HEINRICH BULLINGER

DAS ZWEITE HELVETISCHE BEKENNTNIS

(CONFESSIO HELVETICA POSTERIOR 1566)

 

I. KAPITEL: DIE HEILIGE SCHRIFT, DAS WAHRE WORT GOTTES

 

Wir glauben und bekennen, dass die kanonischen Schriften der heiligen Prophe-ten und Apostel beider Testamente das wahre Wort Gottes sind, und dass sie aus sich selbst heraus Kraft und Grund genug haben, ohne der Bestätigung durch Menschen zu bedürfen. Denn Gott selbst hat zu den Vätern, Propheten und Aposteln gesprochen und spricht auch jetzt noch zu uns durch die Heiligen Schriften. Und in dieser Heiligen Schrift besitzt die ganze Kirche Christi eine vollständige Darstellung dessen, was immer zur rechten Belehrung über den seligmachenden Glauben und ein Gott wohlgefälliges Leben gehört. Deshalb wird von Gott deutlich verboten, etwas dazu oder davon zu tun (5. Mose 4,2). Wir sind darum der Ansicht, dass man aus diesen Schriften die wahre Weisheit und Frömmigkeit, die Verbesserung und Leitung der Kirchen, die Unterweisung in allen Pflichten der Frömmigkeit und endlich den Beweis der Lehren und den Gegenbeweis oder die Widerlegung aller Irrtümer, aber auch alle Ermahnungen gewinnen müsse, nach jenem Apostelwort: „Jede von Gottes Geist eingegebene Schrift ist auch nütze zur Lehre, zur Überführung usw.“ (2. Tim. 3,16). Und wiederum sagt der Apostel zu Timotheus (1. Tim. 3,15): „Dies schreibe ich dir..., damit du wissest, wie man sich verhalten muss im Hause Gottes“. Ferner schreibt derselbe Apostel an die Thessalonicher: „...dass ihr das von uns ge-predigte Wort Gottes, als ihr es empfingt, aufgenommen habt nicht als Wort von Menschen, sondern wie es in Wahrheit ist, als Wort Gottes usw. (1. Thess. 2,13). Denn der Herr hat selbst im Evangelium gesagt (Mt. 10,20; Luk. 10,16; Joh. 13,20) „Denn nicht ihr seid es, die reden, sondern der Geist eures Vaters ist's, der in euch redet. Deshalb: wer euch hört, der hört mich, und wer euch verwirft, der verwirft mich.“ Wenn also heute dieses Wort Gottes durch rechtmäßig berufene Prediger in der Kirche verkündigt wird, glauben wir, dass Gottes Wort selbst verkündigt und von den Gläubigen vernommen werde, dass man aber auch kein anderes Wort Gottes erfinden oder vom Himmel her erwarten dürfe: Und auch jetzt müssen wir auf das Wort selber achten, das gepredigt wird, und nicht auf den verkündigenden Diener; ja, wenn dieser sogar ein arger Bösewicht und Sünder wäre, so bleibt nichtsdestoweniger das Wort Gottes wahr und gut. Nach unserer Ansicht darf man jene äußere Predigt auch nicht deshalb für gleichsam unnütz halten, weil die Unterweisung in der wahren Religion von der inneren Erleuchtung des Geistes abhänge: deshalb, weil geschrieben stehe (Jer. 31,34): „Da wird keiner mehr den andern, keiner seinen Bruder belehren und sprechen „Erkennet den Herrn“, sondern sie werden mich alle erkennen...„ Und (1. Kor. 3,7): „Somit ist weder der etwas, welcher pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern Gott, der das Gedeihen gibt.“ Obwohl nämlich (Joh. 6,44) niemand zu Christus kommen kann, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe, und dass er inwendig vom Heiligen Geist erleuchtet sei, wissen wir doch, dass Gott will, man solle sein Wort überall auch öffentlich verkündigen. Gott hätte freilich den Cornelius – in der Apostelgeschichte – auch ohne den Dienst des heiligen Petrus durch seinen Heiligen Geist oder durch den Dienst eines Engels unter-weisen können, er wies ihn aber nichtsdestoweniger an Petrus, von dem der Engel sagt: „Dieser wird dir sagen, was du tun sollst“ (Apg. 10,6). Denn der, der durch die Gabe des Heiligen Geistes die Menschen inwendig erleuchtet, derselbe gibt seinen Jüngern den Befehl: „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evange-lium allen, die erschaffen sind!“ (Mk. 16,15). Daher predigte Paulus in Philippi der Purpurkrämerin Lydia das Evangelium äußerlich, innerlich aber „tat ihr der Herr das Herz auf“ (Apg. 16,14). Ebenso kommt Paulus (in Röm. 10,13-17) nach einer feinen Entwicklung seiner Gedanken zu dem Schluss: „Also kommt der Glaube aus der Predigt, die Predigt aber durch das Wort Christi.“ Wir geben allerdings zu, Gott könne Menschen auch ohne die äußere Verkündigung erleuchten, wann und welche er wolle: das liegt in seiner Allmacht. Wir reden aber von der ge-wöhnlichen Art, wie die Menschen unterwiesen werden müssen, wie sie uns durch Befehl und Beispiel von Gott überliefert ist. Wir verwerfen daher alle Irrlehren des Artemon, der Manichäer, der Valentinianer, des Credo und der Marcioniten, die geleugnet haben, dass die Heiligen Schriften vom Heiligen Geist gewirkt seien, oder die einige davon nicht anerkannt, andere mit Einschüben versehen oder verstümmelt haben. Indessen verhehlen wir keineswegs, dass gewisse Bücher des Alten Testaments von den Alten „Apokryphen“ von andern „Ecclesiastici“ genannt worden sind, da sie zwar wollten, dass sie in den Kirchen gelesen, jedoch nicht, dass sie zur Bekräftigung des Glaubens herbeigezogen werden. Wie auch Augustin im 18. Buch seiner Schrift „Der Gottesstaat“, Kapitel 38, daran erinnert, dass in den Königsbüchern Namen und Bücher gewisser Propheten angeführt seien, aber beifügt, diese befänden sich nicht im Kanon, und für die Frömmigkeit genügten die Bücher, die wir hätten.

