings durften mein Bruder und ich mancherlei Tafelfreuden nicht mit genießen. Preßkopf und andere saure und fette Speisen, die doch gerade besonders interessant aussahen, durften wir nämlich, unter strengstem Verbot, auch nicht anrühren. Jungfer Möller, Großvaters manierliche, steife, aber äußerst gutmütige Haushälterin, schüttelte dann ärgerlich den Kopf mit der Be-merkung: „Es sind immer so viele Dinge, die die Kinder vom Gammel Torv nicht mögen“, aber Großvater parierte den Wink. Da gab es keine „Milchbrötchen-Gutmütigkeit“, Gehorsam war für ihn nicht nur eine der Grundsäulen, sondern die Grundsäule.

Onkel Peter war bei diesen Kinderfesten höchst selten zugegen, dagegen fand sich Onkel Sören immer ein, wenigstens zum Schluß des Abends. Und von da an fängt recht eigentlich meine Erinnerung an ihn an, ja, es kommt mir vor, als be-ginne sie von einem ganz bestimmten Augenblick, wo ich ihn in die Tür eintreten und den Hut von seinem starken blonden Haar abnehmen sah, während er uns vergnügt zunickte. Und hier kann ich nicht umhin, eine kleine Bemerkung zu machen: daß das jüngere Geschlecht, das sein Äußeres beinah nur aus der Zeichnung im „Korsar“ kennen konnte, oder höchstens ihn in seiner letzten Lebenszeit gesehen hatte, kurz bevor er einer zehrenden Krankheit erlag, sich ihn beinah wie eine Karikatur vorstellt, ist nicht zu verwundern. Aber ich erinnere mich, daß es mich ein paar Jahre darauf wunderte, eine ähnliche, wenn auch nicht so weitgehende Auffassung zu finden in einem sehr schön verfaßten Artikel, der allgemein Prof. Br.(öcher) zugeschrieben wird. Wie kann man da ironisch ausrufen: „Sehr zahlreich waren seine körperlichen Vorzüge nicht!“ wenn man nur einmal mit ihm intim gesprochen, nur einmal sein geistreiches Gesicht und die ganze feine Gestalt gesehen hatte?! Auf der kleinen Bleistiftzeichnung, welche ich von ihm besitze, hat die Nase einen zu feinen, aristokratischen Schwung bekommen, welches an Lytton Bulwers Jugendportrait erinnert; Onkel Sörens Nase war, obgleich gebogen, doch kühner und fleischiger. Dagegen sind Mund und Augen, die Kopfform und die Fülle des Haares vortrefflich. Die Haltung ist auch sehr charakteristisch. Sein Mund war groß; aber andererseits welch’ reiche Skala der verschiedensten Stimmungen fand nicht in den Schwunglinien desselben ihren wechselvollen Ausdruck, von der milden Wehmut und Zärtlich-keit an, bis zum kecken Trotz und feiner Ironie, wobei letztere der nicht zum mindesten vorherrschende Zug war! Und nun die Augen! Sie verloren nichts mit den Jahren, ihr natürlicher seelenvoller Ausdruck erhielt nur noch einen ver-stärkten Glanz, sie leuchteten wie Sterne, als ich ihn zum Abschied im Hospital sah!

 

5.

Da Mutter und deren Geschwister mit den Kindern des Agerskov’schen Hauses gleichaltrig waren, wurde viel miteinander verkehrt; aber besonders war es Onkel Sören, der als Knabe häufig das Haus besuchte. So war es denn auch während eines solchen Aufenthalts, als sie auf dem Buddinge-Felde spielten, daß er von einem Baume fiel und einen Stoß im Rücken erhielt, dem er selbst eine Be-deutung für sein ganzes späteres Befinden zuschrieb. Es war dies das erste Glied in der Kette der Schmerzen, die ihn auf seinem einsamen Wege begleiten sollten. Er selbst erzählte mir einmal, wie sehr die alte Frau Agerskov bei dieser Gelegenheit ihm imponiert hätte, als sie in ihrer sinnigen Weise, aufrichtig be-trübt, ausgerufen hatte: „Liebes Kind, mögest du in deinem Leben mir einmal eine so große Freude machen, wie du mir heute Sorge bereitet hast!“

Mutter war als junge Frau bei diesem Vorfall zugegen und mußte den blassen, leidenden Knaben wegführen, dessen Tränen langsam und ständig, wie eine unversiegbare Quelle niederrannen. Sie drückte als Balsam für seine Wunde ein kleines Geldstück in seine Hand; unverzügliche ärztliche Hilfe wäre gewiß besser am Platz gewesen, doch keiner dachte daran...

 

6.

Unser eigenes Haus in Nörrebro (einem Stadtteil Kopenhagens), in den soge-nannten kleinen Alleen zwischen dem Peblingsee und dem Wall, war von einem Garten, oder vielmehr von lauter Gärten umgeben. Breite Gänge, welche für alle Einwohner zugänglich waren, trennten und vereinigten zugleich diese kleineren Teile zu einem gemeinsamen blühenden Ganzen, dessen äußerste Grenze zum See und zu den weitläufigen Zimmermannplätzen hin, mit einer Geisblattlaube geschmückt war. Hier standen Vater und Mutter oft bei Sonnenuntergang an milden Sommerabenden und schauten über den errötenden See hinweg auf das gegenüberliegende Ufer, wo statt der sich jetzt erhebenden Häuserreihe, die Einsamkeit und der Friede noch größer schienen als diesseits. Doch wenn auch ihr Haus nach den damaligen Begriffen einsam und abgelegen genug war, und besonders während der dunklen und kalten Jahreszeit nicht viele dem Wetter Trotz bieten wollten, um sie zu besuchen, so war doch Onkel Sören einer der Treuen. Oft traf Vater, wenn er von der Bank, wo er angestellt war, heim kam, beide Geschwister wie Kinder miteinander spielend und fechtend. Meine Mutter liebte innig den zarten, schmächtigen Bruder, und er erwiderte ihre Gefühle und suchte ihre Gesellschaft so oft er konnte. Ich erinnere mich, wie Vater später einmal ohne äußere Veranlassung in die Worte ausbrach: „Ja, es war gut, daß Gott ihre Augen schloß; wie würde sie es ertragen haben, den Bruder, um den sie so besorgt war, sich in einen solchen Kampf einlassen zu sehen!“ Und Onkel Sören, ja, wenn es ihm auch gelungen war, seine Gedanken von aller irdischen Rücksicht zu befreien, – noch schwerer wäre es ihm doch gewesen, so mit der ganzen Welt zu brechen, wie er sich dazu berufen fühlte, wenn Gott nicht so manche hemmenden Bande für ihn gelöst hätte. Er nahm seine Lieben von dem Schauplatz dieses Lebens weg und stellte ihn so allein dahin, daß er nur in einer stillen Friedensstunde, in einem seligen Abendtraum (wie er seine Stimmung auf dem Gilberge im nördlichen Seeland schildert), „in deren Umarmung weilen, sich so wohl fühlen konnte in ihrer Mitte, und gleichsam außerhalb seines Körpers mit ihnen in höheren Regionen schwebte.“

 

7.

