Artikel XIX. Von der Ursache der Sünde.

 

Den XIX. Artikel lassen ihnen die Widersacher gefallen, da wir lehren, daß, wie-wohl der einige Gott die ganze Welt und ganze Natur geschaffen hat und alle Stunde alle Kreaturen erhält, so ist er doch nicht eine Ursache der Sünde, sondern der böse Wille in Teufeln und Menschen, der sich von Gott abkehrt, der ist eine Ursache der Sünde, wie Christus sagt von dem Teufel: „Wenn er Lügen redet, so redet er aus seinem Eigenen.“

 

Artikel XX. Von guten Werken.

 

Im XX. Artikel setzen sie klar diese Worte, daß sie unsere Lehre verwerfen und verdammen, da wir sagen, daß die Leute durch gute Werke nicht verdienen Vergebung der Sünden. Das merke jedermann wohl: eben den Artikel ver-dammen und verwerfen sie mit klaren Worten. Was ist nun not, in dieser öffentlichen Sache viel Worte zu machen? Die großen Doctores und Meister der Konfutation geben da öffentlich an Tag, was für ein Geist aus ihnen redet. Denn in der christlichen Kirche ist das kein geringer Artikel, sondern der allerhöchste und Hauptartikel, daß wir Vergebung der Sünden erlangen ohne unser Verdienst, durch Christum, und daß nicht unsere Werke, sondern Christus sei die Ver-söhnung für unsere Sünden, wie Petrus sagt: „Dem Jesu geben Zeugnis alle Propheten, daß wir Vergebung der Sünden erlangen, alle, die an ihn glauben.“ Solch stark Zeugnis aller heiligen Propheten mag billig ein Beschluß heißen der katholischen christlichen Kirche. Denn auch ein einiger Prophet gar groß bei Gott geachtet und ein Weltschatz ist. Derselben heiligen Kirche und dem einträchtigen Munde aller Propheten sollen wir billiger glauben denn den heillosen, gottlosen Sophisten, so die Konfutation gemacht haben und Christum so unverschämt lästern. Denn wiewohl etliche Lehrer also auch davon geschrieben, daß wir hernach, wenn uns die Sünde vergeben ist, nicht durch den Glauben, sondern durch unsere eigenen Werke Gnade erlangen, so haben sie doch das nicht gehalten, daß die Vergebung der Sünden an sich selbst um unserer Werke willen uns widerfahre, und nicht um Christus willen. Darum ist es eine greuliche Gottes-lästerung, die Ehre Christi also unsern Menschenwerken zu geben. Und wir vertrösten und versehen uns zu Kaiserlicher Majestät und auch andern Fürsten dieser kaiserlichen, fürstlichen Tugend, daß sie so öffentliche Unwahrheit und Ungrund, dadurch vor aller Welt Gott und das Evangelium gelästert wird, in keinem Wege würden in der Konfutation, wenn sie verwarnt wären, gelassen haben. Denn daß dieser Artikel gewißlich göttlich und wahr ist, und das dies die heilige göttliche Wahrheit sei, dafür könnten wir hier gar nahe unzählige Sprüche der Schrift vorbringen, auch aus den Vätern. Und ist gar nahe keine Silbe, kein Blatt in der Bibel, in den vornehmsten Büchern der Heiligen Schrift, da das nicht klar gemeldet wäre. Wir haben oben auch viel von diesen Stücken gesagt, und gottesfürchtige, fromme Herzen, die da wohl wissen, warum Christus gegeben ist, die da nicht für aller Welt Güter und Königreiche entbehren wollten, daß Christus nicht unser einiger Schatz, unser einiger Mittler und Versöhner wäre, die müssen sich hier entsetzen und erschrecken, daß Gottes heiliges Wort und Wahrheit so öffentlich von armen Menschen verachtet und verdammt wird. Jesaias der Prophet sagt: „Der Herr hat auf ihn gelegt unser aller Sünde.“ Die Widersacher aber lügenstrafen Jesaiam und die ganze Bibel und Schrift und sagen, er habe unsere Sünde auf uns und unsere Werke und bettelische Genug-tuung gelegt. Ich will dennoch hier schweigen der kindischen Werke, Rosen-kränze, Wallfahrten und dergleichen. Wir sehen gar wohl das ernstliche Mandat und das kaiserliche Edikt, wider uns und unsere Lehre ausgegangen, des sollten wir billig erschrecken, wenn wir von leichten, geringen Sachen oder von Sachen, die in Zweifel stünden, zu handeln hätten. Nachdem wir aber, Gott Lob! durch Gottes Wort in unsern Herzen und Gewissen des ganz ohne allen Zweifel vor Gott gewiß sind, daß die Widersacher verdammen die öffentliche göttliche Wahrheit und die rechte, christliche, selige, heilige Lehre, ohne welche keine christliche Kirche irgend sein kann, welche ein jeder Christ, so fern sein Leib und Leben reicht, schuldig ist, zu der Ehre Gottes zu bekennen, zu retten und zu schützen: so lassen wir uns von solcher heilsamen Lehre nicht abschrecken. Denn wer wollte sich doch nicht wünschen an seinem letzten Ende, daß er im Bekenntnis des Artikels sterben möchte, daß wir Vergebung der Sünden durch den Glauben, ohne unser Verdienst und Werk, durch das Blut Christi erlangen? Es gibt die Erfahrung, wie die Mönche selbst bekennen müssen, daß sich die Gewissen nicht lassen stillen noch zufrieden bringen denn durch den Glauben an Christum. Und die Gewissen können keinen rechten, beständigen Trost haben in den großen Ängsten in der Todesstunde und in