Leonhard Hutter (1563-1616):
Inbegriff der Glaubens-Artikel (Compendium locorum theologicorum)
Achtzehnter Artikel.
Von der christlichen Freiheit und von den Kirchengebräuchen oder Mitteldingen.
1. Was ist die christliche Freiheit?
Sie ist das Recht, nach welchem die wahrhaft Gläubigen von der Knechtschaft der Sünde, der Tyrannei des Teufels, vom Fluch des Gesetzes und dem ewigen Tode, so auch von dem (S. 116) Joche der levitischen Zeremonien und Menschensatzungen durch Christum befreit sind.
+ 2. Wie viel Grade der christlichen Freiheit gibt es?
Vier: der erste ist, die Befreiung von dem Gesetz und der ewigen Verdammnis. Der zweite ist, die Gabe der Gnade Gottes, das ist, die Wirksamkeit Christi in den Gläubigen, welche geschieht durch das Evangelium und den heiligen Geist, durch welche der neue Gehorsam angefangen wird, und die gottgefälligen Werke geschehen aus einem freien und willigen Geiste. Der dritte Grad ist, die Freiheit von den mosaischen Zeremonien und bürgerlichen Gesetzen. Der vierte endlich ist, die Freiheit von Menschensatzungen in der Kirche: nämlich in der Art, dass solche Satzungen keinen Grund der Gottesverehrung, des Verdienstes oder der unumgänglichen Notwendigkeit abgeben, sondern ohne Sünde, versäumt und unterlassen werden können, wenn dadurch nur kein Ärgernis gegeben wird.
+ 3. Was sind die kirchlichen Satzungen?
Es sind menschliche Anordnungen von Zeremonien und äußerlichen Gebräuchen, welche zur Erhaltung der gehörigen Ordnung und frommen Zucht in der Kirche getroffen worden sind.
+ 4. Wolltest du nicht einige solche Satzungen nennen?
Die Gebräuche, welche im Betreff des Unterschiedes der Zeiten, der Feste, der Kleider; ferner die, welche hinsichtlich der Lieder, der sonntägigen Episteln und Gebete beobachtet werden, und einige andere fromme Übungen der Art, sind solche kirchliche Satzungen.
+ 5. Hältst du nicht dafür, dass dergleichen Gebräuche oder kirchliche Satzungen in der Kirche müssen beibehalten werden?
Gewiss ist dies meine Meinung, dass man diejenigen Anordnungen halten muss, so ohne Sünde mögen gehalten werden, und zum Frieden, und guter Ordnung in der Kirchen dienen, als gewisse Feier, Feste und dergleichen. Doch dürfen durch diese Kirchen-Ordnungen die Gewissen nicht beschwert werden, als wenn ein solcher Gottesdienst zur Seligkeit notwendig sei. Augsb. Conf. Art. 15 S. 46. (S. 117)
* 6. Welche Gefahr wäre denn dabei, wenn man meinte, dass die kirchlichen Satzungen oder Gebräuche gottesdienstlich, verdienstlich und notwendig seien?
In der Tat: eine sehr große Gefahr wäre hierbei. Denn dadurch wird erstlich die Lehre von der Gnade und der Gerechtigkeit aus dem Glauben verdunkelt, welche doch der vornehmste Teil des Evangeliums ist, und in der Kirche am meisten getrieben werden muss, damit der Glaube weit über alle Werke gestellt, und den Werken nicht das zugeschrieben werde, was dem Glauben allein gehört. Dann werden dadurch die Gebote Gottes verdunkelt, ja umgestürzt. Denn wenn man die Meinung hat, dass Menschen-Satzungen Gottesdienst seien, dann werden sie den Geboten Gottes vorgezogen. Und dies ist es, was der Herr Christus an den Pharisäern tadelt, wenn er spricht: „Wohl fein habt ihr Gottes Gebot aufgehoben, auf dass ihr eure Aufsätze haltet.“ Marc. 7,9. Matth. 