Ein Sommeraufenthalt bei Cillis Eltern (Anm.: Cecilie Agerskov, deren Mutter mit Großvater Kierkegaards erster Frau verwandt war. Der Aufenthalt in Lyngby ohngefähr im Jahre 1836/37) in Lyngby ist mir lebhaft in Erinnerung. Auf einem ziemlich ausgedehnten Flächenraum mit Gärten und Wiesen, die sich bis zur Aa (Bach) beim „Sorgenfrei-Walde“ hinstreckten, hatten sie nämlich in ihren letzten Lebensjahren eine Wasch- und Bleichanstalt eingerichtet. – Da es dort im Hause viele Zimmer gab, die keine Verwendung fanden, wurden einige derselben in einem Seitenflügel als Sommeraufenthalt an Onkel Sören vermietet. – Onkel Sören, den ich seit meines Vaters (zweiter) Heirat sonst nur selten sehen konnte, nahm sich unser in dieser Ferienzeit eifrig an. Und wenn es auch – was mich anbetrifft – oft auf etwas Neckerei hinauslief, so daß ich anfangs, sobald ich nur die schlanke Gestalt erblickte, oder das kurze halbgequetschte Lachen hörte, das gleichsam den ganzen Körper schüttelte, bei mir selbst zu denken geneigt war: „Na, jetzt ist’s mit dem Frieden vorbei!“ – so währte es doch nicht lange, da ahnte ich hinter dem neckischen Wesen eine verborgene Vorliebe und Zärtlichkeit und meine Unerschrockenheit und Freude ihn zu sehen, kehrten bald wieder zurück. Je flinker die Antworten lauteten, desto mehr ergötzte sich Onkel Sören, und sein kurzes glucksendes Lachen wurde geradezu ansteckend. In Ermangelung eines glücklichen Einfalles, oder auf der Spitze des Übermutes, war ich einmal in der Hitze des Gefechtes so „schlagfertig“, ihm eine Ohrfeige statt Antwort zu geben. Onkel Sören hätte nun mit gutem Grunde sagen können, wie jener Mann, dem sein Gegner um seines Rechtes willen ins Antlitz spuckte: „Ja, das beweist nichts“, und einen Augenblick lang sah es auch aus, als ob eine noch schärfere Bemerkung über meinem Haupte schwebe. Aber meine sichtbare Bestürzung brachte ihn vermutlich auf andere Gedanken, denn ein gutmütiges, unwidersteh-liches Lachen klärte gleich darnach die Sache auf. Lange konnte er wohl auf “Brillenmadam“ nicht böse sein; so nannte er mich gewöhnlich, um sich über meine Neigung lustig zu machen, still zu sitzen und vor mich hin zu stieren, während die ganze Außenwelt vergessen war, – eine Neigung, die er selbst in viel höherem Grade besaß! Viele Jahre darnach, im Sommer 1856, kam ich von einem Besuche bei Verwandten in die Gegend von Lyngby; da wurde jene Szene und das ganze fröhliche Sommerferienleben wieder lebendig in meiner Er-innerung. Die Abendglocken läuteten wie damals, und die Vögel, ja „der ganze Chor der Sänger, der im Lyngby-Walde wohnt“, sang, während die Sonne ihren Abschiedsblick über die stille, träumende Wiese sandte. Aber wo waren sie nur alle geblieben, die muntern Kinderstimmen, die damals mit ihren Freudenrufen die Luft erfüllten? Der alte Garten stand so leer und traurig da, als ob er mit mir sich grämen und weinen könnte. Denn eine Stimme, von den vielen Stimmen jener Tage, war ja für immer verschwunden; einen treuen Liebhaber der milden friedlichen Natur sollte kein Sommer mehr hierher zurückrufen; sein Scherzen, seine Wehmut, sein kurzes, neckisches Lachen und die große, zurückgedrängte Zärtlichkeit – das alles war jetzt nur eine Erinnerung, wie so vieles andere Liebe und Bekannte! –

 

 8.

In die Schule trat ich wieder ein als ich zehn Jahre alt war trotz meiner Mutter Antipathie gegen Mädchenschulen. Denn Onkel Sören, der sonst nicht geneigt war, in irgend einer Weise in die Pläne der Eltern einzugreifen, machte diesmal seinen ganzen Einfluß geltend, da er meinte, daß ich zu schwermütig angelegt sei, um die einsame Lebensweise zu ertragen, die der Hausunterricht mit sich bringt. Ob es nun war, um das günstige Resultat seiner Unterhandlungen in dieser Angelegenheit zu feiern, daß er mich bald darauf einlud, mit ihm nach Lyngby zu fahren, weiß ich nicht. Aber ich erinnere mich, daß die Spazierfahrt an einem schönen Herbsttage ausgeführt wurde, und daß meine Cousine und die „großen Vettern“ auch mitkamen. Die Fahrt wurde unter großer Munterkeit zu-rückgelegt, wobei viele Geschichten erzählt wurden, die die Schule und den bevorstehenden Schulbesuch zum Gegenstand hatten. Mit Schreck hörte ich von verschiedenen Beispielen, wie scharf es hergehen konnte; und dies Gefühl nahm nicht gerade ab durch das lebhafte Vorführen des Schlußtableaus, worin Onkel Sören ein Meister war, und wo „mein Name volle vierzehn Tage auf der schwar-zen Tafel stehen“ mußte, damit man sich an denselben gewöhne, bevor die Person selbst in Augenschein genommen werden sollte. Aber ebenso unver-drossen wie er necken konnte, ebenso zärtlich nahm er sich unser an. Mich hüllte er auf dem Heimwege in seinen großen Reisemantel ein, und wir hielten uns alle stille und nickten in behaglichem Halbschlummer, oder betrachteten den Himmel in seiner beständig wechselnden Physionomie, – während Onkel Sören in tiefes Nachdenken versunken war.

 

9.

Im Spätsommer 1838 starb Großvater Kierkegaard; ich erinnere mich sehr deut-lich, daß wir an einem der Tage, wo er krank war, bei Onkel Christian zum Be-such waren und daß Onkel Sören, der das Ganze sehr leicht nahm und es wie eine kleine Unpäßlichkeit betrachtete, gerade zu gleicher Zeit mit uns hinkam. Großvater war 84 Jahre alt und noch so kräftig, daß keiner an seinen nahe bevorstehenden Heimgang dachte. Dennoch fand der Arzt es nicht ratsam, daß er, seiner langjährigen Gewohnheit gemäß, ein Vomitiv einnehme; aber Groß-vater hielt an alten Gewohnheiten fest, und wollte sich nichts sagen lassen. Es zeigte sich jedoch, daß der Arzt Recht gehabt hatte: Großvater starb ein paar Tage darnach an der dadurch hervorgerufenen Überanstrengung, – ruhig und stille! Onkel Sören kaufte das Haus nach seinem Tode und bewohnte mehrere Jahre einen Teil der alten Wohnung, während Onkel Peter längere Zeit und zu verschiedenen Malen den andern Flügel benutzte.

Welchen Kummer des Vaters Verlust Onkel Sören verursacht hatte, ist mir erst später klar geworden. Vielleicht hat sich bei ihm zum Kummer auch noch eine gewisse Reue hinzugesellt, außer derjenigen, die wir stets beim Verluste unserer Lieben fühlen müssen, – denn wir sind immer ihre Schuldner. Aber was Onkel Sören anbetrifft, so war dabei noch das ganz Spezielle, daß er den vom Vater so lange gehegten Wunsch nicht erfüllt hatte, ihn als Kandidat zu sehen. „Vater meint, daß das eigentliche Kanaan auf der andern Seite des theologischen Reifezeugnisses liege, aber besteigt dabei, wie Moses einstmals, nur den Tabor (Nebo?) und berichtet, daß ich nie hineinkommen werde“; so schreibt er schon 1835 in einem Briefe an Onkel Wilhelm nach Brasilien, welcher in den „Nachge-lassenen Papieren“ (1833 - 1843) aufgenommen ist. Und dem Großvater konnte allerdings Onkel Sörens damalige übergroße Neigung für zusammenhangslose (?) vielseitige Lektüre und seine scheinbare Untätigkeit wie eine beängstigende Erscheinung vorkommen, während es sich erst später, nachdem er als Schrift-steller auftrat, zeigte, daß diese Jahre keineswegs verloren gewesen waren. Die Erinnerung an des Vaters Bekümmernis war mittlerweile eine schwere Bürde für Onkel Sörens schwermütige Natur, eine Bürde, die vielleicht, dem Schatten gleich, durch die Entfernung wächst; und daß der Tod den kräftigen Greis so plötzlich hinwegriß, konnte nur dazu beitragen, den Eindruck noch zu verstärken. Gleichwohl setzte er seine alte Lebensweise fort, besuchte wie gewöhnlich Cafés und spazierte ebenso eifrig auf den Straßen; nur von 7 - 11 jeden Abend empfing er keinen Besuch. Während dieser Stunden studierte er fleißig und in kurzem war er zu dem von Großvater so sehnlich gewünschten Amtsexamen bereit.