 

II. KAPITEL: DIE AUSLEGUNG DER HEILIGEN SCHRIFTEN, DIE KIRCHEN-VÄTER, DIE ALLGEMEINEN KIRCHENVERSAMMLUNGEN UND DIE ÜBER-LIEFERUNGEN

 

Der Apostel Petrus hat erklärt, die Auslegung der Heiligen Schriften sei nicht dem Belieben jedes Einzelnen anheimgestellt (2. Pet. 1,20). Deshalb billigen wir nicht alle möglichen Auslegungen. Also anerkennen wir auch nicht ohne weiteres als wahre und ursprüngliche Auslegung der Schriften, was man die Auffassung der römischen Kirche nennt, das heißt eben, was die Verteidiger der römischen Kirche schlechtweg allen zur Annahme aufzudrängen suchen. Vielmehr aner-kennen wir nur das als recht gläubige und ursprüngliche Auslegung der Schriften, was aus ihnen selbst gewonnen ist durch Prüfung aus dem Sinn der Ursprache, in der sie geschrieben sind, und in Berücksichtigung des Zusammenhanges, ferner durch den Vergleich mit ähnlichen und unähnlichen, besonders aber mit weiteren und klareren Stellen. Das stimmt mit der Regel des Glaubens und der Liebe überein und trägt vor allem zu Gottes Ehre und zum Heil der Menschen bei. Deshalb verachten wir nicht die Auslegungen der heiligen griechischen und lateinischen Kirchenväter, und wir mißbilligen auch nicht ihre Auseinander-setzungen und Abhandlungen über heilige Dinge, sofern sie mit den Schriften übereinstimmen; immerhin lehnen wir sie in aller Bescheidenheit ab, wenn es sich ergibt, dass sie den Schriften fremde oder gar ihnen widersprechende Gedanken vorbringen. Und wir glauben ihnen dann keineswegs Unrecht zu tun, da sie alle einstimmig ihre eigenen Schriften den kanonischen – das heißt biblischen – nicht gleichgestellt haben wollen, sondern geradezu auffordern zu prüfen, ob sie mit jenen übereinstimmen oder von ihnen abweichen, und verlangen, dass man das Übereinstimmende annehme und vom Widersprechen-den abstehe. Mit den Kirchenvätern in eine Reihe stellen wir die Erklärungen und Richtlinien der Kirchenversammlungen. Deshalb lassen wir uns in strittigen Punkten der Religion und des Glaubens weder durch bloße Sätze der Kirchen-väter oder durch Konzilsbeschlüsse, noch viel weniger durch angenommene Gewohnheiten oder durch die Menge derer, die derselben Meinung sind, noch durch die Einrede des Besitzes während langer Zeit in die Enge treiben. Darum anerkennen wir in Sachen des Glaubens keinen anderen Richter als Gott selbst, der durch die Heiligen Schriften verkündigt, was wahr und was falsch sei, was man befolgen und was man fliehen müsse. So geben wir uns bloß zufrieden mit Urteilen, die von geisterfüllten Menschen stammen und aus dem Worte Gottes gewonnen sind. Jeremia wenigstens und andere Propheten haben die Ver-sammlungen der Priester, die wider das Gesetz Gottes gerichtet waren, schwer missbilligt und nachdrücklich die Warnung erhoben, dass wir nicht auf die Väter hören und den Weg jener Leute betreten sollten, die nach ihren eigenen Fündlein wandelten und sich von Gottes Gesetz abgewandt haben. Gleicherweise lehnen wir die menschlichen Überlieferungen ab. Sie mögen sich mit noch so schön klingenden Titeln schmücken, als ob sie göttlichen und apostolischen Ursprungs seien, indem sie durch mündliche Überlieferung der Apostel und schriftliche Überlieferung apostolischer Männer der Kirche von Bischof zu Bischof übergeben worden seien, die aber, wenn man sie mit den Schriften vergleicht, von ihnen abweichen und gerade durch diese Widersprüche beweisen, dass sie nicht im geringsten apostolisch sind. So wie die Apostel nichts einander Widersprechen-des gelehrt haben, so haben auch die apostolischen Väter nichts den Aposteln Entgegengesetztes weitergegeben. Es wäre doch wahrlich gottlos zu behaupten, die Apostel hätten durch das mündliche Wort ihren Schriften Widersprechendes überliefert. Paulus sagt unzweideutig, er habe in allen Gemeinden dasselbe gelehrt (1. Kor. 4,17). Und abermals sagt er: „Wir schreiben euch nichts anderes, als was ihr lest oder auch erkennt“ (2. Kor. 1,13). Anderswo bezeugt er weiter, dass er und seine Schüler, das heißt apostolische Männer, denselben Weg gehen und gleicherweise im selben Geiste alles tun (2. Kor. 12,18). Wohl hatten auch die Juden einst ihre Überlieferungen der Alten, aber diese sind vom Herrn scharf zurückgewiesen worden, indem er zeigte, wie deren Beobachtung dem Gesetze Gottes den Weg versperre, und dass man Gott durch solche Über-lieferungen vergeblich verehre (Mt. 15,8-9; Mk. 7,7).

 

III. KAPITEL: GOTT IN SEINER EINHEIT UND DREIEINIGKEIT

 

Wir glauben und lehren, dass Gott Einer sei nach Wesen und Natur, dass er durch sich selbst bestehe und in allem sich selbst genüge, dass er der unsicht-bare, unkörperliche, unendliche, ewige, der Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge sei, das höchste Gut, der Lebendige, der alles ins Leben ruft und erhält, allmächtig und allweise, gütig oder auch barmherzig, gerecht und wahrhaftig. Wir verabscheuen aber die Vielgötterei, da ausdrücklich geschrieben steht: „Der Herr, unser Gott, ist ein Herr“ (5. Mose 6,4). „Ich bin der Herr, dein Gott ... du sollst keine andern Götter neben mir haben“ (2. Mose 20,3). „Ich bin der Herr, und keiner sonst“ (Jes. 45,5 und 18). „Bin nicht ich es, der Herr? und es ist keiner sonst, kein Gott außer mir, ein wahrhaftiger, rettender Gott ist nicht neben mir!“ (Jes. 45,21). „Der Herr, der Herr – ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue“ (2. Mose 34,6). Nichtsdestoweniger glauben und lehren wir, dass dieser unendliche, eine und unzerteilte Gott unzertrennt und unvermischt unterschieden sei in Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist, derart, dass der Vater den Sohn von Ewigkeit gezeugt habe, der Sohn durch unbeschreibbare Geburt geboren sei, der Heilige Geist aber von beiden ausgehe, und zwar von Ewigkeit, und mit beiden angebetet werden müsse. So sind denn zwar nicht drei Götter, sondern drei wesensgleiche Perso-nen, gleich ewig, einander eben gleich und doch ihrem Stande nach unter-schieden, der Ordnung gemäß einer dem andern vorgehend, jedoch ohne Ungleichheit. Nach Natur oder Wesen sind sie nämlich miteinander so ver-bunden, dass nur ein einziger Gott ist und das göttliche Wesen dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste gemeinsam ist. Die Unterscheidung der drei Personen hat uns nämlich die Schrift deutlich überliefert, indem der Engel unter anderem zu der göttlichen Jungfrau spricht: „Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das gezeugt wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Luk. 1,35). Aber auch bei der Taufe Christi hörte man eine Stimme, die vom Himmel herab auf Jesus kam, die sprach: „Dies ist mein geliebter Sohn“ (Mt. 3,17). Es erschien aber auch der Heilige Geist in Gestalt einer Taube (Joh. 1,32). Und als der Herr selbst den Taufbefehl gab, befahl er zu taufen „auf den Namen des Vater, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt. 28,19). Desgleichen hat er anderswo im Evangelium gesagt: „Der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird...“ (Joh. 14,26). Ebenso spricht er wiederum: „Wenn der Beistand kommt, den ich euch vom Vater her senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, so wird der von mir zeugen“ (Joh. 15,26). Kurz, wir nehmen das Bekenntnis der Apostel an, das uns den wahren Glauben überliefert. Wir ver-werfen deshalb die Ansichten der Juden und Mohammedaner und aller, die diese hochheilige und anbetungswürdige Dreieinigkeit lästern. Wir verwerfen ebenso alle Irrlehren und Irrlehrer, die lehren, der Sohn und der Heilige Geist seien nur dem Namen nach Gott, oder in der Dreieinigkeit sei ein Erschaffenes und Dienendes, oder eines dem andern untertan, oder es sei darin Ungleiches, Größeres und Kleineres, Leibliches oder leiblich Nachgebildetes, nach Sitten und Willen Verschiedenes, oder dann Vermischtes oder Einzelstehendes, oder dass der Sohn und der Heilige Geist nur andere Zustände oder besondere Erschei-nungsformen des einen Gottvaters seien, wie die Monarchianer geglaubt haben, oder die Noetianer, wie Praxeas, die Patripassianer, wie Sabellius, Samo-satenus, Aetius und Macedonius, die Anthropomorphiten und schließlich wie Arius und andere dergleichen.

