Das sechszehnte Kapitel. 

(Von der Versöhnung Gottes mit den Menschen.) 

 

Damit nun durch den Sohn Gottes alles das verrichtet würde, was, das menschliche Geschlecht zur Seligkeit zu bringen, notwendig sein wollte,

so hat er zuvörderst für die Menschen dem göttlichen Gericht genug getan und sie allerdinge mit Gott ausgesöhnt.

 

406. Dreierlei Verrichtungen haben dem Herrn Christo obgelegen, dadurch er die Menschen zur Seligkeit brächte, 1) dass er sie mit Gott versöhnte, 2) dass er sie von der Versöhnung lehrte und also Gott zuführte, 3) dass er sie regierte, das ist, mit Ordnung und Befehl führte, wider ihre Feinde beschützte und dann wegen ihres Gehorsams oder Ungehorsams richtete und einem jeden gebe, wie er ver-dient hat, es sei gut oder böse. Daher stehen ihm dreierlei Ämter zu, das Ver-söhn- oder hohepriesterliche Amt, das Lehr- oder prophetische Amt, das Regier- oder königliche Amt. In diesem Kapitel ist allein von dem ersten zu handeln,

 

(Von Christi hohenpriesterlichem oder Versühnamt.)

 

407. und verhält sich mit dem hohenpriesterlichen- oder Versöhn-Amt also. Droben ist berichtet worden, dass alle Menschen deswegen, weil sie von Gott geschaffen sind, ihm einen völligen Gehorsam zu leisten schuldig; welche Schuld kein Mensch bezahlen kann, sintemal keiner ist, der Gutes tue und nicht sündige. Weil aber nichts desto weniger Gottes Gerechtigkeit Abzahlung dieser Schuld erfordert, da sie anders mit ihren Schuldleuten nicht könnte friedlich sein, so hat Christus an unserer Statt solche Schuld völlig bezahlt, damit diesfalls keiner an seiner Wohlfahrt gehindert werde.

 

408. Er hat uns also vor göttlichem Gericht von dieser Schuldforderung mit seinem heiligen, unsträflichen und vollkommenen Wandel befreit. Solches be-zeugt der Sohn Gottes selber Matth. 5,17: „ihr sollt nicht wähnen, dass ich kommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht kommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“; St. Paulus Gal. 4,4.5.: „da die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete und wir die Kind-schaft empfingen“; Röm. 5,18.19: „wie durch eines Sünde die Verdammnis über alle Menschen kommen ist, also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Recht-fertigung des Lebens über alle Menschen kommen. Denn gleichwie durch eines Ungehorsam viel Sünder worden sind, also auch durch eines Gehorsam werden viel Gerechte“.

 

409. Ferner haben alle Menschen gesündigt und die göttliche Gerechtigkeit erfordert von ihnen entweder die ewige Strafe oder eine genugsame Bezahlung dafür. Weil aber kein Mensch weder ihm selber noch andern zu raten wusste, wie Ps. 49,8.9. gelesen wird: „kann doch ein Bruder niemand erlösen noch Gotte jemand versöhnen, denn es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen, dass ers muss lassen anstehen ewiglich“; so hat abermals der Sohn Gottes das beste getan, zwischen Gott und Menschen sich in das Mittel gestellt und mit Leiden und Sterben für ihre Schuld Gott genug getan, indem er die Strafe der Sünden auf sich genommen und an ihrer Statt getragen hat, damit die sündigen Menschen Gott seinem Vater wieder versöhnt würden und sich ihrer Sünde halben keines Anspruchs vor göttlichem Gericht zu befahren hätten.

 

410. Dieses nun recht zu vernehmen müssen wir auf folgende drei Fragen gute Achtung geben, 1) ob der Sohn Gottes mit seinem Leiden und Tod für der Menschen Sünde Gottes Gericht ein Genüge getan und bezahlt habe, 2) ob solche Bezahlung für alle und jede Menschen geschehen sei, 3) ob diese Be-zahlung alle Schuld oder Sünde gänzlich hinweg nehme.

 

411. Die erste Frage: ob der Sohn Gottes mit seinem Leiden und Tod für der Menschen Sünde Gottes Gericht ein Genüge getan und bezahlt habe? Dass dem also sei, bezeugt alles dasjenige, was fast viel von diesem Werk im göttlichen Wort gelesen wird. Dasselbe aber ordentlich zu fassen, so meldet die Schrift viererlei, davon uns Christus mit seinem Leiden erlöset habe, 1) von der Sünde, 2) von Gottes Zorn, 3) von dem Fluch des Gesetzes, 4) vom Teufel und Hölle.