Anfechtung wider das große Schrecken des Todes, der Sünde, wenn sie nicht an die Zusage der Gnade in Christo sich halten. Auch können sie keinen beständigen Trost haben wider den Teufel, welcher dann erst stark die Herzen drängt, ängstet und zur Verzweiflung reizt und alle unsere Werke in einem Augenblick wie den Staub hinwegbläst, wenn sie nicht an dem Evangelio, an dieser Lehre, festhalten, daß wir ohne unser Verdienst, durch das teure Blut Christi Vergebung der Sünden erlangen. Denn der Glaube allein erquickt und erhält uns in dem großen Todeskampf, in den großen Ängsten, wenn keine Kreatur helfen kann, ja, wenn wir außerhalb dieser ganzen sichtbaren Kreatur von dannen in ein ander Wesen und Welt sollen abscheiden und sterben. Darum ist es eine Sache, die wahrlich der Rede wert ist, um welcher willen ein jeder Christ von Herzen gern alles wagen und in Gefahr setzen soll. Darum alle diejenigen, so dieser unserer Konfession an-hangen, dürfen sich nicht schrecken oder irren lassen, sondern mögen in aller Freudigkeit auf Gott und den Herrn Christum es getrost und fröhlich wagen und diese öffentliche Wahrheit wider alle Welt, Tyrannei, Zorn, Drohen, Schrecken, auch wider alles tyrannische tägliche Morden und Verfolgen fröhlich bekennen. Denn wer wollte sich doch solchen großen, ja ewigen Trost, daran der ganzen christlichen Kirche alles Heil gelegen ist, nehmen lassen? Wer die Bibel in die Hand nimmt und mit Ernst liest, der merkt bald, daß allenthalben in der Schrift diese Lehre gegründet ist. Dann Paulus sagt klar Röm. 3 und 4, daß die Sünden ohne Verdienst, um Christus willen vergeben werden; darum sagt er: „Wir werden gerecht durch den Glauben ohne Verdienst, daß die Verheißung feststehe.“ Das ist, so die Verheißung aus unsern Werken wäre, so wäre sie nicht fest. Und wenn die Gnade oder Vergebung der Sünden gegeben würde um unserer Werke willen, wann würden wir dann gewiß, daß wir Gnade erlangt hätten? Wann wollte das Gewissen ein solch Werk finden, das genug wäre, Gottes Zorn zu ver-söhnen? Wir haben hier oben davon genug gesagt; da mag ein jeder Sprüche der Schrift, so diese Lehre gründen, suchen. Denn an diesem Ort hat mich bewegt, so heftig zu klagen, die greuliche, unverschämte, übermäßige, vorge-faßte Bosheit der Widersacher, da sie mit klaren Worten setzen, daß sie diesen Artikel verwerfen, daß wir Vergebung der Sünden erlange nicht durch unsere Werke, sondern ohne Verdienst, durch den Glauben an Christum. Die Wider-sacher führen auch etliche Sprüche der Schrift ein, warum sie diesen Artikel verdammen. Nämlich bringen sie den Spruch Petri hervor: „Fleißiget euch, euren Beruf festzumachen durch gute Werke“, usw. Da sieht jedermann, daß unsere Widersacher ihr Geld nicht übel angelegt, da sie Dialecticam studiert haben. Denn sie mögen die Sprüche der Schrift gereimt, ungereimt, schließlich, unschließlich, wie sie wollen, und wie es ihnen gefällt, einführen. Denn also schließen sie: Petrus sagt: „Fleißiget euch, durch gute Werke euren Beruf festzumachen“; darum verdienen wir durch Werke Vergebung der Sünden. Es ist wahrlich einen feine Argumentation, als wenn einer spräche von einem Beklagten im Halsgericht, welchem das Leben gefristet wäre: Der Richter hat geboten, daß der forthin sich solcher Übeltat soll enthalten; darum so hat er verdient mit solchem Enthalten, daß ihm das Leben gefristet ist. Also argumentieren, das heißt, ex non causa causam machen. Denn Petrus redet von guten Werken und Früchten, die da folgen dem Glauben, und lehrt, warum man sie tun solle, nämlich, daß wir unsern Beruf festmachen, das ist, daß wir nicht wiederum vom Evangelio fallen, wenn wir wiederum sündigten. Will sagen: Tut gute Werke, daß ihr bei dem Evangelio, bei eurem himmlischen Beruf bleibt, daß ihr nicht wiederum abfallt, kalt werdet, verliert Geist und Gaben, die euch aus Gnaden durch Christum widerfahren sind, nicht um der folgenden Werke willen. Denn in dem Beruf bleibt man fest durch den Glauben, und der Glauben und der Heilige Geist bleibt in denjenigen nicht, die sündlich Leben führen. Der Sprüche und Zeugnisse setzen sie mehr, die sich ebensowohl reimen. Dazu dürfen sie sagen, daß diese Meinung vor tausend Jahren zu Augustinus Zeiten verdammt sei. Das ist nicht wahr, sondern eine Lüge. Denn die christlich Kirche hat allezeit gehalten, daß Vergebung der Sünden ohne Verdienst uns widerfahre, und die Pelagianer sind darum verdammt, die da sagten, die Gnade würde uns gegeben um unserer Werke willen. Wir haben oben genug angezeigt, daß wir auch lehren, daß, wo Glaube ist, da sollen auch gute Früchte und gute Werke folgen. „Den wir tun das Gesetz nicht ab, sondern richten es auf“, wie Paulus sagt. Denn wenn wir durch den Glauben den Heiligen Geist empfangen haben, so folgen gute Früchte, da nehmen wir denn zu in der Liebe, in Geduld, in Keuschheit und andern Früchten des Geistes.