 

IV. KAPITEL: BILDER GOTTES, CHRISTI UND DER HEILIGEN

 

Weil nun Gott unsichtbarer Geist und unendlichen Wesens ist, kann er auch nicht durch irgendeine Kunst oder ein Bild dargestellt werden; deshalb scheuen wir uns nicht, mit der Heiligen Schrift bildliche Darstellungen Gottes lauter Lug und Trug zu nennen. Wir verwerfen daher nicht bloß die heidnischen Götzenbilder, sondern auch Bilder, die von Christen verehrt werden. Denn obschon Christus menschliches Wesen angenommen hat, hat er das nicht deshalb getan, um Bildhauern und Malern als Modell zu dienen. Er hat gesagt, er sei nicht ge-kommen, Gesetz und Propheten aufzulösen (Mt. 5,17). Im Gesetz und in den Propheten werden aber Bilder verboten (5. Mose 4,16 und 23; Jes. 40,18ff.). Er sagt nicht, dass er in der Kirche leiblich gegenwärtig sein werde, sondern er verheißt, uns mit seinem Geiste stets nahe zu sein (Joh. 16,7); wer mag also glauben, dass ein bloßer Schatten oder ein Bild des Leibes (2. Kor. 5,16) den Frommen irgend etwas nütze? Und wenn er in uns bleibt durch seinen Heiligen Geist, so sind wir ja Tempel Gottes (1. Kor. 3,16). „Was für eine Vereinbarung besteht zwischen dem Tempel Gottes und den Götzen?“ (2. Kor. 6,16). Und wenn die seligen Geister und die bei Gott im Himmel Vollendeten, so lange sie hier lebten, alle göttliche Verehrung ablehnten und gegen die Götzenbilder ankämpften (Apg. 3,12; 14,15; Offb. 14,7; 22,8 und 9), wem soll es da einleuch-ten, dass den bei Gott im Himmel Vollendeten und Engeln Bilder gefielen, vor denen die Menschen ihre Knie beugen, das Haupt entblößen und andere Ehrenbezeugungen vollziehen? Damit aber die Menschen im Glauben unter-wiesen und über göttliche Dinge und ihre Seligkeit belehrt würden, hat der Herr befohlen, das Evangelium zu predigen (Mk. 16,15), aber nicht zu malen oder mit Malerei das Volk zu lehren; er hat auch die Sakramente eingesetzt, aber nirgends Bilder verordnet. Wir mögen aber unsere Blicke hinwenden, wohin wir wollen, so begegnen uns lebendige und wahre Geschöpfe Gottes, die, wenn sie beachtet würden, wie es billig wäre, den Betrachter weit mehr ergreifen müssten, als alle von Menschen geschaffenen Bilder oder ihre nichtssagenden, unbe-weglichen, matten und toten Bildgestalten, von denen der Prophet mit Recht sagt: „Sie haben einen Mund und können nicht reden, haben Augen und können nicht sehen; sie haben Ohren und hören nicht...“ (Ps. 115,5-7). Deshalb sind wir einverstanden mit dem Ausspruch des alten Schriftstellers Lactantius, der gesagt hat: Zweifellos ist da keine Religion, wo ein Bild ist. Wir finden auch, der selige Bischof Epiphanius habe wohl getan, als er ein Bild von Christus oder irgend-einem Heiligen, das er auf einem Vorhang an der Kirchentüre fand, zerschnitt und wegnahm, weil er erkannt hatte, dass es gegen die Heilige Schrift gehe, wenn in der Kirche Christi das Bild eines Menschen hange. Deshalb ordnete er auch an, dass künftig in der Kirche Christi keine derartigen Vorhänge mehr aufgehängt werden dürften, die unserem Glauben zuwiderlaufen, sondern dass man vielmehr solche Verwirrung stiftenden Dinge beseitigen müsse, die der Kirche und der Gläubigen unwürdig seien. Wir billigen auch die Meinung des heiligen Augustin, der in seinem Buche „Die wahre Religion“ im 55. Kapitel gesagt hat, unser Glaube heiße uns nicht Menschenwerke verehren; denn die Werkmeister, die solche Werke herstellen, seien doch gewiss höher zu achten, und dennoch sollen wir nicht einmal ihnen göttliche Verehrung zuteil werden lassen.

 

V. KAPITEL: ANBETUNG, VEREHRUNG UND ANRUFUNG GOTTES DURCH DEN EINZIGEN MITTLER JESUS CHRISTUS

 