 

412. 1) Von der Sünde hat er uns erlöset, a. weil er sich dazu gegeben hat, dass er uns von der Sünde erlösete; Röm. 4,25: „Christus ist um unserer Sünde willen dahin gegeben und um unserer Gerechtigkeit willen auferwecket“; Gal. 1,4: „Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben“; Tit. 2,14: „Christus hat sich selbst für uns gegeben, auf dass er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit“.

 

413. b. weil er unsere Sünde getragen hat; Jes. 53,5: „fürwahr er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen“; v. 7: „der Herr warf unser aller Sünde auf ihn“; Joh. 1,29: „siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“. Und das ists, was 2 Korinth 5,21. geschrieben steht: „Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“. Hierin ist ein schönes Vorbild des Herrn Christi gewesen der Versöhnbock, dem der Hohepriester die Hand auf das Haupt legte und auf ihn bekannte alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretung und Sünde dem Bock aus das Haupt legte und sendete ihn durch einen Mann in die Wüste; musste also der Bock alle Missetat des Volks in die Wüste tragen und von den wilden Tieren zerrissen werden, 3 Mos. 16,20.ff.

 

414. c. weil er die Strafe der Sünden auf sich genommen und sie ausgestanden hat; Jes. 53,6: „er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen; die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet“. Und diese Weissagung zeigt Sankt Petrus an und legt sie aus 1 Ep. 2,24: „welcher unsere Sünde selbst geopfert hat an seinem Leibe auf dem Holz, auf dass wir, der Sünde abgestorben, der Ge-rechtigkeit leben, durch welches Wunden ihr seid heil worden“.

 

415. d. weil er uns durch sein Blut von Sünden geheiligt und gereinigt hat; 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“; Hebr. 13,12: „darum auch Jesus, dass er heilige das Volk durch sein eigen Blut, hat er gelitten außen vor dem Tor“.

 

416. e. weil er für unsere Sünde gestorben ist; 1 Kor. 15,3: „Christus ist gestor-ben für unsere Sünde nach der Schrift“; Hebr. 9,15: „darum ist er auch ein Mittler worden des neuen Testaments, auf dass durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfahen“.

 

417. Aus solchem allen wird geschlossen: wer sich selbst dahin gibt für anderer Leute Sünde, derselben Sünde an seinem Leibe trägt, der Sünden Strafe selbst aussteht, für fremde Sünde stirbt und sie davon durch sein Blut heiligt, der tut damit Gottes Gericht genug für solche fremde Sünde. Der Herr Christus hat sich für unsere Sünde dahin gegeben, sie an seinem Leib getragen etc. Darum hat Christus für unsere Sünde dem göttlichen Gericht genug getan.

 

418. 2) hat uns Christus erlöset von Gottes Zorn und Gericht, weil er die Men-schen mit Gott versöhnt hat,

1. indem er Gott das Versühnopfer seines Leibes zum süßen Geruch geopfert, Ephes. 5,2: „Christus hat uns geliebet und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch“.

2. Indem er die Versöhnung für unsere Sünde worden ist; 1 Joh. 2,2: „Christus ist die Versöhnung für unsere und für der ganzen Welt Sünde“; Kap. 4,10: „darin stehet die Liebe, dass uns Gott geliebet hat und gesandt seinen Sohn zur Ver-söhnung für unsere Sünde“.

3. Indem er durch sein Blut zwischen Gott und den Menschen Friede gemacht hat, Kol. 1,20: „es ist das Wohlgefallen gewesen, dass alles durch ihn versöhnet würde zu ihm selbst“.

4. Indem er uns durch seinen Tod versöhnt hat; Röm. 5,10: „wir sind Gott ver-söhnet durch den Tod seines Sohnes, da wir noch Feinde waren“; Kol. 1,22: „Christus hat euch versöhnet mit dem Leibe seines Fleisches durch den Tod, auf dass er euch darstellete heilig und unsträflich und ohne Tadel vor ihm selbst“.

5. Indem er uns durch sein Blut zu Gnaden gebracht hat, Röm. 3,25: „Gott hat Christum vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut“.

6. Indem er sich Gott dem Vater für uns dargegeben hat zu einem Versöhnopfer, 1 Kor. 5,7: „wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert“. Denn gleichwie Gott die Opfer für die Sünde aufgenommen und (im Vorbild) um derselben willen die Sünde vergeben, 3 Mose 4,21.26.31.35.; also hat der himmlische Vater seines lieben Sohnes Opfer aufgenommen und um dessen willen unsere Sünde vergeben.

