Artikel XIII. Von den Sakramenten und ihrem rechten Gebrauch.
Im dreizehnten Artikel lassen ihnen die Widersacher gefallen, daß wir sagen, die Sakramente sind nicht schlechte Zeichen, dabei die Leute untereinander sich kennen, wie Losung im Krieg und Hoffarbe usw., sondern sind kräftige Zeichen und gewisse Zeugnisse göttlicher Gnade und Willens gegen uns, dadurch Gott unsere Herzen erinnert und stärkt, desto gewisser und fröhlicher zu glauben. Aber hier wollen sie haben, wir sollen auch bekennen, daß an der Zahl sieben Sakramente seien, nicht mehr noch weniger. Darauf sprechen wir, daß not sei, diese Zeremonien und Sakramente, die Gott eingesetzt hat durch sein Wort, wie viele und in was Zahl die sind, zu erhalten. Aber von dieser Zahl der sieben Sakramente befindet man, daß die Väter selbst nicht gleich gezählt haben; so sind auch diese sieben Zeremonien nicht alle gleich nötig. So wir Sakramente nennen die äußerlichen Zeichen und Zeremonien, die da haben Gottes Befehl und haben eine angeheftete göttliche Zusage der Gnade, so kann man bald schließen, was Sakramente seien. Denn Zeremonien und andere äußerliche Dinge, von Menschen eingesetzt, sind auf die Weise nicht Sakramente. Denn Menschen ohne Befehl haben nicht Gottes Gnade zu verheißen. Darum Zeichen, so ohne Gottes Befehl sind eingesetzt, die sind nicht Zeichen der Gnade, wiewohl sie den Kindern und groben Leuten sonst mögen eine Erinnerung bringen, als ein gemalt Kreuz. So sind nun rechte Sakramente die Taufe und das Nachtmahl des Herrn, die Absolution. Denn diese haben Gottes Befehl, haben auch Verheißung der Gnade, welche denn eigentlich gehört zum Neuen Testa-ment und ist das Neue Testament. Denn dazu sind die äußerlichen Zeichen eingesetzt, daß dadurch bewegt werden die Herzen, nämlich durchs Wort und äußerliche Zeichen zugleich, daß sie glauben, wenn wir getauft werden, wenn wir des Herrn Leib empfangen, daß Gott uns wahrlich gnädig sein will durch Christum; wie Paulus sagt: „Der Glaube ist aus dem Gehör.“ Wie aber das Wort in die Ohren geht, also ist das äußerliche Zeichen vor die Augen gestellt, um inwendig das Herz zu reizen und zu bewegen zum Glauben. Denn das Wort und äußerliche Zeichen wirken einerlei im Herzen, wie Augustinus ein fein Wort geredet hat. „Das Sakrament“, sagt er, „ist ein sichtlich Wort.“ Denn das äußerliche Zeichen ist das durchs Wort gepredigt wird; darum richtet beides einerlei aus. Aber die confirmatio und die letzte Ölung sind Zeremonien, welche von den alter Vätern hergekommen, welche auch die Kirche nie als für nötig zur Seligkeit geachtet hat. Denn sie haben nicht Gottes Befehl noch Gebot. Darum ist's wohl gut, dieselben zu unterscheiden von den obangezeigten, welche durch Gottes Wort eingesetzt und befohlen sind und eine angeheftete Zusage Gottes haben. Durch das Sakrament des Ordens oder Priesterschaft verstehen die Widersacher nicht das Predigtamt und das Amt, die Sakramente zu reichen und auszuteilen, sondern verstehen es von Priestern, die zu opfern geordnet seien. Gleich als müsse im Neuen Testament ein Priestertum sein, wie das levitische Priestertum gewesen, da die Priester für das Volk opfern und den andern Ver-gebung der Sünden erlangen. Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen. Denn wir haben im Neuen Testament nicht ein solch Priestertum, wie das levitische Priestertum war, wie die Epistel zu den Hebräern lehrt. Wo man aber das Sakrament des Ordens wollte nennen ein Sakrament von dem Predigtamt und Evangelio, so hätte es keine Beschwerung, die Ordination ein Sakrament zu nennen. Denn das Predigtamt hat Gott eingesetzt und geboten und hat herrliche Zusage Gottes, Röm. 1: „Das Evange-lium ist eine Kraft Gottes allen denjenigen, so daran glauben“ usw., Jes. 55: „Das Wort, das aus meinem Munde gehet, soll nicht wieder leer zu mir kommen, sondern tun, was mir gefällt.