Wir lehren dass man den wahren Gott allein anbeten und verehren soll. Diese Ehre geben wir keinem andern nach dem Befehl des Herrn: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen“ (Mt. 4,10). Alle Propheten haben das Volk Israel sehr ernstlich getadelt, wenn sie fremde Götter und nicht einzig den wahren Gott allein angebetet und verehrt haben. Und zwar lehren wir, dass man Gott anbeten und verehren müsse, wie er uns selbst gelehrt hat, ihm zu dienen, nämlich im Geist und in der Wahrheit (Joh. 4,23 und 24), nicht auf aber-gläubische Weise, sondern mit Aufrichtigkeit, nach seinem Wort, damit er nicht einst zu uns sagen müsse: Wer hat das von euren Händen gefordert? (Jes. 66,1ff.; Jer. 7,22). Auch Paulus sagt: „Gott lässt sich nicht von Menschenhänden Dienst erweisen, als ob er noch etwas bedürfte, während er selbst allen Leben und Atem und alles gibt“ (Apg. 17,25). Diesen einen Gott rufen wir an in allen Entscheidungen und Wechselfällen unseres Lebens, und zwar durch die Vermittlung unseres einzigen Mittlers und Fürbitters Jesus Christus. Es ist uns ja bestimmt geboten: „Rufe mich an am Tage der Not, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen“ (Ps. 50,15). Unser Herr hat uns aber auch in freund-lichster Weise die Verheißung gegeben: „Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet, so wird er es euch um meines Namens willen geben“ (Joh. 16,23). Ebenso: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch Ruhe geben“ (Mt. 11,28). Und wenn geschrieben steht: „Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht gläubig geworden sind?“ (Röm. 10,14), so glauben wir eben an Gott allein und rufen deshalb auch ihn allein an, und zwar durch Christus. Der Apostel sagt nämlich: „Es ist ein Gott, es ist auch ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus“ (1. Tim. 2,5), und: „Wenn jemand sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater, Jesus Christus, den Gerechten“ (1. Joh. 2,1). Darum beten wir nicht die himmlischen oder göttlichen Heiligen an, geben ihnen nicht göttliche Ehre, rufen sie auch nicht an, noch anerkennen wir sie als unsere Fürsprecher und Mittler vor dem Vater im Himmel. Uns genügt Gott und der Mittler Christus, und die Ehre, die wir Gott und seinem Sohne schuldig sind, geben wir niemand anders, weil Gott ausdrücklich gesagt hat: „...ich will meine Ehre keinem andern geben...“ (Jes. 42,8), und weil Petrus sagt: „...es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel für die Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen...“ (Apg. 4,12). Die in diesem Namen durch den Glauben Ruhe gefunden haben, suchen nichts außer Christus. Dabei verachten wir jedoch nicht die göttlichen Heiligen, noch denken wir gering von ihnen. Wir anerkennen, dass sie lebendige Glieder Christi sind, Freunde Gottes, die Fleisch und Welt sieghaft überwunden haben. Wir lieben sie deshalb wie Brüder und ehren sie auch, allerdings nicht im Sinne göttlicher Verehrung, sondern durch ehrenvolle Wertschätzung und rechtes Lob. Ebenso folgen wir ihrem Beispiel. Denn wir wünschen mit inbrünstigem Verlangen und Gebet, als Nachfolger ihres Glaubens und ihrer Tugenden einst ebenso des ewigen Heils teilhaftig zu werden, mit ihnen ewig bei Gott zu wohnen und uns mit ihnen in Christus zu freuen. In diesen Punkten stimmen wir auch dem Satz des heiligen Augustin in seinem Buche über „Die wahre Religion“ zu: „Unser Glaube soll nicht bestehen in der Verehrung von Toten. Wenn sie nämlich fromm gelebt haben, so dürfen wir von ihnen nicht annehmen, dass sie auf derartige Ehren Anspruch erheben, sondern dann wollen sie, dass jener von uns verehrt werde, durch dessen Erleuchtung sie sich freuen, dass wir Genossen ihres Verdienstes sind. Daher sind sie zu ehren, weil sie der Nachahmung wert sind, aber sie sind nicht in religiösem Sinne anzubeten.“ Um so weniger glauben wir, dass man die Überreste der Heiligen anbeten oder verehren dürfe. Jene alten Heiligen – das heißt Christen – glaubten, ihren Toten genügend Ehre angetan zu haben, wenn sie deren Überreste zur Erde bestattet hatten, nachdem ihr Geist gen Himmel entflohen war. Und als allervornehmste Hinterlassenschaft der Vorfahren betrachteten sie deren Tugenden, Lehre und Glauben. Wie sie diese mit dem Lob der Toten empfahlen, so gaben sie sich schon zu ihren Lebzeiten Mühe, sie selber zu verwirklichen. Jene alten Christen haben auch bloß beim Namen des einen Gottes Jehova geschworen nach der Vorschrift des göttlichen Gesetzes. Denn wie dort verboten ist, im Namen anderer Götter zu schwören (5. Mose 10,20; 2. Mose 23,13), so leisten wir auch keinen bei den Heiligen geforderten Schwur. Wir verwerfen deshalb in allen diesen Punkten jede Lehre, die den himmlischen Heiligen zu viel Ehre antut.

 

VI. KAPITEL: DIE VORSEHUNG GOTTES

 

Wir glauben, dass durch die Vorsehung dieses weisen, ewigen und allmächtigen Gottes alles im Himmel und auf Erden und bei allen Geschöpfen erhalten und geleitet werde. Denn David bezeugt und sagt: „Der Herr ist erhaben über alle Völker, und eine Herrlichkeit über die Himmel! Wer ist dem Herrn gleich, unserm Gott, im Himmel und auf der Erde? Ihm, der droben thront in der Höhe, der herniederschaut in die Tiefe...“ (Ps. 113,4-6). Derselbe wiederum sagt: „...mit all meinen Wegen bist du vertraut. Ja, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, o Herr, nicht wüsstest...“ (Ps. 139,3 und 4). Auch Paulus bezeugt und sagt: „In ihm leben, weben und sind wir“ (Apg. 17,28), und: „Aus ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge“ (Röm. 11,36). Deshalb tut Augustin ganz richtig und schrift-gemäß den Ausspruch – im 8. Kapitel seines Buches „Der Kampf des Christen“ –: „Der Herr hat gesagt: „Verkauft man nicht zwei Sperlinge für fünf Rappen? und nicht einer von ihnen wird ohne Zutun eures Vaters auf die Erde fallen““ (Mt. 10,29). Indem er aber so sprach, wollte er zeigen, dass durch Gottes Allmacht sogar das geleitet werde, was die Menschen höchst gering schätzen. So spricht die Wahrheit selbst, dass die Vögel des Himmels von Gott gespeist und die Lilien auf dem Felde von ihm bekleidet werden; die Wahrheit, die auch bezeugt, dass unsere Haare auf dem Haupte alle gezählt seien (Mt. 6,26.28; 10,30) usw.. Wir verwerfen deshalb die Ansicht der Epikuräer, die eine Vorsehung Gottes leug-nen, und aller jener, die lästerlich behaupten, Gott bewege sich nur innerhalb der Grenzen des Himmels, könne aber uns und das Unsrige nicht sehen und auch nicht dafür sorgen. Diese Leute hat schon der königliche Prophet David verurteilt, der gesagt hat: „Wie lange sollen die Gottlosen, o Herr, wie lange noch sollen sie frohlocken...? Sie denken: der Herr sieht es nicht, der Gott Jakobs merkt es nicht. Merkt's euch doch, ihr Narren im Volke, ihr Toren, wann werdet ihr klug? Der das Ohr gepflanzt, sollte der nicht hören? Der das Auge gebildet, sollte der nicht sehen?“ (Ps. 94,3.7-9). Allerdings verschmähen wir die Mittel nicht als unnütz, durch die die göttliche Vorsehung sich vollzieht, sondern wir lehren, dass wir uns ihnen soweit anpassen müssen, als sie uns im Wort Gottes empfohlen werden. Daher missbilligen wir die unbesonnenen Worte jener Leute, die sagen: Wenn alles durch Gottes Vorsehung geschieht, so sind unsere Bestrebungen und Anstrengungen ganz vergeblich; es genügt, wenn wir alles der göttlichen Vor-sehung überlassen, und wir haben keinen Grund, uns um irgend etwas zu kümmern oder etwas zu tun. Denn wenn auch Paulus anerkannte, dass er durch das Walten der Vorsehung Gottes nach Rom fahre, der ihm selbst gesagt hatte: „Du sollst auch in Rom Zeugnis ablegen“ (Apg. 23,11), der überdies verheissen und gesprochen hatte: „Kein Einziger aus euch wird das Leben verlieren“ (Apg. 27,22), und „Keinem von euch wird ein Haar vom Haupte verloren gehen“ (Apg. 27,34), so sagt derselbe Paulus nichtsdestoweniger, als die Seeleute an die Flucht denken, zum Hauptmann und zu den Soldaten ebenfalls: „Wenn diese nicht im Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden“ (Apg. 27,31). Denn Gott, der jeglicher Sache ihren Zweck gibt, der hat auch Anfang und Mittel bestimmt, durch die man zum Ziele gelangt. Die Heiden schreiben die Dinge einem blinden Schicksal und dem ungewissen Zufall zu. Der heilige Jakobus will hingegen nicht, dass wir sagen: „Heute oder morgen wollen wir in die und die Stadt ziehen ... und Handel treiben“, sondern fügt hinzu: „...anstatt, dass ihr sagtet: wenn der Herr will und wir leben, wollen wir dies oder jenes tun“ (Jak. 4,13.15). Und Augustin: „Alles, was oberflächlichen Leuten im Naturverlauf zufällig zu geschehen scheint, erfüllt nur sein Wort, weil nichts ohne seinen Befehl geschieht“ (Auslegung zum Ps. 148). So schien es vielleicht auch gut Glück, wenn Saul auf der Suche nach den Eselinnen seines Vaters den Propheten Samuel traf, aber der Herr hatte bereits vorher zum Propheten gesagt: „Morgen um diese Zeit werde ich einen Mann aus dem Lande Benjamin zu dir senden...“ (1. Sam. 9,16).

