Luther - Jesus Christus

 

Der große Katechismus Dr. Martin Luthers

nach der Fassung des deutschen Konkordienbuches ( Dresden 1580 )

 

Eine knappe Zusammenfassung seiner Christologie gibt Luther im Großen Katechismus:

 

Der zweite Artikel

Und an Jesum Christum, seinen einzigen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontio Pilato, gekreuzigt, gestorben und begraben, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.

 

Hier lernen wir die andere Person der Gottheit kennen, dass wir sehen, was wir über die vorigen zeitlichen Güter von Gott haben, nämlich wie er sich ganz und gar ausgeschüttet hat und nichts behalten, das er nicht uns gegeben habe. Dieser Artikel ist nun sehr reich und weit, aber dass wirs auch kurz und kindlich handeln, wollen wir ein Wort vor uns nehmen und darin die ganze Summa davon fassen, nämlich (wie gesagt) dass man heraus lerne, wie wir erlöst sind, und soll stehen auf diesen Worten: an Jesum Christum unsern HERRN. Wenn man nun fragt: Was glaubst du im andern Artikel von Jesu Christo? antworte aufs kürzeste: Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gottessohn, sei mein HERR worden. Was ist nun das: „ein Herr werden“? Das ists, dass er mich erlöst hat von Sünde, vom Teufel, vom Tode und allem Unglück. Denn zuvor habe ich keinen Herrn noch König gehabt, sondern bin unter des Teufels Gewalt gefan-gen, zu dem Tode verdammt, in der Sünde und Blindheit verstrickt gewesen. Denn da wir geschaffen waren und allerlei Gutes von Gott dem Vater empfangen hatten, kam der Teufel und brachte uns in Ungehorsam, Sünde, Tod und alles Unglück, dass wir in seinem Zorn und Ungnade lagen, zu ewiger Verdammnis verurteilt, wie wir verwirkt und verdient hatten. Da war kein Rat, Hülfe noch Trost, bis dass sich dieser einzige und ewige Gottessohn unsers Jammers und Elends aus grundloser Güte erbarmte und vom Himmel kam, uns zu helfen. Also sind nun jene Tyrannen und Stockmeister alle vertrieben, und ist an ihre Statt getreten Jesus Christus, ein Herr des Lebens, Gerechtigkeit, alles Gutes und Seligkeit, und hat uns arme verlorne Menschen aus der Hölle Rachen gerissen, gewonnen, frei gemacht und wiedergebracht in des Vaters Huld und Gnade und als sein Eigentum unter seinen Schirm und Schutz genommen, dass er uns regiere durch seine Gerechtigkeit, Weisheit, Gewalt, Leben und Seligkeit. Das sei nun die Summa dieses Artikels, dass das Wörtlein „HERR“ aufs einfältigste soviel heiße als ein Erlöser, das ist der uns vom Teufel zu Gott, vom Tode zum Leben, von Sünde zur Gerechtigkeit gebracht hat und dabei erhält. Die Stücke aber, so nacheinander in diesem Artikel folgen, tun nichts anders, denn dass sie solche Erlösung erklären und ausdrücken, wie und wodurch sie geschehen sei; das ist, was ihn gestanden und was er daran gewendet und gewagt hat, dass er uns gewönne und zu seiner Herrschaft brächte; nämlich dass er Mensch geworden, von dem heiligen Geist und der Jungfrau ohne alle Sünde empfangen und geboren, auf dass er der Sünde Herr wäre, dazu gelitten, gestorben und begra-ben, dass er für mich genug täte und bezahlte, was ich verschuldet habe, nicht mit Silber noch Gold, sondern mit seinem eigenen teueren Blute. Und dies alles darum, dass er mein HERR würde, denn er für sich der keines getan noch bedurft hat. Darnach wieder aufgestanden, den Tod verschlungen und gefressen. Und endlich gen Himmel gefahren und das Regiment genommen zur Rechten des Vaters, dass ihm Teufel und alle Gewalt muss untertan sein und zu Füßen liegen, so lang bis er uns endlich am jüngsten Tage gar scheide und sondere von der bösen Welt, Teufel, Tod, Sünde etc. Aber diese einzelnen Stücke alle sonderlich auszustreichen gehört nicht in die kurze Kinderpredigt, sondern in die große Predigt über das ganze Jahr, sonderlich auf die Zeiten, so dazu geordnet sind, einen jeglichen Artikel in die Länge zu handeln, von der Geburt, Leiden, Auferstehen, Himmelfahrt Christi etc. Auch steht das ganze Evangelium, so wir predigen, darauf, dass man diesen Artikel wohl fasse, als an dem alle unser Heil und Seligkeit liegt, und so reich und weit ist, dass wir immer genug daran zu lernen haben.