 

Artikel XXI. Vom Anrufen der Heiligen.

 

Den einundzwanzigsten Artikel verdammen die Widersacher ganz, daß wir vom Anrufen der Heiligen nichts lehren, und sie handeln kein Stück so gar mit weit-läufigem Geschwätze und richten doch nichts aus, denn daß sie sagen, man solle die Heiligen ehren. Item, sie beweisen, die lebendigen Heiligen beten einer für den andern; daraus schließen sie, daß man die toten Heiligen solle und müsse anrufen. Sie ziehen an Cyprianum, der habe Cornelium, da er noch gelebt, gebeten, daß er wenn er gestorben wäre, für die Brüder bitten wolle. Damit beweisen sie, daß man die toten Heiligen müsse anrufen. Auch ziehen sie an Hieronymum wider Vigilantium und sagen: In dieser Sache hat vor tausend Jahren Hieronymus Vigilantium überwunden. Also gehen sie überhin, meinen, sie haben weit gewonnen, und sehen die groben Esel nicht, daß im Hieronymo wider Vigilantium keine Silbe steht vom Anrufen der Heiligen. Hieronymus redet nicht vom Anrufen der Heiligen, sondern von Heiligen ehren. Auch so haben die alten Lehrer vor Gregorius Zeiten des Anrufens der Heiligen nicht gedacht. Und die Anrufung der Heiligen wie auch die applicatio des Verdienstes der Heiligen, davon die Widersacher lehren, hat gar keinen Grund in der Schrift. In unserer Konfession leugnen wir nicht, daß man die Heiligen ehren soll. Denn dreierlei Ehre ist, damit man die Heiligen ehrt. Für das erste, daß wir Gott danksagen, daß er uns an den Heiligen Exempel seiner Gnade hat dargestellt, daß er hat Lehrer in der Kirche und andere Gaben gegeben, und die Gaben, weil sie groß sind, soll man sie noch preisen, auch die Heiligen selbst loben, die solche Gaben wohl gebraucht haben, wie Christus im Evangelio lobt die treuen Knechte. Die andere Ehre, so wir den Heiligen tun mögen, ist, daß wir an ihrem Exempel unsern Glauben stärken; als wenn ich sehe, daß Petro aus so reicher Gnade die Sünde vergeben ist, da er Christum verleugnet, wird mein Herz und Gewissen gestärkt, daß ich glaube, daß die Gnade mächtiger sei denn die Sünde. Für das dritte ehren wir die Heiligen, wenn wir ihres Glaubens, ihrer Liebe, ihrer Geduld Exempel nachfolgen, ein jeder nach seinem Beruf. Von dieser rechten Ehre der Heiligen reden die Widersacher gar nichts; allein von dem Anrufen der Heiligen, welches, wenn es auch ohne Gefahr der Gewissen wäre, doch nicht not ist, da zanken sie von. Darüber so geben wir ihnen nach, daß die Engel für uns bitten. Denn Zach. 1 steht geschrieben, daß der Engel bittet: „Herr Zebaoth, wie lange willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem?“ Und wiewohl wir nachgeben, daß gleichwie die lebendigen Heiligen für die ganze Kirche bitten insgemein oder in genere. Doch hat solches kein Zeugnis in der Schrift denn allein den Traum, der genommen ist aus dem andern Buch Maccabaeorum. Weiter, ob die Heiligen gleich beten für die Kirche, so folgt doch daraus nicht, daß man die Heiligen solle anrufen; wiewohl unsere Konfession allein dies setzt: In der Schrift steht nichts von dem Anrufen der Heiligen, oder daß man Hilfe suchen solle bei den Heiligen. So man nun weder Gebot noch Zusage noch Exempel aus der Schrift mag vorbringen, so folgt, daß kein Herz noch Gewissen darauf sich verlassen kann. Denn dieweil ein jeglich Gebet soll aus dem Glauben geschehen, woher will ich denn wissen, daß Gott sich gefallen läßt das Anrufen der Heiligen, wenn ich nicht Gottes Wort davon habe? Wodurch werde ich gewiß, daß die Heiligen mein Gebet und eines jeden insbesondere hören? Etliche machen geradezu Götter aus den Heiligen und sagen, sie können unsere Gedanken wissen und uns ins Herz sehen. Dasselbe erdichten sie, nicht, daß sie damit die Heiligen ehren, sondern daß sie ihre Kretschmerei und Jahrmarkt, welcher ihnen Geld einträgt, verteidigen. Wir sagen noch wie vorhin: In Gottes Wort, in der Schrift, steht nicht, daß die Heiligen unser Anrufen verstehen, und ob sie es verstünden, daß Gott ihm sich solch Anrufen gefallen lasse; so hat's je keinen Grund. Dawider können die Widersacher nichts aufbringen; darum sollten die Widersacher uns zu unge-wissen Dingen