 

VII. KAPITEL: DIE ERSCHAFFUNG ALLER DINGE, DIE ENGEL, DER TEUFEL UND DER MENSCH

 

Dieser gute und allmächtige Gott hat durch sein Wort, das mit ihm ewig ist, alles Sichtbare und Unsichtbare erschaffen und erhält es auch durch seinen Geist, der mit ihm ewig ist. So bezeugt auch David schon mit den Worten: „Durch das Wort des Herrn sind die Himmel gemacht und durch den Hauch seines Mundes ihr ganzes Heer“ (Ps. 33,6). Alles aber, was Gott geschaffen hatte, war, wie die Schrift sagt, sehr gut (1. Mose 1,31) und ist zum Nutzen und zum Gebrauch für den Menschen geschaffen. Alle jene Dinge aber, behaupten wir, stammen aus einem Urgrund. Wir verwerfen daher die Ansicht der Manichäer und Marcioniten, die gottlos vorgaben, es gebe zwei Grundlagen des Seins und zwei Naturen, nämlich die Naturen des Guten und Bösen, ebenso zwei Urgründe und zwei einander feindliche Götter, einen guten und einen bösen. Unter allen Geschöpfen ragen hervor die Engel und die Menschen. Von den Engeln sagt die göttliche Schrift: „der die Winde zu seinen Boten bestellt, zu seinen Dienern Lohe und Feuer“ (Ps 104,4). Ebenso: „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, zum Dienst ausgesandt um derer willen, die das Heil ererben sollen?“ (Hebr. 1,14). Der Herr Jesus selbst aber bezeugt vom Teufel: „Er war von Anfang an ein Menschen-mörder und stand nicht in der Wahrheit; denn Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater derselben“ (Joh. 8,44). Wir lehren also, dass die einen Engel im Gehorsam verharrt haben und zum treuen Dienst für Gott und die Menschen bestimmt worden sind; die andern aber sind durch eigene Schuld gefallen und ins Ver-derben gestürzt worden und sind zu Feinden alles Guten und der Gläubigen geworden, usw. Vom Menschen aber sagt schon die Schrift, dass er im Anfang gut geschaffen worden sei zum Gott ähnlichen Ebenbild; dass Gott ihn ins Paradies gesetzt und ihm alles untertan gemacht habe (1. Mose 2,7-8). Es ist das, was David so herrlich im 8. Psalm preist (Ps. 8,6-9). Und er gab ihm überdies eine Gefährtin und segnete sie. Wir erklären aber, dass der Mensch aus zwei, und zwar verschiedenen, Elementen bestehe, doch in einer Person: nämlich aus der unsterblichen Seele, die, wenn sie vom Leibe getrennt wird, weder schläft noch stirbt, und aus dem sterblichen Leibe, der immerhin am jüngsten Gericht wieder von den Toten auferweckt werden wird, so dass der ganze Mensch von da an, sei's im Leben, sei's im Tode, ewig bleibt. Wir ver-werfen die Anschauung aller derer, die darüber spotten oder mit spitzfindigen Reden die Unsterblichkeit der Seele in Zweifel ziehen, oder sagen, die Seele schlafe, oder sie sei ein Teil Gottes. Kurz, wir verwerfen sämtliche Meinungen aller derer, die über die Schöpfung, über Engel und böse Geister und über den Menschen, von dem abweichende Lehren aufstellen, was uns durch die heiligen Schriften in der apostolischen Kirche Christi überliefert ist.

 

VIII. KAPITEL: DER FALL UND DIE SÜNDE DES MENSCHEN UND DIE URSACHE DER SÜNDE

 