“ Wenn man das Sakrament des Ordens also ver-stehen wollte, so möchte man auch das Auflegen der Hände ein Sakrament nennen. Denn die Kirche hat Gottes Befehl, daß sie soll Prediger und Diakonos bestellen. Dieweil nun solches sehr tröstlich ist, so wir wissen, daß Gott durch Menschen und diejenigen, so von Menschen gewählt sind, predigen und wirken will, so ist's gut, daß man solche Wahl hoch rühme und ehre, sonderlich wider die teuflischen Anabaptisten, welche solche Wahl samt dem Predigtamt und leib-lichen Wort verachten und lästern. Aber der eheliche Stand ist nicht erst ein-gesetzt im Neuen Testament, sondern bald als das menschliche Geschlecht erst geschaffen ist. Und er ist auch durch Gott befohlen und geboten. Er hat auch göttliche Zusagungen, welche wohl nicht eigentlich zum Neuen Testament gehören, sondern mehr das leibliche Leben angehen. Darum so es jemand will ein Sakrament nennen, fechten wir dies nicht hoch an. Es soll aber gleichwohl abgesondert werden von den vorigen zwei, welche eigentlich Zeichen und Siegel sind des Neuen Testaments. Denn so der Ehestand allein darum sollte ein Sakrament heißen, daß Gott denselben eingesetzt und befohlen hat, so müßten die andern Ämter und Stände auch Sakramente genannt werden, die auch in Gottes Wort und Befehl gehen, als Obrigkeit oder Magistrat usw. Und endlich, so man alle Dinge wollte mit so herrlichem Titel Sakramente nennen, darum daß sie Gottes Wort und Befehl haben, so sollte man billig vor allen andern das Gebet ein Sakrament nennen. Denn da ist ein starker Gottesbefehl und viel herrliche göttliche Zusage. Es hätte auch wohl Ursache. Denn wenn man dem Gebet so großen Titel gäbe, würden die Leute zum Gebet gereizt. Auch könnte man die Almosen unter die Sakrament rechnen; item das Kreuz und die Trübsale der Christen, denn die haben auch Gottes Zusage. Doch wird kein verständiger Mann großen Zank darüber machen, ob sieben oder mehr Sakramente gezählt werden, doch so fern, daß Gottes Wort und Befehl nicht abgebrochen werde. Das ist aber mehr vonnöten zu disputieren und zu wissen, was der rechte Gebrauch der Sakramente sei. Da müssen wir frei verdammen den ganzen Haufen der scholasticorum und ihren Irrtum strafen, da sie lehren, daß die-jenigen, so die Sakramente schlechthin gebrauchen, wenn sie nicht obicem setzen, ex opere operato Gottes Gnade erlangen, wennschon das Herz alsdann keinen guten Gedanken hat. Das ist aber stracks ein jüdischer Irrtum, so sie halten, daß wir sollten durch ein Werk und äußerliche Zeremonie gerecht und heilig werden ohne Glauben, und wenn das Herz schon nicht dabei ist; und diese schädliche Lehre wird doch gepredigt und gelehrt weit und breit, durchaus und überall im ganzen Papstreich und in des Papsts Kirchen. Paulus schreit dawider und sagt, daß Abraham sei vor Gott gerecht geworden nicht durch die Be-schneidung, sondern die Beschneidung sei ein Zeichen gewesen, den Glauben zu üben und zu stärken. Darum sagen wir auch, daß zum rechten Gebrauch der Sakramente der Glaube gehöre, der da glaube der göttlichen Zusage und zugesagte Gnade empfange, welche durch Sakramente und Wort wird ange-boten. Und dies ist ein gewisser, rechter Gebrauch der heiligen Sakramente, da sich ein Herz und ein Gewissen auf wagen und verlassen mag. Denn die göttliche Zusage kann niemand fassen denn allein durch den Glauben. Und die Sakramente sind äußerliche Zeichen und Siegel der Verheißung. Darum zum rechten Gebrauch derselben gehört Glaube. Als wenn ich das Sakrament des Leibes und Blutes Christi empfange, sagt Christus klar: „Das ist das Neue Testament.“ Da soll ich gewiß glauben, daß mir Gnade und Vergebung der Sünden, welche in Neuen Testament verheißen ist, widerfahre. Und solches soll ich empfangen im Glauben und damit trösten mein erschrocken, blöd Gewissen und stehen darauf gewiß, daß Gottes Wort und Zusagen nicht fehlen, sondern so gewiß und noch gewisser seien, als ob Gott mir eine neue Stimme oder neu Wunderzeichen vom Himmel ließe geben, dadurch mir würde Gnade zugesagt. Was hülfen aber Wunderzeichen, wenn nicht Glaube da wäre? Und wir reden hier vom Glauben, da ich selbst gewiß für mich glaube, daß mir die Sünden vergeben sind; nicht allein vom fide generali, da ich glaube, daß ein Gott sei. Derselbe rechte Gebrauch der Sakramente tröstet recht und erquickt die Ge-wissen. Was aber die häßliche, schändliche, ungöttliche Lehre vom opere operato, da sie gelehrt, daß, wenn ich der Sakramente gebrauche, so macht das getane Werk mich vor Gott fromm und erlangt mir Gnade, obgleich das Herz keinen guten Gedanken dazu hat, für Mißbrauch und Irrtum eingeführt, kann niemand genug nachdenken, schreiben noch sagen. Denn daher ist auch der unsägliche, unzählige, greuliche Mißbrauch der Messe gekommen. Und sie können keinen Tüttel noch Buchstaben aus den alten Vätern anzeigen, dadurch der Scholaster Opinion bewiesen werde. Ja, Augustinus sagt stracks dawider, daß der Glaube im Gebrauch des Sakraments, nicht das Sakrament vor Gott uns fromm mache.
Artikel XIV. Vom Kirchenregiment.