15,6. Endlich entsteht daraus Gefahr für die Gewissen. Denn es ist unmöglich, alle Satzungen zu halten. Wenn daher festgesetzt würde, dass dieselben zu beobachten notwendig wären, so würde in der Tat ein Strick über die Gewissen geworfen, sobald einige solche Satzungen nicht gehalten werden. Und hieraus muss endlich Verzweiflung entstehen. Augsb. Conf. Art. 15. S. 46. „Darüber wird gelehrt, dass alle Satzungen und Tradition von Menschen dazu gemacht, dass man dadurch Gott versöhne und Gnade verdiene, dem Evangelio und der Lehre vom Glauben entgegen sind, derhalben sein Kloster-Gelübde und andere Tradition, von Unterschied der Speise, Tag etc., dadurch man vermeint, Gnad zu verdienen, und für Sünde genug zu tun, untüchtig und wider das Evangelium,“ Art. 26. S. 69 ff. „Daraus sind viel schädlicher Irrtümer in der Kirchen gefolgt. Erstlich ist dadurch die Gnade Christi und die Lehre vom Glauben verdunkelt, welche uns das Evangelium mit großem Ernst fürhält, und treibt hart darauf, dass man den Verdienst Christi hoch und teuer achte, und wisse, dass Glauben an Christum hoch und weit über alle Werke zu setzen sei. Derhalben hat S. Paulus heftig wider das Gesetz Mosis und menschliche Traditiones gefochten, dass wir lernen sollen, dass wir für Gott nicht fromm werden aus unsern Werken, sondern allein durch den Glauben an Christum, dass wir Gnade erlangen um Christus willen (Röm. 3,28). Solche Lehre ist schier ganz verloschen (S. 118) dadurch, dass man gelehrt, Gnade zu verdienen mit Gesetzen, Fasten, Unterschied der Speise, Kleidern etc. Zum andern haben auch solche Traditiones Gottes Gebot verdunkelt. Denn man setzt diese Traditiones weit über Gottes Gebot. Dies hielt man allein für christlich Leben, wer die Feier also hielt, also betete, also fastete, also gekleidet war, das nennet man geistlich Christlich Leben. Daneben hielt man andere nötige gute Werke für ein weltlich ungeistlich Wesen, nämlich diese, so jeder nach seinem Beruf zu tun schuldig ist, als, dass der Hausvater arbeitet, Weib und Kind zu ernähren, und zu Gottesfurcht aufzuziehen, die Hausmutter Kinder gebiert und wartet ihrer, ein Fürst und Obrigkeit Land und Leute regieret etc. Solche Werke von Gott geboten, mussten ein weltlich und unvollkommen Wesen sein, aber die Traditiones mussten den prächtigen Namen haben, dass sie allein heilige, vollkommene Werke heißen. Derhalben war kein Maaß noch Ende, solche Traditiones zu machen. Zum dritten, solche Traditiones sind zu hoher Beschwerung der Gewissen geraten. Denn es war nicht möglich, alle Traditiones zu halten, und waren doch die Leute in der Meinung, als wäre solches ein nötiger Gottesdienst, und schreibet Gerson, dass viel hiemit in Verzweiflung gefallen, etliche haben sich auch selbst umbracht, derhalben, dass sie keinen Trost von der Gnade Christi gehöret haben.“ Vgl. Apolog. Art. 8. S. 348 ff.
+ 7. Nimmt denn aber auch die heilige Schrift den Menschen-Satzungen allen Schein der Gottesverehrung, des Verdienstes und der Notwendigkeit?
Ja; Matth. 15,9. „Vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind“ Und V. 11. „Was zum Munde eingehet, das verunreinigt den Menschen nicht.“ Röm. 14,17. „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken.“ Koloss. 2,16. „So lasset nun Niemand euch Gewissen machen über Speise, oder über Trank, oder über bestimmte Feiertage, oder Neumonden, oder Sabbather.“ Und V. 20. „So ihr nun abgestorben seid mit Christo den Satzungen der Welt (d. i. wenn ihr durch Christum befreit seid von der Beobachtung der mosaischen Zeremonial-Gesetze); was lasst ihr euch denn fangen mit Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt (d. i. in den Zeiten des Alten Bundes), die da sagen: Du sollst das nicht angreifen, du sollst dies nicht kosten, du sollst das nicht anrühren.“ (S. 119) Und 1 Timoth. 4,3 nennt der Apostel die Verbietung der Speisen Teufelslehre.
* 8. Wenn jegliche Meinung, dass die Menschen-Satzungen Gottesdienst und notwendig seien, vernichtet wird, so scheint es, dass damit zugleich alle Zucht und Tötung des Fleisches genommen wird?