 

10.

Nach Großvaters Tode war Onkel Christians (des Mannes von Ks. verstorbener Schwester P.) Haus der eigentliche Sammelplatz für die Kinder, wie für die er-wachsenen Mitglieder der Verwandtschaft. – Neben dem großen Saal befand sich ein kleineres Zimmer, die sogenannte „blaue Stube“, und hinter dieser das Schweizerkabinett, wie es genannt wurde, der von Prof. Lorenzen gemalten Schweizeransichten wegen, die die Wände schmückten. Wenn man die Zimmer-reihe weiter fortsetzte, gelangte man in das tägliche Speisezimmer. Hier, bei Onkel Christian, trafen nun zu den verschiedenen jährlichen Festen die Ver-wandten zusammen, und diese Zusammenkünfte trugen nicht wenig dazu bei, das Gefühl der verwandtschaftlichen Zusammengehörigkeit und die Familien-traditionen zu befestigen. Sie mögen vielleicht auch recht lebhaft gewesen sein, aber während der ganzen ersten Zeit war ich zu jung, um eine klare Vorstellung davon zu haben; denn obgleich auch die Kinder zugegen waren, so waren es doch die Erwachsenen, die die Hauptrolle spielten. Für mich war das Ganze vielmehr ein großes Panorama, wovon ich mir beim wiederholten Vorüberlaufen die hübschesten Punkte zu näherer Betrachtung auswählte.

Auf dem Sofa, das im Hintergrunde des ziemlich tiefen Schweizerkabinetts stand, saß unabänderlich an jedem größeren Festtage eine Frauengestalt, die ich nie zu betrachten vergaß. Schon durch ihre Tracht zog sie die Aufmerksamkeit auf sich, denn diese war altmodisch, ungefähr so, wie ich sie von Großmutters Gemälde her kannte; auch ihr ganzes Äußere, mit ihrer ruhigen, unveränderlichen Schön-heit erinnerte mich an ein Gemälde, aber welch’ schönes Gemälde! Die Haube, mit dem großen Hutkopf, war mit weißem Taft gefüttert; mit einer breiten Krause, mit schwerem Bande reich besetzt, schloß sie das ovale Antlitz mit den leicht geröteten Wangen fest ein. Die Nase war schön geformt, die Augenbrauen dunkel und fein gezeichnet, so daß sie in höchst charakteristischer Weise von dem Kopfputze und der beinah wachsklaren Gesichtsfarbe abstachen.

Das Atlaskleid war, wie auch die Haube, beständig nach derselben Facon ge-macht und wurde von einigen kostbaren Stecknadeln vorn zusammengehalten; nur die Farbe wechselte zwischen einem feinen Hellgrau und einem wunderbar schönen Rot, das sich im reichen Stoff prächtig ausnahm – ja, es hätte eines Malers Auge erfreuen können! Das war Tante Jens Lund, die Witwe des soge-nannten “blauen Lund“ (er trug immer einen dunkelblauen Anzug), und Mutter von zwölf Kindern, von denen neun noch am Leben waren. Ihr zur Seite hatte eine kleine gebückte Gestalt mit bemerkenswert schönem Teint und mildem Gesichtsausdruck ihren ebenfalls gesicherten Platz. Das war die “alte Tante“, Troel Lunds Witwe und gleichfalls Mutter einer ganzen Kinderschar, unter der sich würdige Repräsentanten jugendlicher Schönheit fanden. Wie eine frische, im Frühlingssonnenglanz blinkende Quelle, steht ihre Tochter Frau Marie Falbe vor mir. Sie strahlte in Gesundheit und Lebensfülle; mit schelmischen Augen, welli-gem, nußbraunem Haar, Lachgrübchen in den Wangen und mit Zähnen wie eine Perlenschnur in dem etwas großen, aber frischen und wohlgebildeten Munde. – Onkel Peter beteiligte sich zuweilen an diesen Festlichkeiten, während Onkel Sören sich mit einem kurzen Besuche begnügte, den er auf die Nachmittags-stunde hinausschob, in der er auch sonst bei Onkel Christian vorzusprechen pflegte. Er plauderte dann ein wenig mit jedem einzelnen, freute sich aber auch des Anblickes der beiden Frauen, die, jede in ihrer Art, wirklich so schön waren, daß man ihresgleichen kaum finden könnte. Als die Kinder herangewachsen waren, wurden auch Kinderfeste veranstaltet. Ich erinnere mich des ersten Kinderballs und wie gedrückt ich mich fühlte bei der ersten Bekanntschaft mit der Kopenhagener kleinen Damenwelt, weil sie trotz der kurzen Kleider und des Hängezopfes schon nicht wenig von den routinierten Balldamen an sich hatte. Den jungen Herren, meiner Vetter Kameraden, kam es anfangs entschieden mehr darauf an, sich mit Onkel Sören, ihrem erklärten Liebling, zu amüsieren und mit ihm zu fechten, als die Freuden des Tanzes zu kosten; es wurde immer wieder zum Tanze aufgespielt, aber keiner erschien, um seine Dame zu holen. Endlich brach ein Kavalier doch das Eis und trat rasch in die Mitte der ver-sammelten Mädchen – aber o weh! Statt sich eine jener imponierenden Damen zu holen, verbeugte er sich in seiner Verwirrung vor mir, der Unwürdigsten und Jüngsten im Kreise! Über einen so unerwarteten Vorfall bestürzt, schüttelte ich verneinend mit dem Kopfe, aber das half nichts, die anderen stießen mich an und flüsterten mir zu, ich solle gehen; denn was es hieß “engagiert“, verstand ich ganz und gar nicht. Nach diesem mißglückten Anfang mußte notwendigerweise eine kleine Pause eintreten, ehe ein neuer Held, und diesmal mit besserem Erfolg, sich wieder hereinwagte; bald darnach ertönte ein Walzer und der Tanz war endlich in vollem Gange.

 

11.

Da wir bald nach meinem Eintritt in die Schule mit der Nachricht überrascht wurden, daß Onkel Sören sich verlobt habe, sollte ich auch in Onkel Christians Hause die “neue Tante“ zum erstenmal sehen. Das war ein allerliebstes acht-zehnjähriges Mädchen, mit uns Kindern bis aufs Äußerste zärtlich und um unsere Gegenliebe eifrig bemüht; was im gegebenen Falle nicht gerade schwer war! Bald darauf wurden wir in das Haus ihrer Eltern eingeladen, wo alle, und nicht zum wenigsten Onkel Sören selbst, ihr Möglichstes taten, um uns vergnüglich zu unterhalten. Aus den Fenstern ihres väterlichen Hauses erinnere ich mich auch den Einzug der Prinzessin Marianne, der Braut des Kronprinzen, gesehen zu haben. Aus diesem Anlaß fand sich bei „Reginas“ Eltern eine große Versamm-lung ein, und besonders viele Damen, und alle fragten eifrigst nach ihrem Ver-lobten. Aber er war, zu ihrer großen Verwunderung, gerade an diesem Tage mit seinem zukünftigen Schwiegervater in den Wald gegangen; er war übrigens nicht der einzige, der damals Sonderbarkeiten hatte!