Im vierzehnten Artikel, da wir sagen, daß man niemand gestatte zu predigen oder die Sakramente zu reichen in der Kirche denn allein denjenigen, so recht gebühr-lich berufen sind, das nehmen sie an, wenn wir den Beruf also verstehen von Priestern, welche nach Inhalt der Canones ordiniert oder geweiht sind. Von der Sache haben wir uns etlichemal auf diesem Reichstage hören lassen, daß wir zum höchsten geneigt sind, alte Kirchenordnungen und der Bischöfe Regiment, das man nennt canonicam politiam, helfen zu erhalten, so die Bischöfe unsere Lehre dulden und unsere Priester annehmen wollten. Nun haben die Bischöfe bisanher die Unsern verfolgt und wider ihre eigenen Rechte ermordet. So können wir auch noch nicht erlangen, daß sie von solcher Tyrannei ablassen. Derhalben ist die Schuld unsers Gegenteils, daß den Bischöfen der Gehorsam entzogen wird, und sind wir vor Gott und allen frommen Leuten entschuldigt. Denn dieweil die Bischöfe die Unsern nicht dulden wollen, sie verlassen denn diese Lehre, so wir bekannt haben, und doch wir vor Gott schuldig sind, diese Lehre zu bekennen und zu erhalten, müssen wir die Bischöfe fahren lassen und Gott mehr gehorsam sein und wissen, daß die christliche Kirche da ist, da Gottes Wort recht gelehrt wird. Die Bischöfe mögen zusehen, wie sie es verantworten wollen, daß sie durch solche Tyrannei die Kirche zerreißen und wüste machen.
Artikel XV. Von den menschlichen Satzungen in der Kirche.
Im fünfzehnten Artikel lassen sie ihnen gefallen, da wir sagen, die Zeremonien und Satzungen soll man halten in der Kirche, die man mit gutem Gewissen ohne Sünde halten kann und die zu guter Ordnung und Frieden dienen. Das andere Stück verdammen sie, da wir sagen, daß die Satzungen, welche aufgerichtet sind, Gott zu versöhnen und Vergebung der Sünden zu erlangen, stracks wider das Evangelium sind. Wiewohl wir in der Konfession vom Unterschied der Speisen und von Satzungen viel gesagt haben, so müssen wir es doch kurz hier wiederholen. Wiewohl wir gedacht, daß die Widersacher andere Ursachen suchen würden, die menschlichen Satzungen zu schützen, so hätten wir doch nicht gemeint, daß sie diesen Artikel, nämlich: durch Menschentraditionen verdient niemand Vergebung der Sünden, verdammen sollten. Dieweil aber derselbe ganze Artikel unverschämt verdammt ist, so haben wir eine leichte, schlechte Sache. Denn das ist öffentlich jüdisch, das heißt öffentlich mit des Teufels Lehren das Evangelium unterdrücken. Denn die Heilige Schrift und Paulus nennen solche Satzungen dann erst rechte Teufelslehre, wenn man sie dafür rühmt, daß sie sollen dienen, dadurch Vergebung der Sünden zu erlangen. Denn da sind sie stracks wider Christum, wider das Evangelium, wie Feuer und Wasser widereinander sind. Das Evangelium lehrt, daß wir durch den Glauben an Christum ohne Verdienst Vergebung der Sünden erlangen und Gott versöhnt werden. Die Widersacher aber setzen einen andern Mittler, nämlich Menschen-gesetze, durch die wollen sie Vergebung der Sünden erlangen, durch die wollen sie den Zorn Gottes versöhnen. Aber Christus sagt klar: „Sie dienen mir vergeb-lich durch Menschengebote.“ Droben haben wir reichlich angezeigt, daß wir durch den Glauben vor Gott gerecht werden, wenn wir glauben, daß wir einen gnädigen Gott haben, nicht durch unsere Werke, sondern durch Christum. Nun ist's gar gewiß, daß solches das reine Evangelium sei. Denn Paulus sagt klar zu den Ephesern am 2. Kapitel: „ohne Verdienst seid ihr selig worden, und das nicht aus euch, denn Gottes Gabe ist es; nicht aus den Werken.“ Nun sagen die Widersacher, die Leute verdienen Vergebung der Sünden durch solche mensch-liche Satzungen und Werke. Was ist das anders, denn über Christum einen andern Mittler, einen andern Versöhner stellen und setzen? Paulus sagt zu den Galatern: „Ihr seid von Christo abgefallen, so ihr durchs Gesetz wollt gerecht werden“, das ist, so ihr haltet, daß ihr durchs Gesetz vor Gott gerecht werdet, so ist euch Christus nichts nütze. Denn was bedürfen diejenigen des Mittlers Christi, die durch die Werke des Gesetzes vertrauen, Gott zu versöhnen? Gott hat Christum dargestellt, daß er um desselben willen, nicht um unserer Gerechtigkeit willen, uns will gnädig sein. Aber sie halten, daß Gott um ihrer Werke willen und um solcher Traditionen willen uns gnädig sei. So nehmen sie nun und rauben Christo seine Ehre, und ist kein Unterschied zwischen den Zeremonien des Gesetzes Mosis und solchen Satzungen, soviel es diese Sache belangt. Paulus verwirft Mosis Zeremonien eben darum, darum er auch Menschengebote verwirft, nämlich daß es die Juden für solche Werke hielten, dadurch man