nicht zwingen oder dringen; denn ein Gebet ohne Glauben ist nicht ein Gebet. Denn daß sie sagen, die Kirche habe es im Gebrauch, so ist es doch gewiß, daß solches ein neuer Gebrauch in der Kirche ist, denn die alten Kollekten, ob sie wohl der Heiligen gedenken, so rufen sich doch die Heiligen nicht an. Darüber reden die Widersacher nicht allein vom Anrufen der Heiligen, sondern sagen auch, das Gott der Heiligen Verdienst annehme für unsere Sünde, und machen also aus den Heiligen nicht allein Fürbitter, sondern Mittler und Versöhner. Das ist nun gar nicht zu leiden; denn da geben sie die Ehre, so Christo allein gebührt, den Heiligen; denn sie machen aus ihnen Mittler und Versöhner. Und wiewohl sie wollen Unterschied machen unter Mittlern, die für uns bitten, und dem Mittler, der uns erlöst und Gott versöhnt hat, so mache sie doch aus den Heiligen Mittler, dadurch die Leute versöhnt werden. Und daß sie sagen, die Heiligen sind Mittler, für uns zu bitten, das sagen sie auch ohne alle Schrift; Und wenn man schon davon aufs glimpflichste reden will, so wird doch Christus und seine Wohltat durch solche Lehre unterdrückt, und vertrauen sie da auf die Heiligen, da sie auf Christum vertrauen sollten. Denn sie erdichten sich selbst einen Wahn, als sei Christus ein strenger Richter und die Heiligen gnädi-ge, gütige Mittler; fliehen also zu den Heiligen, scheuen sich vor Christo wie vor einem Tyrannen, vertrauen mehr auf die Güte der Heiligen denn auf die Güte Christi, laufen von Christo und suchen der Heiligen Hilfe. Also machen sie im Grunde doch mediatores redemptionis aus den Heiligen. Derhalben wollen wir beweisen, daß sie aus den Heiligen machen nicht allein Fürbitter, sondern Versöhner und mediatores redemptionis. wir reden hier noch nicht von groben Mißbräuchen, wie der gemeine Pöbel mit den Heiligen und Wallfahrten öffentlich Abgötterei treibt: wir reden, was ihre Gelehrten von diesem Stücke predigen, schreiben und in ihren Schulen lehren. Das andere, als die groben Mißbräuche, können auch unerfahrene, grobe Leute urteilen und richten. Es gehören zwei Stücke zu einem Mittler und Versöhner. Für das erste ein gewiß, klar Gotteswort und Verheißung, daß Gott durch den Mittler erhören will alle, die ihn anrufen. Eine solche göttliche Zusage steht in der Schrift von Christo: „Was ihr werdet bitten den Vater in meinem Namen, das wird er euch geben.“ Von den Heiligen steht nirgend in der Schrift einen solche Zusage, darum kann keiner bei sich gewiß schließen, daß er auf Anrufen der Heiligen erhört werde; darum ist solch Anrufen nicht aus dem Glauben. Darüber haben wir Gottes Wort und Gebot, daß wir sollen Christum anrufen, da er sagt: „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken.“ Ps. 45: „Vor deinem Angesicht werden anbeten alle Reichen im Volk.“ Und Ps. 45: „Vor deinem Angesicht werden anbeten alle Reichen im Volk.“ Und Ps. 72: „und werden ihn anbeten alle Könige auf Erden.“ Und bald hernach: „Sie werden täglich vor ihm knien“ usw. Und Joh. 5 sagt Christus: „Damit sie alle ehren den Sohn, wie sie ehren den Vater.“ Item 2 Thess. 2 sagt Paulus, da er betet: „unser Herr Jesus Christus und Gott, unser Vater, ermahne eure Herzen und stärke euch!“ Das sind eitel Sprüche von Christo. Aber vom Anrufen der Heiligen können die Widersacher kein Gottesgebot, kein Exempel der Schrift vorbringen. Zum andern gehört zu einem Versöhner, daß sein Verdienst für andere Leute bezahle, daß seines Verdienstes und Bezahlung ander teilhaftig werden, als hätten sie selbst bezahlt. Als, wenn ein guter Freund für den andern Schuld bezahlt, da wird der Schuldiger durch eines andern Bezahlung, also durch sein eigen Bezahlen, der Schuld los. Also wird uns Christi Verdienst geschenkt und zugerechnet, wenn wir an ihn glauben, gleich als wäre sein Verdienst unser, daß uns also seine Gerechtigkeit und sein Verdienst wird zugerechnet, und wird sein Verdienst unser eigen. Auf beide Stücke, nämlich auf die göttliche Zusage und auf Christi Verdienst, muß ein christlich Gebet sich gründen. Ein solcher Glaube an die göttliche Zusage und auf das Verdienst Christi gehört