Im Laufe des Sommers war Reginas Geburtstag, und ich erhielt die Erlaubnis, sie zu besuchen. Sie war liebevoll wie gewöhnlich, aber es schien mir doch, als ob ich auf dem bisher so hellen Himmel Schatten wahrnähme. Beim Abschied be-gleitete sie mich durch den Hof bis zu Slotsholmside. Hier sagten wir einander noch einmal Lebewohl, und noch lange sah ich sie im klaren Sonnenschein, mit der Hand vor den Augen auf demselben Fleck stehen und mir noch einen letzten Gruß zunicken. Daß es wirklich „der letzte“ werden würde, wußte ich damals noch nicht, und doch ging ich heim mit dem Gefühl, als ob etwas Kummervolles in der Luft schwebe. Einen bestimmten Ausdruck konnte ich dieser Ahnung nicht geben, auch hörte ich später nicht das Geringste und wußte auf diese Weise nicht, daß Onkel Sören die Verlobung aufgehoben hatte, als nun bald nach unserem Herbstumzug in die Stadt die Nachricht kam, daß wir Kinder zu ihm auf Besuch kommen sollten. Er wohnte damals im alten Hause auf dem Nytorv, zusammen mit Onkel Peter, der sich vor kurzem mit Henriette Glahn verheiratet hatte. – Als wir Kinder vom Gammel Torv und von der Köbmagersgade, nach denen auch geschickt worden war, an jenem Abend hinkamen, empfing uns Tante Henriette sehr freundlich und freute sich darüber, daß wir so von selbst darauf verfallen wären, sie zu besuchen; aber sie wurde sich bald ihres Irrtums bewußt, als Onkel Sören eintrat, um uns zu sich abzuholen. Er sah sehr bewegt aus und statt des gewöhnlichen Scherzes küßte er mich so sanft aufs Haar, daß mir ganz weich ums Herz wurde. Einen Augenblick darnach wollte er zu uns sprechen, brach aber statt dessen in heftiges Weinen aus, und ohne recht zu wissen weshalb – so ging es mir wenigstens – sondern bloß von seinem Schmerz ergriffen, schluchzten wir bald alle mit, wie unter der Last eines gemein-samen, tiefen Kummers! Onkel Sören nahm sich indessen bald zusammen und erzählte uns, daß er in diesen Tagen nach Berlin reisen wolle, vielleicht um längere Zeit fern zu bleiben. Wir mußten ihm deshalb versprechen, ihm fleißig zu schreiben, da er sich sehnen würde zu hören, wie es einem jeden von uns ginge. Unter vielen Tränen gaben wir unser Versprechen. Im Wohnzimmer, wohin wir bald darnach zurückkehrten, fanden wir Onkel Peter, der seiner Frau vorlas. Uns zur Ehre wurde nun ein Lotteriespiel und andere Spiele vorgenommen und alle waren bemüht, uns wieder etwas zu zerstreuen. Es dauerte aber lange, ehe es einigermaßen gelang, und da Onkel Sören gerade die Tür öffnete, um nach dem einen oder dem andern zu fragen, erinnere ich mich, daß es mir bei dem Gedan-ken, er könnte glauben, wir dächten nicht mehr an ihn, ins Herz schnitt. Er selbst sah so aus, als ob er geweint hätte, seitdem wir ihn verlassen.

 

12.

Ich war damals noch nicht zwölf Jahr alt und ziemlich unbewandert im zu-sammenhängenden Schreiben, nichtsdestoweniger wurde das Versprechen treulich gehalten und ich erhielt ebenso regelmäßig Antwort auf meine Briefe. Einmal, ich erinnere mich dessen noch, kam in einen Brief etwas Schwung; das war so zugegangen: Auf dem Rückwege aus der Schule ereignete sich das Merkwürdige, daß ich mich plötzlich unter einer Menschenschar befand, die einen Wagen umringte, der in gemäßigter Fahrt sich vom Rathause nach Nörregade bewegte. Ich sah Begeisterung in jedem Antlitz; aus dem Wagen beugte sich ein Mann vor mit einem wahrhaft interessanten Kopf, und dieser Mann war es, den aller Blicke suchten, während der Name „Orla Lehmann“ von Mund zu Mund flog! Er hatte eben seine bekannte Verteidigungsrede gehalten, soviel hörte ich. Auf welche Weise sich das übrige für mich klärte, weiß ich noch bis jetzt nicht, zu Hause hatte ich bestimmt nichts gehört. Die Eltern folgten nämlich den Freiheitsbewegungen jener Zeit nicht mit Sympathie; und in solchen Fällen verhielt sich Mutter so, als ob sie die Richtigkeit des Satzes voll aner-kannte: „Sprich über ein Ding, so bekommt es Macht“, was auch sagen will: sie schwieg. Es mag wohl in der Luft gelegen haben; denn in einem Augenblick war ich auf meine Weise mitten in der Situation und voll von jenem jugendlichen Haß gegen Unterdrückungen, welcher nicht viel mehr versteht, als daß alles Be-stehende eine Unterdrückung und derjenige ein Held ist, der sich dagegen auflehnt! Nachdem ich einige Zeit mit dieser neuen Leidenschaft in der Stille umgegangen war und es mir nicht möglich war sie damit abzukühlen, daß ich, gleich meinen Schulfreundinnen “Orla Lehmanns Brustzucker“ in großen Quanti-täten verspeiste, verfiel ich eines schönen Tages darauf, mich Onkel Sören anzuvertrauen. Unglücklicherweise mußte es geschehen, daß Mutter diesmal gerade meine Ergüsse las, wornach sie nur ganz trocken bemerkte: „Diesen Brief will ich dir raten umzuschreiben; denn jene Sache interessiert Onkel Sören nicht“, und da ein solcher „Rat“, früheren Erfahrungen zufolge, mit einem Befehl gleich-bedeutend war, mußte ich hübsch fein einen neuen anfangen, worin nun die Sätze, unmittelbar nach der starken Lyrik des ersten, etwas gedrechselt aus-fielen, dafür aber die verschiedenen Ereignisse im Hause genauer erzählt wurden.

 

13.

Es war gewiß bald nach Onkel Sörens Rückkehr aus Berlin, da erinnere ich mich eines Abends, den wir Kinder bei ihm zubrachten. Seine alte Wohnung auf dem Nytorv hatte er damals schon verlassen, er wohnte in der Nörregade. Wir trafen rechtzeitig bei ihm zusammen und wurden vom Wirte mit einer gewissen Feier-lichkeit empfangen, während Emil Boesen, der jetzige Stiftspropst in Aarhus, der bei Onkel zum Besuch war, sich schleunigst entfernte, um beim Arrangement nicht zu stören. Als wir ins Zimmer traten, schenkte Onkel Sören meiner Cousine und mir einen Maiglöckchenstrauß, was mit Bezug auf die Jahreszeit eine ziemlich große Seltenheit war, und teilte darnach einem jeden hübsche Geschen-ke aus. Kaum waren wir mit dem Bewundern der verschiedenen Sachen fertig, als “Anders“, Onkel Sörens treu-bewährter Diener, der wohlbekannte Überbringer vieler freudiger Überraschungen zu Weihnachten und zu den Geburtstagen, meldete, der Wagen halte vor der Tür. „Nun, so laßt uns einsteigen!“ rief Onkel Sören. “Wohin?“ – ja, das bekam keiner zu wissen, bis wir an den vorher mit dem Kutscher verabredeten Stellen hielten, wo die größten Merkwürdigkeiten der Stadt zu sehen waren. Seltsamerweise ist das einzige, dessen ich mich von jener Spazierfahrt erinnere, ein Seehund, dessen melancholische, menschenähnliche Augen einen tiefen Eindruck auf mich machten. Nachdem wir zurückgekehrt waren, spielten wir Lotterie um verschiedene Gegenstände, meist Bücher; darnach kam das Abendessen, das aus belegten Butterbroten, einem Marzipan-kuchen mit einem ganz besonders prachtvollen, blumengeschmückten Aufsatz bestand und – Champagner! Onkel Sören war der aufmerksamste Wirt und Anders ebenso flink als Kellner. – Da aber die Kinder zu jener Zeit nicht so verwöhnt wurden wie jetzt, gefiel diese Bewirtung weder Vater noch Mutter, ebenso hielten sie das Arrangement des ganzen Abends für ziemlich übertrieben. Ich hörte Äußerungen, wie „die Kinder verwöhnen“, welche von einigen anderen kleinen Seitenhieben auf diesen „phantastischen Menschen“ begleitet waren.