Vergebung der Sünden verdiente. Denn dadurch ward Christus untergedrückt. Darum verwirft er die Werke des Gesetzes und Menschengebote zugleich und streitet dieses, daß noch um unserer Werke, sondern um Christus willen, ohne Verdienst, verheißen sei Vergebung der Sünden, doch also, daß wir sie durch den Glauben fassen. Denn die Verheißung kann man nicht anders denn durch den Glauben fassen. So wir nun durch den Glauben Vergebung der Sünden erlangen, so wir durch den Glauben einen gnädigen Gott haben um Christus willen, so ist es ein großer Irrtum und Gotteslästerung, daß wir durch solche Satzungen sollten Vergebung der Sünden erlangen. Wenn sie hier nun sagen wollten, daß wir nicht durch solche Werke Vergebung der Sünden erlangen, sondern wenn wir durch den Glauben jetzund Vergebung haben, so sollen wir danach durch solche Werke verdienen, daß uns Gott gnädig sei; da streitet aber Paulus wider zu den Galatern am 2. Kapitel, da er sagt: „Sollten wir aber, die da suchen durch Christum gerecht zu werden, auch noch selber Sünder erfunden werden, so wäre Christus ein Sündendiener“; item: „Zu eines Menschen Testament soll niemand einen Zusatz machen.“ Darum soll man auch zu dem Testament Gottes, da er uns verheißt, er will uns gnädig sein um Christus willen, nichts zutun oder dieses anflicken, als verdienten wir erst, daß uns Gott um solcher Werke willen gnädig sein müsse. Und wenngleich noch jemand wollte solche Werke aufrichten oder erwählen, damit Gott zu versöhnen, Vergebung der Sünden zu verdienen, wie wollte der gewiß werden, daß die Werke Gott gefielen, so er keinen Gottesbefehl noch Wort davon hat? Wie wollte er die Gewissen und Herzen versichern, wie sie mit Gott stehen; item, daß die Werke Gott gefallen, wenn kein Gotteswort noch Befehl da ist? Es verbieten die Propheten allenthalben, eigenerwählte, sonder-liche Gottesdienste anzurichten ohne Gottes Wort und Befehl, Hes. am 20.: „Wandelt nicht in Geboten eurer Väter und haltet ihre Sitten nicht und werdet nicht unrein von ihren Götzen. Ich bin der Herr, euer Gott. In meinen Geboten wandelt und haltet meine Rechte und Sitten und tut dieselbigen.“ So die Menschen Macht haben, Gottesdienste anzurichten, daß wir dadurch Sünden bezahlen und fromm werden vor Gott, so müssen aller Heiden Gottesdienste, alle Abgötterei aller gottlosen Könige in Israel, Jerobeams und anderer, auch gut sein; denn es ist kein Unterschied. Steht bei Menschen die Macht, Gottesdienste aufzurichten, dadurch man möge Seligkeit verdienen, warum sollten der Heiden und Israeliten selbsterwählte Gottesdienste unrecht sein? Denn darum sind der Heiden und Israeliten Dienste verworfen, daß sie wähnen wollten, solche Dienste gefielen Gott, und wußten nichts vom höchsten Gottesdienst, der da heißt Glaube. Item, woher sind wir gewiß daß solche Gottesdienste und Werke ohne Gottes Wort vor Gott gerecht machen, so kein Mensch Gottes Willen anders erfahren oder wissen kann denn allein durch sein Wort? Wie, wenn solche Gottesdienste Gott der Herr nicht allein verachtet, sondern auch für einen Greuel hält? Wie dürfen denn die Widersacher sagen, daß sie vor Gott gerecht machen? Ohne Gottes Wort kann je niemand das sagen. Paulus sagt zu den Römern: „Alles, was nicht aus dem Glauben geschieht, das ist Sünde.“ So nun dieselben Gottesdienste keinen göttlichen Befehl haben, so müssen die Herzen im Zweifel stehen, ob sie Gott gefallen. Und was bedarf diese öffentliche Sache vieler Worte? Wenn die Widersacher diese Gottesdienste also verteidigen, als seien es Werke, dadurch man Vergebung der Sünden und Seligkeit verdient, so richten sie öffentliche antichristliche Lehre und Reich an. Denn das Reich Antichristi ist eigentlich ein solch neuer Gottesdienst, durch Menschen erdichtet, dadurch Christus verworfen wird, wie Mahomets Reich selbsterwählte Gottesdienste hat, eigenen Werke, dadurch sie vor Gott vermeinen heilig und fromm zu werden, und halten nicht, daß man allein durch den Glauben an Christum gerecht werde. Also wird das Papsttum auch ein Stück vom Reich Antichristi, so es lehrt, durch Menschengebote Vergebung der Sünden zu erlangen und Gott zu versöhnen. Denn da wird Christo seine Ehre genommen, wenn sie lehren, daß wir nicht durch Christum, ohne Verdienst gerecht werden, durch den Glauben, sondern durch solche Gottesdienste, sonderlich wenn sie lehren, daß solch selbster-wählter Gottesdienst nicht allein nütze sei, sondern auch nötig. Wie sie denn oben im achten Artikel halten, da sie das verdammen, daß wir gesagt, zu rechter Einigkeit der Kirche sei nicht not, daß allenthalben gleichförmige Menschen-satzungen seien. Daniel, im 11. Kapitel, malt das Reich Antichristi also ab, daß er anzeigt, daß solche neue Gottesdienste, von Menschen erfunden, werden die Politia und das rechte Wesen des antichristlichen Reichs sein. Denn also sagt er: „Den Gott Maosim wird er ehren, und dem Gott, den seine Väter nicht erkannt haben, wird er mit Gold, Silber und Edelgestein dienen.