Am Anfang war der Mensch von Gott zum Ebenbilde Gottes geschaffen in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit, gut und fehlerlos. Weil er aber auf Antrieb der Schlange und durch eigene Schuld von dieser Güte und Rechtschaffenheit abfiel, geriet er unter die Macht der Sünde, des Todes und mannigfaltiger Übel. Und so wie er nun nach dem Sündenfall geworden war, sind eben alle, die von ihm abstammen, der Sünde nämlich, dem Tode und mannigfaltigen Übeln verfallen. Unter Sünde verstehen wir aber jene angeborene Verderbtheit des Menschen, die von unseren Voreltern auf uns alle übertragen und fortgepflanzt wurde. Durch sie sind wir versunken in verkehrte Begierden, abgewandt vom Guten, aber geneigt zu allem Bösen, erfüllt mit aller Schlechtigkeit, Misstrauen, Verachtung und Hass gegen Gott und können aus uns selbst nichts Gutes tun, ja nicht einmal denken. Indem wir uns also jahraus jahrein ständig mit bösen Ge-danken, Worten und Werken gegen Gottes Gesetz versündigen, bringen wir schlechte Früchte hervor, wie es ein schlechter Baum nicht anders kann (Mt. 12,33ff.). Aus diesem Grunde sind wir ganz nach unserem Verdienst dem Zorne Gottes verfallen und werden gerechten Strafen unterworfen; so wären wir auch alle von Gott verstoßen, wenn uns nicht der Erlöser Christus wieder hergestellt hätte. Unter Tod verstehen wir nicht nur den leiblichen Tod, den wir alle einmal um der Sünden willen erleiden müssen, sondern auch die ewigen Strafen, die uns für unsere Sünden und unsere Verdorbenheit gebühren. Denn der Apostel sagt: wir waren „tot durch die Übertretungen und die Sünden ... und waren von Natur Kinder des Zornes, wie auch die übrigen. Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, hat um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat, uns, die wir doch durch die Übertretungen tot waren, mit Christus lebendig gemacht“ (Eph. 2,1ff.). Ebenso: „Gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod auf alle Menschen übergegangen ist, weil sie alle gesündigt haben...“ (Röm. 5,12). Wir anerkennen also, dass alle Menschen mit der Erbsünde behaftet sind. Wir anerkennen, dass alles andere, was daraus entsteht, Sünde genannt werde und wirkliche Sünde sei, mit was für einem Namen man es immer benennen wolle, seien es „Todsünden“, seien es „lässliche Sünden“, sei es auch jene Sünde, die genannt wird Sünde wider den Heiligen Geist, die niemals vergeben wird (Mk. 3,29; 1. Joh. 5,16). Wir gestehen auch, dass nicht alle Sünden gleichwertig sind, obwohl sie alle aus derselben Quelle der Verderbnis und des Unglaubens fließen, sondern, dass die einen schwerer sind als die andern. Wie der Herr gesagt hat: Es wird dem Lande Sodom und Gomorrha erträglicher gehen als einer Stadt, die das Wort des Evangeliums zurückweist (Mt. 10,14f.; 11,20ff.). Wir verwerfen daher die Ansichten aller derer, die etwas Gegenteiliges gelehrt haben, besonders aber des Pelagius und aller Pelagianer, sowie der Jovinianer, die wie die Stoiker die Sünden gleichwertig machen. Wir stimmen darin in allem mit dem heiligen Augustin überein, der seine Ansicht aus der Heiligen Schrift gewonnen und verteidigt hat. Wir verwerfen außerdem die Ansicht des Florinus und des Blastus, gegen die auch Irenäus geschrieben hat, und aller derer, die Gott zum Urheber der Sünde machen. Denn es steht ausdrücklich geschrieben: „Du bist nicht ein Gott, dem gottloses Wesen gefällt ... du hassest alle Übeltäter. Umkommen lässest du die Lügner...“ (Ps. 5,5-7). Ferner: „Wenn der Teufel die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben“ (Joh. 8,44). Es ist aber auch in uns selbst Schaden und Verderbnis genug, dass Gott uns nicht noch neue und größere Verkehrtheit einflößen muss. Wenn nun aber in den Schriften gesagt wird, dass Gott den Sinn eines Menschen verhärte, verblende und verkehre, so ist das so zu verstehen, dass Gott dies nach gerechtem Urteil tue, als ein gerechter Richter und Rächer. Endlich, so oft es in der Schrift heißt, Gott tue etwas Böses, oder wenn es so scheint, bedeutet das nicht, dass der Mensch das Böse nicht tue, sondern dass Gott es geschehen lasse und nicht hindere, nach seinem gerechten Gericht, obwohl er es hätte verhindern können, wenn er gewollt hätte: es bedeutet vielmehr: entweder, dass Gott zum Guten wende, was die Menschen böse gemacht haben, wie die Sünden der Brüder Josephs, oder dass er die Sünden so leitet, dass sie nicht weiter, als es ihm gut scheint, hervorbrechen und um sich fressen. Der heilige Augustin sagt in seinem „Handbüchlein“: „Auf wunderbare und unerklärliche Weise geschieht nicht ohne den Willen Gottes, was sogar gegen seinen Willen geschieht. Denn es geschähe nicht, wenn er es nicht geschehen ließe. Und da er es doch nicht widerwillig zulässt, dann also mit Willen. Und Gott in seiner Güte ließe auch nicht ein böses Geschehen zu, wenn er nicht daraus ein gutes Geschehen machen könnte.“ Soweit Augustin. Die übrigen Fragen: ob Gott gewollt habe, dass Adam fallen sollte, oder ob er ihn zum Fall getrieben, oder weshalb er den Fall nicht verhindert habe, und ähnliche Fragen rechnen wir zu den Fragen bloßer Neugierde – außer wenn vielleicht die Frechheit von Irrlehrern oder sonst anmaßenden Menschen dazu zwingt, diese Dinge aus dem Worte Gottes zu erklären, wie es nicht selten fromme Lehrer der Kirche getan haben. In Bezug auf diese Fragen wissen wir nur, dass der Herr dem Menschen verboten hat, von jener Frucht zu essen und dass er die Übertretung bestraft hat; wir wissen aber auch, dass das, was geschieht, nicht böse ist, sobald wir auf die Vorsehung Gottes, seinen Willen und seine Macht schauen, wohl aber, wenn man an den Satan und unseren eigenen, Gott widerstrebenden Willen denkt.

 

IX. KAPITEL: DER FREIE WILLE UND DIE ANDERN FÄHIGKEITEN DES MENSCHEN

 