Faßten sie aber dieses Fest als einen unbegründeten Einfall auf, so irrten sie sich, glaub’ ich. Mir wenigstens steht es fest, daß er ein bestimmtes Fest zu feiern die Absicht gehabt hatte, dessen Anlaß vielleicht für ihn selbst bedeutungs-voll war, für uns aber ein Geheimnis blieb. Bald darauf schrieb er ja: „Es ist vorbei, meine Jolle ist flott, im nächsten Augenblick bin ich wieder da, wo die Ideen mit elementarem Toben sich brechen, wo die Gedanken lärmend aufstehen wie die Nationen in der Völkerwanderung; da, wo zu einer andern Zeit eine Stille herrscht wie der Südsee tiefes Schweigen, eine Stille, in der man sich selbst reden hört, wenn die Bewegung nur im eigenen Innern vorgeht; da, wo man jeden Augenblick das Leben einsetzt, es jeden Augenblick verliert und wieder gewinnt!“ – Möglicherweise hat er damals gewünscht, uns noch einmal zu ver-sammeln, ehe er weiter hinausfuhr auf diese einsame Tiefe; trotz der äußeren Lebhaftigkeit und Freude ist es doch ein Abschiedsfest gewesen, und es lag Wehmut in seinem Gemüt!

Wirklich wurden wir nicht mehr in dieser Woche zu ihm eingeladen und nie mehr sollten wir alle zusammen in seinem Heim uns eintreffen. Wir besuchten ihn einzeln, sahen ihn, wenn er selbst zum Besuch kam, meist bei Onkel Christian, oder begegneten ihm auf der Straße, wo er uns immer zu treffen wußte, ent-weder wenn er uns etwas zu sagen hatte, oder es ihn darnach verlangte, uns zu sehen. Einen lebhaften Eindruck von diesen Begegnungen habe ich ganz be-sonders von meiner Schulzeit her. Gleichwie das Zusammenleben in Lyngby und mehrere frühere Besuche waren auch diese Begegnungen nicht immer ohne einen kleinen Stachel. In jenen leichtsinnigen Tagen hatte ich unter vielen anderen Fehlern auch die Gewohnheit mit „Tulpenfingern“ in den Handschuhen zu spazieren, und wie es so oft der Fall ist, unterwarf ich mich lieber unzähligen Unbequemlichkeiten, um der einen zu entgehen – meine Handschuhe zu-sammenzunähen. So erfand ich, um meinen Mangel an Ordnung und Zierlichkeit zu verbergen, jedesmal beim Geben der Hand meinen Handschuh rasch auszuziehen, und als Grund dafür berief ich mich auf Christian VIII., der solches aus Höflichkeit immer tat! Bei einem solchen Manöver vor Onkel Sören war ich nun eines Tages so unglücklich, einen mit Tinte befleckten Finger vorzuzeigen, worauf er gleich rief: „Nein, bist du nun so gelehrt, daß du mit Tintenflecken auf den Fingern herumgehst, so darf ich wahrlich nicht mehr mit dir reden!“ Und damit entfernte er sich schleunigst. Ein anderes Mal ging es mir noch schlimmer, und wiederum war ein Versäumnis an der Niederlage schuld. Als erste Bedingung für Ordnung wurde in der Schule Löschpapier in den Schreibheften verlangt. Aber ich war nicht die Einzige, die diese Regel oft vergaß und hatte deshalb Gelegenheit, eine Schulkamerädin zu bewundern, die, wenn Tintenflecke kamen, sie geschwind mit ihren schwellenden Lippen aufzusaugen verstand. Einst, als ich von der bloßen Bewunderung zum Nachahmen schreiten wollte, wurde ich im entscheidenden Moment so sehr von Widerwillen erfüllt, daß all’ die Tinte, die ich einzusaugen mich nicht entschließen konnte, unglücklicherweise auswendig an meinem Munde haften blieb; und da ein Spiegel in der Schule überflüssig schien, geschah nun das noch Unangenehmere, daß die Spuren noch nicht ganz verschwunden waren, als ich mich auf den Heimweg aufmachte. Nun wollte es das Schicksal, daß ich wiederum Onkel Sören begegnete, der mich diesmal keines Wortes würdigte, sondern nur mit tiefer Verbeugung lächelnd an mir vorüberging!

Zu anderer Zeit dagegen war lauter Freude und Harmonie zwischen uns; er be-lustigte sich dann damit, „seine kleine Nichte“ Einzelnen, die er gerne hatte, vorzustellen: „Da drüben geht Prof. Sibbern, komm nur, so wirst du den Mann etwas näher ansehen können“ usw. Im ganzen genommen waren Kopenhagens Straßen für ihn wie ein Empfangszimmer im Großen, worin er sich früh und spät bewegte und mit allen sprach, zu denen er Lust hatte.

Eine kleine Begebenheit aus der Schulzeit, in der der vorher erwähnte Anders als Necker auftreten mußte, fällt mir eben noch ein. Es war an meinem zwölfjährigen Geburtstage, da brachte mir Anders am Morgen früh einen Brief von Onkel Sören, der, als ich ihn öffnete, nur eine ziemlich primitive Bleistiftzeichnung enthielt, eine Blume darstellend, die er mir zur Feier des Tages schenkte. Unter der Zeichnung stand mit großen Buchstaben geschrieben: „Aber zeige sie ja niemand, das macht mich verlegen!“ Das bezog sich darauf, daß ich kurz vorher ihm eine Zeichnung verehrt hatte, und wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit mich dieses echten Schulmädchenausdrucks bedient hatte! Aber ich hatte kaum Zeit gehabt über diese unerwartete Behandlung unwillig zu werden, als der unverdrossene Anders mit einem neuen Brief von ganz anderem Inhalt wiederum erschien, und ein Paket überreichte, das Paul Möllers hinterlassene Schriften enthielt. Gerade einige Tage vorher hatte ich mich durch die Vettern eines Buches bemächtigt, das mich bald in dieselbe Stimmung versetzte, in der sich der Mann befand, von dem der König von Spanien die Bemerkung gemacht hatte: „Entweder ist er verrückt, oder liest er Don Quixote!“ Das war die Ge-schichte vom „Kraushaarigen Fritz“, die mich zu unbändigem Lachen brachte; und da ich nun diesen Schatz als mein rechtmäßiges Eigentum in Händen hielt, wurde ich von solcher Begeisterung übermannt, daß ich kaum Worte finden konnte, dieselbe Onkel Sören auszudrücken. Gleichwohl war er etwas enttäuscht darüber, daß der Zufall ihm zuvorgekommen war, und er nicht der erste war, der mir “Paul Möller“ gab. – Später schenkte er mir keine Bücher mehr, am aller-wenigsten seine eigenen – das war gegen sein Prinzip! Dagegen hatte ich freien Zugang zu seiner Bibliothek und durfte die Bücher behalten, so lange ich wollte. Meine musikalische Entwicklung schien er späterhin fördern zu wollen; Ge-schenke wie „Die weiße Dame“, „Figaro“ und mehrere andere erinnern noch daran. Doch geschah das nur, damit ich in aller Bescheidenheit meine eigene Seele mit dem Zauber der Töne zu erfreuen lerne, und in keiner Weise irgend welcher „Fortschritte“ wegen, – „das einfachste Brot ist das beste“, pflegte er zu sagen.

 

14.

Meiner Konfirmation erinnere ich mich, aber nicht als jenes Tages, dessen Ernst und Feierlichkeit in irgend einer Weise entscheidend in mein Leben eingegriffen hätte; auch waren die Vorbereitungen zu demselben nicht viel mehr als im großen eine Wiederholung der einmal gelernten Sprüche und Lieder. Dagegen ist dieser Tag mir als Familienfest in freundlicher Erinnerung geblieben. Als wir aus der Kirche zurückkamen, saß Onkel Sören bei uns und wartete auf uns; er be-suchte uns sonst selten, seitdem Vater sich wieder verheiratet hatte. Auch blieb er an jenem Tage nicht lange bei uns, aber den Tag darauf sandte er mir mit einem Geschenk einen Brief, in dem er seine guten Wünsche für mich ausführ-lich aussprach.