zum Gebet. Denn wir sollen's gewiß dafürhalten, daß wir um Christus willen erhört werden, und daß wir um seinetwillen einen gnädigen Gott haben. Da lehren nun die Widersacher, wir sollen die Heiligen anrufen, so wir dazu weder Gebot noch Verheißung noch Exempel in der Schrift haben, und machen doch damit, daß man größeres Vertrauen auf die Heiligen setzt denn auf Christum, so doch Christus sagt: „Kommt zu mir“, nicht zu den Heiligen. Zum andern sagen sie, daß Gott der Heiligen Verdienste annehme für unsere Sünde, und lehren also Vertrauen auf der Heiligen Verdienste, nicht auf das Verdienst Christi. Und solches lehren sie klar vom Ablaß, darin sie der Heiligen Verdienst austeilen als satisfactiones für unsere Sünden. Und Gabriel, der den canonem missae auslegt, der darf frei sagen: „Wir sollen nach der Ordnung, die Gott eingesetzt hat, fliehen zu den Heiligen, daß wir durch ihre Hilfe und Verdienste selig werden.“ Dies sind die klaren Worte Gabrielis. Und hin und wieder in der Widersacher Büchern findet man noch viel Ungeschickteres vom Verdienst der Heiligen. Heißt das nun die Heiligen nicht zu Versöhnern gemacht? Denn da werden sie doch gar Christo gleich, wenn wir vertrauen sollen, das wir durch ihre Verdienste selig werden. Wo ist aber die Ordnung von Gott eingesetzt, da Gabriel von redet, daß wir sollen zu den Heiligen fliehen? Er bringe doch ein Wort, ein einig Exempel aus der Heiligen Schrift. Sie machen vielleicht die Ordnung von dem Gebrauch, der in weltlichen Fürstenhöfen ist, da die Räte des Fürsten armer Leute Sachen vortragen und als Mittler fördern. Wie aber, wenn ein Fürst oder ein König einen einigen Mittler bestellte und wollte durch keinen andern die Sachen in Gnaden hören, oder alle Bitte durch den allein erhören? Darum so Christus nun allein zu einem Hohenpriester und Mittler gesetzt ist, warum suchen wir denn andere? Was können nun hier die Widersacher dawider sagen? Es ist eine gemeine Form der Absolution bis anher gebraucht, die lautet also: „Das Leiden unsers Herrn Jesu Christi, die Verdienste der Mutter Maria und aller Heiligen sollen sein dir zur Vergebung der Sünden.“ Da wird öffentlich die Absolution gesprochen nicht allein durch das Verdienst Christi, sondern auch durch Verdienste der andern Heiligen, daß wir durch dieselben sollen Gnade und Vergebung der Sünden erlangen. Etliche aus uns haben gesehen einen Doktor der Heiligen Schrift in agone oder in seinen letzten Zügen; dem war ein Mönch beigegeben, ihn zu trösten. Nun rief und schrie er dem sterbenden Menschen nichts anderes ein denn allein diese Gebet: „Maria, du Mutter der Güte und Gnade, behüte uns vor dem Feinde und in der Todesstunde nimm uns auf, Maria, mater gratiae“ etc. Ob nun gleich Maria, die Mutter Gottes, für die Kirche bittet, so ist doch das zu viel, daß sie sollte den Tod überwinden, daß sie vor den großen Gewalt des Satans uns behüten sollte. Denn was wäre Christus not, wenn Maria das vermöchte? Denn wiewohl sie alles höchsten Lobes wert ist, so will sie doch nicht Christo gleich gehalten sein, sondern will vielmehr, daß wir dem Exempel ihres Glaubens und ihrer Demut folgen sollen. Nun ist dies öffentlich am Tage, daß durch solche falsche Lehre Maria an Christus Statt ist gekommen; dieselbe haben sie angerufen, auf deren Güte haben sie vertraut, durch die haben sie wollen Christum versöhnen, gleich als sei er nicht ein Ver-söhner, sondern allein ein schrecklicher, rachgieriger Richter. Wir sagen aber, daß man nicht lehren soll auf die Heiligen vertrauen, als machte uns ihr Verdienst selig, sondern allein um Christus Verdienstes willen erlangen wir Vergebung der Sünden und Seligkeit, wenn wir an ihn glauben. Von den andern Heiligen ist gesagt: „Ein jeder wird Lohn empfangen nach seiner Arbeit“ usw. Das ist, sie untereinander können einer dem andern ihr Verdienst nicht mitteilen, wie die Mönche ihrer Orden Verdienste uns unverschämt verkauft haben. Und Hilarius sagt von den törichten Jungfrauen: „Dieweil die tollen dem Bräutigam nicht können entgegengehen, dieweil ihre Lampen verloschen sind, so bitten sie die weisen, daß sie