“ Da beschreibt er solche neue Gottesdienste. Denn er sagt von einem solchen Gott, davon die Väter nichts gewußt haben. Denn die heiligen Väter, wiewohl sie auch Zeremonien und Satzungen gehabt, so haben sie doch nicht dafürgehalten, daß solche Zeremonien nütz und nötig wären zur Seligkeit, so haben sie doch damit Christum nicht unterdrückt, sondern haben gelehrt, daß uns Gott um Christus willen gnädig sei, nicht um solcher Gottesdienste willen. Aber dieselben Satzungen haben sie gehalten von wegen leiblicher Übung, als die Feste, daß das Volk wüßte, wann es sollte zusammenkommen, daß in den Kirchen alles ordentlich und züchtiglich um guter Exempel willen zuginge, daß auch das gemeine, grobe Volk in einer feinen Kinderzucht gehalten würde. Denn solche Unterschiede der Zeit und solche mancherlei Gottesdienste dienen, das Volk in Zucht zu behalten und zu erinnern der Historien. Diese Ursachen haben die Väter gehabt, menschliche Ordnung zu erhalten. Und auf die Weise fechten wir's auch nicht an, daß man gute Gewohnheit halte. Und wir können uns nicht genugsam wundern, daß die Widersacher wider alle Schrift der Apostel, wider das Alte und Neue Testament lehren dürfen, daß wir durch solche Gottesdienste sollen ewiges Heil und Vergebung der Sünden erlangen. Denn was ist das anders, denn wie Daniel sagt, „Gott ehren mit Gold, Silber und Edelgestein“, das ist, halten, daß Gott uns gnädig werde durch mancherlei Kirchenschmuck, durch Fahnen, Kerzen, wie denn unzählig sind bei solchen Menschensatzungen. Paulus zu den Kolossern schreibt, daß solche Satzungen haben einen Schein der Weisheit. Und es hat auch einen großen Schein, als sei es fast heilig; denn Unordnung steht übel, und solche ordentliche Kinderzucht ist nützlich in der Kirche usw. Dieweil aber menschliche Vernunft nicht versteht, was Glauben ist, so fallen diejenigen, so nach der Vernunft richten, von Stund an darauf und machen ein solch Werk daraus, das uns gen Himmel helfen solle und Gott versöhnen. Also sind die Irrtümer und schädliche Abgötterei eingerissen bei den Israeliten. Darum machten sie auch einen Gottesdienst über den andern, wie bei unserer Zeit ein Altar über den andern, eine Kirche über die andere gestiftet ist. Also richtet auch die menschliche Vernunft von andern leiblichen Übungen, als von Fasten usw. Denn Fasten dient dazu, den alten Adam zu zähmen; da fällt bald die Vernunft drauf und macht ein Werk daraus, das Gott versöhne; wie Thomas schreibt, „Fasten sei ein Werk, das da tauge, Schuld gegen Gott aus-zulöschen und ferner zu verhüten“. Das sind die klaren Worte Thomä. Also dieselben Gottesdienste, welche sehr gleißen, haben einen großen Schein und ein groß Ansehen der Heiligkeit vor den Leuten. Und dazu helfen nun die Exempel der Heiligen, da sie sprechen, St. Franziskus hat eine Kappe getragen und dergleichen. Hier sehen sie allein die äußerliche Übung an, nicht das Herz und Glauben. Und wenn nun die Leute also durch so großen und prächtigen Schein der Heiligkeit betrogen werden, so folgt dann unzählige Gefahr und Unrat daraus, nämlich daß Christi Erkenntnis und das Evangelium vergessen wird, und daß man alles Vertrauen auf solche Werke setzt. Darüber so werden durch solche heuchlerische Werke die rechten guten Werke, die Gott in den zehn Geboten fordert, ganz unterdrückt (welches schrecklich ist zu hören). Denn die Werke müssen allein geistlich, heilig, vollkommen Leben heißen und werden dann weit vorgezogen den rechten, heiligen guten Werken, da ein jeder nach Gottes Gebot in seinem Beruf zu wandeln, die Obrigkeit fleißig, treulich zu regieren, die Hausväter, die ehelichen Leute, Weib und Kind, Gesinde in christ-licher Zucht zu halten schuldig sind; item, da eine Magd, ein Knecht seinem Herrn treulich zu dienen pflichtig ist. Dieselben Werke hält man nicht für göttlich, sondern für weltlich Wesen, also daß viele Leute darüber sich ein schwer Gewissen gemacht. Denn man weiß je, daß etliche ihren Fürstenstand verlassen, etliche den Ehestand, und sind in Klöster gegangen, heilig und geistlich zu