7. Indem er uns durch sein Blut Vergebung der Sünden erworben hat, Matth. 26,28: „das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“.

 

419. b. weil er uns von dem göttlichen Zorn errettet hat, indem er sich für alle gegeben hat zur Erlösung, 1 Tim. 2,6., und uns von dem zukünftigen Zorn erlöset hat, 1 Thess. 1,10.; und solches durch Darstreckung seines Lebens, (Matth. 20,28: „des Menschen Sohn ist nicht kommen, dass er ihm dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zur Erlösung für viele“) und durch Ver-giessung seines Blutes, („an Christo haben wir die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden“, Ephes. 1,7. Kol. 1,14.)

 

420. e. weil er uns von dem göttlichen Gericht losgekauft und ihm zu eigen ge-macht hat; Ap. Gesch. 20,28: „die Gemeine Gottes hat er durch sein eigen Blut erworben“; 1 Petr. 1,19: „ihr seid erlöset von eurem eiteln Wandel mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“; Offenb. 5,9: „das Lamm hat uns erkauft mit seinem Blut“; 1 Kor. 6,20: „ihr seid teuer erkauft“.

 

421. d. weil er uns durch sein Blut hat gerechtfertigt. Wer gerechtfertigt wird, der ist damit von dem Gericht und Zorn des Richters befreit und erledigt. Wenn dem-nach der Herr Christus uns mit seinem Blut hat gerechtfertigt (Röm. 5,9: „wir werden durch ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch sein Blut gerecht worden sind“); so hat er uns ja mit seinem Blut von dem Gericht und Zorn Gottes befreit und erledigt.

 

422. Hieraus folgt dieser Schluss: wer sich selbst Gott zum Versöhnopfer für der Menschen Sünde dargibt, durch sein Blut zwischen Gott und ihnen Friede macht, durch seinen Tod Gott versöhnt, sie durch sein Blut zu Gnaden bringt, mit seinem Blut Vergebung der Sünden erwirbt, sein Leben für sie zur Erlösung gibt, durch sein Blut vom göttlichen Gericht loskauft und durch sein Blut rechtfertigt, der errettet die Menschen von Gottes Gericht durch Bezahlung und Genugtuung für ihre Sünde. Christus hat sich Gott zum Versöhnopfer für der Menschen Sünde dargegeben etc.; darum hat er die Menschen von Gottes Gericht durch Be-zahlung und Genugtuung für ihre Sünde errettet.

 

423. 3) hat Christus uns erlöset vom Fluch des Gesetzes. Solches hat der Herr damit verrichtet, dass er sich selber dem Fluch des Gesetzes unterworfen hat, Gal. 3,13.ff: „Christus hat uns erlöset von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns, (denn es stehet geschrieben: verflucht ist jedermann, der am Holz hängt), auf dass der Segen Abrahä unter die Heiden käme in Christo Jesus“.

 

424. Solches gibt diesen Schluss: wer einen andern von des Gesetzes Fluch damit erlöset, dass er für ihn ein Fluch wird, der tut für denselben bei dem Richter genug und bezahlt für ihn seine Schuld. Der Herr Christus hat uns von des Ge-setzes Fluch damit erlöset, dass er für uns ein Fluch worden ist; darum hat er für uns bei Gott dem Vater genug getan und unsre Schuld für uns bezahlt.

 

425. 4) hat uns Christus erlöset vom Teufel und Hölle, und solches durch seinen Tod, Hebr 2,14: „er hat durch den Tod die Macht genommen dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist, dem Teufel“. Der Teufel ist bei dem göttlichen Gericht, wie in weltlichen Gerichten ein Scharfrichter, der Exekutor, der die Strafe, so dem Sünder zuerkannt worden, an ihm vollstreckt. Wer demnach dem Teufel seine Macht über einen andern nimmt, der wirkt denselben los vor göttlichem Gericht. Denn so lang es darauf steht, dass die Strafe am Sünder soll vollstreckt werden, so hat und behält der Teufel seine Macht wider ihn. Und wer durch seinen Tod dem Teufel als dem Exekutor des göttlichen Gerichts seine Macht nimmt, der hat durch seinen eigenen Tod dem Sünder so viel erhalten, dass die gerichtlich er-kannte Strafe an ihm nicht solle vollstreckt werden. Welches nicht anders ge-schehen kann, denn dass er an des Sünders Statt sterbe und mit seinem Tod für ihn dem Gericht genug tue. Weil denn der Herr Christus mit seinem Tod uns aus des Teufels Gewalt errettet hat, so folgt, dass er mit seinem Tod für uns dem göttlichen Gericht genug getan habe.