Einige Zeit nach meiner Konfirmation wurde meine Cousine und ich zu Onkel Peter nach Petersborg (nicht St. Petersburg!) eingeladen, wo er Pfarrer war. Damals lag meine kränkliche Tante noch nicht zu Bett, erst späterhin ward sie ohngefähr für 30 Jahre an dasselbe gefesselt. So erreichten wir denn an einem schönen Sommerabend den freundlichen Pfarrhof, in dessen Garten man noch deutlich die Spuren erkennt, daß er zu einer alten Ritterburg gehört haben muß, denn er ist bergauf – bergab auf den Resten der früheren Wälle angelegt. Den ersten Sonnabend nach unserer Ankunft rollte ein Postwagen mit einem ein-samen Reisenden in den Hof. Es erwies sich bald, daß der Einsame Onkel Sören war und nun wurde Alarm geschlagen! Der Sonntagmorgen brach mit wolken-losem Himmel an, so wurde denn der Mittagstisch im Freien gedeckt auf einem der Hügel im Garten, und ich erinnere mich noch wie lebhaft Onkel Sören das Wort führte, wie viele unterhaltende Geschichten und Bemerkungen er zum Besten gab. Aber am Abend, als wir uns am kleinen See auf dem Grase lagerten, war die sprudelnde Lustigkeit wie mit einem Schlage vorbei; in tiefem Schweigen brütete er vor sich hin, und erst als der Mond wie eine halbverwischte Toten-maske vom blassen Juni-Himmel auf uns niedersah, brach er die Stille, um ihn mit gedämpfter und feierlicher Stimme in Öhlenschlägers Worten aus “Aladin“ zu begrüßen:

 

„O bleicher Mond!

Der du der Erde Zeiten abmissest,

Warum warst du so karg, du kalter, gegen mich,

Du fahler Geizhals?“ usw. – –

 

Den Tag darauf machte Onkel Sören, trotz aller unserer Überredungen, sich schon auf den Heimweg auf, – er gönnte sich nie lange Ferien!

 

15.

Charakteristisch war die Zeit, die sich nun nach meiner Konfirmation vor mir ausbreitete, keineswegs. Wie wunderlich lang und farblos waren doch alle die Jahre, wie ausgedörrt und bewegungslos von Grund aus war dies Leben für mich! Alles war so wohl geordnet, das eine Rad griff so genau in das andere ein, daß die Bewegung beinah mechanisch wurde und jede Veränderung undenkbar. Kenntnisse, – darnach verlangte mich, so lange noch etwas Frische in meiner Seele vorhanden war; aber wie eine eiserne Mauer erhob sich dagegen sowohl jener Zeit Gewohnheit, als auch ganz besonders Mutters Wille. Vielleicht war mein Verlangen nicht energisch, nicht selbstbewußt genug. Wie eine Träumende bedurfte ich von Kind auf anderer Hilfe, damit all die gärenden, sich selbst verzehrenden Kräfte eine Aufgabe im Leben, die Gaben eine passende Ent-wickelung finden könnten. Aber nicht einmal wenn ich mich an Onkel Sören gewandt hätte, der früher mit seinem Scharfsinn meinen Drang wahrgenommen und dafür gesorgt hatte, daß ich in die Schule komme, würde ich eine andere Antwort gefunden haben als seinen Lieblingssatz: „Das einfache Brot ist das beste“. Denn er hielt, da er mich angefochten und betrübt sah, jedes Eingreifen seinerseits für unzeitig und gar störend für die möglicherweise – keimende Entwickelung zum Ewigen und zu dem Einen, das Not tut, die in mir in Bewegung gekommen sein könnte. Da wurden die großen „Unzufriedenen“ des Jahr-hunderts meine liebste Lektüre, war die Zeit auch knapp, so war doch die Leidenschaft um so größer; ich verstand Claudius’ Wort: „wenn man ein Buch beschwört, kommt der Geist hervor!“ der zerrissene, melancholische Geist war mir nur allzu sympathisch! Da wurden auch Onkel Sörens Bücher meine liebsten Gefährten; aber nach den „Pseudonymen“ (den ästhetischen und philosophi-schen Schriften unter anderem Namen) folgten die religiösen Schriften. Und im Gegensatz zu so vielen, fand ich sie nicht streng oder die Forderung in den-selben nicht genug gespannt für mich, die ich nach eines Freundes Wort, „wie in einer beständigen Tragödie umherging“, es waren nur milde, tröstende Worte, die ich mit Begierde einsog.

 

16.

Ein paar Jahre vor Onkel Sörens Tode war ich mit einigen Freundinnen in der Grundtwigianischen Vartov-Kirche gewesen. Da begegnete ich unterwegs Onkel Sören, der wie nebenbei mit einem Lächeln bemerkte: „Es dürfte doch nicht gut sein, nach Vartov zu geraten!“

Über Onkel Sörens letzte Augenblicke meinte Vater einen Wink erhalten zu ha-ben durch einen klagenden Seufzer der wohlbekannten Stimme, den er gerade an jenem Abend und um die Stunde gehört hatte, die sich späterhin als seine letzte in dieser Zeitlichkeit erwies.

So selten Vater auch Onkel Sören sah, und wie fremd er auch seiner ganzen geistigen Entwickelung gegenüberstand – was er selbst recht drollig damit zu beweisen pflegte, daß er von einem Bild erzählte, das Onkel Sören ihm ge-schenkt hatte als Lohn dafür „daß er so vernünftig wäre, niemals ein Jota von seinen Schriften zu lesen!“ – so war es doch nicht anders möglich, als daß dieser Schwager ihm teuer war. Er war seiner verstorbenen Frau Lieblingsbruder, welcher viel Verwandtes mit ihr hatte, und dazu empfand Onkel Sören seinerseits eine warme Zuneigung zu Vater. Eines kleinen Briefes, den nur ein glücklicher Zufall vor den Flammen gerettet hatte, muß ich hier gedenken. Er war von Onkel Sören zu einem von Vaters Geburtstagsfesten geschrieben worden, und in ihm erkannte Onkel in herzlicher Weise seinen Wert an; Vaters stille Beharrlichkeit, unverändert derselbe zu sein, wurde ihm ganz besonders angerechnet.

Was aber das Bild anbetrifft, welches von jener scherzenden Anerkennung be-gleitet war, so war dasselbe doch eigentlich mehr ein Geschenk als Dank dafür, daß Vater Onkel Sörens Geldangelegenheiten besorgte. Eine beschwerliche Arbeit war das übrigens nicht; denn nach Onkel Sörens eigener Anordnung wurde sein Vermögen ganz einfach in Teile geteilt, die er allmählich mit großer Gemütsruhe aufbrauchte. Er war nicht reich, teilte im stillen mit manchem Be-drängten und tat nichts, um seine Existenz und Zukunft zu sichern. Sicherheit des Besitzes und was die Welt „Erfolg“ nennt, achtete er bloß als aufhaltend und belästigend auf dem Wege zum Ewigkeitslande. In stiller, täglicher Selbstver-leugnung suchte er dieses sein Ideal zu verwirklichen, welches freilich von dem eifrigen Streben der Menge sehr weit entfernt war. Ich erinnere mich jenes Tages noch, als Vater aus dem Bankgeschäft nach Hause gekommen war und erzählte, daß Onkel Sören dort bei ihm gewesen sei, um seine letzte Partie Geld abzu-holen. Das war im Herbst 1855. Vater hatte ihn betrübt und fragend angesehen, und er hatte mit einem langen, ernsten Blick geantwortet. „Gott weiß, woran Sören denkt!“ hatte Vater beim Erzählen mit einem Seufzer hinzugefügt. (Er starb am 11. November 1855!)