werden. Und ist außer dem Irrtum noch der Jammer dabei, daß, wenn die Leute in dem Wahn sind, daß solche Satzungen nötig seien zur Seligkeit, die Gewissen ohne Unterlaß in Unruhe und Qual sind, daß sie ihren Orden, ihre Möncherei, ihre aufgelegten Werke nicht so gestrenge gehalten haben. Denn wer könnte die Satzungen alle erzählen? Es sind unzählig viel Bücher, in welchen nicht ein Tüttel, nicht eine Silbe von Christo, vom Glauben geschrieben oder von den rechten guten Werken, die Gott gebietet, welche jeder nach seinem Beruf zu tun schuldig ist; sondern allein von solchen Satzungen schreiben sie, als von den vierzig Tagen zu fasten, von Messehören, von vier Gezeiten beten usw.; da ist des Deutens und Dispensierens kein Ende. Wie jämmerlich martert sich, wie ringt und windet sich über den Dingen der gute, fromme Mann Gerson, da er gern den Gewissen mit dem rechten Trost helfen wollte, da er gradus und latitudines sucht praeceptorum, wiefern dieselben Gebote binden, und kann doch nicht finden einen gewissen Grad, da er darf dem Herzen Sicherheit und Frieden gewiß zusagen. Darum klagt er auch ganz heftig, wie in großer Gefahr die Gewissen und Konszienzen dadurch stehen, daß man solche Satzungen also bei einer Todsünde fordert und will gehalten haben. Wir aber sollen uns wider solch heuchlerische, gleißende Satzungen, dadurch viele verführt und jämmerlich die Gewissen ohne Ursache geplagt werden, rüsten und stärken mit Gottes Wort und sollen erstlich das für gewiß halten, daß Vergebung der Sünden nicht durch solche Satzungen verdient wird. Wir haben den Apostel droben angezogen zu den Kolossern: „Laßt euch niemand Gewissen machen über Speise, Trank, Neumonden, Sabbater.“ Und der Apostel will das ganze Gesetz Mosis und solche Traditionen zugleich begriffen haben, damit die Widersacher hier nicht entschlüpften, wie sie pflegen, als rede Paulus allein vom Gesetz Mosis. Er zeigt aber klar genug an, daß er von menschlichen Satzungen auch rede, wiewohl die Widersacher selbst nicht wissen, was sie sagen. Denn so das Evangelium und Paulus klar melden, daß auch die Zeremonien und Werke der Gesetzes Mosis vor Gott nicht helfen, so werden's viel weniger menschliche Satzungen tun. Derhalben haben die Bischöfe nicht Macht noch Gewalt, eigenerwählte Gottes-dienste aufzurichten, welche sollen die Leute vor Gott heilig und fromm machen. Denn es sagen auch die Apostel Act. 15: „Was versucht ihr Gott und legt eine Bürde auf die Jünger?“ usw. Da schilt es Petrus als eine große Sünde, damit man Gott verlästere und versuche. Darum ist es der Apostel Meinung, daß diese Freiheit in der Kirche bleiben soll, daß keine Zeremonien, weder das Gesetz Mosis noch andere Satzungen, sollen als nötige Gottesdienste geschätzt werden; wie etliche Zeremonien im Gesetz Mosis als nötig mußten im Alten Testament eine Zeitlang gehalten werden. Darum müssen wir auch wehren, daß die Predigt von der Gnade und von Christo, von Vergebung der Sünden aus lauter Gnade nicht unterdrückt werde, und der schädliche Irrtum nicht einreiße, als seien die Satzungen nötig, fromm vor Gott zu sein. Es habe Gerson und viel andere treue, fromme Leute, welche über die großen Gefahren der Gewissen Mitleid getragen, Epikeian und Linderung gesucht, wie man doch darin den Gewissen helfen könnte, daß sie durch die Traditionen nicht in so mannigfaltige Wege gemartert würden, und haben nichts Gewisses finden können, den Gewissen aus den Banden zu helfen. Die Heilige Schrift und die Apostel aber sind kurz hindurch-gegangen und haben schlecht mit einem Striche alles quittiert und klar dürr herausgesagt, daß wir in Christo frei, ledig seien von allen Traditionen, sonderlich wenn man dadurch Seligkeit und Vergebung der Sünden zu erlangen sucht. Darum lehren auch die Apostel, daß man der schädlichen pharisäischen Lehre soll widerstreben mit Lehren und mit dem Gegenexempel. Darum lehren wir, daß solche Satzungen nicht gerecht machen vor Gott, daß sie auch nicht not seien zur Seligkeit, daß auch niemand solche Satzungen machen oder annehmen soll der Meinung, daß er wolle vor Gott dadurch gerecht werden. Wer sie aber halten will, der halte sie, wie ich einen andern Stadtgebrauch möchte halten, da ich wohne, ohne alles Vertrauen, dadurch gerecht zu werden vor Gott. Als, daß ich bei den Deutschen deutsche Kleidung trage, bei den Walen welsche, halte ich als einen Landbrauch, nicht dadurch selig zu werden. Die Apostel, wie das Evange-lium anzeigt, brechen frisch solche Satzungen und werden von Christo derhalben