 

426. Die andere Frage, ob solche Bezahlung für alle und jede Menschen ge-schehen sei, ist auch mit Ja zu beantworten, in Betracht, dass solches vielfältig gelehrt wird, wo die Schrift des Leidens und Todes Christi gedenkt, und es können daraus folgende Beweise angezogen werden:

 

427. 1) weil Gott seinen Sohn allen Menschen zum Heiland verheißen hat; 1 Mos. 3,15: „des Weibes Same wird der Schlange den Kopf zertreten“; Kap. 22,18: „durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden“. Diese Verheißungen gehen an alle Völker auf Erden, davon ja kein Mensch ausgeschlossen wird. So ist die erste Verheißung dem Adam geschehen, nicht seiner Person allein zu gut, sondern dem ganzen menschlichen Geschlecht, als welches in Adam gesündigt und an dessen Statt Adam diese, wie auch vor-gehende und nachfolgende, Rede Gottes angehört hat, so dass davon kein Mensch außer Christo ausgeschlossen ist.

 

428. 2) weil Gott seinen Sohn allen Menschen zum Heil und Wohlfahrt gesandt hat, Joh. 3,17: „Gott hat seinen Sohn gesandt in die Welt, dass die Welt durch ihn selig werde“; 1 Joh. 4,14: „wir haben gesehen und zeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat zum Heiland der Welt“; Röm. 8,32: „Gott hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben“; Galat. 4,4: „Gott sandte seinen Sohn, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete“. Es sind aber alle Menschen unter dem Gesetz, wie Röm. 3,19. geschrieben steht: „was das Gesetz saget, das saget es denen, die unter dem Gesetz sind, auf dass aller Mund verstopft werde und alle Welt Gott schuldig sei“. Darum ist der Sohn Gottes allen Menschen gesandt; Tit. 2,11: „es ist erschienen die heil-same Gnade Gottes allen Menschen“; Luk. 2,10: „ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“.

 

429. 3) weil dem Herrn Christo aller Menschen Sünden aufgelegt worden sind; Jes. 53,7: „der Herr warf unser aller Sünde auf ihn“; Joh. 1,29: „siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“.

 

430. 4) weil der Herr Christus für alle Menschen gestorben ist; 2 Kor. 5,14.15: „wir halten, dass, so einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben, und er ist darum für sie alle gestorben etc.“; Hebr. 2,9: „er hat für alle den Tod ge-schmecket“; Kol. 1,19.20: „es ist das Wohlgefallen gewesen, dass in ihm alle Fülle wohnen sollte und alles durch ihn versöhnet würde zu ihm selbst, es sei auf Erden oder im Himmel“.

 

431. 5) weil der Sohn Gottes alle Menschen, so viel deren Adam verderbt hatte, wiederum zurecht gebracht hat; Matth. 18,11: „des Menschen Sohn ist kommen selig zu machen, das verloren ist“; Röm. 5,18: „wir durch eines Sünde die Ver-dammnis über alle Menschen kommen ist, also ist auch durch eines Gerechtig-keit die Rechtfertigung des Lebens über alle Menschen kommen“; 1 Korinth. 15,22: „gleichwie sie in Adam alle sterben, also werden sie in Christo alle leben-dig gemacht werden“.

 

432. 6) weil alle Menschen berufen werden, des Herrn Christi Guttaten zu genießen. So viel von Gott berufen werden, dass sie des Herrn Christi Wohltaten genießen sollen, für so viel hat Christus genug getan. Nun berufet Gott zu Christo alle Menschen; Matth. 11,28: „kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und be-laden seid, ich will euch erquicken“; Ap. Gesch. 17,30: „Gott gebeut allen Men-schen an allen Enden, Buße zu tun“. (Aber davon wird das prophetische oder Lehramt Christi ferner berichten). Demnach wird geschlossen: darum hat Christus für alle Menschen genug getan.

 

433. 7) weil die Ungläubigen darum mit ewiger Verdammnis sollen gestraft werden, weil sie nicht haben glauben wollen, dass Christus für sie gestorben sei; Mark. 16,16: „wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubet, der wird verdammt“; Joh. 16,8.9: „wenn der heilige Geist kommt, der wird die Welt strafen um die Sünde, dass sie nicht glauben an mich“; Kap. 3,18: „wer an den Sohn nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes“. Was haben nun die, so verdammt werden, glauben sollen? Eben das, was Sct. Paulus glaubte: Christus hat mich geliebet und sich selbst für mich dargegeben (Gal. 2,20.). Wer das nicht glaubt, der wird um solches Unglaubens willen verdammt. Zum Exempel: Judas ist verdammt, weil er nicht geglaubt hat, Christus habe sich für ihn dahin gege-ben; Kaiphas ist verdammt, denn er hat nicht geglaubt, dass Christus sich für ihn dargegeben. Nun verdammt Gott keinen darum, dass er das nicht glaubet, das doch nicht wahr ist. Darum folgt, dies sei wahrhaftig wahr, Christus habe sich für Judas, Kaiphas, auch alle andern Ungläubigen und folglich für alle Menschen dahin gegeben.