Nicht im geringsten. Denn die Tötung des Fleisches wird in unsern Kirchen sehr wohl beibehalten, zwar nicht jene geheuchelte der Katholischen, sondern die wahrhaftige. Und diese besteht im Kreuze, dass nämlich die Christen Drangsale geduldig ertragen, die Arbeiten, welche ein jeglicher Beruf mit sich bringt, verrichten, sich einer beständigen Nüchternheit und Enthaltsamkeit befleißigen, und auch nach Umständen und Erfordernissen fasten müssen. Doch muss dies Alles so geschehen, dass man nicht meint, als sei es verdienstlich, und keinen Unterschied macht zwischen Speisen und Tagen, als wäre derselbe ein notwendiger Gottesdienst. Augsb. Conf. Art. 26. S. 72 ff. „Dass man aber den Unsern Schuld gibt, als verböten sie Kasteiung und Zucht, wie Jovinianus, wird sich viel anders aus ihren Schriften befinden. Denn sie haben allezeit gelehrt vom heiligen Kreuz, dass Christen zu leiden schuldig sind, und dieses ist rechte, ernstliche und nicht erdichtete Kasteiung. Daneben wird auch gelehrt, dass ein jeglicher schuldig ist, sich mit leiblicher Übung, als Fasten und anderer Übung, also zu halten, dass er nicht Ursach zu Sünden gebe, nicht dass er mit solchen Werken Gnade verdiene. Diese leibliche Übung soll nicht allein etliche bestimmte Tage, sondern stetig getrieben werden. Davon redet Christus, Luc. 21,34: Hütet euch, dass eure Herzen nicht beschweret werden mit Füllerei. Item, Matth. 17,21: Die Teufel werden nicht ausgeworfen, denn durch Fasten und Gebet. Und Paulus spricht l Korinth. 9,27: Er kasteie seinen Leib und bringe ihn zu Gehorsam, damit er anzeigt, dass Kasteiung dienen soll, nicht damit Gnade zu verdienen, sondern den Leib geschickt zu halten, dass er nicht verhindere, was einem jeglichen nach seinem Beruf zu schaffen befohlen ist, und wird also nicht das Fasten verworfen, sondern dass man einen nötigen Dienst daraus, auf bestimmte Tage und Speise, zu Verwirrung der Gewissen gemacht hat.“ Apolog. Art. 8. S. 356. „Und die Kasteiung des Fleisches, oder alten Adams, lehren wir also, wie unsere Confession meldet: dass die rechte Kasteiung denn geschieht, wenn uns Gott den Willen bricht, Kreuz und Trübsal (S. 120) zuschickt, dass wir lernen seinem Willen gehorsam sein, wie Paulus zun Römern am 12. (V. 1) sagt: Begebet eure eigene Leiber zu einem heiligen Opfer. Und das sind rechte heilige Kasteiungen, also in Anfechtungen lernen Gott kennen, ihn fürchten, lieben etc. Über dieselbigen Trübsalen, welche nicht in unserm Willen stehen, sind auch noch die leiblichen Übungen, da Christus von aussagt Luc. 21,34: Hütet euch, dass eure Leiber nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen. Und Paulus zu den Korinth. (1 Kor. 9,27): Ich zähme meinen Leib etc. Die Übungen sollen darum geschehen, nicht dass es nötige Gottesdienste sein, dadurch man für Gott fromm werde, sondern dass wir unser Fleisch im Zaum halten, damit wir durch Füllerei und Beschwerung des Leibes nicht sicher und müßig werden, des Teufels Reizung und des Fleisches Lüsten folgen. Dasselbige Fasten und Kasteien sollte nicht allein auf gewisse Zeit, sondern allezeit geschehen. Denn Gott will, dass wir allezeit mäßig und nüchtern leben.“
* 9. Aber was antwortest du hinsichtlich der Zucht?
Was zu rechter Zucht, und guter Ordnung, auch zu Wohlstand in der Kirchen dienet, ist unserer Kirche gar nicht zuwider; denn sie beobachtet die meisten Satzungen, wenn sie nur erträglich und nützlich sind, und zur Ordnung und Wohlanständigkeit dienen.
* 10. Wolltest du wohl, damit ich über die Natur der Satzungen oder Kirchengebräuche zu größerer Gewissheit gelange, deutlicher auseinandersetzen, wie dieselben beschaffen sein müssen?