Obgleich Onkel Sören Onkel Christian viel öfter besuchte als Vater, war diesem Onkel Sörens Natur dennoch völlig fremdartig und seine Entwickelung ebenso unverständlich. Mehr als einmal habe ich mich als Kind über die in aller Gut-mütigkeit geführten Debatten amüsiert, die beinah immer damit endigten, daß Onkel Sören seinen Kopf von seinem Gegner ganz abwandte und in den leeren Raum blickend mit einem Gesicht, das von Satyre sprühte, und mit Nachdruck auf jeder Silbe, nur die vier Worte aussprach: „Das war wie Satan!“

 

Als – eine ganze Reihe von Jahren darnach – der erste Band der “Nachge-lassenen Papiere“ erschienen war, erinnere ich mich gleichfalls, daß ich mit einem Lächeln Onkel Christians Bemerkung mit Bezug auf dieselben hörte: „Ja, ist das nicht ein unheimlicher Gedanke, daß ein Mensch, der immer vergnügt aussah, so bodenlos melancholisch gewesen sein soll; aber wie sollte man bei guter Laune sein, wenn man in dieser Weise sein Vermögen verzehrt!!“ Doch dies ist nur ein Geringes im Vergleich zu den verkehrten Auffassungen, die ich später von Fremden über diesen Punkt gehört habe. – Ich kann es nicht unter-lassen eines Traumes, den ich gehabt habe, Erwähnung zu tun, in dem Onkel Sören gegenwärtig war und der mich durch seine ungewöhnliche Deutlichkeit bewegte, obgleich von demselben nicht gesagt werden kann, daß er etwas ausgesprochen Übernatürliches enthalte. Weshalb er auf mich Eindruck gemacht hat, kann ich hier nicht näher erklären; nur so viel kann ich vorausschicken, daß es zu einer Zeit war, wo ich Kummer gehabt und wo zugleich eine gewisse Un-ruhe in religiöser Hinsicht mein Gemüt erfaßt hatte. So träumte ich eines Nachts, daß ich meinen gewöhnlichen Morgenspaziergang machte, und daß Onkel Sören plötzlich, wie in alten, vergangenen Zeiten, sowie er leibte und lebte mir ent-gegenkam! Man sagt, daß nach Verlauf von 10 Jahren auch das beste Gedächt-nis das Bild eines Verstorbenen nicht mehr ganz genau bewahren könne. Es waren nun über 10 Jahre nach seinem Tode vergangen, aber in bestimmteren Zügen hätte auch nicht das volle Leben und das klare Tageslicht ihn meinem Auge vorführen können. Schon mit einer wohlbekannten Bewegung breitete er sein großes, weißes Taschentuch aus; und wie er so mir gerade gegenüberstand, – mit welcher Zärtlichkeit und Teilnahme betrachtete er mich da! Was er sagte, kann ich nicht wiedergeben, eigentlich weiß ich gar nicht, ob er Etwas sagte; aber mit jener geisterhaften Art und Weise, wie das im Traume geschehen kann, erhielt ich doch Beides – die Voraussage, daß die Veranlassung zu meiner Sorge und meinem Kummer fortdauern würde, und zugleich auch Trost, dazu noch einen Wink, welcher andeutete, daß ich mit Onkel Peter darüber sprechen sollte! Wirklich war die erste Neuigkeit, die ich am nächsten Morgen hörte, die Nach-richt, daß Onkel Peter noch am selben Abend von Aalborg nach Kopenhagen kommen würde; da folgte ich dem Wink und nicht nur bei dieser Gelegenheit, sondern bei mancher späteren habe ich Trost und Beruhigung im Gespräch mit ihm gefunden. – ––

 

17.

Doch – noch lebte damals (Abschnitt 15) Onkel Sören, ob ich ihn auch viel seltener sah, als während meiner Kindheit, wo er immer dafür gesorgt hatte, uns Kinder in kürzeren oder längeren Zwischenräumen zu treffen. Daß der nächste Grund zu dieser Veränderung seine Furcht war, uns in eine Art Öffentlichkeit hineinzuziehen, deren Gegenstand er selbst durch den Mangel an Verständnis bei der großen Masse gelegentlich wurde, wußte ich eigentlich wohl. Er hatte es in Bezug auf mich einem gemeinsamen Bekannten gegenüber ausgesprochen, aber wie weit entfernt war ich damals es zu verstehen, welches Opfer er damit brachte! – – Gleichwohl erinnere ich mich, wie der Nachdruck, mit dem er sich beinahe entschuldigend erklärte, daß er mich im Laufe des Jahres nicht mehr als dreimal gesehen habe, mich verwunderte, als er an einem Sommerabend seiner Gewohnheit zuwider zu Fuß nach dem alten Bakkehus („Hügelhaus“), wo wir damals wohnten, kam! Das wäre eine Veranlassung gewesen, über solches Rechenexempel tiefer nachzudenken; nur wäre das auch nicht nach seinem Wunsche gewesen! Jener Abend steht aber deutlich vor mir. Es war ein heißer Tag gewesen, ermüdend für viele; und nun schien es, als ob die Natur selbst ausruhte nach der Sonne heißer Umarmung. Sogar die immer raschelnden Pappeln schienen einen Augenblick in schläfriger Ruhe zu schweigen, und der alte Hof lag in dämmerig-schimmernden Ruhbettschleier gehüllt, während allerwärts aus Häusern und Höfen die Einwohner herauskamen, um die abge-kühlte Luft zu genießen. Im benachbarten Gehöft, beim damaligen Minister Hall, saß noch ein ganzer Kreis von Herren draußen, als wir Onkel Sören auf dem Wege nach Kopenhagen zurückbegleiteten. „Sie versprachen auf dem Rückwege zu uns hineinzusehen, Dr. Kierkegaard“, wurde einstimmig hinter ihm hergerufen. „Ja, ich sehe ja auch hinein, soviel ich kann!“ lautete die neckische Antwort, während er nickte und seinen dünnen Stock in der Luft schwang. Einmal, als ich ihm in jener früheren Jugendzeit begegnete, neckte er mich damit, daß er mir nicht das Recht einräumen wollte, meine „Meinung“ zu haben in dem einen oder andern Gesprächsthema. In einem darauffolgenden Disput, in welchem ich ihm meine Würde und mein Alter auch auf geistigem Gebiet zu beweisen suchte, kam ein Argument vor, das ihn augenblicklich schlug; ich äußerte nämlich: „Ja, gewiß, denn ich habe gelernt, die Liebe zu würdigen“. Mit veränderter Miene, mit vollem Ernst in der Stimme, antwortete er ebenso schnell: „Das ist was Anderes, so hast du recht; jetzt sehe ich, daß du wirklich erwachsen bist!“ Es steht noch vor meiner Erinnerung, wie er in einem Übermaß von Ehrerbietung seinen Hut ab-nahm und sich vor mir verneigte.

 

18.

In den letzten Jahren seines Lebens begegnete ich einmal Onkel Sören auf der Straße. Im Gespräch äußerte er seine Verwunderung darüber, daß mein Inter-esse für Shakespeare’s „Hamlet“ mich dazu bewogen hätte, das Stück wieder und wieder zu lesen, sowohl im Original, wie in der Übersetzung, und der Auf-führung desselben bis in die kleinsten Details mit Spannung zu folgen. Ich suchte seine Teilnahme für die Sache dadurch zu gewinnen, daß ich ihn fragte, ob er durch dieses merkwürdige Drama nicht selbst gefesselt werde, ob es ihn nicht auch bewege. „Gewiß, aber mit mir ist es eine ganz andere Sache“; und da ich ihn fragend ansah, fügte er wie erklärend hinzu: „Das kannst du jetzt nicht ver-stehen – einmal wirst du es vielleicht verstehen!“

Später habe ich, beim Gedenken an diese Worte, mit Wehmut gefühlt, welche sympathetische Beziehung in jener Periode seines Lebens, zwischen ihm und dem schwermütigen Prinzen statthaben mußte, bei dem “des Entschlusses Morgenröte“ stets vor der “bleichen Überlegung“ wich, und dem der Geist aus dem Innern der Erde beständig zurief, er solle reden und handeln! Eine solche mahnende Stimme, wohl nicht aus der Tiefe der Erde, aber aus der Tiefe seines eigenen Innern, hat auch für Onkel Sören geredet, und scharfhörig, wie er durch lange und treue Übung im Dienste der Idee geworden war, hat er sich auch nicht über den Sinn geirrt.