gelobt. Denn man muß es nicht allein mit Lehren, Predigen, sondern auch mit der Tat den Pharisäern anzeigen und beweisen, daß solche Gottesdienste nichts nütze sind zur Seligkeit. Und darum, ob die Unsern gleich etliche Traditionen und Zeremonien nachlassen, so sind sie doch genugsam entschuldigt. Denn die Bischöfe fordern solches als nötig zur Seligkeit; das ist ein Irrtum, der nicht zu leiden ist. Weiter, die ältesten Satzungen aber in der Kirche, als die drei hohen Feste usw., die Sonntagsfeier und dergleichen, welche um guter Ordnung, Einigkeit und Friedens willen erfunden usw., die halten wir gerne. Auch so predigen die Unsern aufs glimpflichste vor dem Volk davon; allein, daneben sagen sie, daß sie vor Gott nicht gerecht machen. Darum reden die Widersacher ihre Gewalt und tun uns ganz vor Gott unrecht, wenn sie uns schuld geben, daß wir alle guten Zeremonien, alle Ordnungen in der Kirche abbringen und nieder-legen. Denn wir mögen es mit der Wahrheit sagen, daß es christlicher, ehrlicher in unsern Kirchen mit rechten Gottesdiensten gehalten wird denn bei den Wider-sachern. Und wo gottesfürchtige, ehrbare, verständige, unparteiische Leute sind, die diese Sache recht genau wollen bedenken und ansehen, so halten wir die alten Canones und mentem legis mehr, reiner und fleißiger denn die Wider-sacher. Denn die Widersacher treten unverschämt die allerehrlichsten Canones mit Füßen, wie sie dann Christo und dem Evangelio auch tun. Die Pfaffen und Mönche in Stiften mißbrauchen der Messe aufs schrecklichste und greulichste, halten Messen täglich in großer Anzahl allein um der Abgaben willen, um des Geldes, um des schändlichen Bauchs willen. So singen sie die Psalmen in Stiften, nicht daß sie studieren oder ernstlich beten (denn das mehrere Teil versteht nicht einen Vers in den Psalmen), sondern halten ihre Metten und Vesper als einen gedingten Gottesdienst, der ihnen ihre Rente und Zinse trägt. Dieses alles können sie nicht leugnen. Es schämen sich auch selbst etliche Redliche unter ihnen desselben Jahrmarkts und sagen, clerus bedürfe einer Reformation. Bei uns aber braucht das Volk des heiligen Sakraments willig, ungedrungen, alle Sonntage, welche man erst verhört, ob sie in christlicher Lehre unterrichtet sind, im Vaterunser, im Glauben, in den zehn Geboten etwas wissen oder verstehen. Item, die Jugend und das Volk singt ordentlich lateinische und deutsche Psalmen, daß sie der Sprüche der Schrift gewöhnen und beten lernen. Bei den Widersachern ist kein Katechismus, da doch die Canones von reden. Bei uns werden die Canones gehalten, daß die Pfarrer und Kirchendiener öffentlich und daheim die Kinder und Jugend in Gottes Wort unterweisen. Und der Katechismus ist nicht ein Kinderwerk, wie Fahnen, Kerzentragen, sondern eine sehr nützliche Unterrichtung. Bei den Widersachern wird in vielen Ländern, als in Italien und Hispanien usw., das ganze Jahr durch nicht gepredigt denn allein in der Fasten. Da sollten sie schreien und billig hoch klagen; denn das heißt auf einmal alle Gottesdienste recht umgestoßen. Denn der allergrößte, heiligste, nötigste, höchste Gottesdienst, welchen Gott im ersten und andern Gebot als das Größte hat gefordert, ist Gottes Wort predigen: denn das Predigtamt ist das höchste Amt in der Kirche. Wo nun der Gottesdienst ausgelassen wird, wie kann da Erkenntnis Gottes, die Lehre Christi oder das Evangelium sein? Darum, wenn sie gleich in der Fasten oder sonst zur andern Zeit predigen, lehren sie nichts denn von solchen Menschensatzungen, vom Anrufen der Heiligen, von Weih-wasser und von solchen Narrenwerken und ist der Gebrauch, daß ihr Volk bald, wenn der Text des Evangelii gesagt ist, aus der Kirche laufe, welches sich vielleicht davon angefangen, daß sie nicht haben mögen die andern Lügen hören. Etliche wenige unter ihnen heben nun auch an, von guten Werken zu predigen. Von der Erkenntnis Christi aber, vom Glauben, vom Trost der Ge-wissen können sie nichts predigen, sondern dieselbe selige Lehre, das liebe, heilige Evangelium, nennen sie Lutherisch. In unserer Kirche aber werden von Predigern diese folgenden nötigen Stücke mit höchstem Fleiß gelehrt: von rechter Buße, von der Furcht Gottes, von dem Glauben, was der sei, von der Erkenntnis Christi, von der Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt; item, wie die Gewissen in Ängsten und Anfechtungen sollen Trost suchen, wie der Glaube durch allerlei Anfechtungen muß geübt werden, was ein recht Gebet sei, wie man beten soll; item, daß ein Christ gewiß sich trösten soll, daß sein Rufen und Bitten Gott werde erhören im Himmel; von dem heiligen Kreuz, vom Gehorsam gegen die Obrigkeit; item, wie ein jeder in seinem Stande christlich leben und fahren mag; vom Gehorsam der Herrengebote, aller weltlichen Ordnungen und Gesetze; item, wie zu unterscheiden seien das geistliche Reich Christi und die Regimente und Reiche in der Welt; von dem Ehestande, und wie der christlich zu führen sei; von Zucht der Kinder, von der Keuschheit, von allerlei Werken der Liebe gegen den Nächsten. Also ist unsere Kirche mit Lehre und Wandel bestellt, daraus unparteiische Leute wohl merken und abnehmen können, daß wir christliche, rechte Zeremonien nicht abtun, sondern mit Fleiß aufs treulichste erhalten. Und die Kasteiung des Fleisches oder alten Adams lehren wir also, wie unsere Konfession meldet, daß die rechte Kasteiung dann geschieht, wenn uns Gott den Willen bricht, Kreuz und Trübsal zuschickt, daß wir lernen seinem Willen gehor-sam sein, wie Paulus zu den Römern am 12. sagt: „Begebet eure eigenen Leiber zu einem heiligen Opfer.“ Und das sind rechte heilige Kasteiungen, also in Anfechtungen lernen Gott kennen, ihn fürchten, lieben usw. Über dieselben Trübsale, welche nicht in unserm Willen stehen, sind auch noch die leiblichen Übungen, da Christus von sagt: „Hütet euch, daß eure Leiber nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen!“ und Paulus zu den Korinthern: „Ich zähme meinen Leib“ usw. Die Übungen sollen darum geschehen, nicht daß es nötige Gottesdienste seien, dadurch man vor Gott fromm werde, sondern daß wir unser Fleisch im Zaum halten, damit wir durch Völlerei und Beschwerung des Leibes nicht sicher und müßig werden, des Teufels Reizungen und des Fleisches Lüsten folgen. Dasselbe Fasten und Kasteien sollte nicht allein auf gewisse Zeit, sondern allezeit geschehen. Denn Gott will, daß wir allezeit mäßig und nüchtern leben, und wie die Erfahrung gibt, so helfen dazu nicht viel bestimmte Fasten-tage. Denn man hat mit Fischen und allerlei Fastenspeise mehr Unkost und Schwelgerei getrieben denn außer der Fasten; Und die Widersacher selbst haben die Fasten nie gehalten dergestalt, wie sie in canonibus angezeigt ist. Dieser Artikel von den menschlichen Traditionen oder Satzungen hat ganz viel schwere Disputationen und Fragen hinter sich, und die Erfahrung hat's allzustark gegeben, daß solche Satzungen rechte schwere Ketten und Stricke sind, die Gewissen jämmerlich zu quälen. Denn wenn dieser Wahn da ist, daß sie nötig seien zur Seligkeit, so plagen sie über alle Maßen ein arm Gewissen. Die denn fromme Herzen wohl erfahren, wenn sie in horis canonicis eine Complete ausgelassen usw. oder dergleichen dawider getan. Wiederum schlechthin die Freiheit lehren, hat auch seine Bedenken und seine Fragen, nachdem das gemeine Volk äußerlicher Zucht und Anleitung bedarf. Aber die Widersacher machen diese Sache selbst gewiß und schlecht. Denn sie verdammen uns darum, daß wir lehren, daß wir durch menschliche Satzungen nicht verdienen Vergebung der Sünden vor Gott. Item, sie wollen ihre Satzungen durch die ganze Kirche universaliter durchaus gehalten haben, schlechts als nötig, und setzen sie an Christus Statt. Da haben wir einen starken Patron für uns, den Apostel Paulum, welcher an allen Orten das streitet, daß solche Satzungen vor Gott nicht gerecht machen und nicht nötig seien zur Seligkeit. Auch lehren die Unsern deutlich und klar, daß man der christlichen Freiheit in den Dingen also gebrau-chen soll, daß man vor den Schwachen, so solches nicht unterrichtet sind, nicht Ärgernis anrichte, und daß nicht etwa diejenigen, so der Freiheit mißbrauchen, die Schwachen von der Lehre des Evangelii abschrecken. Darum lehren auch unsere Prediger, daß ohne besondere und ohne bewegende Ursachen an den Kirchenbräuchen nichts geändert soll werden, sondern um Friedens und Einigkeit willen soll man diejenigen Gewohnheiten halten, so man ohne Sünde und ohne Beschwerung der Gewissen halten kann. Und auf diesem Augsburger Reichstag haben wir uns gleich genug finden und vernehmen lassen, daß wir um Liebe willen unbeschwert sein wollten, etliche adiaphora mit den andern zu halten. Denn wir haben auch bei uns wohl bedacht, daß gemeine Einigkeit und Friede, soviel derselben ohne Beschwerung der Gewissen zu erhalten wäre, billig allen andern, geringen Sachen würde vorgezogen. Aber von dem allem wollen wir hernach weiter reden, wenn wir von Klostergelübden und von der potestate ecclesiastica handeln werden.