Erstens dürfen sie nicht gottlos sein, sondern der Art, dass sie ohne Sünde können behalten werden. Wenn also einige Gebräuche mit dem Worte Gottes nicht übereinkommen, sondern dagegen streiten, so sind sie, als gottlos, zu verwerfen. Augsb. Conf. a. a. O. – Conc. Form. Erkl. Art. 10. Summ. Begr. Art. 10. Zweitens müssen sie nützlich sein, das ist, zur Ruhe und guten Ordnung in der Kirche beitragen, nach dem Befehl des Apostels 1 Korinth. 14,40: „Lasst Alles ehrlich und ordentlich zugehen.“ Ebend. Drittens dürfen sie die Gewissen nicht beschweren durch ihre zu große Menge, oder durch die falsche Meinung, als wären sie verdienstlich, ein Gottesdienst, oder notwendig. (S. 121)
* 11. Ich sehe ein, dass du solche Gebräuche ganz zu freien Mitteldingen machst. Daher wird es einem jeden freigestellt sein, sie zu unterlassen oder zu beobachten?
Durchaus nicht. Denn obwohl solche Gebräuche ihrer Natur nach freigelassen sind, sofern sie nämlich Gott weder befohlen, noch verboten hat, werden sie doch, ein jeder in seiner Art, notwendig, nicht als wenn er zur Seligkeit nötig wäre, sondern um die Ordnung zu erhalten. Conc. Form. a. a. O.
* 12. Erkläre dies deutlicher?
Das lehrt die Vernunft selbst. Denn wenn die Kirche auf rechtmäßige Weise in den gottesdienstlichen Gebräuchen etwas anordnet, oder auch verbietet, was seiner Natur nach zwar freigelassen und gleichgültig ist, so muss es doch in diesem Falle durchaus beobachtet oder unterlassen werden, damit auf solche Weise Alles ordentlich und anständig in den Kirchen geschehe, und auch das Volk in einer feinen Zucht gehalten werde. Apolog. Art. 8 S. 347.
* 13. Aber was ist im Fall der Verfolgung und des Bekenntnisses zu tun?
Ist es da erlaubt, zu Gunsten der Gegner neue Mitteldinge anzunehmen, oder alte abzuschaffen? Keines von beiden ist erlaubt. Denn solche Gebräuche sind nicht mehr unter die Mitteldinge zu zählen, welche irgendwie den Schein eines Abfalls zu den Widersachern geben, oder durch welche (um der Verfolgung zu entfliehen) äußerlich wenigstens vorgegeben wird, als wenn unsere Religion von der Lehre der Widersacher nicht viel unterschieden sei. Conc. Form. Erkl. Art. 10. S. 1084. „Wenn solche Dinge unter dem Titel und Schein der äußerlichen Mitteldinge fürgegeben werden, welche (ob ihnen gleich eine andere Farbe angestrichen würde) dennoch im Grunde wider Gottes Wort sind, sollen dieselbigen nicht als freie Mitteldinge gehalten, sondern als von Gott verbotene Dinge, gemieden werden. Wie auch unter die rechte freie Adiaphora oder Mitteldinge nicht sollen gerechnet werden solche Zeremonien, die den Schein haben, oder, dadurch Verfolgung zu vermeiden, den Schein fürgeben wollten, als wäre unsere Religion mit der Papistischen nicht weit von einander; oder wäre uns dieselbige ja nicht hoch entgegen; oder wenn solche Zeremonien dahin gemeint, also erfordert und aufgenommen, als ob damit und dadurch beide widerwärtige Religion ver- (S. 122) glichen, und ein Corpus werden, oder wiederum ein Zutritt zum Papsttum, und ein Abweichen von der reinen Lehre des Evangelii und wahren Religion geschehen, oder gemächlich daraus erfolgen sollte. Denn in diesem Fall soll und muss gelten, das Paulus schreibet, 2 Korinth. 6: „Ziehet nicht am fremden Joch; was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis: Darum gehet aus von ihnen, und sondert euch ab, spricht der Herr“ etc.
* 14. Also behauptest du, dass man zur Zeit der Verfolgung den Widersachern in den Mitteldingen nicht nachgeben dürfe?