Er hat wohl verstanden, was seine Mission im Leben sei, hat mit Angst verstan-den, daß der schwerste Teil seines Weges nun zurückzulegen sei, daß auf eine ganz andere Art Schweigen geboten werden müßte, um das Recht des Ideals vor einem schwächlichen und verwöhnten Geschlecht zu heben, um auf das Gefahr-volle eines gedankenlosen Besuchens der Staatskirche hinzuweisen, um mit einem Wort: zu wecken, alle Schlafenden und Sichern aufzurütteln – und die Menschen liebten doch den Schlaf und die Sicherheit! Aber nach der Glut des Entschlusses hat die bleiche Überlegung ihn gleichfalls versucht, sie hat ihm gesagt, daß er, menschlich geredet, im Kampfe erliegen würde. Sie hat ihm gezeigt, weshalb er, der doch von der Natur mit so eminenter Klugheit ausge-rüstet wäre, daß er Solchem geschickt entgehen könnte, – sich bloßstellen sollte vor Allen und Jedem, und daß sowohl plumpe wie schneidige Waffen gegen ihn gerichtet werden würden, hat ihm endlich gezeigt, daß auch er selbst dazu kommen würde, Wunden und Stöße auszuteilen, die ihn tief schmerzen möchten! Aber, wenn man allein auf dem Wahlplatze steht, kann man nicht weichherzig werden (von Natur war er es gerade und nicht in geringem Maße!)! Die hohe und reine Schönheit der Idee hat ihn im Streite gestärkt; wer hätte auch mit mehr Recht in ihrem Lichte kämpfen können, als er, der so vollkommen frei über seiner Zeit stand, so fremd allem persönlichen Groll, wie aller persönlichen Interessiert-heit! Aber er stritt zuletzt als Einer, der nur noch kurze Zeit vor sich hat und deshalb gewaltsam Alles auf die Spitze treibt. Er fühlte die Erde unter sich wan-ken! Kein Wunder deshalb, daß Fehler und Einseitigkeiten hierin aufgewiesen werden können. Einseitigkeit, ja, das ist eine Anklage; aber man denke doch daran, daß ohne kräftige Einseitigkeit selten etwas ausgerichtet wird; durch die engen Klüfte geht der reißende Strom. Diejenigen Menschen, deren Beruf es ist, den „Schatz“ zu heben, den Wahrheitsaugenblick, der verloren gegangen oder verschwunden ist im Zeitwirbel – sie haben kein Auge für etwas anderes als für das Eine, dem sie mit demütiger Treue und Beharrlichkeit ihrer Tage Freude und ihrer Nächte Ruhe, ja ihr Herzblut opfern, wenn es sein muß! Andern kommt es dann zu, das Gewonnene zu ordnen, in Reih’ und Glied zu stellen und – Fehler zu finden!

In jener letzten Kampfeszeit, in jenem strengen Jahr, vergaß Onkel Sören aber doch nicht an seine Nächsten zu denken. Ich weiß nicht mehr bestimmt, ob er es zunächst war, der Onkel Christian und meine Cousine auf den Gedanken brachte eine ausländische Reise zu unternehmen, deren Ziel Paris und London waren, wohin mein Vetter und mein nächstältester Bruder kurz vorher gereist waren; aber er freute sich dessen und mit Bestimmtheit weiß ich, daß er dafür sorgte, daß ich mitkäme. Das Gefühl, daß wir uns den Streit zu sehr zu Herzen nehmen würden, ängstigte ihn, und so bot er uns dann den Abschied mit zufriedenem Gesicht, ja fand noch im Augenblick des Abschieds die Möglichkeit, mit seiner alten neckischen Art mir ins Ohr zu flüstern: „Und vergieß schließlich auch nicht deine Muttersprache!“

 

19.

Zu Anfang desselben Herbstes verbreitete sich dann plötzlich die Nachricht, Onkel Sören sei bewußtlos auf der Straße hingefallen; ein Wagen war geholt worden und man brachte ihn ins Friedrichshospital. Die Nachricht erreichte mich bei Fremden; ich eilte nach Hause und konnte mich noch gerade Vater an-schließen, der eben zu Onkel Sören gehen wollte. Ob es im Hospital selbst, oder auf dem Wege dorthin war, daß Onkel Sören, wie ich hernach hörte, gesagt haben soll: „ich komme hierher um zu sterben“, weiß ich jetzt nicht mehr. Daß aber mitten unter die Schmerzen und unter die Wehmut sich ein seliges Sieges-gefühl gemischt hatte, davon erhielt ich den Eindruck, als ich in das kleine Zimmer eintrat und dem Lichtstrahl begegnete, den sein Antlitz gleichsam aus-strömte! Niemals habe ich in gleicher Weise den Geist die irdischen Hüllen durchbrechen und denselben einen Glanz mitteilen sehen, welcher derselbe war, der den Leib des Auferstandenen am Ostermorgen verklärte! Als ich später einmal wieder zu ihm eintrat, war der Eindruck wieder ein anderer und das Schmerzhafte der Krankheit in den Vordergrund getreten. Aber jenes erste Mal, so wie seinen liebevollen Abschied, vergesse ich nicht!

 

20.

Als diese letzte kummervolle Krankheitszeit am 11. November 1855 durch den Tod ihr Ende fand, war ich von der Vergangenheit so in Anspruch genommen, daß der Gedanke um das, was vor mir lag, mich gar nicht erreichte. Ob es den anderen ebenso ging, weiß ich nicht; keiner glaubte sich vielleicht befugt, sich der Angelegenheit anzunehmen; der Eine verließ sich auf den Anderen und so kam es, daß kleine Zufälligkeiten das Bestimmende wurden, so z. B. hinsichtlich der Wahl des Begräbnistages. Daß er auf einen Sonntag festgesetzt wurde, hätte wohl umgangen werden können. Der starke Aufruhr den „die Augenblicke“ (Flugblätter von K.) hervorgerufen hatten, und dies nicht am wenigsten in einer Gesellschaftsklasse, die den Kern von der Schale nicht zu trennen wußte, machte die Wahl dieses Tages jedenfalls noch weniger geschickt. Das Gleiche meinte auch Onkel Peter, als er aus Petersborg nach Kopenhagen kam, und es so angeordnet fand. Als aber mehrere Stadtgeistliche in ihn drangen, er müsse als Diener der Kirche diese Bestimmung ändern, behauptete er, daß seiner Ansicht nach eine Änderung jetzt, im letzten Augenblick, als Feigheit angesehen werden würde und deshalb aufgegeben werden müsse. So blieb es denn dabei; aber ich vergesse nicht das peinliche Gefühl, das mich ergriff, als ich, von mei-nem Platz auf der Kirchenempore auf das Schiff hinuntersah, wo die dichtge-drängte Menschenmenge sich wie ein aufgeregtes Meer bewegte, während ein Ring von ziemlich unheimlichen Gestalten den blumengeschmückten Sarg um-gab. Da öffnete sich noch einmal die Kirchentür und zu meiner Freude drängte sich eine Schar mit einem ganz anderen Äußeren hinein! Sie wollte den großen Denker Dänemarks zu Grabe geleiten und wie eine Ehrenwache um seinen Sarg stehen. Aber konnte sie die Stelle erreichen? Mit ungeteilter Sympathie bemerkte ich im Vordergrunde eine kräftige Gestalt, die- sich mutig den Weg bahnte; ihr folgten die andern ebenso unverzagt, bis der Platz erobert war und dieser Ring, wie ein fester Wall, den andern aufgelöst hatte. Von der Geistlichkeit im Ornat sah ich, außer Onkel Peter, nur noch den alten Stiftsprobst Tryde; und wäre ich sonst in einer anderen Stimmung gewesen, so hätte ich bei diesem Anblick lächeln müssen, denn er befand sich offenbar gar nicht wohl. Das Käppchen wurde mit fieberhafter Hast auf dem Kopfe hin und her gerückt, während das sonst so milde Gesicht einen verdrossenen Ausdruck hatte! Aber nun stand Onkel Peter auf und bald mußte das Käppchen ruhig sitzen, das bewegte Men-schenmeer wurde windstill, und ich konnte in Ruhe weinen, während Onkel Peter zuerst des alten Elternhauses gedachte, mit der aufblühenden Jugendschar, aus der er nun der einzig Übriggebliebene war. Darauf verweilte er beim Heimgegan-genen selbst und suchte in einer vorwärtsschreitenden mächtigen Rede die Be-deutung desselben für die Kirche zu schildern. – – –