ihnen wollen Öl leihen; aber dieselben antworten, sie können's ihnen nicht leihen, denn es möchte beiden fehlen; es sei nicht genug für alle“ usw. Da zeigt er an, daß niemand unter uns durch fremde Werke oder Verdienste dem andern helfen kann. So nun die Widersacher lehren, daß wir auf Anrufen der Heiligen vertrauen sollen, so sie doch des keinen Gottesbefehl haben, kein Gotteswort noch Exempel Alten oder Neuen Testaments haben, so sie auch das Verdienst der Heiligen so hoch heben als das Verdienst Christi und die Ehre, so Christo gebührt, den Heiligen geben, so können wir ihre Meinung und Gewohn-heit vom Anbeten oder Anrufen der Heiligen nicht loben noch annehmen. Denn wir wissen, daß wir unser Vertrauen sollen setzen auf Christum; da haben wir Gottes Zusage, daß er soll der Mittler sein; so wissen wir, daß allein Christi Verdienst eine Versöhnung für unsere Sünde ist. Um Christus willen werden wir versöhnt, wenn wir an ihn glauben, wie der Text sagt: „Alle, die an ihn glauben, die sollen nicht zuschanden werden.“ Und man soll nicht vertrauen, daß wir von wegen des Verdienstes Mariä vor Gott gerecht sind. Auch so predigen ihre Gelehrten unverschämt, daß jeder unter den Heiligen eine sonderliche Gabe könne geben, als: St. Anna behüte vor Armut, St. Sebastianus vor der Pestilenz, St. Valten vor der fallenden Seuche; den heiligen Ritter Jörgen haben die Reiter angerufen, vor Stich und Geschoß und allerlei Fahr zu behüten. Und das alles im Grunde ist von Heiden hergekommen. Und ich will gleich setzen, daß die Widersacher nicht so gar unverschämt heidnische Lügen vom Anrufen der Heiligen lehrten, dennoch ist das Exempel gefährlich. So sie auch des keinen Gottesbefehl noch -wort haben, auch aus den alten Vätern davon nichts Ge-wisses können aufbringen: was ist denn not, daß man solchen Ungrund verteidi-gen will? Erstlich aber ist es darum ganz gefährlich; denn so man andere Mittler sucht denn Christum, so setzt man Vertrauen auf dieselben, und wird also Christus und die Erkenntnis Christi ganz unterdrückt, wie wir leider die Erfahrung haben. Denn es mag sein, daß erstlich etliche in guter Meinung der Heiligen gedacht haben in ihrem Gebet. Bald hernach ist gefolgt das Anrufen der Heiligen. Bald nach dem Anrufen sind einzeln eingerissen die wunderlichen heidnischen Greuel und Mißbräuche usw., als, daß man's dafürgehalten, daß die Bilder einen eigenen heimliche Kraft hätten, wie die Zauberer und mag dafürhalten, daß wenn man etliche Sternzeichen zu gewisser Zeit in Gold oder ander Metall gräbt oder bildet, die sollten eine sonderliche heimliche Kraft haben und Wirkung. Unser etliche haben vormals in einem Kloster ein Marienbild gesehen von Holz geschnitzt, welches also inwendig mit Schnürlein konnte gezogen werden, daß es von außen schien, als regte sich's von ihm selbst, als winkte es mit dem Haupt den Anbetern, die es erhört, und als wendete es das Angesicht weg von den Anbetern, die nicht viel opferten, die es nicht erhört. Und ob solcher Greuel, solche Abgötterei, Wallfahrten und Betrug mit den Bildern unzählig und unsäglich nicht wären gewesen, so sind doch noch greulicher und häßlicher gewesen die vielen Fabeln und Lügen der Legenden von Heiligen, welche man öffentlich gepredigt. Als, von St. Barbara haben sie gepredigt, daß sie an ihrem Tode Gott gebeten habe, für ihre Marter den Lohn zu geben, wer sie anriefe, daß der nicht könnte ohne Sakrament sterben. St. Christophorum, welcher auf deutsch heißt Christträger, hat einst ein weiser Mann den Kindern in solcher großen Länge malen lassen und hat wollen anzeigen, daß eine größere Stärke, denn Menschenstärke ist, in denjenigen sein müsse, die Christum sollen tragen, die das Evangelium predigen und bekennen sollen. Denn sie müssen durch das große Meer bei Nacht waten usw., das ist, allerlei große Anfechtung und Gefahr ausstehen. Da sind danach die tollen, ungelehrten, heillosen Mönche zugefahren und haben das Volk also gelehrt, den Christophorum anzurufen, als sei vorzeiten ein solch großer Riese leiblich vorhanden gewesen, der Christum durchs Meer getragen habe. So nun Gott der Allmächtige durch seine Heiligen, als sonderliche Leute, viel großes Dinges gewirkt in beiden Regimenten, in der Kirche und in weltliche Händeln (so sind viel große Exempel an der Heiligen Leben, welche Fürsten und Herren, rechten Pfarrherren und Seelsorgern, beide zum Weltregi-ment und Kirchenregierung, vornehmlich zur Stärkung des Glaubens gegen Gott ganz nütz wären): die haben sie lassen fahren und das Geringste von den Heiligen gepredigt, von ihrem harten Lager, von härenen Hemden usw.; welches des größeren Teils Lügen sind. Nun wäre es je nütz und fast tröstlich zu hören, wie etliche große, heilige Leute (wie in der Heiligen Schrift von Königen Israels und Judas erzählt wird) in ihrem Regiment Land und Leute regiert hätten, wie sie gelehrt und gepredigt, was mancherlei Gefahr und Anfechtung sie ausgestanden, wie auch viel gelehrte Leute den Königen, Fürsten und Herren in großen gefährlichen Läufen tätig und tröstlich seien gewesen, wie sie gelehrt und das Evangelium gepredigt haben, was mancherlei Kämpfe sie mit den Ketzern ausgestanden. So wären auch die Exempel, da den Heiligen große, sonderliche Barmherzigkeit von Gott erzeigt, sehr nütz und tröstlich. Als, wenn wir sehen, daß Petrus, so Christum verleugnet, Gnade erlangt hat, daß Cypriano seine magia vergeben ist. Item, wir lesen, daß Augustinus, da er todkrank gewesen, erst die Kraft des Glaubens erfahren hat und öffentlich Gott bekennt mit diesen Worten: „Nun habe ich erst empfunden, daß Gott der Gläubigen Seufzen und Gebet erhöre.“ Solche Exempel des Glaubens, da man lernt Gott fürchten, Gott vertrauen, daraus man recht sieht, wie es gottesfürchtigen Leuten in der Kirche, auch in großen Sachen der hohen weltlichen Regimente ergangen, die hätte man fleißig und klar von den Heiligen schreiben und predigen sollen. Nun haben etliche müßige Mönche und lose Buben (welche nicht gewußt, wie große und schwere Sorge es ist, Kirchen oder sonst Leute regieren) Fabeln erdichtet, zum Teil aus der Heiden Büchern, da nichts denn Exempel sind, wie die Heiligen härene Hemde getragen, wie sie ihre sieben Zeiten gebetet, wie sie Wasser und Brot gegessen, und haben das alles gerichtet auf ihre Kretschmerei, aus den Wallfahrten Geld einzunehmen; wie denn sind die Wunderzeichen, welche sie vom Rosenkranze rühmen, und wie die Barfüßermönche von ihren hölzernen Körnern rühmen. Und ist hier nicht groß Not, Exempel anzuzeigen; ihre Lügenlegenden sind noch vorhanden, daß man's nicht verneinen mag. Und solchen Greuel wider Christum, solche Gotteslästerung, schändliche, unver-schämt Lügen und Fabeln, solche Lügenprediger können die Bischöfe und Theologen leiden und haben sie lange Zeit gelitten zu großem Schaden der Gewissen, daß es schrecklich ist zu gedenken; denn solche Lügen haben Feld und Zinse getragen. Uns aber, die wir das Evangelium rein predigen, wollten sie gern vertilgen, so wir doch darum das Anrufen der Heiligen anfechten, damit Christus allein der Mittler bleibe und der große Mißbrauch abgetan werden. So auch lange vor dieser Zeit, ehe D. Luther geschrieben, ihre Theologen selbst, auch alle frommen, gottesfürchtigen, ehrbaren Leute über die Bischöfe und Prediger geschrien, daß sie die Mißbräuche um des Bauchs und Gelds willen zu strafen übergingen, so gedenken doch unsere Widersacher in ihrer Konfutation solcher Mißbräuche nicht mit einem Wort, daß so wir die Konfutation annähmen, müßten wir zugleich in alle ihre öffentlichen Mißbräuche gehen. Also voll Hinter-list und gefährlichen Betrugs ist ihre ganze Konfutation, nicht allein an diesem Ort, sondern allenthalben. Sie stellen sich, als seien sie gar goldrein, als hätten sie nie kein Wasser getrübt. Denn an keinem Ort unterscheiden sie von ihren dogmatibus oder Lehren die öffentlichen Mißbräuche. Und doch, viele unter ihnen sind so ehrbar und redlich, bekennen selbst, daß viele Irrtümer sind in der scholasticorum und Kanonisten Bücher, daß auch viele Mißbräuche durch ungelehrte Prediger und durch so großen, schändlichen Unfleiß der Bischöfe eingerissen sind in der Kirche. Es ist auch D. Luther nicht allein noch der erste gewesen, der über