Gewiss; wenn nämlich zur Zeit, wo das Bekenntnis der göttlichen Wahrheit erfordert wird, die ganze Kirche, und jeder einzelne Christ, vorzüglich aber die Diener des Worts, schuldig sind, die unverfälschte Lehre nach dem Wort Gottes, und Alles, was zur reinen Religion gehört, frei und öffentlich nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat zu bekennen: so behaupte ich, dass man zu einer solchen Zeit auch in Dingen, die wahrhaftig und an sich Mitteldinge sind, den Widersachern nicht nachgeben dürfe. Concord. Form. a. a. O. S. 1086 f. „Wir glauben, lehren und bekennen auch: dass zur Zeit der Bekenntnis, da die Feinde Gottes Worts, die reine Lehre des heiligen Evangelii begehren unterzudrücken, die ganze Gemeine Gottes, ja ein jeder Christenmensch, besonders aber die Diener des Worts, als die Vorsteher der Gemeine Gottes, schuldig sein, vermöge Gottes Worts, die Lehre, und was zur ganzen Religion gehöret, frei öffentlich, nicht allein mit Worten, sondern auch im Werk und mit der Tat zu bekennen, und dass alsdann in diesem Fall, auch in solchen Mitteldingen den Widersachern nicht zu weichen, noch leiden sollen, ihnen dieselbigen von den Feinden, zu Schwächung des rechten Gottesdiensts, und Pflanzung und Bestätigung der Abgötterei, mit Gewalt oder hinterlistig aufdringen zu lassen.“
* 15. Wolltest du mir nicht feste Gründe für diese deine Überzeugung geben?
So hat der Apostel gelehrt Galat. 5,1: „So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und lasst euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen.“ Und Kap. 2,4. „Da etliche falsche Brüder sich mit eingedrungen, und neben eingeschlichen waren, zu verkundschaften unsere Freiheit, die wir haben in Christo Jesu, dass sie uns gefangen nähmen, (S. 123) wichen wir denselbigen nicht eine Stunde, untertan zu sein, auf dass die Wahrheit des Evangelii bei euch bestünde.“ S. Conc. Form. a. a. O. S. 1086.1087.
* 16. Aber diese Sache scheint nicht so wichtig zu sein, da es sich doch nur um gleichgültige Mitteldinge handelt?
Und doch ist es bei einem solchen Stande der Dinge nicht mehr um die äußerlichen Mitteldinge zu tun, welche ihrer Natur und Wesen nach für sich selbst frei sind und bleiben, sondern es ist zu tun um den hohen Artikel unseres christlichen Glaubens, wie der Apostel spricht: Auf dass die Wahrheit des Evangelii bestehe. Denn die Wahrheit des Evangeliums wird verdunkelt und verkehret, sobald entweder neue Mitteldinge durch Befehl und Zwang den Gewissen zur Beobachtung aufgelegt, oder ihnen alte abzuschaffen befohlen wird; besonders wenn es zu dem Ende geschieht, dass der Aberglaube, die falsche Lehre und der Götzendienst bestätiget, die christliche Freiheit aber, und die reine Lehre unterdrückt werde. Ebend.
* 17. So scheint auf diese Weise auch der Artikel von der christlichen Freiheit in Gefahr zu kommen?
Gar sehr; „denn alsbald Menschengebot mit Zwang der Kirchen, als nötig, aufgedrungen werden, als wäre Unterlassung derselben Unrecht und Sünde; sobald ist die christliche Freiheit schon vernichtet: der Abgötterei der Weg bereitet: dadurch nachmals Menschengebot gehäuft, und für ein Gottesdienst, nicht allein den Geboten Gottes gleichgehalten, sondern auch über dieselbe gesetzt werden.“ Ebend. S. 1088.
* 18. Hast du vielleicht noch einige andere Gründe in Bereitschaft, mit welchen du dies bestätigest?
Ja; „denn durch solch unzeitig Nachgeben und Vergleichen in äußerlichen Dingen, da man zuvor in der Lehre nicht christlich vereiniget ist, werden die Abgöttischen in ihrer Abgötterei gestärkt, dagegen die Rechtgläubigen betrübet, geärgert, und in ihrem Glauben geschwächt; welches beides ein jeder Christ, bei seiner Seelen Heil und Seligkeit, zu meiden schuldig ist, wie geschrieben stehet: Wehe der Welt der Ärgernis halben. Item: wer den Geringsten ärgert derer, die an mich glauben, dem wäre es besser, dass ihm ein Mühlstein an seinem Hals hinge, und er ersäufet würde im Meer, da es am tiefsten ist.“ Matth. 18,6.7. – Ebend. S.1088 f. (S. 124) Sonderlich aber ist zu bedenken, dass Christus sagt: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Matth. 10,32. – Ebend. S. 1089.