In dieser Sache, die in der Kirche immer vielen Streitigkeiten gerufen hat, lehren wir, dass die Lage oder der Stand des Menschen als ein dreifacher anzusehen sei. Da ist der Stand, in dem der Mensch am Anfang vor dem Sündenfall ge-wesen ist: nämlich unbedingt fehlerlos und frei, so dass er im Guten verharren, sich aber auch für das Böse entscheiden konnte; er hat sich jedoch für das Böse entschieden und hat sich und das ganze Menschengeschlecht mit Sünde und Tod verkettet, wie es bereits ausgeführt worden ist. Darauf ist zu betrachten, wie der Mensch nach dem Sündenfall gewesen ist. Zwar wurde dem Menschen nicht der Verstand genommen oder der Wille geraubt, als ob er nun gar zu Stock und Stein geworden wäre; aber jene Fähigkeiten sind im Menschen so verändert und vermindert, dass sie nicht mehr dasselbe vermögen wie vor dem Sündenfall. Denn der Verstand ist verdunkelt; aus dem freien Willen aber ist ein dienstbarer Wille geworden. Denn er dient der Sünde nicht unfreiwillig, sondern freiwillig. Darum redet man auch von Freiwilligkeit und nicht von Unfreiwilligkeit. Was also das Böse oder die Sünde angeht, so wird der Mensch weder von Gott noch vom Teufel dazu gezwungen, sondern er begeht das Böse aus eigenem Antrieb und hat allerdings in dieser Hinsicht allerfreiesten Willen! Wenn wir allerdings nicht selten beobachten, dass die ärgsten Taten und Pläne der Menschen von Gott verhindert werden, so dass sie ihren Zweck nicht erreichen, so nimmt er doch dem Menschen die Freiheit im Bösen nicht, sondern Gott kommt mit seiner Macht dem zuvor, was der Mensch mit seinem „freien Willen“ anders geplant hat, so wie sich die Brüder Josephs vornehmen, den Joseph zu töten, es aber nicht können, weil durch Gottes Ratschluss etwas anderes beschlossen war. Was aber das Gute und die Tugenden betrifft, so beurteilt der Verstand des Menschen die göttlichen Dinge aus sich selbst nicht recht. Die Evangelien und die apostoli-schen Schriften fordern von einem jeglichen unter uns die Wiedergeburt, wenn wir selig werden wollen. Daher trägt die erste Geburt von Adam her nichts zu unserer Seligkeit bei. Paulus sagt: „Ein natürlicher Mensch aber nimmt die Dinge, die des Geistes Gottes sind, nicht an“ usw. (1. Kor. 2,14). Ebenso sagt er, dass wir nicht geschickt seien, aus uns selbst etwas Gutes zu denken (2. Kor. 3,5). Gewiss ist der Geist oder Verstand der Führer des Willens; aber wenn der Führer blind ist, kann man sich ja denken, wohin auch der Wille gelangt. Darum gibt es für den noch nicht wiedergeborenen Menschen keinen freien Willen zum Guten und auch keine Kraft, das Gute zu vollbringen. Der Herr sagt im Evangelium: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der Sünde tut, ist der Sünde Knecht“ (Joh. 8,34). Und der Apostel Paulus spricht: „Das Trachten des Fleisches ist Feindschaft wider Gott; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht; es vermag das ja auch nicht“ (Röm. 8,7). In den irdischen Dingen ist der Mensch wohl trotz seinem Fall nicht ohne Verstand. Denn Gott hat ihm aus Barm-herzigkeit natürliche geistige Fähigkeiten gelassen, die allerdings weit geringer sind, als was er vor dem Falle besaß. Gott befiehlt auch, dass man diese übe und pflege und gibt dazu die Gaben und das Gedeihen. Und es ist offenbar, dass wir in allen Künsten nichts erreichen ohne den Segen Gottes. Die Heilige Schrift führt bestimmt alle Künste auf Gott zurück. Übrigens schreiben sogar die Heiden den Ursprung der Künste der Erfindung der Götter zu. Endlich ist zu untersuchen, ob und inwiefern die Wiedergeborenen einen freien Willen haben. Bei der Wiedergeburt wird der Verstand erleuchtet durch den Heiligen Geist, so dass er die Geheimnisse und den Willen Gottes erkennt. Und der Wille selbst wird durch den Geist nicht bloß verändert, sondern er wird auch mit den Fähigkeiten ausgerüstet, dass er aus innerem Antrieb das Gute will und es ausführen kann (Röm. 8,1ff.). Würden wir das nicht zugeben, so müssten wir die christliche Freiheit leugnen und die Knechtschaft des Gesetzes einführen. Aber Gott spricht auch durch den Propheten: „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und es ihnen ins Herz schreiben“ (Jer. 31,33; Hes. 36,26f.). Und der Herr sagt im Evangelium: „Wenn nun der Sohn euch frei macht, werdet ihr wirklich frei sein“ (Joh. 8,36). Auch Paulus schreibt an die Philipper: „Denn euch wurde verliehen, nicht nur an Christus zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden“ (Phil. 1,29), und wiederum: „Ich vertraue ... darauf, dass der, welcher in euch ein so gutes Werk angefangen hat, es vollenden wird bis zum Tage Christi Jesu“ (Phil. 1,6). Ferner: „Denn Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als das Voll-bringen wirkt“ (Phil. 2,13). Dabei lehren wir, sei zweierlei zu beachten. Erstens: Die Wiedergeborenen handeln bei der Entscheidung für das Gute und beim Tun des Guten nicht nur als Geschobene, sondern selbsttätig. Sie werden nämlich von Gott getrieben, dass sie selber tun, was sie tun. Augustin führt daher mit Recht jene Wahrheit an, dass Gott unser Helfer sei. Man kann aber nur einem helfen, der selber etwas tut. Die Manichäer beraubten den Menschen jeder Selbsttätigkeit und machten ihn sozusagen zu Stock und Stein. Zweitens: In den Wiedergeborenen bleibt Schwachheit zurück. Denn da die Sünde in uns wohnt und das Fleisch in den Wiedergeborenen bis ans Ende unseres Lebens dem Geiste widerstreitet, vermögen sie nicht völlig zu erreichen, was sie sich vorge-nommen haben. Das wird vom Apostel Paulus in Röm. 7 und Gal. 5 bestätigt. Deshalb ist dieser unser freier Wille wegen der Überreste des uns bis ans Ende anhaftenden alten Adams und der angeborenen menschlichen Verderbnis immer schwach. Da nun die Triebe des Fleisches und die Überreste des alten Menschen immerhin nicht so wirksam sind, dass sie das Wirken des Geistes ganz auslöschen, so können deshalb die Gläubigen frei genannt werden, jedoch so, dass sie ihre Schwachheit wohl kennen und sich keineswegs des freien Willens rühmen. Die Gläubigen sollen nämlich stets das Apostelwort beherzigen, das der selige Augustin so oft anführt: „Was hast du aber, das du nicht empfangen hast? Hast du es aber doch empfangen, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?“ (1. Kor. 4,7). Dazu kommt, dass nicht immer das geschieht, was wir uns vorgenommen haben. Der Ausgang der Dinge liegt eben in Gottes Hand. Daher bittet Paulus den Herrn, dass er Gelingen zu seiner Reise gebe (Röm. 1,10). Daraus ist auch ersichtlich, wie schwach der freie Wille sei. Übrigens leugnet niemand, dass in äußeren Dingen Wiedergeborene und Nichtwiedergeborene freien Willen haben. Diese Anlage hat der Mensch mit den andern Lebewesen gemein – ist er doch nicht niedriger als sie! –, so dass er das eine will, das andere nicht will. So kann er reden oder schweigen, von zu Hause weggehen oder daheim bleiben usw. Doch ist auch hier Gottes Macht zu beachten, die bewirkt, dass Bileam nicht dahin gelangen konnte, wohin er wollte (4. Mose 24), und Zacharias beim Verlassen des Tempels nicht zu reden vermochte, wie er wollte (Luk. 1). In dieser Hinsicht lehnen wir die Lehre der Manichäer ab, die leugnen, dass der Ursprung des Bösen aus dem freien Willen des gut geschaffenen Menschen gekommen sei. Wir verwerfen auch die Meinung der Pelagianer, die sagen, der gefallene Mensch habe genügend freien Willen, das gebotene Gute zu tun. Beide werden von der Heiligen Schrift widerlegt; denn den Manichäern wird gesagt: „Gott hat den Menschen gut geschaffen“ (1. Mose 1,27; Pred. 7,29-30), und den Pelagianern: „Wenn der Sohn euch frei macht, werdet ihr wirklich frei sein“ (Joh. 8,36).