 

434. 8) weil auch die von Christo erlöset sind, welche umkommen und ewiglich verderben. Es sind zwei Haufen der Menschen, einer der Gläubigen, davon kein Streit ist, Christus sei gewiss für sie gestorben; der andere der Ungläubigen. Wenn nun der Sohn Gottes auch für dieselben ist gestorben, so folgt, er sei für alle Menschen gestorben, weil keiner ist, der nicht unter dieser Haufen einen müsse gezählt werden. Dass aber Christus auch für die Ungläubigen gestorben, ist aus diesen Zeugnissen klar. Röm. 14,15: „Lieber, verderbe den nicht mit deiner Speise, um welches willen Christus gestorben ist“; 1 Kor. 8,11: „es wird über deinem Erkenntnis der schwache Bruder umkommen, um welches willen doch Christus gestorben ist“; 2 Petr. 2,1: „falsche Lehrer verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat, und werden über sich selbst führen ein schnell Verdammnis“; Hebr. 10,29: „wir viel ärger Strafe wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Testaments unrein achtet, durch welches er geheiligt ist“. Darum ist er gewisslich für alle Menschen gestorben.

 

435. 9) weil uns aller Trost entfallen würde, wenn der Herr Christus allein für etliche wenige gestorben wäre, in Betracht, dass niemand daraus könnte gewiss sein, dass Christus auch für ihn gestorben sei; hingegen müssten alle zweifeln, ob sie unter der Zahl solcher wenigen wären. Dagegen ist der christliche Trost fest und stark genug, wenn wir wissen, der Herr habe alle mit seinem Tod er-löset; sintemal gewiss folgt: Christus ist für alle Menschen gestorben, ich bin ein Mensch, darum ist er auch für mich gestorben.

 

436. Die dritte Frage, ob diese Bezahlung alle Schuld oder Sünde der Menschen hinweg nehme, wird gleichfalls mit Ja beantwortet, und solches damit bekräftigt:

1) weil uns Christus von der Sünde erlöset, mit Gott versöhnt und Vergebung und Gerechtigkeit erlangt hat. Hier ist zu widerholen, was von der Erlösung, Ver-söhnung mit Gott, Vergebung der Sünden und Rechtfertigung ist gesagt worden. Denn daraus folgt: wer nicht aller Banden frei ist, der ist aus seinem Gefängnis noch nicht erlöset; welcher allein etlicher, nicht aber aller Schuld und Verbrechen halben mit dem Richter verglichen ist, der ist noch nicht mit ihm versöhnt; welchem nur etliche Sünde erlassen ist, der hat noch nicht Vergebung der Sün-den; der ist nicht gerechtfertigt, welcher nicht aller Sünden frei ist. Darum, so Christus uns erlöset, versöhnt, der Sünden Vergebung und Gerechtigkeit erlangt hat, so hat er uns von allen Sünden gereinigt und befreit.

 

437. 2) weil Gott denen, welchen er gnädig ist, alle Sünde vergibt. Dass Gottes Gnade alle Sünden hinweg nehme, wird bezeugt Jes. 38,17: „du wirfst alle meine Sünde hinter dich zurück“; Mich. 7,19: „er wird sich unser erbarmen, unsere Missetat dämpfen und alle unsere Sünde in die Tiefe des Meeres werfen“. Dass solches durch Christum geschehen, lesen wir Joh. 1,17: „Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum worden“; Ap. Gesch. 4,12: „es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden“. Hieraus folgt: welche Sünde Gott den Menschen erlässt, für dieselbe hat Christus bezahlt; Gott erlässt den Menschen alle Sünde; darum hat Christus für alle Sünde bezahlt.

 

438. 3) weil die Schrift klärlich besagt, Christus habe uns von aller Sünde er-ledigt; 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“; Joh. 1,29: „das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“; Zach. 3,8.9: „ich will meinen Knecht Zemah kommen lassen, denn siehe, ich will ihn aushauen, spricht der Herr Zebaoth, und will die Sünde desselben Landes wegnehmen auf einen Tag“.

 

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