solche unzählige Mißbräuche geschrien und geklagt hat. Es sind viel gelehrte, redliche Leute vor dieser Zeit gewesen, welche erbärmlich geklagt haben über den großen Mißbrauch der Messe, über Mißbrauch der Möncherei, item, über solchen Geiz- und Geldmarkt der Wallfahrten, und sonder-lich, daß der nötigste Artikel von der Buße, von Christo, ohne welchen keine christliche Kirche sein noch bleiben kann, welcher vor allen andern rein und richtig soll gelehrt werden, so jämmerlich ward unterdrückt. Darum haben die Widersacher darin nicht treulich noch christlich gehandelt, daß sie in ihrer Konfutation die öffentlichen Mißbräuche stillschweigend übergangen haben. Und wenn es ihnen rechter Ernst wäre, der Kirche und den armen Gewissen zu helfen und nicht vielmehr Pracht und Geiz zu erhalten, so hätten sie hier einen rechten Zutritt und Ursache gehabt und sollten sonderlich an diesem Ort die Kaiserliche Majestät, unsern allergnädigsten Herrn, aufs untertänigste angesucht haben, solche große, öffentliche schändliche Mißbräuche, welche uns Christen auch bei Türken, bei Juden und allen Ungläubigen zum Spott gereichen, abzuschaffen. Denn wir in vielen Stücken klar genug vermerkt, daß Kaiserliche Majestät, unser allergnädigster Herr, ohne Zweifel mit allem treuen Fleiß die Wahrheit forschen und nachsuchen und gern die christliche Kirche recht bestellt und geordnet sehen. Aber den Widersachern ist daran nicht viel gelegen, wie sie der kaiser-lichen Majestät kaiserlichem, christlichem Gemüt, willen und löblichem Bedenken genug tun, oder wie sie den Sachen helfen, sondern wie sie nur die Wahrheit und uns unterdrücken. Denn sie liegen darum nicht viel ungeschlafen, daß die christliche Lehre und das Evangelium rein gepredigt werde. Das Predigtamt lassen sie ganz wüste stehen, verteidigen öffentliche Mißbräuche, vergießen noch täglich unschuldig Blut aus ungehörter Tyrannei und Wüterei, allein ihre öffentlichen Lügen zu verteidigen. Auch so wollen sie fromme, christliche Prediger nicht dulden. Wo das endlich hinausgehen will, können verständige Leute wohl abnehmen. Denn mit eitel Gewalt und Tyrannei werden sie nicht lange die Kirche regieren. Und obgleich die Widersacher nichts anderes denn allein des Papsts Reich zu erhalten suchten, so wird doch das der Weg nicht dazu sein, sondern eine eitle Wüstung des Reichs und der Kirche. Denn wenn sie gleich alle frommen, christlichen Prediger also erwürgt hätten, und das Evangelium unterdrückt wäre, so würden danach Rottengeister und Schwärmer-geister kommen, welche mit der Faust auch aufrührerisch fechten würden, welche die Gemeinde und Kirche mit falschen Lehren würden betrüben, alle Kirchenordnung verwüsten, welche wir gerne erhalten wollten. Derhalben, allergnädigster Herr Kaiser, nachdem wir nicht zweifeln, Euer Kaiserlicher Majestät Gemüt und Herz sei, daß die göttliche Wahrheit, die Ehre Christi und das Evangelium möge erhalten werden und allezeit reichlich zunehmen, bitten wir aufs untertänigste, Euer Kaiserliche Majestät wollen dem unbilligen Vor-nehmen der Widersacher nicht stattgeben, sondern gnädiglich andere Wege suchen der Einigkeit, damit die christlichen Gewissen nicht also beschwert werden, damit auch die göttliche Wahrheit nicht so mit Gewalt unterdrückt oder unschuldige Leute darum durch eitel Tyrannei erwürgt, wie bis anher geschehen. Denn Eure Kaiserliche Majestät wissen sich des ohne Zweifel zu erinnern, daß solches sonderlich Eure Kaiserlicher Majestät Amt ist, die christliche Lehre, soviel menschlich oder möglich, also zu erhalten, daß sie möge auf die Nachkommen reichen, auch fromme, rechte Prediger schützen und handhaben. Denn das fordert Gott der Herr von allen Königen und Fürsten, da er ihnen seinen Titel mitteilt und nennt sie Götter, da er sagt: „Ihr seid Götter.“ Darum nennt er sie aber Götter, daß sie göttliche Sachen, das ist, das Evangelium Christi und die reine göttliche Lehre auf Erden, soviel möglich, schützen, retten und handhaben sollen, auch rechte christliche Lehrer und Prediger an Gottes Statt wider unrechte Gewalt in Schirm und Schutz haben.

 

- Fortsetzung -