 

X. KAPITEL: DIE GÖTTLICHE VORHERBESTIMMUNG UND DIE ERWÄHLUNG DER HEILIGEN

 

Gott hat von Ewigkeit her ohne jedes Ansehen der Menschen frei und aus lauter Gnade die Heiligen, die er in Christus selig machen will, vorherbestimmt oder erwählt, nach jenem Apostelwort: „Gott hat uns in ihm erwählt vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1,4). Und ferner: „Gott hat uns errettet und mit heiliger Berufung berufen nicht auf Grund unserer Werke, sondern auf Grund seiner eigenen zuvor getroffenen Entscheidung und der Gnade, die uns in Christus Jesus verliehen worden ist vor ewigen Zeiten, jetzt dagegen geoffenbart worden ist durch das Erscheinen unseres Heilandes Christus Jesus“ (2. Tim. 1,9.10). Also hat uns Gott nicht ohne Mittel allerdings nicht wegen irgendeines Verdienstes unsererseits sondern in Christus und um Christi willen erwählt, so dass diejenigen auch die Erwählten sind, die bereits durch den Glauben in Christus eingepflanzt wurden. Verworfen aber sind diejenigen, die außer Christus sind nach dem Apostelwort: „Stellet euch selbst auf die Probe, ob ihr im Glauben seid; prüfet euch selbst! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? Ihr müsstet denn unbewährt (verworfen) sein“ (2. Kor. 13,5). Mithin hat Gott die Heiligen in Christus für ein bestimmtes Ziel auserwählt, worauf der Apostel mit den Worten hinweist: „Er hat uns ja in ihm erwählt..., damit wir heilig und untadelig seien vor ihm, indem er in Liebe uns zur Annahme an Sohnesstatt bei sich selbst durch Jesus Christus vorherbestimmt hat nach dem freien Entschluss seines Willens zum Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade…“ (Eph 1,4-6). Obwohl nun Gott weiß, wer die Seinen sind und da und dort die geringe Zahl der Erwählten erwähnt wird, muss man doch für alle das Beste hoffen und darf nicht vorschnell jeman-den den Verworfenen beizählen. Paulus schreibt in bestimmten Worten an die Philipper: „Ich danke meinem Gott … für euch alle – er spricht aber von der ganzen Gemeinde in Philippi! – wegen eurer Teilnahme am Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt. Ich vertraue dabei darauf, dass der, welcher in euch ein so gutes Werk angefangen hat, es vollenden wird … es ist ja auch recht, dass ich diese Gesinnung für euch alle hege“ (Phil 1,3-7). Und als der Herr nach Lukas 13,23 gefragt wurde, ob nur wenige gerettet würden, antwortet der Herr nicht, dass Wenige oder Viele gerettet oder verworfen werden müssen, sondern er gibt vielmehr die Ermahnung, es solle jeder danach trachten, durch die enge Pforte einzugehen. Als hätte er gleichsam sagen wollen: es gebührt euch nicht, nach diesen Dingen so neugierig zu forschen, sondern bemüht euch, auf dem schmalen Weg in den Himmel einzugehen. Daher können wir die gottlosen Reden gewisser Leute nicht billigen, die da sagen: „Wenige sind auserwählt, und da es nicht sicher ist, ob ich in jener Zahl der Auserwählten sei, will ich mir den Lebensgenuss nicht verkümmern.“ Andere sagen: „Wenn ich von Gott vorher-bestimmt und erwählt bin, wird mich an der bereits sicher bestimmten Seligkeit nichts hindern, was ich auch immer verüben mag. Gehöre ich aber zu der Zahl der Verworfenen, so hilft mir kein Glaube und keine Buße, da der Ratschluss Gottes unabänderlich ist. Deshalb sind auch alle Belehrungen und Ermahnungen nutzlos.“ Denn gegen solche Leute ist jenes Apostelwort gerichtet: „Ein Knecht des Herrn ... sei geschickt zum Lehren, willig, Böses zu ertragen, mit Sanftmut die Widerspenstigen zurechtweisend, ob ihnen etwa Gott Sinnesänderung verleihe zur Erkenntnis der Wahrheit und sie wieder zur Besinnung kommen aus der Schlinge des Teufels heraus, nachdem sie von ihm gefangen worden sind für seinen Willen“ (2. Tim. 2,24-26). Aber auch Augustin zeigt im 14. und den folgenden Kapiteln des Buches über „Das Gut der Beharrlichkeit“, dass beides gepredigt werden muss: die freie Gnadenwahl und Vorherbestimmung und die heilsamen Ermahnungen und Belehrungen. Wir missbilligen deshalb das Verhalten jener Menschen, die außerhalb des Glaubens an Christus Antwort suchen auf die Frage, ob sie von Ewigkeit her erwählt seien und was Gott vor aller Zeit über sie selbst beschlossen habe. Man muss eben die Predigt des Evangeliums hören und ihr glauben und darf nicht daran zweifeln: wenn du glaubst und in Christus bist, so bist du erwählt. Denn der Vater hat uns seinen ewigen Ratschluss der Vorherbestimmung in Christus offenbart, wie ich bereits mit dem Apostelwort 2. Tim. 1,9f erläutert habe. Man muss also vor allen Dingen lehren und beherzigen, welch große Liebe des Vaters gegen uns in Christus uns offenbart worden sei; man muss darauf hören, was der Herr selbst uns täglich im Evangelium predigt, indem er ruft und sagt: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch Ruhe geben“ (Mt. 11,28). „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh. 3,16). Ferner: Es ist nicht der Wille eures Vaters in den Himmeln, dass eines dieser Kleinen verloren gehe“ (Mt. 18,14). Daher sei Christus der Spiegel, in dem wir unsere Vorherbestimmung betrachten. Wir werden ein genügend deutliches und festes Zeugnis haben, dass wir im Buche des Lebens aufgeschrieben sind, wenn wir Gemeinschaft mit Christus haben und er im wahren Glauben unser ist, wir aber sein sind. Da nun kaum eine andere Anfechtung gefährlicher ist als die An-fechtung wegen der Vorherbestimmung, so möge uns trösten, dass die Ver-heißungen Gottes allen Gläubigen gelten, weil er selbst sagt: „Bittet, so wird euch gegeben ..., denn jeder, der bittet, empfängt“ (Luk. 11,9.10). Endlich, dass wir mit der ganzen Kirche bitten: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln“, und dass wir durch die Taufe dem Leibe Christi eingepflanzt sind und wir in der Kirche oft mit seinem Fleisch und Blut gespiesen werden zum ewigen Leben. Also gestärkt sollen wir nach der Anweisung des Paulus unser Heil mit Furcht und Zittern schaffen (Phil. 2,12).

 

- Fortsetzung -